Fallstricke der 'gewaltfreien' Kommunikation

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Waldschratin
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Beitrag Do., 31.05.2012, 08:37

Tigerkind hat geschrieben:Und wo steht, das man nicht auch bei sich selbst kehren soll?
Mir geht`s hier nicht darum,sozusagen nen "Gegenbeweis" für gfK zu erbringen oder in irgendeiner Form "rechthaben" zu wollen.Ich such viel mehr nach meiner eigenen "Abgleiche" mit dem Thema gfK für mich selber.Und dazu gehört für mich,auch die unterschiedlichen Seiten mir mal genauer anzugucken und zu durchdenken.
Ich bin da nicht so "statisch" unterwegs Marke "DAS ist richtig,also muß folgerichtig das Andere dann falsch sein",sondern ich picke mir da gerne das für mich Gute und Nutzbare raus,nachdem ichs mir angeschaut hab,und ich "modifiziers" dann auch gerne mal noch,bau es um und ein in das,was eh schon da ist,damit es nutzbar ist für mich.
Daraus kommt dann schon hin und wieder mal Umdenken/Veränderung bei mir,auch ne andere Meinung,als ich sie vorher hatte.

Mir gehts hier eher drum,den Unterschied zwischen Theorie und Praxis gfK mir anzugucken.
Wenns dann ums Kehren vor der eigenen Türe geht,dann seh ich da schon recht viel "Einseitiges" bei der praktischen Umsetzung von gfK.Sie bietet sich mehr oder weniger als "Mittel" an,nicht genauer bei sich selber zu gucken,sondern vorrangig beim anderen hängenzubleiben.
Da denk ich wie Montagne : die gfK,so wie sie "geschrieben" steht,beisst sich einfach zu sehr mit der menschlichen Natur.Das Optimum in der Praxis zu erreichen,mag manchen Wenigen gelingen,aber eben auch nur dann,wenn die zuerst bei sich selber bleiben können.

Wenn ich jetzt mal so meine übliche Kommunikation mit anderen angucke,dann hab ich immer am ehesten Verständnis,Respekt und bleibe auch bei Konflikten innerlich dabei und offen,je besser es mir gelingt,währenddessen bei mir selber bleiben zu können.
Je schneller ich mitkriegen kann,wenn mich was verletzt,und je besser ich das dann vor mir selber zugeben und mir zugestehen kann,desto weniger werde ich "zurückschlagen",mich in Ausweichen oder eben sowas "unterschwellig Aggressives" retten wollen,sondern kann gelassen(er) und souverän(er) weiterhin dem anderen Raum geben in mir.
Und bleibe damit in der Kommunikation und weder Unterlegene noch Dominierende oder kann in diesen "Positionen" je nach Anlaß hin-und herpendeln.

Kann ich das nicht,dieses Bei-mir-bleiben,dann nutzen mir doch auch die besten "Techniken" nix,denn dann werd ich sie natürlicherweise "benutzen",damit der andere mich nicht verletzen kann,damit ich mich schütze,den anderen abwehre - alles mögliche erreiche,aber bestimmt nicht,daß ich dem anderen Raum gebe in mir.

Also fängt es doch sowieso mit dem Kehren vor der eigenen Türe an....

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debussy
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Beitrag Do., 31.05.2012, 09:05

ich stelle mal etwas in den raum:

es gibt einfach menschen, die, egal was sie sagen und wie sie es tun, niemals eine kommunikation zu stande bringen, die akzeptabel ist, weil sie in ihrer gesamtheit mühsam sind. da hilft keine gfk, da hilft gar nichts.

auf der anderen seite gibt es menschen, die können mir sagen was ich für ein vollidiot bin und ich kann es nehmen.

ist wahrscheinlich o.t.

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mitsuko
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Beitrag Do., 31.05.2012, 09:36

montagne hat geschrieben: Trotzdem bin ich in solchen Situationen. Meine bisweilige "Lösung" ist anzunehmen, dass die Welt nunmal so ist. das ich damit umgehen muss, wenn ich Führe, erteile ich Abweisungen, nicht bitten.
Für mich geht es noch darüber hinaus. Es gibt auch außerhalb von Führunssituationen Ansprüche, die ich an andere habe. Darum bitte ich nicht, die stehen mir zu. Es handelt sich dabei um grundlegende Elemente des respektvollen Miteinanders.

In einer fiktiven Welt, in der jeder Mensch gewaltfrei miteinander umgeht, muss ich die nicht einfordern, in unserer Welt aber schon. Und ich bin der Meinung, es gibt eine Menge Situationen, in denen jemand, der das nicht kann, der sich stets als Bittsteller sieht, ganz übel eins auf die Mütze bekommen wird. Das fängt in der Schule an - man stelle sich vor, da wird ein Jugendlicher auf dem Schulweg von anderen Jugendlichen aggressiv angepöbelt und bedroht und er sagt daraufhin was in die Richtung von "Ich wünschte, du würdest bitte mir deine Gefühle mitteilen." Ehrlich gesagt denke ich, er könnte sich genauso gut ein Schild mit der Aufschrift Ich Will Gemobbt Werden umhängen. Wo bekommt so jemand durch gfK ein Wekzeug an die Hand, sich gegen sehr aggressive Mitmenschen durchzusetzen?

Die eigenen Bedürfnisse und die des anderen verstehen, ok klar, darum bemühe ich mich auch. Aber das allein löst im Fall des Falles gar nichts. Ab und an muss man auch in der Lage sein zu sagen, deinen Egoismus, deine Aggressionen, dein Fehlverhalten benenne ich als solches und nehme es nicht länger hin. Und selbst wenn es um Kekse geht, ersetzt das mit etwas wichtigem oder wertvollen. Man muss nicht mit den Achseln zucken und sagen, hach lass ich ihn halt immer meine Kekse essen und es reicht manchmal auch nicht nur darum zu bitten, genausoviel Kekse zu bekommen, machmal muss man sich etwas auch einfach nehmen, ne Ansage machen, sich durchsetzen, schreien wenn nötig, laut und deutlich sagen: Ich bin hier und ich will das haben und du nimmst es mir nicht weg.

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B-Moll
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Beitrag Do., 31.05.2012, 09:44

Hallo,

ich hab gerade den interessanten Thread entdeckt. Aus Zeitgründen konnte ich nur einen kleinen Teil lesen.

Ich konnte bisher keine Fallstricke der GFK sehen.
Dafür sehe ich zwei Ansätze, was GFK mir persönlich bringt. Ich habe vor ein paar Jahren 2 Wochenendseminare bei 2 verschiedenen Kursleitern besucht.

Für mich persönlich ist GFK bzw. die Technik, die dahinter steht, in erster Linie auch eine gute Möglichkeit, sich SELBST genauer zu hinterfragen bzw. das zu lernen, zu üben.

Was genau für ein Bedürfnis in mir tritt zutage/wird verletzt, was liegt dahinter für eine alte Verletzung, die ich mir anschauen kann. Warum tickt mich irgendein Verhalten meines Gegenübers überhaupt so an, dass ich gaube, darauf reagiere?. Warum stehe ich dem überhaupt zur Verfügung? (wenn es mich z.B. verletzt) Andere können einem ja eigentlich keine schlechten Gefühle MACHEN.

Gerade, wer sich noch nicht so viel mit sich selbst beschäftigt hat, für den ist es m.M.n. oft schwer, seine Bedürfnisse (hinter den automatischen Strategien) wirklich zu erkennen. Irgendwie haben wir das doch fast alle nicht lernen dürfen in unserer Kindheit.

Klar, es ist anfangs vlt. eine etwas seltsam anmutende Technik, die erstmal befremdet. Aber ich habe sie nie als manipulativ empfunden. Den ich bleibe total bei MIR! Was mein Gegenüber dann mit meiner Offenbarung/Äußerung macht, das darf ER/Sie dann entscheiden. Ich übernehme Verantwortung für mich und meine Gefühle. Verletze damit nie.

Was mich total beeindruckt hatte: Ich habe in einem Seminar erleben dürfen, wie intensiv die Kursleiterin durch Nachfragen dem Inneren ihres Gegenübers sowas von nahe kam!!! Die TN hatte sich über Kommunikationsprobleme mir ihrer Lebensgefährtin beklagt, fühlte sich so unverstanden. Die Kommunikation war schwierig geworden oder fast verstockt.
Die Leiterin begab sich dann also quasi in die Rolle der Partnerin, sie fand immer neue Ansätze, ganz behutsam, die Frau zum Nachspüren zu bringen, was genau sie braucht/sich wünscht/vermisst in ihrer Partnerschaft. Das war wie Geburtshilfe.

Für mich und andere TN war es hoch interessant, dass dabei absolut keine einzige Deutung, kein Vorgreifen auf mögliche Zusammenhänge oder so von der Kursleiterin kam. In uns TN dagegen kam beim Zuhören ständig der Wunsch hoch, selbst Hinweise/RatSchläge geben zu wollen. So läuft es doch meistens in normalen Gesprächen ab. Man überlegt schon wieder, was man antworten könnte, beschäftigt sich mit seiner eigenen inneren Haltung zu dem Gehörten und schafft es oft nicht, dem Anderen so richtig nahe zu kommen. Dabei ist dieses Sich-in-den Anderen-Einfühlen-Wollen gerade in der Partnerschaft so wichtig. (und heilend)

Genau DAS tut die GFK (so wie ich sie erleben durfte). Ich empfand das als wunderbare Lektion, wie es geht, dem gegenüber WIRKLICH nahe sein zu wollen, mit ihm in einen echten Kontakt zu kommen.
Eine Sprache des Herzens, die hilft, dass man sich verstanden fühlt/angenommen in allem, was man denkt/fühlt.

Wenn ich z.B. zu meinem Partner sage: Wenn der Fernseher jeden Abend läuft und wir dann so wenig Zeit für Zweisamkeit haben, dann macht mich das... (z.B. traurig und auch ärgerlich), weil ich mehr ....( z.B. Nähe und Kontakt brauche, um mich geborgen und sicher zu fühlen/Lust drauf habe, mit dir etwas zu unternehmen...) ich fühle mich dann verlassen und einsam, denn es erinnert mich auch daran, dass meine Eltern früher nie Zeit für mich hatten.
Könnten wir vielleicht an einem Abend in der Woche den Fernseher auslassen und uns überlegen, was wir gemeinsam machen könnten?

Ich denke mal, das ist eine offene Bitte. Und: Ganz wichtig: Ich zeige mich meinem Partner. Mit einem Nein muss ich natürlich auch leben können. Umso besser, wenn mein Partner sich auch öffnen kann und mir in sein Inneres Einblick gibt. Dann darf ich vlt. erfahren, wie seine Entscheidung wiederum mit seinen Bedürfnissen zu tun hat.

GFK kann die Bewusstheit für sich selbst und in der Partnerschaft fördern, kann helfen, eine intensivere Nähe herstellen. Sicher geht das auch anders. Aber es ist in meinen Augen eine wirklich gewaltfreie Art, sich ehrlich und offen zu begegnen.


LG von B-Moll.

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leberblümchen
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Beitrag Do., 31.05.2012, 09:56

Hallo, schön, b-moll, dass du dir die Mühe gemacht hast zu erklären, was die Methode für dich bedeutet. Für dich klingt das gut.

Aber ich fürchte, so wie diese gewaltfreie Kommunikation hier im Forum i.a. gepredigt wird, geht das an dem vorbei, was du geschrieben hast, denn von einem 'bei sich bleiben' konnte ich da bisher nicht viel lesen. Eher ging es darum, dem ANDEREN vorzuwerfen, dass er falsch, weil nicht mit dem Label 'gewaltfrei', kommuniziert. Stattdessen heißt es immer sinngemäß: "Wenn nur alle so kommunizieren würden wie ich, wäre alles super".

Zum Beispiel mit dem Fernseher: Klar, so wie du das vorgetragen hast, könnte man sagen: "nett formuliert". Aber ich frage mich, wieso in einer funktionierenden Partnerschaft überhaupt der Fernseher jeden Abend laufen muss? Und wenn mein Partner meint, in meiner Anwesenheit am liebsten in die Glotze starren zu müssen, dann wird sich sein wundervoll spannendes Bedürfnis sicher nicht deshalb in Luft auflösen, weil ich ihm einen Kräutertee bringe und mit ihm ein pädagogisches Gespräch führe.

Wäre es jetzt so viel schlimmer, ihm zu sagen: "Pass mal auf: Mich nervt es tierisch, dass hier jeden Tag der Fernseher läuft! Können wir nicht auch mal was spielen (oder was man sonst so macht...)?"? Wozu muss man dafür einen Kurs besuchen?

Oder man lässt das Reden ganz und schreitet gleich zur Tat. Wirkt vielleicht besser, als dem Partner einen moralischen Vortrag, der als bloße Mitteilung des eigenen Bedürfnisses verpackt ist, zu halten...

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B-Moll
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Beitrag Do., 31.05.2012, 10:40

Hallo Titus,

hier geht es doch nicht um das Fernseh-Thema. Ich hätte auch das beliebte Socken-Thema nennen können;-)

Sondern darum, dass im Zusammensein mit Menschen immer Welten aufeinanderprallen. Jeder hat seine eigenen Bdürfniss, Wertvorstellungen, Maßstäbe etc.
Wenn ich jetzt (immer) nur sage: Mich nervt das tierisch....dann bleibt mir persönlich zu viel offen. Lässt auch zuviel Freiraum für den Anderen, vlt. innerlich zu spekulieren, warum mich das nervt. Denn mein Ärger kann ja auch wiederum auf seine wunden Punkte treffen.
Er könnte das Gefühl bekommen, ich mache IHM Vorwürfe. Das tue ich aber nicht, sondern ich formuliere meine Wünsche und Gefühle und übernehme Verantwortung.

Ich finde es gut, wenn gerade in der Partnerschaft man dem Anderen sich auch mal mehr öffnet, als sich nur genervt zu zeigen.
Daraus kann Wachstum/Entwicklung in der Beziehung besser gedeihen und die eigene wird auch vorangebracht.
Ich gebe dem Kind in mir Raum (was es wohl früher kaum hatte), ich nehme mich so an. Nicht nur im Stillen, sondern ich kann es jetzt auch artikulieren. Das hat auch was Befreiendes.

Und NEIN, seine Bedürfnisse werden sich dadurch nicht auflösen, das sollen sie auch gar nicht. Aber es kann zu noch mehr gegenseitigem Verständnis führen. Zu mehr Empathie, die Fähigkeit eines Perspektivwechsels trainieren.

Die Reise in die spannende Welt des Anderen ermöglichen, weil ich seine "Sprache" ein bißchen besser verstehen kann.

Liebe Titus, ich hatte nicht die Zeit, hier viel zu lesen, aber ich denke wirklich, dass die GFK gewaltfrei IST. Wenn das anders ankommt und hier diskutiert wird, dann weiß ich nicht, was dazu geführt hat. Ob diese User sich wirklich damit beschäftigt haben.
Sicher, man KANN alles manipulativ benutzen, aber dann geht es am Wesen der GFK vorbei und meint nicht GFK.


LG, B-Moll.

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hawi
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Beitrag Do., 31.05.2012, 12:13

So, nun das, was ich selber (weiterhin) nicht so toll, passend, richtig finde, ähnlich sehe, wie so manch anderer hier.

Ich meine, Kommunikation ist immer auch Ausdruck desjenigen, der kommuniziert. Ist nicht allein aber auch so was wie Selbstdarstellung, Ausdruck der Person, des Menschen.
Zeigt ihn, sollte ihn zeigen. Ehrlich. So ehrlich, wie es geht, so ehrlich, wie es möglich ist, wenn alle „ehrlich“ sind.
Allzu viel Vorgabe geht da, wie ich finde schon nicht, sonst geht ein Teil Ehrlichkeit verloren.
Ich glaube schon, Menschen sind oft nicht so gewalttätig, wie sie kommunizieren, wären friedlicher, wenn sie weniger gewalttätig kommunizieren, würden es um so mehr so sehen, je mehr sie erfahren, dass es ihnen Vorteile bringt, gewaltärmer zu kommunizieren.
Soweit aber GFK daran glaubt, gewaltfreie Kommunikation könne irgendwann zeigen, dass Menschen an sich gewaltfrei sind, täuscht sich GFK. Es wird nach meiner festen Überzeugung nie so sein, weil Menschen nicht gewaltfrei sind. Auch nicht die, die so kommunizieren. Das halte ich für eine Utopie.
Steht hier ja schon an vielen Stellen. Und ich denke, etwas weniger Idealismus täte da GFK, täte auch denen, die so kommunizieren (müssen), gut.

Täusche ich mich? Mein Eindruck, hoffentlich nicht nur mein Spiegelbild, aber z.B. bei Tigerkind, aus manch einer Zeile hier lese ich Frust heraus. Enttäuschung, sowohl den Kritikern gegenüber als auch sich selbst gegenüber, GFK nicht überzeugend zu vertreten (gemessen am eigenen Anspruch).
Mir selber wäre wohler und insgesamt hielte ich es für authentischer, wenn diese Emotion - so vorhanden - ganz offensichtlich zu lesen wäre, nicht so geschrieben wird, dass es sich für mich so liest, als ob es sich jemand nicht erlauben darf, das zuzugeben.
Wenigstens zum Teil etwas, das ich GFK zuschreibe. Auch wenn GFK nur bittet, nie fordert, auch Wünsche, Bitten können menschlich gesehen zu groß sein. Überfordern geht auch dann, zum Teil grad dann, wenn das Fordern nicht sein soll, wenn nur Bitten vorgesehen ist. Das Fordern lässt sich aber nicht Abschaffen, allenfalls das Wort.
Menschen fordern tagtäglich, egal ob sie das Wort benutzen. Und viele fordern zu Recht, zumindest erst mal aus ihrer eigenen Sicht heraus.

Im dem Bereich passt für mich GFK einfach nicht ins normale Leben, zum Lebensalltag.
Jedenfalls nicht, soweit GFK versucht, Sprache, Sprachgebrauch zu ändern, wie ich finde einzuengen, ja trotz bittender Einflussnahme so sehr zu bitten, dass es bei mir, und nicht nur bei mir sehr fordernd wirkt.
Das kommt nicht allein bei Nicht GFKlern wohl oft nicht so gut an, ich sehe es auch für den, der so kommuniziert, als Schwierigkeit. Habe große Zweifel, ob er mit dieser Art authentisch ehrlich seinen Bedürfnissen entsprechend kommunizieren kann.

LG hawi
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell

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Stöpsel
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Beitrag Do., 31.05.2012, 12:47

Hallo,

ob man das, was gesagt wird, als gewaltfrei empfindet oder nicht, hat das nicht (bei manchen jedenfalls) was damit zu tun, wie sehr man selbst Angst vor Macht etc. hat? Und wenn man dann hört, der andere redet mit GFK, hat man dann (z.B. Diskutanten hier) nicht gleich eine Erwartung "Oh, da erfahre ich nun mal keine Gewalt" und prompt erfährt man sie doch, weil es nämlich weniger mit den Formulierungen als mit dem eigenem Empfinden und mit dem Verhältnis der Diskutanten zueinander zu tun hat. Dann ist die Enttäuschung da (oder die Genugtuung bei manchen hier?), weil das Versprechen nicht eingehalten wurde. In dem Sinne lag mir auch bei manchen Antworten ein "wie man es macht, ist es falsch" auf der Zunge.
Nein, ich will damit bestimmt nicht die Lanze für GFK sprechen. Ich kenne bewusst außer Tigerkind niemanden, der dies praktiziert, glaube schon, dass es stimmt, was einige hier an Erfahrung mit Praktizierenden berichten und denke auch, die Theorie ist schön und gut, aber es muss sich an der Praxis messen lassen (wo sich aber dann die Frage stellt, was ist die Praxis, wieviele Live-Beispiele muss man erleben, um es beurteilen zu können?)

Ich glaube auch, GFK ist nicht die Patentlösung. Vieles, worum es hier geht, hab ich auch in meiner Therapie gelernt oder ist mir selbst klar geworden, und hat nichts mit GFK zu tun. Nämlich, dass man sich fragt, was ist die Motiavation beim anderen, sich so und so zu verhalten, dass man sich selbst hinterfragt, worum geht es einem eigentlich. Aber das ist wie gesagt ja nun nichts spezielles der GFK.
Und manches hab ich selbst in Diskussionen z.B. hier im Forum erfahren, dass man am besten auf die Wut an sich des Gegenübers nicht eingeht, wie Dampfnudel schreibt. Aber ich denke, es kann halt nur funktionieren, wenn es aus einem selbst herauskommt (man selbst einsichtig wurde aus Fehlern, die man gemacht hat?) als wenn man es theoretisch aus Büchern/Seminaren lernt. Man muss emotional dahinterstehen. (dass das oft auch nicht klappt, grade im RL, lass ich hier mal aussen vor, wäre ein neuer Punkt...)
montagne hat geschrieben:Aber wäre es nicht effizienter, wenn man schon dabei ist, erstmal bei sich selbst zu gucken? BZW, dass jeder erstmal bei sich selbst guckt? Auch wenn ich das eigene Introspektionsvermögen schon für beschränkt halte, so ist es doch um einiges besser, als die Einsicht in andere, die man erlangen kann.
Aber in Dampfnudels Beispiel ging es ja darum, den anderen zu verstehen, damit es eben nicht eskaliert. Die Motivation ist ja gar nicht die, sich über den anderen hinweg zu erheben. Die Interpretation des anderen ist in dem Beispiel ja zugunsten einer Verhinderung von Eskalation. Wenn man in dem Beispiel von B bei sich bleiben würde, würde man oft genug eben nur sehen "ich wollte A helfen und jetzt werde ich angepampt. So ein Ar***" Also, da finde ich es doch richtig, im Sinne eines guten Ganzen sehr wohl zu interpretieren.
hawi hat geschrieben:Bei so vielen, die eher kritisch schreiben, bezweifeln, hinterfragen, so wenigen, die umgekehrt diese Kritik ausräumen, die Zweifel versuchen, zu zerstreuen, die Fragen versuchen zu beantworten, zeigt, wie ich finde, Tigerkind die Vorteile ihrer Grundhaltung. Liefert für mich so das beste Argument für das, was sie hier vertritt.
Stimmt, dem kann ich mich, was diesen Thread hier angeht, anschliessen.
Und nur weil man etwas gut findet, muss es nicht bedeuten, dass man es so gut vertreten kann, dass es andere nachvollziehen können. Also aus dem Nichtvorhandensein passender Argumente einer Person für etwas kann man nicht schliessen, dass die Sache (hier GFK) doch nicht so toll ist. Vielleicht braucht man ja die Erklärungen anderer...
mitsuko hat geschrieben:In einer fiktiven Welt, in der jeder Mensch gewaltfrei miteinander umgeht, muss ich die [bestimmte Ansprüche] nicht einfordern, in unserer Welt aber schon. Und ich bin der Meinung, es gibt eine Menge Situationen, in denen jemand, der das nicht kann, der sich stets als Bittsteller sieht, ganz übel eins auf die Mütze bekommen wird.
Auch absolute Zustimmung. Ist dasselbe, wie wenn ich mich frage, ob ich meine fiktiven Kinder lieber auf eine Montessori-Schule oder auf eine normale Schule schicken würde. Und ist dasselbe, wie wenn ich mich frage, ob z.B. das nicht auch eine Kehrseite von Therapie ist, wenn der Therapeut immer sehr respektvoll mit einem umgeht, nachfragt,... Ob das nicht auch auf einen abfärbt, ob man dann gar nicht mehr anders kann, als sich nur mit solchen Menschen zu unterhalten. Ist im normalen Leben ja auch nicht so, dass einem da soviel friedvolles entgegenschlägt. Aber das ist wohl eine Frage, die nicht so einfach zu beantworten ist.

Viele Grüße

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Stöpsel
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Beitrag Do., 31.05.2012, 13:10

Hallo nochmal,
titus hat geschrieben:Aber ich fürchte, so wie diese gewaltfreie Kommunikation hier im Forum i.a. gepredigt wird, geht das an dem vorbei, was du geschrieben hast, denn von einem 'bei sich bleiben' konnte ich da bisher nicht viel lesen. Eher ging es darum, dem ANDEREN vorzuwerfen, dass er falsch, weil nicht mit dem Label 'gewaltfrei', kommuniziert. Stattdessen heißt es immer sinngemäß: "Wenn nur alle so kommunizieren würden wie ich, wäre alles super".
Ja, aber an der Stelle ist es doch Dein Konflikt mit Tigerkind, das ist deswegen doch nicht per se auf GFK zurückzuführen... Merkt man ja auch an einigen Reaktionen von Dir auf Tigerkinds Äußerungen.
hawi hat geschrieben:Soweit aber GFK daran glaubt, gewaltfreie Kommunikation könne irgendwann zeigen, dass Menschen an sich gewaltfrei sind, täuscht sich GFK. Es wird nach meiner festen Überzeugung nie so sein, weil Menschen nicht gewaltfrei sind. Auch nicht die, die so kommunizieren. Das halte ich für eine Utopie.

Dem stimme ich zu. Aber an weniger Gewalt glaube ich schon. Gerade auch im politischen Rahmen. Und damit hat Rosenberg ja offenbar auch Erfolg gehabt. Und wenn ich mir den Israel-Konflikt so angucke, denke ich, NUR so gehts (muss aber zugeben, dass ich mich damit nicht so auskenne, um zu wissen, was für Befindlichkeiten und Interessen dabei alles eine Rolle spielen).
Und ich denke, etwas weniger Idealismus täte da GFK, täte auch denen, die so kommunizieren (müssen), gut.
Hat GFK selbst denn diesen Idealismus?
Ich denke, es ist eine Gratwanderung, einerseits Utopien zu haben, andererseits so zu leben, dass man sich in der gegebenen Welt zurechtfindet.

Viele Grüße


leberblümchen
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Beitrag Do., 31.05.2012, 13:25

Stöpsel hat geschrieben:
titus hat geschrieben:Aber ich fürchte, so wie diese gewaltfreie Kommunikation hier im Forum i.a. gepredigt wird, geht das an dem vorbei, was du geschrieben hast, denn von einem 'bei sich bleiben' konnte ich da bisher nicht viel lesen. Eher ging es darum, dem ANDEREN vorzuwerfen, dass er falsch, weil nicht mit dem Label 'gewaltfrei', kommuniziert. Stattdessen heißt es immer sinngemäß: "Wenn nur alle so kommunizieren würden wie ich, wäre alles super".
Ja, aber an der Stelle ist es doch Dein Konflikt mit Tigerkind, das ist deswegen doch nicht per se auf GFK zurückzuführen... Merkt man ja auch an einigen Reaktionen von Dir auf Tigerkinds Äußerungen.
Stimmt nicht. Wenn es nicht gut läuft mit der Kommunikation ist es ein beliebtes Mittel, einfach mal ein "du hast wohl ein Problem mit mir" oder "du magst mich nicht" rauszuhauen. Ähnlich verfährst du hier, indem du sagst, man würde meinen Konflikt mit Tigerkind daran bemerken, wie ich auf ihre Beiträge reagiere.

Ich beziehe mich eigentlich nur auf das, was Tigerkind schreibt, wenn ich sie kritisiere. Und auch das würde ich mir niemals anmaßen, wenn sie nicht diejenige wäre, die anderen Leuten diese Methode 'beibringen' will. Meinetwegen kann jeder schreiben, wie er will. Mit Aggressionen oder ohne. Solange er bei der Sache bleibt. Und so habe ich auch nicht irgendeinen Konflikt mit Tigerkind, sondern lediglich mit ihrer Schreibweise

Und ich würde das nicht thematisieren, wenn es nicht erstens hier genau darum ginge, wenn es mir zweitens nicht aufgefallen wäre, dass es nicht nur mit mir diesbezüglich Probleme gibt und wenn sie drittens nicht behaupten würde, ihre Methode sei das rhetorische Maß aller Dinge.

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ENA
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Beitrag Do., 31.05.2012, 13:39

Boah, steht hier viel. Ich komm ja gar nicht mehr mit!!!!!


P.S.: So wie B-Moll um 10.44h von ihren Seminarerlebnissen schrieb, motiviert es mich irgendwie mehr, mir das nochmal anzugucken. Danke Dir dafür.

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sandrin
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Beitrag Do., 31.05.2012, 14:00

Ich glaube halt, so lange GFK dazu dient, sich selber zu hinterfragen und andere zu verstehen, ist es gut. Problematisch wird es, wenn man sich damit über andere stellt, wenn man anderen (und sei es nur implizit) damit unterstellt, sie seien gewalttätig und wenn man notwendigen Konfrontationen, in denen man auch mal sich selber hinterfragen müsste, aus dem Weg geht, weil es ja die anderen sind, die gewalttätig mit einem umgehen. Insofern habe ich die GFK hier im Forum erst einmal unter einem sehr negativen Licht kennen gelernt.
Aber das haben ja auch schon andere so oder so ähnlich formuliert.

GLG und einen schönen letzten Sommertag vor dem Regen

Sandrin

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Stöpsel
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Beitrag Do., 31.05.2012, 14:23

Hallo Titus,

gut, dann streiche den letzten von mir zitierten Satz und belasse es bei dem ersten. Aber das hast Du ja selbst geschrieben, dass Du mit ihr einen konflikt hast. Ok, ob ein Konflikt mit ihr oder ihrer Schreibweise, finde ich jetzt egal, von dem, wie es sich hier als Ergebnis äußert, kommts aufs Gleiche raus.

Worum es mir ging, war, dass Du Deine Kritik schlecht GFK an sich anlasten kannst, wenn Du GFK v.a. an Tigerkinds Äußerungen und Verhalten festmachst, mit der Du (oder auch andere) einen Konflikt (oder wie auch immer Du das nennen willst) hast.

Viele Grüße

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Tigerkind
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Beitrag Do., 31.05.2012, 14:28

Vielen Dank an Hawi und Stöpsel, es tut mir sehr gut Euch zu lesen, wirklich vielen, vielen Dank dafür.

Und auch vielen Dank an B-Moll, ich finde Du hast es wirklich gut erklärt, ich konnte es leider nicht so vermitteln.
titus2 hat geschrieben:hre Methode sei das rhetorische Maß aller Dinge.
Das stimmt nicht titus, das ich das tue.
Je weiter sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.

-George Orwell-


montagne
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Beitrag Do., 31.05.2012, 15:16

Danke B-Moll,
für mich klingt das, was du schreibst tatsächlich anders, als GFK bislang hier dargestellt wurde und anders, als ich es in der Realität umgesetzt erlebe.
Also geht es doch darum erstmal bei sich selbst zu gucken. Das mit dem Gegenüber ergibt sich, wenn man ins Gespräch kommt und wenn das nicht so ist, ist es ja auch legitim. Wenn man weiß, was bei sich los ist, ist man weniger darauf angewiesen, ob der andere bereit ist zur Klärung oder ob er/sie dem Wunsch nachgibt.
Und da kann man sich GFK oder eine andere Kommunikationstheorie als Stütze hernehmen oder es anders lernen, üben begreifen. Wie Stöpsel sagt, das sind Dinge die lernt man auch woanders.

Und dann eben die menschliche Natur, zu der Aggressivität dazu gehört, finde ich, und in einem gewissen Umfang auch gesund ist. Komisch sind doch Menschen, die keine Aggression empfinden oder dies behaupten. Denn es ist doch immer das, was man an sich nicht kennt oder wahr haben will, was einem (und der Umwelt) zu schaffen macht.
und dann noch die systhemische Ebene, au wei.

hawis letztem Beitrag mag ich gerne zustimme, finde es ist gut ausgedrückt, was mich unruhig sein lässt, ich sicher auch schon mehrfach so egsagt habe, aber nicht so auf dem Punkt.#


Fazit für mich: Die Probleme der Kommunikation und des Miteinanders sind nach wie vor an sich ungelöst.

ist aber interssanterweise in so manchen menschelnden bereichen so. Es gibt einen eifrigen bis aggressiven Theorievortrieb und es klingt alles so super, aber in der Praxis sieht es so ganz anders aus. Da greift die Theorie nicht, da tun sich noch ganz andere Probleme auf. und je mehr die Praktiker über den mangel an theorteischer Unterstützung klagen, umso höher türmen sich die Luftschlösser der Theorie.

Vllt. auch Ausdruck der allgemeinen Orientierungslosigkeit und Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
amor fati

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