Ja. Ihr habt recht.carö hat geschrieben:@celice
hm, ja. sprich es am besten offen an, auch wenn es schwer ist. auch deinen eindruck, dass er zögerlich war. vielleicht kam es dir ja wirklich nur so vor.
du weisst danach aber zumindest besser, was sache ist.
Suizidgedanken.. macht Therapie in meiner Lage Sinn?
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Hallo Mädels (und Jungs, so Ihr mitlest)!
Na, hier ging’s ja ganz schön rund! Fein, das freut mich! (Gibt es eigentlich irgendwo auch Smilies „am Lagerfeuer“?)
Und gegen OT-Einwürfe habe ich gar nix!
Eine große Portion „Leidensfähigkeit“ muss man in diesem Job jedenfalls wohl wirklich mitbringen: Sowohl die Fähigkeit, Fremdleid auszuhalten, denn was einem da von manchen PatientInnen erzählt wird, dürfte vielfach ziemlicher Horror sein, als auch die Fähigkeit, eigenes Leid zu ertragen – z.B. im Umgang mit unbotmäßigen PatientInnen (neulich habe ich ihn, nachdem er wieder mal fand, „das so nicht gesagt zu haben“, und zu einer neuen Fassung des Gesagten ausholte, gefragt, ob man am Ausbildungsinstitut eigentlich auch Seminare in Rabulistik belege oder ob das angeboren sei …; autsch! Widow kann ein pöses, pöses Mädchen sein!).
Zu Deinem prinzipiellen Wunsch nach mehr Wochenstunden kann ich nichts anderes sagen als das, das Carö und Draußen schon gesagt haben: Mund auf, Augen zu und durch!
Einen herzlichen Gruß an alle hier,
Widow, neuerdings aus (auf?) dem Eis
Na, hier ging’s ja ganz schön rund! Fein, das freut mich! (Gibt es eigentlich irgendwo auch Smilies „am Lagerfeuer“?)
Schön, wenn die Lektüre hier manchmal amüsant ist! (Wie sagte mal irgendjemand: Die größten Melancholiker sind die größten Humoristen. – Oder war’s umgekehrt? Egal: Lachen tut gut, findet auch und immer wieder Widow!)Celice hat geschrieben: ich lese hier ja anteilnehmend mit (und amüsiere mich mitunter prächtig - super Antidepressivum eigentlich - und das kann man hier nicht von allen Threads sagen...), sorry für meine Off-Topic-Zwischenreinfrage
Und gegen OT-Einwürfe habe ich gar nix!
HA!!! Dachte ich’s mir doch, dass des Herrn Analytikers Gerede von Widows masochistischen Tendenzen letztlich eine Projektion von IHM ist!Celice hat geschrieben: Ich kann mich über die analytikereigene Leidensfähigkeit auch immer nur wundern. Und ich hatte schon so viele tolle Ideen!
Eine große Portion „Leidensfähigkeit“ muss man in diesem Job jedenfalls wohl wirklich mitbringen: Sowohl die Fähigkeit, Fremdleid auszuhalten, denn was einem da von manchen PatientInnen erzählt wird, dürfte vielfach ziemlicher Horror sein, als auch die Fähigkeit, eigenes Leid zu ertragen – z.B. im Umgang mit unbotmäßigen PatientInnen (neulich habe ich ihn, nachdem er wieder mal fand, „das so nicht gesagt zu haben“, und zu einer neuen Fassung des Gesagten ausholte, gefragt, ob man am Ausbildungsinstitut eigentlich auch Seminare in Rabulistik belege oder ob das angeboren sei …; autsch! Widow kann ein pöses, pöses Mädchen sein!).
Das wäre nun mein Alptraum. Schön, dass wir AnalysandInnen so verschieden sind!Celice hat geschrieben: Ich sag einfach zu ihm: "So, bis Neujahr komm ich jetzt täglich!"
Zu Deinem prinzipiellen Wunsch nach mehr Wochenstunden kann ich nichts anderes sagen als das, das Carö und Draußen schon gesagt haben: Mund auf, Augen zu und durch!
Womit Du einmal wieder bewiesen hättest, dass auch die „distanzierten AnalytikerInnen“ es schaffen, sogar die scheuesten Exoten-Paarhufer ganz sanft und liebevoll anzufüttern … thx!Draußen hat geschrieben: Was ich sagen will, ich habe am Anfang wahnsinnig viel Zucker gebraucht und selbst davor hatte ich Angst, wenn mir die Hand (mit dem Zucker drauf) zu schnell entgegen gestreckt wurde.
Einen herzlichen Gruß an alle hier,
Widow, neuerdings aus (auf?) dem Eis
mit Verzögerung melde ich mich zu Wort, ich war knapp an Zeit und musste den Ärger über apodiktische Äußerungen beiseite fegen und etwas länger nachdenken als gewohnt, offen geblieben ist für mich in dieser Diskussion zunächst einmal das Integrieren.
Mit dem Begriff integrieren habe ich Schwierigkeiten: Was genau umfasst er?
Mir leuchtet ein: als Teil der eigenen Lebensgeschichte annehmen und erzählen, verstehen, woher etwas kommt, wie es funktioniert, welchen Zweck es hat.
Mir leuchtet nicht ein: mögen, sinnvoll finden, behalten wollen.
Tatsächlich hätte ich Bedenken, jemandem – auch mir selbst – zu sagen, Suizidalität müsse integriert werden, dazu ist sie mir einfach zu lebensgefährlich.
Ich halte Selbsttötungsgedanken nicht für Teufelswerk, Besessenheit, Verhexung, Sünde. Doch ich erinnere mich an (weit zurückliegende) Phasen, in denen ich den Eindruck hatte, dass die Verzweiflung kein schwarzes Loch in meinem Brustkasten sei, sondern etwas Riesengroßes, Überwältigendes, das ich nicht mehr als Teil von mir wahrnehmen konnte. In diesen Augenblicken hat mir die Vorstellung gut getan, da sei eine Person, die mir nach dem Leben trachte: ich wollte mich nicht umbringen lassen, war in der Lage, Partei für mich zu ergreifen und etwas zuzulassen, für das »Hoffnung« schon eine arg übertriebene Bezeichnung wäre. Mich umzubringen wäre letztlich – hier passt das Wort einmal – nicht in meinem Interesse, und an dieser Feststellung habe ich mich lange Zeit festhalten können.
Freilich weiß ich, dass auch Suizidalität ein Versuch ist, Probleme zu lösen. Mir ist diese Lösung aber zu radikal und zu unspezifisch. Außerdem gibt es Lösungsversuche, die selbst ein Problem sind und weitere Probleme schaffen. Süchte gehören dazu.
Inzwischen habe ich gelernt, auch in Suizidalität einen Wunsch zu sehen, den Wunsch nach einer grundlegenden Veränderung in Lebensumständen, die so bedrückend sind, dass man sich Veränderung nicht vorstellen kann, geschweige denn, dass man wüsste, wie man sie erreicht.
Integriert habe ich diesen Wunsch, nicht die Suizidalität – und das hat mich in eine Psychotherapie geführt.
Ob nun für mich oder für jemand anderen, in meiner Entscheidung, für Leben, Gelingen, Glück zu plädieren, bin ich ziemlich entschlossen und eigentlich nicht sehr kompromissbereit. Das macht aber keinen inneren oder äußeren Kreuzzug.
Mit dem Begriff integrieren habe ich Schwierigkeiten: Was genau umfasst er?
Mir leuchtet ein: als Teil der eigenen Lebensgeschichte annehmen und erzählen, verstehen, woher etwas kommt, wie es funktioniert, welchen Zweck es hat.
Mir leuchtet nicht ein: mögen, sinnvoll finden, behalten wollen.
Tatsächlich hätte ich Bedenken, jemandem – auch mir selbst – zu sagen, Suizidalität müsse integriert werden, dazu ist sie mir einfach zu lebensgefährlich.
Ich halte Selbsttötungsgedanken nicht für Teufelswerk, Besessenheit, Verhexung, Sünde. Doch ich erinnere mich an (weit zurückliegende) Phasen, in denen ich den Eindruck hatte, dass die Verzweiflung kein schwarzes Loch in meinem Brustkasten sei, sondern etwas Riesengroßes, Überwältigendes, das ich nicht mehr als Teil von mir wahrnehmen konnte. In diesen Augenblicken hat mir die Vorstellung gut getan, da sei eine Person, die mir nach dem Leben trachte: ich wollte mich nicht umbringen lassen, war in der Lage, Partei für mich zu ergreifen und etwas zuzulassen, für das »Hoffnung« schon eine arg übertriebene Bezeichnung wäre. Mich umzubringen wäre letztlich – hier passt das Wort einmal – nicht in meinem Interesse, und an dieser Feststellung habe ich mich lange Zeit festhalten können.
Freilich weiß ich, dass auch Suizidalität ein Versuch ist, Probleme zu lösen. Mir ist diese Lösung aber zu radikal und zu unspezifisch. Außerdem gibt es Lösungsversuche, die selbst ein Problem sind und weitere Probleme schaffen. Süchte gehören dazu.
Inzwischen habe ich gelernt, auch in Suizidalität einen Wunsch zu sehen, den Wunsch nach einer grundlegenden Veränderung in Lebensumständen, die so bedrückend sind, dass man sich Veränderung nicht vorstellen kann, geschweige denn, dass man wüsste, wie man sie erreicht.
Integriert habe ich diesen Wunsch, nicht die Suizidalität – und das hat mich in eine Psychotherapie geführt.
Ob nun für mich oder für jemand anderen, in meiner Entscheidung, für Leben, Gelingen, Glück zu plädieren, bin ich ziemlich entschlossen und eigentlich nicht sehr kompromissbereit. Das macht aber keinen inneren oder äußeren Kreuzzug.
Liebe Rabe,
bestürzt lese ich von Deinem Ärger
Deine Analyse des Begriffs „integrieren“ hat mir gefallen:
Suizidalität, die Du m.E. treffend umschrieben hast als den
diese Suizidalität aber gehört für mich nicht zu den rundweg ‚ungeliebten‘ Anteilen.
Sie ist keine fremde, keine abspaltbare Person, die mich umzubringen trachtet, sondern sie trägt genauso mein Gesicht wie die Widow, die zur Therapie marschiert. Und sie ist – sollte ich sie irgendwann einmal ‚Realität werden lassen‘ – letztlich (!) ein Ausdruck meiner Selbst, ist ‚Lebensgestaltung‘ (so, wie auch ihr Gegenteil das ist) und somit tatsächlich ‚Selbstverwirklichung‘. Denn dass wir alle irgendwelchen Umständen unterworfen sind, ob die nun schön oder hässlich, glücklich stimmend oder bedrückend sein mögen, das scheint mir evident. Insofern gibt es allenfalls relative ‚Selbstverwirklichung‘ – in jeder Hinsicht. (Für’s Leben kann man sich unter bestimmten Umständen ja auch nicht mehr entscheiden – und ich rede jetzt nicht vom Freitod, der angesichts dessen übrigens auch [fast?] als die einzige Freiheit erscheint, selbst wenn das paradox sein mag!)
Mit den so richtig martialischen Begriffen („Terrorkampf“, „Kreuzzug“ oder „Heereseinsatz“ gegen einen Teil von sich) habe ich’s in diesem Kontext (Umgang mit sich selbst) aber genauso wenig wie Du (dagegen war mein Sprüchlein vom auf die Finger-Hauen ja geradezu naiv).
Nur möchte „ich“ derzeit manchmal entweder meiner Suizidalität ein bissl aufhelfen (jener suizidale Anteil nämlich) oder sie eben zumindest zeitweilig zum Schweigen bringen (jener therapiewillige Anteil nämlich). Das ist ein bissl ‚schizophren‘ (und irgendwie auf die Dauer etwas zermürbend). Naja, bislang ist’s ja offensichtlich auszuhalten.
Dir (und allen hier, die sie teilen) wünsche ich sehr herzlich weiterhin Entschlossenheit in Deiner Entscheidung für Leben und Glück!
Liebe Grüße,
Widow
bestürzt lese ich von Deinem Ärger
– sollte ich mal wieder etwas zu harsch formuliert haben, so bitte ich um Entschuldigung!Rabe hat geschrieben:über apodiktische Äußerungen
Deine Analyse des Begriffs „integrieren“ hat mir gefallen:
Ja, als eine Art von „verstehen Wollen“ kann ich dieses Wort auch akzeptieren, während ich ebenfalls Probleme damit hätte, die ‚ungeliebten‘ Anteile meines Ichs oder Selbst „behalten zu wollen“. Die wäre ich gern los … (werde sie aber vermutlich behalten müssen, was vielleicht leichter fällt, wenn ich sie „verstanden“ habe).Rabe hat geschrieben:Mit dem Begriff integrieren habe ich Schwierigkeiten: Was genau umfasst er?
Mir leuchtet ein: als Teil der eigenen Lebensgeschichte annehmen und erzählen, verstehen, woher etwas kommt, wie es funktioniert, welchen Zweck es hat.
Mir leuchtet nicht ein: mögen, sinnvoll finden, behalten wollen.
Suizidalität, die Du m.E. treffend umschrieben hast als den
,Rabe hat geschrieben: Wunsch nach einer grundlegenden Veränderung in Lebensumständen, die so bedrückend sind, dass man sich Veränderung nicht vorstellen kann“
diese Suizidalität aber gehört für mich nicht zu den rundweg ‚ungeliebten‘ Anteilen.
Sie ist keine fremde, keine abspaltbare Person, die mich umzubringen trachtet, sondern sie trägt genauso mein Gesicht wie die Widow, die zur Therapie marschiert. Und sie ist – sollte ich sie irgendwann einmal ‚Realität werden lassen‘ – letztlich (!) ein Ausdruck meiner Selbst, ist ‚Lebensgestaltung‘ (so, wie auch ihr Gegenteil das ist) und somit tatsächlich ‚Selbstverwirklichung‘. Denn dass wir alle irgendwelchen Umständen unterworfen sind, ob die nun schön oder hässlich, glücklich stimmend oder bedrückend sein mögen, das scheint mir evident. Insofern gibt es allenfalls relative ‚Selbstverwirklichung‘ – in jeder Hinsicht. (Für’s Leben kann man sich unter bestimmten Umständen ja auch nicht mehr entscheiden – und ich rede jetzt nicht vom Freitod, der angesichts dessen übrigens auch [fast?] als die einzige Freiheit erscheint, selbst wenn das paradox sein mag!)
Mit den so richtig martialischen Begriffen („Terrorkampf“, „Kreuzzug“ oder „Heereseinsatz“ gegen einen Teil von sich) habe ich’s in diesem Kontext (Umgang mit sich selbst) aber genauso wenig wie Du (dagegen war mein Sprüchlein vom auf die Finger-Hauen ja geradezu naiv).
Nur möchte „ich“ derzeit manchmal entweder meiner Suizidalität ein bissl aufhelfen (jener suizidale Anteil nämlich) oder sie eben zumindest zeitweilig zum Schweigen bringen (jener therapiewillige Anteil nämlich). Das ist ein bissl ‚schizophren‘ (und irgendwie auf die Dauer etwas zermürbend). Naja, bislang ist’s ja offensichtlich auszuhalten.
Dir (und allen hier, die sie teilen) wünsche ich sehr herzlich weiterhin Entschlossenheit in Deiner Entscheidung für Leben und Glück!
Liebe Grüße,
Widow
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Hallo Widow,
beim Hochladen meines Textes sehe ich, dass Du geschrieben hast. Mir regt sich schon beim Überfliegen die Antwortlust, aber ich schicke trotzdem erstmal die nun etwas veralteten Gedanken ab.
Mit der Ausnahme eines Mißverständnisses, das vom Agensschwund kommt: Mein Ärger über Apodiktisches galt nicht Dir. Ich war drauf und dran eine Rechtfertigung der Psychoanalyse bei der Therapie von Depressionen zu entwerfen, aber das führte zu weit.
Etwas durcheinander und völlig subjektiv, nicht logisch argumentierend, was mir noch eingefallen ist:
Hast Du Dich jemals theoretisch mit Trauer beschäftigt, eines der einschlägigen Bücher gelesen? Beim Lesen nicht nur eines Deiner Beiträge dachte ich, dass Du auch im Trauern ungeduldig zu sein scheinst. Ein Jahr ist wenig, ich brauche immer mindestens ein zweites, um über die Jahrestage zu kommen - auch in minder schweren Fällen von Verlust.
Ich glaube, ich muss Dir nicht erklären, dass eine Analyse supportive, stabilisierende Elemente hat.
Meine Depressivität ist eher chronisch. Ich war in den letzten Jahren nicht in schwarzen Löchern, eher in grauem Nebel, aus dem haben meine Füße wie von selbst den Weg in der Praxis gefunden. Das Sprechzimmer war für mich ein sicherer Ort, eigentlich der einzige. Außerdem standen die Termine im Kalender. Die Gegentendenz, die ich auch hatte, zeigte sich dann auf der Couch, wo ich lange Zeit äußerlich wohlwollend, aber innerlich sehr distanziert war.
In den Ambivalenzen, die Du so bewegend schilderst, ist ungeheuer viel Leben. Mensch, ans Grab wären dieser Witz und diese Intelligenz echt verschwendet. Du würdest durchs Kompostieren den Würmern nicht halb so viel Freude machen, wir mir und wohl auch einigen anderen durchs Posten.
Nein, ich glaube nicht, dass man aus Leidensgenuss den Schmerz aushält, sondern weil irgendwo noch eine Erinnerung an das Gute, an das Leben ist, auch wenn man das selbst nicht sieht. Das Glück will sich bewahren und sei es in der Erinnerung.
Wenn ich versuche, mich in Deine Lage hineinzuversetzen, wäre meine »Strategie« das einzige bißchen - mit Verlaub: Disziplin darauf anzuwenden, zu den Analysestunden zu gehen. Dort darf dann aber alles sein, auch aggressive oder ungeduldige Gefühle sich selbst gegenüber. Ich glaube nicht, dass man Integration erzwingen kann, sie ist auch keine Bedingung für eine Analyse, sondern eines der Ziele. Ambivalenzen, innere Konflikte sind eben einfach da. Du kannst beiden Stimmen Raum geben, Dein Analytiker sollte so etwas gewohnt sein (nicht von Dir, sondern weil er dafür ausgebildet ist). Meiner Erfahrung nach haben Widerstände nicht immer nur Schutzfunktion, sondern manchmal einfach unrecht, aber sie werden kooperativer, wenn man respektvoll und behutsam mit ihnen umgeht.
Damit sage ich in mehreren Worten eigentlich nur: Geduld, sieh Dir einfach an, was gerade auftaucht, sei neugierig, gib Deinen Empfindungen Ausdruck.
Was spricht dagegen, es mit drei Wochenstunden zu versuchen? Wenn es wirklich nicht geht, könnt Ihr über die Frequenz ja noch einmal verhandeln.
So, genug, bevor mir noch etwas einfällt.
Oder doch noch: Meine lebensbejahenden Tendenzen sind auch Folge von gut zwei Jahren Analyse, in meine schwarzfinsteren Zeiten hätte ich mich für diese Äußerungen gehasst.
Liebe Grüße
Rabe
beim Hochladen meines Textes sehe ich, dass Du geschrieben hast. Mir regt sich schon beim Überfliegen die Antwortlust, aber ich schicke trotzdem erstmal die nun etwas veralteten Gedanken ab.
Mit der Ausnahme eines Mißverständnisses, das vom Agensschwund kommt: Mein Ärger über Apodiktisches galt nicht Dir. Ich war drauf und dran eine Rechtfertigung der Psychoanalyse bei der Therapie von Depressionen zu entwerfen, aber das führte zu weit.
Etwas durcheinander und völlig subjektiv, nicht logisch argumentierend, was mir noch eingefallen ist:
Hast Du Dich jemals theoretisch mit Trauer beschäftigt, eines der einschlägigen Bücher gelesen? Beim Lesen nicht nur eines Deiner Beiträge dachte ich, dass Du auch im Trauern ungeduldig zu sein scheinst. Ein Jahr ist wenig, ich brauche immer mindestens ein zweites, um über die Jahrestage zu kommen - auch in minder schweren Fällen von Verlust.
Ich glaube, ich muss Dir nicht erklären, dass eine Analyse supportive, stabilisierende Elemente hat.
Meine Depressivität ist eher chronisch. Ich war in den letzten Jahren nicht in schwarzen Löchern, eher in grauem Nebel, aus dem haben meine Füße wie von selbst den Weg in der Praxis gefunden. Das Sprechzimmer war für mich ein sicherer Ort, eigentlich der einzige. Außerdem standen die Termine im Kalender. Die Gegentendenz, die ich auch hatte, zeigte sich dann auf der Couch, wo ich lange Zeit äußerlich wohlwollend, aber innerlich sehr distanziert war.
In den Ambivalenzen, die Du so bewegend schilderst, ist ungeheuer viel Leben. Mensch, ans Grab wären dieser Witz und diese Intelligenz echt verschwendet. Du würdest durchs Kompostieren den Würmern nicht halb so viel Freude machen, wir mir und wohl auch einigen anderen durchs Posten.
Das Schöne am Leiden ist unter anderem, dass es sich so ungeheuer gut in Metaphern verwandeln lässt, an denen man sich dann berauschen kann. Mir geht das jedenfalls so. Ich genieße nicht das Leiden, sondern meine Kreativität im Umgang mit ihm, aber das musste ich am Schuldgefühl vorbeischmuggeln. Doch solle es auch andere Vorkommen von Lebendigkeit geben als im Schmerz.Heute hatten wir es vom »Leidensgenuss«. Da ich immer noch lebe, fast ein Jahr nach des Liebsten Tod, muss wohl auch irgendsowas mit im Spiel sein. - Wie sonst? Wie sonst wären all das Leid, der Schmerz, die Leere, die Zweifel, die Schuld, die sternenklare Nullsamkeit auszuhalten gewesen?
Nein, ich glaube nicht, dass man aus Leidensgenuss den Schmerz aushält, sondern weil irgendwo noch eine Erinnerung an das Gute, an das Leben ist, auch wenn man das selbst nicht sieht. Das Glück will sich bewahren und sei es in der Erinnerung.
Wenn ich versuche, mich in Deine Lage hineinzuversetzen, wäre meine »Strategie« das einzige bißchen - mit Verlaub: Disziplin darauf anzuwenden, zu den Analysestunden zu gehen. Dort darf dann aber alles sein, auch aggressive oder ungeduldige Gefühle sich selbst gegenüber. Ich glaube nicht, dass man Integration erzwingen kann, sie ist auch keine Bedingung für eine Analyse, sondern eines der Ziele. Ambivalenzen, innere Konflikte sind eben einfach da. Du kannst beiden Stimmen Raum geben, Dein Analytiker sollte so etwas gewohnt sein (nicht von Dir, sondern weil er dafür ausgebildet ist). Meiner Erfahrung nach haben Widerstände nicht immer nur Schutzfunktion, sondern manchmal einfach unrecht, aber sie werden kooperativer, wenn man respektvoll und behutsam mit ihnen umgeht.
Damit sage ich in mehreren Worten eigentlich nur: Geduld, sieh Dir einfach an, was gerade auftaucht, sei neugierig, gib Deinen Empfindungen Ausdruck.
Was spricht dagegen, es mit drei Wochenstunden zu versuchen? Wenn es wirklich nicht geht, könnt Ihr über die Frequenz ja noch einmal verhandeln.
So, genug, bevor mir noch etwas einfällt.
Oder doch noch: Meine lebensbejahenden Tendenzen sind auch Folge von gut zwei Jahren Analyse, in meine schwarzfinsteren Zeiten hätte ich mich für diese Äußerungen gehasst.
Liebe Grüße
Rabe
Liebe Rabe,
sei erneut bedankt für Deine Gedanken!
Wieder fand ich viel Wertvolles darin.
Mir geht es auch tatsächlich weniger um Geduld. Wenn man tot sein müsste (ja, dumm gelaufen, zweimal, so dumm, dass schon mein Schwager und selbst Arzt meinte, ich sei aber auch ein Pechvogel), wenn man also tot sein müsste und es nicht ist, dann ist jeder Tag nicht nur eine Zumutung, sondern komplett irre. Und dann geht's erstmal weniger ums Geduld mit sich und der Trauer Haben: Denn weder das eine noch das andere will man dann.
Mittlerweile, nachdem ich nunmehr geschlagene 10, bald 11 Monate in diesem Widow-Leben schwebe, was ich irgendwie immer noch nicht begreife, hat sich das soeben angesprochene Nicht-Wollen ein wenig abgestumpft - ja: mensch ist ja so ein dumpfes Gewohnheitstier, auch sterbewillige Widows werden von der blanken Zeit irgendwann fertiggemacht, so gewohnheitsmäßig (nur der Schmerz nicht, dumm aber auch).
Apropos: Zu Deiner Theorie zum Schmerz:
Und da es in diesen Zusammenhang passt:
Insofern kann ich auch zu Deinem Lob von Widows Witz und Hirn nur anmerken: thx (ja, eitel is se immer noch), doch wenn man erlebt hat, dass so viel Witz und Hirn 'vorzeitig' nur noch die Würmer erfreut, dann relativiert sich auch so ein Lob ein wenig.
Danke nochmals!
Dir und allen hier einen herzlichen Gruß und einen möglichst schönen Abend
sendet und wünscht Widow
sei erneut bedankt für Deine Gedanken!
Wieder fand ich viel Wertvolles darin.
Ersteres freut mich und Letzteres macht mich neugierig: Vielleicht, wenn Du mal ein Sabbatical nimmst, wird's doch was damit (und ich wäre mit Sicherheit - so mein suizidales Zwergen-Ich, das sich manchmal auch zum Riesen aufpumpt, nicht bis dahin zugeschlagen hat, heiho! - unter Deinen affirmativen LeserInnen).Rabe hat geschrieben:Mein Ärger über Apodiktisches galt nicht Dir. Ich war drauf und dran eine Rechtfertigung der Psychoanalyse bei der Therapie von Depressionen zu entwerfen, aber das führte zu weit.
Die Frage muss ich verneinen. (Ist so ähnlich wie mit dem Begriff "Trauerarbeit": )Rabe hat geschrieben: Hast Du Dich jemals theoretisch mit Trauer beschäftigt, eines der einschlägigen Bücher gelesen? Beim Lesen nicht nur eines Deiner Beiträge dachte ich, dass Du auch im Trauern ungeduldig zu sein scheinst.
Mir geht es auch tatsächlich weniger um Geduld. Wenn man tot sein müsste (ja, dumm gelaufen, zweimal, so dumm, dass schon mein Schwager und selbst Arzt meinte, ich sei aber auch ein Pechvogel), wenn man also tot sein müsste und es nicht ist, dann ist jeder Tag nicht nur eine Zumutung, sondern komplett irre. Und dann geht's erstmal weniger ums Geduld mit sich und der Trauer Haben: Denn weder das eine noch das andere will man dann.
Mittlerweile, nachdem ich nunmehr geschlagene 10, bald 11 Monate in diesem Widow-Leben schwebe, was ich irgendwie immer noch nicht begreife, hat sich das soeben angesprochene Nicht-Wollen ein wenig abgestumpft - ja: mensch ist ja so ein dumpfes Gewohnheitstier, auch sterbewillige Widows werden von der blanken Zeit irgendwann fertiggemacht, so gewohnheitsmäßig (nur der Schmerz nicht, dumm aber auch).
Apropos: Zu Deiner Theorie zum Schmerz:
Die werde ich demnächst mit dem Herrn Analytiker diskutieren! Danke!Rabe hat geschrieben: Nein, ich glaube nicht, dass man aus Leidensgenuss den Schmerz aushält, sondern weil irgendwo noch eine Erinnerung an das Gute, an das Leben ist, auch wenn man das selbst nicht sieht. Das Glück will sich bewahren und sei es in der Erinnerung.
Abgesehen von der chronischen Depressivität (das stelle ich mir einfach nur grauenvoll vor und habe Respekt vor jeder und jedem, die das überleben!), ist mir der Rest vertraut. Auch und grad' das mit den Terminen (Struktur nur aus sich selbst herauszuhauen, ist auf die Dauer sehr mühsam ...).Rabe hat geschrieben:Meine Depressivität ist eher chronisch. Ich war in den letzten Jahren nicht in schwarzen Löchern, eher in grauem Nebel, aus dem haben meine Füße wie von selbst den Weg in der Praxis gefunden. Das Sprechzimmer war für mich ein sicherer Ort, eigentlich der einzige. Außerdem standen die Termine im Kalender.
Und da es in diesen Zusammenhang passt:
So mich das Erstere für Dich freut, liebe Rabe, so gut wirst Du Dir aufgrund des Letzteren vorstellen können, dass es mir (jedenfalls dem suizidalen Gestaltwandler in mir) für mich einfach nur Angst macht: Widow ist hier falsch! Gehört hier nicht mehr her!Rabe hat geschrieben:Meine lebensbejahenden Tendenzen sind auch Folge von gut zwei Jahren Analyse, in meine schwarzfinsteren Zeiten hätte ich mich für diese Äußerungen gehasst.
Insofern kann ich auch zu Deinem Lob von Widows Witz und Hirn nur anmerken: thx (ja, eitel is se immer noch), doch wenn man erlebt hat, dass so viel Witz und Hirn 'vorzeitig' nur noch die Würmer erfreut, dann relativiert sich auch so ein Lob ein wenig.
Das ist auch meine Dichtungstheorie! (War ja mal "vom Fach" )Rabe hat geschrieben:Das Schöne am Leiden ist unter anderem, dass es sich so ungeheuer gut in Metaphern verwandeln lässt, an denen man sich dann berauschen kann. Mir geht das jedenfalls so. Ich genieße nicht das Leiden, sondern meine Kreativität im Umgang mit ihm, aber das musste ich am Schuldgefühl vorbeischmuggeln.
Mach ich ja, einstweilen und wenn's gar nicht anders geht, dann auch 3x pro Woche. Ich habe ja sonst nicht viel zu tun, außer ggf. den Zwerg aufzupumpen und noch so ein paar andere Kleinigkeiten.Rabe hat geschrieben:Wenn ich versuche, mich in Deine Lage hineinzuversetzen, wäre meine »Strategie« das einzige bißchen - mit Verlaub: Disziplin darauf anzuwenden, zu den Analysestunden zu gehen.
Das ist meine heimliche Befürchtung. Ob da indes "Unrechthaben" im Spiel ist oder schlicht die schon erwähnte "abstumpfende Gewohnheit", das weiß ich nicht zu sagen - aber vermutlich ist auch das nur eine Frage der Perspektive.Rabe hat geschrieben:Meiner Erfahrung nach haben Widerstände nicht immer nur Schutzfunktion, sondern manchmal einfach unrecht, aber sie werden kooperativer, wenn man respektvoll und behutsam mit ihnen umgeht.
Danke nochmals!
Dir und allen hier einen herzlichen Gruß und einen möglichst schönen Abend
sendet und wünscht Widow
Ihr Lieben,
Was ist mit den klatschnassen Schlafanzügen mitten in der Nacht, was ist mit der Todes(angst)starre mitten auf einer Party und was ist, wenn die Hand morgens zu schwer ist, auch nur die Bettdecke anzuheben?
Stunden später mit dem Leid lustbringend umzugehen, da geht es doch nur noch um das Abbild des Leides.
So ein "Kick" kettet am Boden fest. Wie ein Junkie auf "Intensität".
Mir ist heut so garnicht romantisch.
gx draußen
Kultiviertes Leiden, wenn wir an der Tastatur sitzen mit einem Glas Wein in der Hand. Kultiviertes Leiden, wenn wir zu Kindern zusammengeschrumpft unter den Augen der Therapeuten vor uns hinwimmern, immer auf die Pointe bedacht (so viel Stil muss sein).Widow hat geschrieben:Das ist auch meine Dichtungstheorie! (War ja mal "vom Fach" )Rabe hat geschrieben:Das Schöne am Leiden ist unter anderem, dass es sich so ungeheuer gut in Metaphern verwandeln lässt, an denen man sich dann berauschen kann. Mir geht das jedenfalls so. Ich genieße nicht das Leiden, sondern meine Kreativität im Umgang mit ihm, aber das musste ich am Schuldgefühl vorbeischmuggeln.
Was ist mit den klatschnassen Schlafanzügen mitten in der Nacht, was ist mit der Todes(angst)starre mitten auf einer Party und was ist, wenn die Hand morgens zu schwer ist, auch nur die Bettdecke anzuheben?
Stunden später mit dem Leid lustbringend umzugehen, da geht es doch nur noch um das Abbild des Leides.
Vielleicht ist es aber auch die Intensität des Gefühls selbst, egal ob Schmerz oder Glück. Süchtig nur nach der Intensität. Was ist schon ein kleines Glück gegen die Überschwemmung die ein ausgewachsenes Entsetzen hinterläßt? Die "Trigger" als Suchtmittel um überhaupt zu fühlen, der Trip ein kurzer Rausch aus Adrenalin und Angst. Das ist nicht schön, aber man müsste schon viel Achterbahn fahren um auch nur ansatzweise Ähnliches zu erfahren.Rabe hat geschrieben:Nein, ich glaube nicht, dass man aus Leidensgenuss den Schmerz aushält, sondern weil irgendwo noch eine Erinnerung an das Gute, an das Leben ist, auch wenn man das selbst nicht sieht. Das Glück will sich bewahren und sei es in der Erinnerung.
So ein "Kick" kettet am Boden fest. Wie ein Junkie auf "Intensität".
Mir ist heut so garnicht romantisch.
gx draußen
Ganz einfach: Da entsteht keine Kunst! Da bist du mitten im Horror.Draußen hat geschrieben: Was ist mit den klatschnassen Schlafanzügen mitten in der Nacht, was ist mit der Todes(angst)starre mitten auf einer Party und was ist, wenn die Hand morgens zu schwer ist, auch nur die Bettdecke anzuheben?
(Damit kenne ich mich aus. Und kann übrigens noch ergänzen: Was ist mit dem physischen Schmerz des Geliebten, der einen selbst, die du ganz ohnmächtig ihn mitansehen musst, auch zersägt im Kopf so langsam in all den Monaten und Jahren?)
Im Vergleich dazu ist mein kleiner suizidaler Impuls per se lächerlich und manchmal gar ein banaler Sublimierungsmotor, der das eine oder andere hübsche Wörtchen oder Sätzlein hervorspuckt. Und ob er absäuft, ist angesichts des andern vollkommen egal.
Gute Nacht wünscht Widow
Hallo Widow
Was auch immer Du mit »hier« gemeint hast, warum solltest Du irgendwo falsch sein? Es täte mir leid, diesen Eindruck hervorzurufen, eher schon habe ich Dich nicht gut genug verstanden oder das Falsche erzählt. Aber - und das ist immer mitgemeint - bei aller Anwaltschaft will ich Dir nichts aufschwatzen. Mir ist klar, dass Du Deine spezifischen Erfahrungen machst und Deine eigenen Entscheidungen triffst. Das macht das Gespräch schließlich spannend.
Deine Beschreibung ist schöner und zarter als meine, sie erinnert mich an mich selbst in einer Weise, dass ich eine meiner früheren Konfigurationen besser verstehe: Beim ersten mir bewusst werdenden Auftreten von Selbsttötungswünschen war die Suizidalität die Hüterin nicht weniger Teile meines - mit Winnicott gesagt - wahren Selbst (der Dinge, die ein gutes Kind nicht tut, damit seine Eltern nicht überfordert sind etc., die aber notwendig zum Leben gehören). Hätte ich die Suizidalität einfach »exorzieren« lassen, wären diese Teile verloren gegangen und damit ich mir selbst. Insofern war Suizidalität Lebensgefahr und Lebensmöglichkeit und tatsächlich eine gute, wenn auch anstrengende Gefährtin. (Ich spalte noch immer, dieses In-Szene-Setzen ist einfach mein bevorzugtes bildgebendes Verfahren.) Ich glaube, wissen zu wollen, was in mir eigentlich los ist, was Suizidalität eigentlich ist, war etwas, womit sich beide Teile beschäftigen konnten, ohne einander das Existenzrecht abzusprechen.
... Mist, meine Antworten sind zu lang und ich habe keine Zeit mehr, sinnvoll zu kürzen ...
Seufz, das hatte ich befürchtet. Ich kann mich erinnern, dass ich in den schwarzen Löchern alles was auch nur entfernt hoffnungsvoll klang als quälenden, fast physischen Schmerzreiz erlebt habe. Es ist ein schreckliches Dilemma: Mit den Worten, die fürs Lebenwollen werben, macht man der suizidalen Seite, die ebenfalls ihr Existenzrecht fordert, Angst, während die am Leben hängende Seite vor der Werbung fürs Sterben tödlich erschrickt. Die todesgeneigte und die lebensgeneigte Seite sind miteinander verbunden. Das gibt ein Nullsummenspiel (»es kann nur eine geben«) und die theoretische Überlegung bei Nullsummenspielen ist die Frage, wie man es so verändert, das keine Seite verliert.So mich das Erstere für Dich freut, liebe Rabe, so gut wirst Du Dir aufgrund des Letzteren vorstellen können, dass es mir (jedenfalls dem suizidalen Gestaltwandler in mir) für mich einfach nur Angst macht: Widow ist hier falsch! Gehört hier nicht mehr her!
Was auch immer Du mit »hier« gemeint hast, warum solltest Du irgendwo falsch sein? Es täte mir leid, diesen Eindruck hervorzurufen, eher schon habe ich Dich nicht gut genug verstanden oder das Falsche erzählt. Aber - und das ist immer mitgemeint - bei aller Anwaltschaft will ich Dir nichts aufschwatzen. Mir ist klar, dass Du Deine spezifischen Erfahrungen machst und Deine eigenen Entscheidungen triffst. Das macht das Gespräch schließlich spannend.
Darf ich einen Augenblick zynisch sein? Dann sind die Würmer doch fürs erste versorgt. Und schade ist es um Witz und Hirn, zumal bei erzwungener Vorzeitigkeit.doch wenn man erlebt hat, dass so viel Witz und Hirn 'vorzeitig' nur noch die Würmer erfreut, dann relativiert sich auch so ein Lob ein wenig.
diese Suizidalität aber gehört für mich nicht zu den rundweg ‚ungeliebten‘ Anteilen.
Sie ist keine fremde, keine abspaltbare Person, die mich umzubringen trachtet, sondern sie trägt genauso mein Gesicht wie die Widow, die zur Therapie marschiert.
Deine Beschreibung ist schöner und zarter als meine, sie erinnert mich an mich selbst in einer Weise, dass ich eine meiner früheren Konfigurationen besser verstehe: Beim ersten mir bewusst werdenden Auftreten von Selbsttötungswünschen war die Suizidalität die Hüterin nicht weniger Teile meines - mit Winnicott gesagt - wahren Selbst (der Dinge, die ein gutes Kind nicht tut, damit seine Eltern nicht überfordert sind etc., die aber notwendig zum Leben gehören). Hätte ich die Suizidalität einfach »exorzieren« lassen, wären diese Teile verloren gegangen und damit ich mir selbst. Insofern war Suizidalität Lebensgefahr und Lebensmöglichkeit und tatsächlich eine gute, wenn auch anstrengende Gefährtin. (Ich spalte noch immer, dieses In-Szene-Setzen ist einfach mein bevorzugtes bildgebendes Verfahren.) Ich glaube, wissen zu wollen, was in mir eigentlich los ist, was Suizidalität eigentlich ist, war etwas, womit sich beide Teile beschäftigen konnten, ohne einander das Existenzrecht abzusprechen.
... Mist, meine Antworten sind zu lang und ich habe keine Zeit mehr, sinnvoll zu kürzen ...
... aber man glaube nicht, ich würde einmal Formuliertes im Rechner versinken lassen ... (ich bitte um Nachsicht)
Ich bin nicht sicher, ob ich Dir in Deiner Argumentation folgen kann. Klar, jedes Leben ist von Lebensumständen umgeben, aber ich würde die Frage nach der Qualität der Lebensumstände nicht so vom Tisch wischen. Es kommt schon darauf an, ob die Umstände so sind, dass ich in Freud und Leid mit ihnen leben kann, oder nicht. Doch leider sind manchmal die Umstände so, dass gelingendes Weiterleben außerhalb der Wahlmöglichkeiten liegt, manchmal ist nicht einmal ein schöner Tod möglich. Und ich wüsste zu gerne, bei wem man dagegen wirkungsvoll Beschwerde einlegen kann.
Auch wollte ich nicht gesagt haben, dass man immer, unter allen Umständen, koste es, was es wolle, am Leben bleiben wollen müsse. Aber wenn sie den Anspruch geltend macht, eine Form von Selbstverwirklichung zu sein, braucht Entscheidung eine breite Grundlage. Wenn es nur noch eine Möglichkeit gibt, dann wählt man nicht, dann vollstreckt man nur noch.
Es gibt fragwürdige Gründe, sich zu töten. Schuldgefühle rechne ich dazu, u.a. weil sie stark fremdbestimmt und nicht an Gerechtigkeit interessiert sind, sie erheben erbarmungslos Anklage, verhandeln auf einer Rechtsgrundlage, die nirgendwo nachlesbar ist, hören der Verteidigung nicht zu, und fällen ein Todesurteil, obwohl die Todesstrafe abgeschafft ist.
Damit Du Dir keine Sorgen machst und weil ich den Respekt nicht verdiene: ich halte meine chronische Depressivität gut aus (und habe sie zu lange gut ausgehalten), sie ist mit der akuten, heftigen nicht zu vergleichen und ich kämpfe nicht tagtäglich um mein Leben. Keine Medikamente, aber zwei wirkungsvolle Antidepressiva, meine Neugier auf eigentlich alles und eine wundersamerweise gelingende Beziehung.
Ich wünsche Dir, dem Zwerg und der Suizidalität alles Gute auf der Couch. Bei drei Wochenstunden bekommt jeder eine für sich und muss nicht befürchten, übergangen zu werden.
mit Dank für Deine klugen Worte und einem lieben Gruß
Rabe
Dagegen habe ich keine Einwände, so wie ich insgesamt keine philosophischen Bedenken gegen Selbsttötung habe.Und sie ist – sollte ich sie irgendwann einmal ‚Realität werden lassen‘ – letztlich (!) ein Ausdruck meiner Selbst, ist ‚Lebensgestaltung‘ (so, wie auch ihr Gegenteil das ist) und somit tatsächlich ‚Selbstverwirklichung‘.
Denn dass wir alle irgendwelchen Umständen unterworfen sind, ob die nun schön oder hässlich, glücklich stimmend oder bedrückend sein mögen, das scheint mir evident.
Ich bin nicht sicher, ob ich Dir in Deiner Argumentation folgen kann. Klar, jedes Leben ist von Lebensumständen umgeben, aber ich würde die Frage nach der Qualität der Lebensumstände nicht so vom Tisch wischen. Es kommt schon darauf an, ob die Umstände so sind, dass ich in Freud und Leid mit ihnen leben kann, oder nicht. Doch leider sind manchmal die Umstände so, dass gelingendes Weiterleben außerhalb der Wahlmöglichkeiten liegt, manchmal ist nicht einmal ein schöner Tod möglich. Und ich wüsste zu gerne, bei wem man dagegen wirkungsvoll Beschwerde einlegen kann.
Auch wollte ich nicht gesagt haben, dass man immer, unter allen Umständen, koste es, was es wolle, am Leben bleiben wollen müsse. Aber wenn sie den Anspruch geltend macht, eine Form von Selbstverwirklichung zu sein, braucht Entscheidung eine breite Grundlage. Wenn es nur noch eine Möglichkeit gibt, dann wählt man nicht, dann vollstreckt man nur noch.
Es gibt fragwürdige Gründe, sich zu töten. Schuldgefühle rechne ich dazu, u.a. weil sie stark fremdbestimmt und nicht an Gerechtigkeit interessiert sind, sie erheben erbarmungslos Anklage, verhandeln auf einer Rechtsgrundlage, die nirgendwo nachlesbar ist, hören der Verteidigung nicht zu, und fällen ein Todesurteil, obwohl die Todesstrafe abgeschafft ist.
Damit Du Dir keine Sorgen machst und weil ich den Respekt nicht verdiene: ich halte meine chronische Depressivität gut aus (und habe sie zu lange gut ausgehalten), sie ist mit der akuten, heftigen nicht zu vergleichen und ich kämpfe nicht tagtäglich um mein Leben. Keine Medikamente, aber zwei wirkungsvolle Antidepressiva, meine Neugier auf eigentlich alles und eine wundersamerweise gelingende Beziehung.
Ich wünsche Dir, dem Zwerg und der Suizidalität alles Gute auf der Couch. Bei drei Wochenstunden bekommt jeder eine für sich und muss nicht befürchten, übergangen zu werden.
mit Dank für Deine klugen Worte und einem lieben Gruß
Rabe
Hallo Draußen,
gute Güte nein, die gepflegte Bohème-Depression hatte ich nicht im Sinn und romantisch ist mir auch nicht.
Der wohnt zuhause, damit das Therapiezimmer ein sicherer Ort bleibt.
Sprache ist hinterher, auch das Sprechen in den Therapiestunden, wobei mir auf der Couch Pointen und elegante Formulierungen schnurz sind.
Aber das Leiden abbilden zu können ist mir wichtig und heilsam. Das eitle Vergnügen an meinen Metaphern wirkt schmerzmindernd.
Besten Gruß
Rabe
gute Güte nein, die gepflegte Bohème-Depression hatte ich nicht im Sinn und romantisch ist mir auch nicht.
Da red ich nicht, da schreib ich nicht, da geht vielleicht noch Wimmern. Das ist sprachloser Schrecken.Was ist mit den klatschnassen Schlafanzügen mitten in der Nacht, was ist mit der Todes(angst)starre mitten auf einer Party und was ist, wenn die Hand morgens zu schwer ist, auch nur die Bettdecke anzuheben?
Der wohnt zuhause, damit das Therapiezimmer ein sicherer Ort bleibt.
Sprache ist hinterher, auch das Sprechen in den Therapiestunden, wobei mir auf der Couch Pointen und elegante Formulierungen schnurz sind.
Aber das Leiden abbilden zu können ist mir wichtig und heilsam. Das eitle Vergnügen an meinen Metaphern wirkt schmerzmindernd.
Ja, leider. Wer ist schon darin geübt, so intensiv glücklich zu sein, wie darin zu leiden. Schmerz bestätigt, dass es mich gibt. Aber Kreativität kommt als Ersatzdroge in Betracht.Süchtig nur nach der Intensität.
Besten Gruß
Rabe
[Ich entschuldige mich schon mal hier: Ich muss den Beitrag in zwei postings aufteilen, er ist zu lang ... ]
So, nun ist es also "amtlich": Widow hat eine Analyse bewilligt bekommen (jedenfalls hat der Gutachter den Antrag befürwortet, die Antwort der KK steht noch aus).
Erfahren hat sie das heute eher zufällig ... (ähem).
Als am Ende der Stunde "Mr. vom Analytikerplaneten" plötzlich zwei Termine an zwei aufeinanderfolgenden Tagen und dann noch einen dritten in der gleichen Woche vereinbaren wollte, wenn seine Ferien verstrichen sind (ja, er ist ab heute schon wieder in Urlaub - vermutlich wegen der neuen, megaanstrengenden Patientin ). Ich stutzte. Darauf meinte er: "Ach ja, das habe ich zu erwähnen ja ganz vergessen [Widow: + ]: Der Kassen-Gutachter hat den Antrag befürwortet."
Da war's mit meinem innerlichen Pfeifen dann erstmal vorbei.
Damit habe ich nämlich nicht gerechnet! Und bin - bzw. jener suizidale Zwerg in mir ist seither dabei, sich wieder auf Riesengröße aufzupumpen, dem passt das nämlich gar nicht. Aber ich lasse immer wieder Luft raus, wenn er sich ausruhen muss und grad nicht hinguckt.
Dann möchte ich Dir, liebe Rabe, noch für Deine ausführliche Antwort danken! Sehr anregend, dieser Austausch hier!
Und mehr noch:
Auch wenn ich natürlich sofort wieder "Selbstbetrugsverdacht" wittere ("du suchst doch nur Gründe, um hier [damit meine ich übrigens ganz platt >die< Welt und >das< Leben] weitermachen zu können"), so finde ich diese Win-Win-Konstruktion doch ziemlich bedenkenswert, zumal sie nicht final orientiert ist, also auf kein "Ergebnis" hinaus will, sondern prozessorientiert den "Ausgang" offen lässt.
[Fortsetzung folgt sogleich]
So, nun ist es also "amtlich": Widow hat eine Analyse bewilligt bekommen (jedenfalls hat der Gutachter den Antrag befürwortet, die Antwort der KK steht noch aus).
Erfahren hat sie das heute eher zufällig ... (ähem).
Als am Ende der Stunde "Mr. vom Analytikerplaneten" plötzlich zwei Termine an zwei aufeinanderfolgenden Tagen und dann noch einen dritten in der gleichen Woche vereinbaren wollte, wenn seine Ferien verstrichen sind (ja, er ist ab heute schon wieder in Urlaub - vermutlich wegen der neuen, megaanstrengenden Patientin ). Ich stutzte. Darauf meinte er: "Ach ja, das habe ich zu erwähnen ja ganz vergessen [Widow: + ]: Der Kassen-Gutachter hat den Antrag befürwortet."
Da war's mit meinem innerlichen Pfeifen dann erstmal vorbei.
Damit habe ich nämlich nicht gerechnet! Und bin - bzw. jener suizidale Zwerg in mir ist seither dabei, sich wieder auf Riesengröße aufzupumpen, dem passt das nämlich gar nicht. Aber ich lasse immer wieder Luft raus, wenn er sich ausruhen muss und grad nicht hinguckt.
Dann möchte ich Dir, liebe Rabe, noch für Deine ausführliche Antwort danken! Sehr anregend, dieser Austausch hier!
Es tut gut (horribile dictu) zu erfahren, dass es anderen ähnlich ging.Rabe hat geschrieben: Ich kann mich erinnern, dass ich in den schwarzen Löchern alles was auch nur entfernt hoffnungsvoll klang als quälenden, fast physischen Schmerzreiz erlebt habe. Es ist ein schreckliches Dilemma
Und mehr noch:
Diese Erklärung von Suizidalität war mir neu und erhellt für mich Einiges!Rabe hat geschrieben: Beim ersten mir bewusst werdenden Auftreten von Selbsttötungswünschen war die Suizidalität die Hüterin nicht weniger Teile meines - mit Winnicott gesagt - wahren Selbst (der Dinge, die ein gutes Kind nicht tut, damit seine Eltern nicht überfordert sind etc., die aber notwendig zum Leben gehören). Hätte ich die Suizidalität einfach »exorzieren« lassen, wären diese Teile verloren gegangen und damit ich mir selbst. Insofern war Suizidalität Lebensgefahr und Lebensmöglichkeit und tatsächlich eine gute, wenn auch anstrengende Gefährtin. (Ich spalte noch immer, dieses In-Szene-Setzen ist einfach mein bevorzugtes bildgebendes Verfahren.) Ich glaube, wissen zu wollen, was in mir eigentlich los ist, was Suizidalität eigentlich ist, war etwas, womit sich beide Teile beschäftigen konnten, ohne einander das Existenzrecht abzusprechen.
Auch wenn ich natürlich sofort wieder "Selbstbetrugsverdacht" wittere ("du suchst doch nur Gründe, um hier [damit meine ich übrigens ganz platt >die< Welt und >das< Leben] weitermachen zu können"), so finde ich diese Win-Win-Konstruktion doch ziemlich bedenkenswert, zumal sie nicht final orientiert ist, also auf kein "Ergebnis" hinaus will, sondern prozessorientiert den "Ausgang" offen lässt.
Das hätte ich bedauert und würde ich bedauern.Rabe hat geschrieben:... aber man glaube nicht, ich würde einmal Formuliertes im Rechner versinken lassen ...
Eine meinen Erfahrungen nach eher selten anzutreffende Einstellung, die ich sehr schätze.Rabe hat geschrieben:Dagegen habe ich keine Einwände, so wie ich insgesamt keine philosophischen Bedenken gegen Selbsttötung habe.Und sie ist – sollte ich sie irgendwann einmal ‚Realität werden lassen‘ – letztlich (!) ein Ausdruck meiner Selbst, ist ‚Lebensgestaltung‘ (so, wie auch ihr Gegenteil das ist) und somit tatsächlich ‚Selbstverwirklichung‘.
[Fortsetzung folgt sogleich]
Zuletzt geändert von Widow am Fr., 30.09.2011, 21:19, insgesamt 1-mal geändert.
[Fortsetzung]
Und übrigens: Ein Skandalon ist der Tod, so "sinnvoll" er sowohl hinsichtlich des biologisch-ökonomischen Gattungszusammenhangs als auch hinsichtlich der individuellen Perspektive (der wahre Horror: Ewigkeit! sorry an die Religiösen hier, ist nur meine unbedeutende Meinung), - so sinnvoll also der Tod auch ist, so bleibt er, wenn er dann kommt, nämlich zum andern, doch ein Skandal:
"Ein Gesicht erstarrt, und wir stehen hilflos daneben. Zwei Augen erblinden, und wir sehen den Bruch. Ein Mensch zerfällt, und wir wissen weiterhin, wie er geheißen hat, wie er gelebt hat, wie er sich bewegt hat. Wir hören noch, wie er gesprochen, gesungen, geschrieen oder gestöhnt hat; wir sehen noch, wie er gesehen hat, wie er uns gesehen hat, wie er die Welt gesehen hat. Kurzum: wir wissen, wer gestorben ist. Und wir wissen auch: dieser Tod ist ein Skandal, eine monströse Schweinerei. Dieser Tod war nicht notwendig, er vollendet keine Geschichte, er bedeutet buchstäblich nichts. Und wir sind nicht einverstanden mit diesem Tod." (Thomas Macho über den Tod: http://wwwu.uni-klu.ac.at/hstockha/alt/trauer/macho.htm)
Demgegenüber gilt m.E. für den eigenen Tod (ich zitiere noch einmal Macho): "Unser eigener Tod ist kein Skandal, er läßt uns in Frieden: wo wir sind, ist er noch verborgen, und sobald er uns berührt, bricht er gnädig die Augen. Wir werden ihn niemals erblicken."
Vollkommen zustimmen kann ich Dir in Folgendem:
Einen herzlichen Gruß ins Wochenende hinein von
Widow
Dem stimme ich im Wesentlichen zu. Allerdings finde ich den Gedanken (der nicht von mir stammt) von der vielleicht einzig wirklichen "Freiheit", die ein Freitod darstellen könnte, ziemlich überzeugend - gerade angesichts des uns alle erwartenden Skandalons "Tod": Ihm zuvorzukommen, ihm gleichsam seine Macht aus den Händen zu nehmen und in die eigenen zu legen, das berührt jene (pubertäre?!) Saite in mir, die "Autoritäten" gegenüber schon immer skeptisch misstönte (um nicht zu sagen "aufjaulte").Rabe hat geschrieben: ich würde die Frage nach der Qualität der Lebensumstände nicht so vom Tisch wischen. Es kommt schon darauf an, ob die Umstände so sind, dass ich in Freud und Leid mit ihnen leben kann, oder nicht. Doch leider sind manchmal die Umstände so, dass gelingendes Weiterleben außerhalb der Wahlmöglichkeiten liegt, manchmal ist nicht einmal ein schöner Tod möglich. Und ich wüsste zu gerne, bei wem man dagegen wirkungsvoll Beschwerde einlegen kann.
Und übrigens: Ein Skandalon ist der Tod, so "sinnvoll" er sowohl hinsichtlich des biologisch-ökonomischen Gattungszusammenhangs als auch hinsichtlich der individuellen Perspektive (der wahre Horror: Ewigkeit! sorry an die Religiösen hier, ist nur meine unbedeutende Meinung), - so sinnvoll also der Tod auch ist, so bleibt er, wenn er dann kommt, nämlich zum andern, doch ein Skandal:
"Ein Gesicht erstarrt, und wir stehen hilflos daneben. Zwei Augen erblinden, und wir sehen den Bruch. Ein Mensch zerfällt, und wir wissen weiterhin, wie er geheißen hat, wie er gelebt hat, wie er sich bewegt hat. Wir hören noch, wie er gesprochen, gesungen, geschrieen oder gestöhnt hat; wir sehen noch, wie er gesehen hat, wie er uns gesehen hat, wie er die Welt gesehen hat. Kurzum: wir wissen, wer gestorben ist. Und wir wissen auch: dieser Tod ist ein Skandal, eine monströse Schweinerei. Dieser Tod war nicht notwendig, er vollendet keine Geschichte, er bedeutet buchstäblich nichts. Und wir sind nicht einverstanden mit diesem Tod." (Thomas Macho über den Tod: http://wwwu.uni-klu.ac.at/hstockha/alt/trauer/macho.htm)
Demgegenüber gilt m.E. für den eigenen Tod (ich zitiere noch einmal Macho): "Unser eigener Tod ist kein Skandal, er läßt uns in Frieden: wo wir sind, ist er noch verborgen, und sobald er uns berührt, bricht er gnädig die Augen. Wir werden ihn niemals erblicken."
Vollkommen zustimmen kann ich Dir in Folgendem:
Und berührt, aufgrund einer Schicht in meiner persönlichen Problemgemengelage, haben mich Deine folgenden Überlegungen (danke! Das werde ich noch weiter zu durchdenken haben; mein Analytiker sprach auch schon einmal von dem Prozess, den ich gegen mich führe und bei dem ich alle Rollen selbst übernähme, nur den Verteidiger hätte ich vergessen):Rabe hat geschrieben: Aber wenn sie den Anspruch geltend macht, eine Form von Selbstverwirklichung zu sein, braucht Entscheidung eine breite Grundlage. Wenn es nur noch eine Möglichkeit gibt, dann wählt man nicht, dann vollstreckt man nur noch.
Rabe hat geschrieben: Es gibt fragwürdige Gründe, sich zu töten. Schuldgefühle rechne ich dazu, u.a. weil sie stark fremdbestimmt und nicht an Gerechtigkeit interessiert sind, sie erheben erbarmungslos Anklage, verhandeln auf einer Rechtsgrundlage, die nirgendwo nachlesbar ist, hören der Verteidigung nicht zu, und fällen ein Todesurteil, obwohl die Todesstrafe abgeschafft ist.
Letzteres freut mich sehr für Dich, und das wünsche ich Euch allen hier!Rabe hat geschrieben:Damit Du Dir keine Sorgen machst und weil ich den Respekt nicht verdiene: ich halte meine chronische Depressivität gut aus (und habe sie zu lange gut ausgehalten), sie ist mit der akuten, heftigen nicht zu vergleichen und ich kämpfe nicht tagtäglich um mein Leben. Keine Medikamente, aber zwei wirkungsvolle Antidepressiva, meine Neugier auf eigentlich alles und eine wundersamerweise gelingende Beziehung.
Einen herzlichen Gruß ins Wochenende hinein von
Widow
Rabe hat geschrieben:Damit Du Dir keine Sorgen machst und weil ich den Respekt nicht verdiene: ich halte meine chronische Depressivität gut aus (und habe sie zu lange gut ausgehalten), sie ist mit der akuten, heftigen nicht zu vergleichen und ich kämpfe nicht tagtäglich um mein Leben. Keine Medikamente, aber zwei wirkungsvolle Antidepressiva, meine Neugier auf eigentlich alles und eine wundersamerweise gelingende Beziehung.
Liebe Widow verzeih mir meine erneute Einmischung, aber Frau Rabe ich danke ihnen, ich evidiere ihre Antidepressiva.
gx draußen
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