Religion & Atheismus

Fragen und Gedanken rund um Spiritualität und Religionen, alternative Behandlungsmethoden, den üppigen Garten sonstiger "Therapie"-Formen, Esoterik ... und ihre Berührungspunkte mit Psychotherapie bzw. psychologischen Problemen.
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Rezna
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Beitrag Mi., 04.01.2012, 02:14

Ein Korsett hat mehrere Funktionen. Es kann stützen, es kann dafür sorgen, dass das was ist zurechtgerückt wird damit es von aussen betrachtet wohlgefällig ist, ebenso aber raubt es die Luft zum Atmen, schränkt die Beweglichkeit ein.

Nichts auf der Welt (auch der Nationalsozialismus) ist nur schlecht, oder nur gut. Alles hat so seine 50:50 Seiten... so die eine Seite des Mondes ist dunke, die andere hell, egal wie sehr man den Mond oder die Sonne auch dreht.

So sind Religionen, oder ja, auch Diagnosen, auf der einen Seite ein Korsett das stützt und etwas in ein Licht rückt, das auch für Aussenstehende verständlich dargestellt ist. Zugleich aber beschneidet es die Freiheit, die Möglichkeit, von den Dogmen losgelöst wirklich frei zu denken.

Irrsinnig schnell verfallen die Menschen in die Rechtfertigung oder Verteidigung ihres Glaubens, ihres Lebensstils, ihrer Diagnosen. Sie dienen ihnen als Korsett das sie stützt und ihnen eine Identität verleiht die sie ohne Korsett nicht finden wollen oder können. Die bloße Existenz, das ungefragte Sein muss nicht verteidigt oder gerechtfertigt werden. Es ist. Und schert sich nicht darum, wems gefällt. Die Verteidigung und Rechtfertigung ist immer an das Ego gebunden. Jemand muss sich in das Korsett einer Religion zwängen, presst sein Ego da hinein und ist damit in der Zwangslage, es gegenüber jedem der den Sinn des Korsetts in Frage stellt zu verteidigen - oder aber sich selber zu rechtfertigen, in diesem Korsett zu stecken. Dies wiederum allerdings ist der Beweis, dass die Person nicht eins ist mit dem Korsett, durchaus empfindet, dass er ihm zugehörig, es aber nicht erselbst ist.

Die Frage die sich mir stellt, nicht aber im Sinne einer Religion/Atheismus - Frage ist, ob Menschen prinzipiell ohne Korsett leben können. Denn so wie sich viele in die Dogmen einer Religion werfen, werfen sich viele in Dogmen einer Musikrichtung, einer Lebensgestaltung, einer Karriereaussicht, eines Status...
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
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Beitrag Mi., 04.01.2012, 02:24

Dass der Nationalsozialimus Korsett für schwer gestörte Psychopathen war, kann ich bejahen. Wenn man das Pferd so aufzäumt, um in der Korsett-Sprache zu bleiben, ist das Ganze wirklich sehr zwiespältig zu betrachten.

Ich muss zugeben, dass mir lieber wäre, meine Diagnosen ständen nicht "öffentlich" in einem Gutachten, dann noch auf die Persönlichkeit bezogen. Wäre mir lieber, man hätte es eher in der bestehenden psychosozialen Dimension beschrieben, aber dieses Korsett wird ja den Patienten einfach mal übergezogen, auch wenn sie das eigentlich gar nicht möchten. Der Patient kann nur versuchen, das Beste aus seiner neugeschaffenen Situation zu machen und es sich in der Zwangsjacke möglichst bequem zu machen. Von daher gebe ich Passat schon recht ...
Zuletzt geändert von (e) am Mi., 04.01.2012, 02:27, insgesamt 1-mal geändert.
Lieben Gruß
elana

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Themis
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Beitrag Mi., 04.01.2012, 02:26

Ohne Korsett ... hm. Gute Frage zu später Stunde. Was wäre wenn ... der klassische Aussteiger, der sich gerade dadurch wieder in ein Korsett zwängt?

Vielleicht sollte man die Frage mal andersrum stellen: Was macht das Korsett ohne uns?
Ich bin nicht meine Geschichte

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Beitrag Mi., 04.01.2012, 03:48

Kannst Du dies etwas ausführen, Themis? Meinst Du das jetzt bezogen auf die Religion, Kirche, Atheismus, Wissenschaftsgläubigkeit, Psychologie?
Lieben Gruß
elana

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Rezna
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Beitrag Mi., 04.01.2012, 04:02

***elana*** hat geschrieben:Dass der Nationalsozialimus Korsett für schwer gestörte Psychopathen war, kann ich bejahen.
Damit macht man es sich aber schon seeeehr einfach. Das war das Korsett für sehr viele Mensche, viele Durchschnittsbürger. Viele Menschen die nachher lieber nicht darüber geredet haben, Mitläufer, die selben Niemands die unter der neu geschaffenen Bürokratie Aufstiegschancen hatten, zu "jemands" wurden. Die "Welle" hat das auch gut gezeigt. Das waren eben NICHT alles Psychopathen sondern ganz normale Menschen, denen dieses Korsett eine Stütze war, natürlich mit den entsprechenden Zugeständnissen. So wie es eben auch vielfach Religionen sind. Zu behaupten, im Nationalsozialismus hätten sich ausschließlich Psychopathen eingerichtet, würde bedeuten, wir alle sind die Nachfahren von Psychopathen, und sofern genetisch bedingt, wären wir alle sehr dazu verlanlagt, Psychopathen zu sein. Nein, wenn man glaubt, das wären alles "nur" Psychopathen gewesen, begeht man einen Fehler, der dazu führen kann, neue Anfänge zu übersehen. Mitläufer, die Menschen die "nur ihre Ruhe" wollen und aus diesem Zweck alles mitmachen, alles anziehen, die sind es, die den Psychopathen ihre Bühne geben. Denn die Psychopathen schneidern mit Hilfe der Fäden und der Stoffe der Dogmen die Korsetts, in die die normalen Leute sich zwängen. Welch Ursprung die Ideologien sind, ist fast egal, unter dem Schneeballeffekt der Masse wird selbst die beste Ausgangsposition, wie etwa die Lehre Jesu von Liebe und Mitgefühl, zu einem Wahnsinn in dessen Namen Menschen gefoltert und abgeschlachtet werden.

Ob Aussteigertum ein Korsettfreies Leben wäre, ist insofern fraglich, ob es sich nicht auch wieder Dogmen bedient. Völlig autonom sein in seinem Denken und Handeln, nicht Rosinenpicken, weil alle Formen der Institutionen nicht relevant sind... man ist wie man ist, und denkt was man denkt, und schert sich nicht darum, ob das jemand einer Religion oder Sonstigem zuordnen kann. Ein Korstettfreier Mensch würde sich nie rechtfertigen oder verteidigen, sondern eben einfach sein wer er ist. Selbst wenn er, zufällig vielleicht, nach den Regeln einer Religion lebt, und man diese Religion anzweifeln würde, so bestünde für den korstettfreien Menschen kein Grund, sich oder diese Religion zu verteidigen oder zu rechtfertigen. Er würde sich völlig frei von allem bewegen können, aber nicht Konturlos. Durchaus hätte er seine Meinung, seine Ansichten, seine Kritik, aber eben aus sich heraus, seinem Selbst...

Ich gebe zu, eine recht utopische Vorstellung von einem Menschen, die bedingt, völlig Angstfrei zu sein, oder die Angst sehr gut annehmen und integrieren zu können. Denn es ist doch die Angst, die uns in ein Korsett zwängt. Für unmöglich halte ich das nicht.
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Beitrag Mi., 04.01.2012, 04:26

Ich denke, ein Leben ohne Korsett bzw. z. B. Diagnose kann sich nur ein relativ gesunder Mensch leisten, der auf niemanden angewiesen ist und seine Rechte nicht durchsetzen muss anhand einer diagnostischen Rechtfertigung seiner Abweichung. Dann ist es einerlei. Aber sobald jemand aus dem gesellschaftlichen Korsett herausfällt und nicht mehr funktioniert, wird er zwangsintegriert mit einem diagnostischen Korsettstrang, denn einfach so darf niemand aussteigen ohne böse Folgen für ihn oder diejenigen, für die er verantwortlich ist, zumindest für die meisten ist es so. - Also aktuell ist die heutige Gesellschaft das Hauptlaster an Korsetttum. Da müssen wir nicht mal auf Vergangenes zurückgreifen, weder auf das Mittelalter noch den 2. Weltkrieg. Die Unabhängigkeit jenseits jeglicher Regeln (Korsett) ist eine Illusion und damit auch wieder krankheitswertig, wer daran glaubt in diesem Leben.
Lieben Gruß
elana

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Rezna
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Beitrag Mi., 04.01.2012, 05:27

elana, aber genau darum geht es!

Der "Korsettlose" kümmert sich nicht darum, was "die Gesellschaft" oder sonst irgend einer will. Seine höchste Instanz in allen Lebensfragen, ist er selber. Insofern kann er nicht aus dem gesellschaftlichen Korsett fallen, da er sich das Korsett der Gesellschaft eh nicht anzieht, und anziehen lässt. Ja. Er kann in der Gesellschaft leben, ohne sie als sein Dogma zu akzeptieren, sondern eben nur sich selbst. Manchmal kann es von aussen so aussehen, als befolge jemand ein Dogma, stecke im Korsett. Beispiel: Jemand hat ein Reihenhaus mit Van vor der Türe. Die meisten Menschen stecken im entsprechenden gesellschaftlichen Korsett. Sie folgen in ihren Träumen und Zukunftsplänen Dogmen, die ihnen genau diesen Lebensstil aufdrängen, um den Preis der Freiheit bezüglich Berufsleben, oder Partnerwahl, oder einfach mal ein Jahr abhängen und Musik zu machen. Allerdings kann auch ein Korsettfreier Mensch Reihenhaus und Van haben, aber nicht weil er ein Dogma befolgt, auch nicht, weil er dagegen rebelliert. Vielmehr wäre ihm VÖLLIG EGAL ob "die Gesellschaft" diesen Lebensstil gutheisst, und selbst wenn das Volk meint, wer einen Van fährt wäre Satan höchstpersönlich... Korsettfreien wäre das EGAL.

Und, weil es dich beschäftigt: Krankheit würde ich in diesem Sinn nicht als Korsett sehen. Ich kann beispielsweise Diabetes haben, muss mich deswegen aber nicht diesem Dogma unterwerfen, das Diabetikern anhaftet. Und das tut es. Es gibt Rollenvorschläge für fast alle Krankheiten. Ein Kranker ist, wie jeder Gesunde, an ein paar biologische Regeln geknüpft, das sind aber noch keine Dogmen. Jeder muss essen, trinken, schlafen und aufs Klo. Kranke müssen halt ein paar biologische Regeln mehr befolgen, wie etwa das mit dem Insulin handeln, oder je nach Krankheit eben, entsprechende Schritte zur Bewältigung setzen, ob Medikamentös, oder sonstwie...

Man kann sagen: Ein Korsett kann man immer nur selber anziehen. Niemand kann einen religiös oder etwa zum Nazi machen, wenn man sich dieses Korsett nicht anziehen will. Im Kampf gegen dieses Kleid sind schon viele Menschen lieber gestorben. Nicht aus Trotz, sondern weil sie dieses Korsett nicht tragen wollten. Eher kann ein Korsett Krankheiten auslösen, als das Krankheiten in ein Korsett zwingen. Auch in einer Krankheit kann man nämlich noch wählen, ob man nun gläubig wird oder Therapie macht, oder sonstwas, oder alles zusammen. Im Endeffekt, und diese Verantwortung ist natürlich groß, hat jeder einen freien Willen, und die Pflicht, sich diesem anzunehmen und für sich selber zu sorgen. Und für manche Menschen bedeutet das eben, ein Korsett anzulegen, für manche Menschen eben, genau das nicht.
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Beitrag Mi., 04.01.2012, 05:32

Kommt eben immer darauf an, was man unter Korsett versteht. Wenn Du das z. B. einem angehenden dissozialen psychopathischen Massenmörder sagst, wär es nicht gerade eine besonders kluge Aussage.

Ich halte es für eine Illusion, aber ich denke auch, dass man sich innerhalb des Korsetts durchaus für sich eine innere Freiheit bewahren kann. Man kann auch aussteigen, muss aber die Konsequenzen tragen. Für manche ist es das geringere Übel.

Wer spricht denn hier von Glauben? Es geht jetzt um das gesellschaftliche Korsett, wo Kranke unter die Räder kommen, wenn sie nicht um ihre Haut kämpfen. Jeder braucht schon am 3. Tag ein Arztzeugnis am Arbeitsplatz, so braucht der schwerwiegend Kranke eben seine Diagnose, womit er sich ausweist bei den Krankenkassen, damit er Therapie machen kann, ihm geholfen wird, ihm das Geld nicht gestrichen wird, er Anrecht auf eine Rente erhalten kann unter Umständen etc. Er kann ja nicht einfach hinschreiben, er möchte sich nicht in dieses System einfügen, denn er sei frei paperlapapp, dann wird er höchstens noch notfallmäßig eingeliefert in die psych. Klinik.

Das alles kann er für sich selbst denken, das wäre dann die innere Freiheit, aber die äußere ist beschränkt.
Lieben Gruß
elana

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Rezna
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Beitrag Mi., 04.01.2012, 06:16

Ich glaube, wir reden aneinander vorbei.
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Beitrag Mi., 04.01.2012, 06:37

Wär vielleicht besser, wenn wir wieder mehr auf den Threadtitel Religion & Atheismus fokussieren. Dazu kann ich sagen, dass für mich Religion Privatsache ist und damit kann im Prinzip jeder glauben, was er möchte, auch wenn es überhaupt keinen Sinn ergäbe. Ich habe nur Mühe mit reglementierter Religion oder wenn andere damit in irgendeiner Form unterdrückt werden. Das gilt für mich auch bei Wissenschaftsgläubigkeit, wenn Fanatiker Andersglaubende ausgrenzen, z. B. die Kreationisten, natürlich auch umgekehrt, wobei ich zwischen Wissenschaft und Wissenschaftsgläubigkeit noch einen Unterschied mache. Wissenschaft ist unfertig und behauptet auch nicht, alles zu wissen, sollte sie zumindest nicht auf wissenschaftlicher Basis. Gibt dort natürlich auch schwarze Schafe, die ihren privaten Atheismus oder Monotheismus gleich mit reinpacken.
Lieben Gruß
elana

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debussy
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Beitrag Mi., 04.01.2012, 07:22

Passat hat geschrieben:Ich bin noch ein Mensch, der ganz ohne Medikamente auskommt.
bist du sicher?
Passat hat geschrieben: (noch so eine "Abhängigkeits-"Schande der (Psycho-)Therapie)
soweit mir bekannt, dürfen psychotherapeuten keine medikamente verschreiben. außer sie haben medizin studiert.
Passat hat geschrieben:In der Psychotherapie geht die Krise niemals zu Ende.
dann melde dich am besten hier ab. aber schei*** nicht, wo du frisst, passat!

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shouqici
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Beitrag Mi., 04.01.2012, 08:51

Passat hat geschrieben:Gib es zu - du bist ein Emeritus.
Hm - ich bin zwar in Pension, aber emeritiert werden Professoren - ich war nur in der Bibliothek ...
Immerhin läßt es sich unterscheiden in friedliche und unfriedliche Strategien. Hinter einer Strategie steckt auch meistens eine Absicht, die Unheil über ein ganzes Kollektiv bringt. Da denke ich jetzt z. B. an den Nationalsozialismus. Also wenn der mal nicht Schande über die Welt gebracht hat...
Da gehst Du m.E. schon einen Schritt weiter - ich dachte da weniger an religiöse, wissenschaftliche oder politische 'Parteiprogramme' als an grundlegende Denkstrategien - aus dem Glauben an eine 'verborgene' hinter der 'platten' Wirklichkeit geht an sich kein Unheil hervor, ebensowenig wie aus der gegenteiligen Annahme. Unfriedlich wird eine Strategie dann, wenn sie das Verborgene, das Unverfügbare verfügbar zu machen, in Dogmen zu zementieren sucht, es also in die 'platte Wirklichkeit' hineinziehen will - ein Kategorienfehler. Allerdings ist in den letzten Jahrtausenden Vieles 'Unbegreifliche' begreiflich, ja verfügbar geworden - zum Schaden wie zum Nutzen... Wenn heute ein Psychiatriepatient nicht mehr exorziert oder in den 'Narrenturm' gesperrt wird, sondern sauber diagnostiziert und therapiert selbständig leben kann, dann sehe ich darin eigentlich keinen Nachteil...

() shouqici
Um sanft, tolerant, weise und vernünftig zu sein,
bedarf es einer nicht geringen Portion von Härte.


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Beitrag Mi., 04.01.2012, 09:58

@shouqici: Ich sehe es auch so, dass erst derjenige, der das Mittel einsetzt, bestimmt, ob dies nun zum Guten oder zum Schaden gereicht. So gesehen kann sogar Unsinn nützlich sein, wenn es von Weisheit geführt wird.
Lieben Gruß
elana

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Themis
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Beitrag Mi., 04.01.2012, 10:52

***elana*** hat geschrieben:@shouqici: Ich sehe es auch so, dass erst derjenige, der das Mittel einsetzt, bestimmt, ob dies nun zum Guten oder zum Schaden gereicht. So gesehen kann sogar Unsinn nützlich sein, wenn es von Weisheit geführt wird.
Wie meinst du das? Was meinst du mit "Unsinn" und wie kann der nützlich werden?

Zum Thema Korsett: Es ist sehr schwer, unsere Korsetts abzulegen, denn dazu müssen sie erst wahrgenommen werden. Es gibt welche, die spüren wir tagtäglich ohne unser Zutun, die drängen sich regelrecht auf, wie etwa ein belastender Job, Geldprobleme, gesellschaftliche Verpflichtungen, Termine, passende Kleidung und so weiter. Andere machen sich nicht so offensichtlich bemerkbar, wie psychische (Re)aktionsmuster, schlechtes Gewissen, Schuldgefühle, Verpflichtungen dem Über-Ich etwa.

Wenn ich alle Korsetts abgelegt habe, bin ich dann tot? Oder kann ich im Leben den Korsetts nicht entgehen, weil sie mich ausmachen, weil ich in sie hineingeboren wurde, weil ohne sie mein Leben in dieser Gesellschaft nicht möglich wäre?

Sind meine Korsetts mein Ego, welches mein Selbst umgibt? Hat das Selbst in dieser Welt keine alleinige Existenzmöglichkeit?

Ich habe vor kurzem geschrieben: Gott ist für mich Freiheit, der Weg und das Ziel. Je mehr ich vom Korsett ablege, umso näher kann ich mir selbst sein. Je mehr ich ablege, umso weiter entferne ich mich von meiner Umwelt (die letztlich einen Großteil des Korsetts darstellt). Bin ich dann Gott näher?

Weiter weiß ich jetzt nicht

Zur Frage "Was macht das Korsett ohne uns": Anarchie auf allen Ebenen?

edit: nö, falsch. Das machen wir ohne Korsett. Ein Korsett ohne uns gibt es nicht.

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shouqici
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Beitrag Mi., 04.01.2012, 12:48

Themis hat geschrieben:Ich habe vor kurzem geschrieben: Gott ist für mich Freiheit, der Weg und das Ziel. Je mehr ich vom Korsett ablege, umso näher kann ich mir selbst sein. Je mehr ich ablege, umso weiter entferne ich mich von meiner Umwelt (die letztlich einen Großteil des Korsetts darstellt). Bin ich dann Gott näher?

Weiter weiß ich jetzt nicht

Zur Frage "Was macht das Korsett ohne uns": Anarchie auf allen Ebenen?

edit: nö, falsch. Das machen wir ohne Korsett. Ein Korsett ohne uns gibt es nicht.
Das denke ich auch - da ja wir dieses Korsett 'machen' - vielleicht aus Angst, weil uns sonst zu 'kalt' ist?

Die Sache mit Gott, Umwelt und Korsett - hm,das erinnert mich - na, nachdem wir hier ja im 'Religion'-Thread sind, ist's ja nicht OT -
Vor vielen Jahren fragte mich einmal ein japanischer Zenmeister im dokusan (persönlichen Gespräch), was ich denn wohl wäre - Christ, Buddhist, Taoist, oder was sonst?
Ich antwortete ihm "Ich glaube dass es so etwas wie Wahrheit gibt. Wenn ich die durch eine grüne Brille ansehe, sehe ich eine grüne Wahrheit; wenn ich eine rote Brille verwende, sehe ich eine rote Wahrheit. Ich möchte aber alle Brillen ablegen und die Wahrheit so sehen wie sie ist..."

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bedarf es einer nicht geringen Portion von Härte.


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