Mit Therapeut/in spazieren gehen?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

Coriolan
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 17:19

Anna-Luisa hat geschrieben: Sa., 01.02.2020, 16:53
Selbst in diesem Forum kann ich zahlreiche Beiträge lesen, in denen Patienten es später bitter bereuten, sich auf den Therapeuten, der "eher ein Freund war" eingelassen zu haben. Weil Grenzen nicht eingehalten wurden und er mitunter gegen die Abstinenz verstieß. Aber damals fühlte es sich doch richtig an.
Vielleicht haben die, die damit keine Probleme hatten/haben und es nicht bitter bereuten einfach auch genau deswegen kein Bedürfnis, davon zu berichten?

Finde es auch etwas sehr konstruiert, von einem Spaziergang mit dem Therapeuten gleich auf Verletzung der Abstinenz zu kommen. Fehlen nur noch die Bettgeschichten... :kopfschuettel:

@ Peppermint Patty

Oooooooooooooh - wie schön! Danke für das Erzählen! Hab' grad echt eine Gänsehaut beim Lesen bekommen und hoffe, es wird dir nicht madig gemacht, weil auch das - möglicherweise - gegen irgendeine Regel verstößt. Solche Erfahrungen sind so wertvoll und ich finde es schlimm, wenn das dann ins Negative gezogen wird.
Behinderung/Erkrankung ist eine Erklärung für Vieles, aber keine Entschuldigung für Alles.

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LSeneca
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 17:22

Jaja, vor drei Jahren war ich in meiner Psychoanalyse auch noch begeistert, wie unkonventionell und modern meine Therapeutin ist. Wie glücklich war ich, als sie mich in ihrer Urlaubszeit behandelt hat, ich bei ihr lernen durfte und sie mir die Wohnung ihrer Kollegin vermittelt hat... wir hatten so ein gutes Verhältnis zueinander!

Wer braucht schon die starrsinnige, veraltete Abstinenzregel? Ich habe mich doch rund um zufrieden mit der Therapeutin gefühlt und das Verhältnis war von so viel Wärme und gegenseitiger Herzlichkeit getragen!

Ironie aus. Mir wird übel, wenn ich den lockeren Umgang mancher Patienten mit solchen Settingsveränderungen lese- aber ich hätte es vor ein paar Jahren noch ganz genauso gesehen.

Nähe in der Therapie braucht ein Sicherheitsnetz- und einen festen Rahmen. Dazu gehört für mich auch, dass die Therapiesitzungen nicht außerhalb der Praxis verlagert werden (es sei denn, es handelt sich um eine Exposition im Rahmen einer VT-Therapie). Mit dem Therapeuten Auto zu fahren, Spazieren zu gehen, ins Cafe zu gehen, IST grenzverletzend, unabhängig davon, wie wohl sich der Patient in diesem Moment damit fühlt.

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Anna-Luisa
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 17:29

Coriolan hat geschrieben: Sa., 01.02.2020, 17:19 Vielleicht haben die, die damit keine Probleme hatten/haben und es nicht bitter bereuten einfach auch genau deswegen kein Bedürfnis, davon zu berichten?
Vielleicht schämen sie sich auch einfach, weil sie sich nicht trauten "Nein!" zu sagen. Immerhin werden in zahlreichen Threads User zu ihrem Therapeuten beglückwünscht, da dieser so lieb und verständnisvoll unterdrückte Gefühle wahrnimmt - und die Patientin einfach umarmt. - Da fällt es im Nachhinein (oder beim Lesen solcher Threads) vermutlich schwer zu schreiben:"Wie konnte er meinen Zustand nur so ausnutzen und mir Liebkosungen als therapeutisches Bemühen verkaufen?"

Es hat schon seinen Grund, warum Therapeuten ihre Patienten nicht umarmen dürfen.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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LSeneca
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 17:31

Die Abstinenzregel nach dem subjektiven Empfinden von Therapeut und Patient auszulegen und zu verschieben, ist in etwa so, als wäre es in Ordnung, über eine rote Ampel zu fahren, weil ich das gerade toll finde und es dabei ja auch nicht zwingend zum Unfall kommen muss, wenn man nur vorsichtig genug ist...

Oder vielleicht ist es auch passender von einer Fahrt mit dem Bus auszugehen. Ich freue mich als Mitfahrender, so schnell ans Ziel zu kommen, weil der Busfahrer rote Ampeln überfährt und am Ende ist vielleicht auch gar nichts passiert. Aber wie würde sich wohl die Unfallstatistik verschieben, wenn sich fortan jeder Busfahrer herausnehmen würde, rote Ampeln zu überfahren?

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Candykills
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 17:38

Ich finde Abstinenz auch ganz wichtig. Ein Therapeut, der sich daran hält, zeigt mir dadurch, dass er seinen Job sehr ernst nimmt. Es wäre ein absolutes Drama geworden mit unseren Störungen, wäre die Therapeutin nicht abstinent geblieben.

Ob ein Spaziergang gegen Abstinenz verstößt, weiß ich nicht. VTler gehen ja auch mit ihren Patienten gemeinsam raus für Konfrontationstherapie. Je nach Situation, kann das also angemessen sein.
Umarmungen gehen in meinen Augen überhaupt nicht. Immer wieder liest man hier von den Dramen, wenn Therapeuten zu viele Zugeständnisse machen (SMS, WhatsApp, Mail, Körperkontakt). Es geht selten gut aus - für den Patienten.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)


Coriolan
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 17:47

LSeneca hat geschrieben: Sa., 01.02.2020, 17:22 Mir wird übel, wenn ich den lockeren Umgang mancher Patienten mit solchen Settingsveränderungen lese-

[...]

Nähe in der Therapie braucht ein Sicherheitsnetz- und einen festen Rahmen. Dazu gehört für mich auch, dass die Therapiesitzungen nicht außerhalb der Praxis verlagert werden (es sei denn, es handelt sich um eine Exposition im Rahmen einer VT-Therapie). Mit dem Therapeuten Auto zu fahren, Spazieren zu gehen, ins Cafe zu gehen, IST grenzverletzend, unabhängig davon, wie wohl sich der Patient in diesem Moment damit fühlt.
Mir wird auch übel, wenn Usern, die andere (gute!) Erfahrungen gemacht haben, suggeriert wird, dass das natürlich GAR NICHT geht/nicht sein kann und die Räumlichkeiten der Praxis nur in Ausnahmefällen für die Therapie verlassen werden dürfen.

Ich weiß nicht, warum die Userin mit ihrem Therapeuten Auto gefahren ist (vielleicht war das ja eine Expo). Ist auch egal, denn sie war hier eh seit Jahren nicht mehr und wird sich wohl kaum mehr dazu äußern, mit welchem (Therapie-)Ziel das stattfand.

Auch wurden ja schon mehrere Gründe für Spaziergänge hier angeführt. Es wird hier nur so dargestellt, als sei das reines Vergnügen ohne (therapeutischen) Hintergedanken dabei.
Anna-Luisa hat geschrieben:Es hat schon seinen Grund, warum Therapeuten ihre Patienten nicht umarmen dürfen.
:kopfwand:

Aha.

Und das schreibt welcher (selbst ernannte) Experte?

Ich bin raus - kaja hatte recht: Der Thread wird langsam aber sicher geschreddert und/oder zum Hamsterrad, wo grad alles in einen Topf geworfen wird...
Zuletzt geändert von Coriolan am Sa., 01.02.2020, 17:49, insgesamt 1-mal geändert.
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Kaonashi
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 17:48

Ich würde sofort mit einem Therapeuten spazieren gehen. Wieso auch nicht? Es ist lediglich eine Ortsveränderung, sonst gar nichts. Der positive Nutzen ist, dass man beim Gehen automatisch lockerer wird, dann geht das Reden besser.

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peppermint patty
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 17:50

Coriolan hat geschrieben: Sa., 01.02.2020, 17:19 Vielleicht haben die, die damit keine Probleme hatten/haben und es nicht bitter bereuten einfach auch genau deswegen kein Bedürfnis, davon zu berichten?
Ich glaube es gibt einen großen Unterschied wie die "speziellen Elemente "bewertet werden, je nachdem wie die Therapie ausgegangen ist und wie die Person selbst zu ihrer Verantwortung steht. Ich zB würde selbst dann, wenn die Therapie ungut beendet ist, einen Spaziergang oder Umarmung niemals als Verletzung von irgendwas werten, wenn ich damals dafür die Einwilligung gegeben habe. Da fände ich es schon sehr schräg später zu sagen, och - das war missbräuchlich. Ich halte viel von Verantwortungsübernahme auch auf Patientenseite.

Wieder schreibe ich nicht über Bettgeschichten, oä!!
Coriolan hat geschrieben: Sa., 01.02.2020, 17:19 Finde es auch etwas sehr konstruiert, von einem Spaziergang mit dem Therapeuten gleich auf Verletzung der Abstinenz zu kommen. Fehlen nur noch die Bettgeschichten... :kopfschuettel:
Nichtsredend. In der letzten Klinik fand sehr viel Therapie außerhalb des Klinikgeländes statt.

Coriolan hat geschrieben: Sa., 01.02.2020, 17:19 @ Peppermint Patty

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Es ist und bleibt mein Schatz. Damit bin ich zu 100% kongruent - es ist also nicht zerstörbar. :)

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candle.
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 17:51

Der beste Schutz ist eben keine Therapie zu machen. Warum werden hier eigentlich alte Threads ausgegraben?

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mio
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 17:53

Meiner Meinung nach bedeutet Abstinenz klar zu trennen zwischen sich selbst und eigenem Bedürfnis/eigenen Ansichten und dem was der Patient so mitbringt, braucht etc. pp.. Es ist also eher eine Frage der Haltung/der eigenen Fähigkeiten als eine Frage des Settings.

Im Grunde bedeutet Abstinenz ja nur, dass der Therapeut innerlich gut abgegrenzt/reflektiert sein sollte. Dafür braucht es an sich kein bestimmtes Setting, das Setting kann allerdings hilfreich sein, wenn es um die eigene Abstinenz nicht oder noch nicht so gut bestellt ist.

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Anna-Luisa
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 17:59

LSeneca hat geschrieben: Sa., 01.02.2020, 17:31 Die Abstinenzregel nach dem subjektiven Empfinden von Therapeut und Patient auszulegen und zu verschieben, ist in etwa so, als wäre es in Ordnung, über eine rote Ampel zu fahren, weil ich das gerade toll finde und es dabei ja auch nicht zwingend zum Unfall kommen muss, wenn man nur vorsichtig genug ist...
Eben! Wenn ich hier lese, was manche Therapeuten mit ihren Patienten veranstalten (bzw. die Therapeuten ihre Patienten nicht stoppen) wäre oft Patient (oder gar der Therapeut?) :-D besser damit beraten, sich einer Kontaktbörse seiner Stadt anzuschließen. Oder vielleicht auch damit, seinen einen oder anderen inneren Anteil von einer "Leihgroßmutter" betüteln zu lassen.
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mio
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 18:01

Kaonashi hat geschrieben: Sa., 01.02.2020, 17:48 Der positive Nutzen ist, dass man beim Gehen automatisch lockerer wird, dann geht das Reden besser.
Ohne jetzt dagegen zu sein, ich würde es ablehnen, weil ich den Therapeuten dabei nicht anschauen kann. Mich würde das nicht "lockerer" machen sondern "noch verkrampfter". Ich würde dann eher gar nix sagen. :lol:

So sind die Bedürfnisse und Vorlieben eben verschieden und nur weil es mir persönlich nicht leichter fallen würde muss ich ja nicht darüber bestimmen was anderen helfen kann.

Streng genommen wäre es ja auch mein Problem wenn ich das dann nicht sagen könnte, dann wäre es gut daran zu arbeiten dass ich lerne NEIN zu sagen, wenn ich mir was nicht vorstellen kann oder wenn ich etwas nicht will oder nicht hilfreich finde. DAS sollte meiner Meinung nach auch klar transportiert werden, das finde ich viel viel wichtiger als die jeweilige "Ausgestaltung" der Therapiestunde/den formelen Rahmen: Die Gewissheit immer klar NEIN zu einem Vorschlag/einer Idee/einer Deutung sagen zu dürfen ohne dass das negative Konsequenzen hat. Ist das soweit klar, dann muss ich auch nicht mehr "beschützt" werden sondern darf mich selbst schützen. Für mich das deutlich bessere Konzept.

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peppermint patty
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 18:05

Anna-Luisa hat geschrieben: Sa., 01.02.2020, 17:59 Eben! Wenn ich hier lese, was manche Therapeuten mit ihren Patienten veranstalten (bzw. die Therapeuten ihre Patienten nicht stoppen) wäre oft Patient (oder gar der Therapeut?) :-D besser damit beraten, sich einer Kontaktbörse seiner Stadt anzuschließen. Oder vielleicht auch damit, seinen einen oder anderen inneren Anteil von einer "Leihgroßmutter" betüteln zu lassen.
Ich finde deine Beiträge oft sehr strange, weil ich sie meist provokant und pedantisch finde. Aber deinen Humor mag ich. Ich habe herzhaft gelacht. Danke!

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Noenergetik
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 18:11

Ja, das finde ich auch.
Und ich bin auch oft nicht der Meinung von Anna-Luisa , aber ich wollte Dir auch vorhin schon schreiben, Anna-Luisa, wie sehr es mir gefällt, dass Du trotz oft viel Gegenwind mit viel Humor bei Dir selbst bleibst, da kann ich viel für mich mitnehmen!

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candle.
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Beitrag Sa., 01.02.2020, 18:17

Neid auf andere Menschen ist schon eine negative starke Macht, die einem nur selbst schadet.

candle
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