Erfahrungen mit Video-Sprechstunde?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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stern
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Beitrag So., 01.11.2020, 11:23

Mondmann hat geschrieben: So., 01.11.2020, 09:20
Die Abrechnungsfragen finde ich selbst auch nicht so faszinierend; das Problem stellt sich aber in dem Moment, in dem das Stundenkontingent aufgebraucht ist. Wenn du das Gefühl hast, nach den Telefonaten genau denselben Wert an "Therapie" bekommen zu haben wie nach einer Sitzung, dann ist alles prima und die Abrechnung sekundär.
Das war für mich der entscheidende Punkt, mich gegen Videositzungen zu, also dass ich das nicht so gut nutzen hätte können (auch im RL habe ich mich "gerne" gegen Skype gesperrt). Telefon (was damals ihre anfängliche Ausweichmöglichkeit war) hätte ich wohl auch abgelehnt, wenn nicht so urplötzlich die Praxis geschlossen worden wäre und nicht noch formal etwas zu klären gewesen wäre. Das war dann teils etwas anders als gedacht oder ein Kurz-Telefonat, was es auch schon mal gab.

.............

Hätte sie komplett auf Fernbehandlung umgestellt mit den Worten "Sie müssen das ja nicht nutzen", hätte ich mich ver*rscht gefühlt, wenn es einerseits nicht als gleichwertig empfunden wird, anderseits aber ein (längerer) Ausfall kaum zu schultern gewesen wäre.

Abrechnungsgesichtspunkte sind hingegen das Steuerungsinstrument der Kassen, was normal auch eine gewisse Wirkung entfaltet. Insofern finde ich das nicht unwesentlich (so dass Abwertung an sich unnötig sind, wenn man das erwähnt :roll: ). Kann dann sein, dass der eine oder andere Therapeut dann doch Leistungen anbietet, die nicht leistungs-adäquat bezahlt werden. Der Therapeut schaut dann halt in die Röhre. Das ist btw. ein Thema, dass sich auch sonst (vor Corona) bei Telefonaten stellte (die, so meine ich, in D weder vor noch während Corona) als Psychotherapie behandelt n. Oder er rechnet Positionen ab, die dafür nicht gedacht sind. Was dann unweigerlich auf Kosten anderer geht.

Aber ich weiß nicht... selbst wenn man splittet, konnte man mit 200 Min. kaum das Quartal abdecken, insbes. wenn man regelmäßige Sitzungen gewohnt war. Es war wohl auch nie als als Psychotherapie-Alternative gedacht - sonst hätte man es dem Video gleichgestellt. Online-Therape ist hingegen etwas, woran man auch schon vor Corona dran war - wenn auch noch begrenzter als aktuell.
Zuletzt geändert von stern am So., 01.11.2020, 12:20, insgesamt 4-mal geändert.
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Mondmann
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Beitrag So., 01.11.2020, 11:24

alatan hat geschrieben: So., 01.11.2020, 11:19 What???
Das ist natürlich ganz klarer Blödsinn!
Eine Konsultation ist nach Gesprächsende keineswegs "mental verschwunden", selbstverständlich wird eine Dokumentation geführt und natürlich erfolgt ein Nachdenken über den Patienten, manchmal sogar mehr als bei einer Psychotherapie.
Eine Konsultation ist eine Beratung. Das ist ein Vorgang in eine Richtung; es kommt nix zurück, sondern A sagt B, was er tun könne. Danach verschwindet B. Es wird keine Akte angelegt, und dass dokumentiert wird, dass A B gesagt hat, was er tun könne, ist mitnichten dasselbe.

Was Sie sich da noch so für Gedanken machen, ist Ihr Ding. Aber am Umgangston könnten Sie feilen.

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Anna-Luisa
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Beitrag So., 01.11.2020, 11:36

Mondmann hat geschrieben: So., 01.11.2020, 10:48 Dafür muss im Honorar ein angemessener Gegenwert gefunden werden, selbst wenn es keinen psychotherapeutischen Lockdown gibt und die Therapeuten weiterarbeiten können. Es gibt Patienten oder Therapeuten, die sich dem Risiko nicht aussetzen wollen, und das sollte akzeptiert werden.
Ja? Schüler werden hier nicht gefragt, ob sie in einem kleinen Klassenzimmer mit dreißig Mitschülern sitzen wollen. Schülern, der Eltern zu den Risikogruppen zählen, wir lapidar empfohlen, zu ihren Eltern Abstand zu halten.

Aber wenn Psychotherapeuten sich keinem Risiko aussetzen wollen, sollte das respektiert werden? SIE können für Abstand sorgen und FFP-2-Masken tragen.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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Mondmann
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Beitrag So., 01.11.2020, 11:41

Aber wenn Psychotherapeuten sich keinem Risiko aussetzen wollen, sollte das respektiert werden?
Okay, stimmt. Bei Ärzten wäre es noch krasser.

Ich selbst sehe das Problem auch nicht so, zumal es viele Möglichkeiten für Therapeuten gibt, Ansteckungsrisiken zu minimieren.

Das ist sehr komplex, weil nun plötzlich auch Therapeuten, die der Patient ja immer auch teilweise idealisieren können sollte, mit ihrer eigenen Ohnmacht konfrontiert werden.

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Mondmann
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Beitrag So., 01.11.2020, 11:49

@ alatan - Ergänzung:

Sie sollten auch unterscheiden können zwischen den originären Aufgaben eines Therapeuten und denen - z. B. - eines Mitarbeiters einer Erziehungsberatungsstelle: Die originäre Aufgabe eines Therapeuten ist die Therapie, nicht die Beratung. Eine Beratung kann einer Behandlung vorgeschaltet sein; dann ändert das doch nichts am Charakter der Beratung.

Insofern ist es unsinnig, beides gleichzusetzen und dann noch mit "ich mache mir über denjenigen, den ich beraten habe, viele Gedanken" ein emotionales Argument anzuführen, das im Konzept "Beratung" nicht enthalten ist. Die emotionale Ebene - abgesehen vom momentanen Mitgefühl und dem Interesse an seinen Mitmenschen - ist in einer Beratung nachrangig; das wäre auch vollkommen ineffizient. Derjenige, der beraten werden möchte, möchte schnell wissen, was er tun kann; er möchte sich nicht auf eine Beziehung zum Berater einlassen, und es ist die Beziehung, die den Hauptteil der psychotherapeutischen Arbeit ausmacht, was entsprechend honoriert werden muss. In einer Beratung ist es für den Therapeuten nicht erforderlich, sich über den weiteren Umgang mit dem Klienten Gedanken zu machen.

Deshalb müssen die unterschiedlichen Angebote "Beratung" vs. "Behandlung" unterschiedlich erfasst und honoriert werden.


kaja
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Beitrag So., 01.11.2020, 11:54

Ich kann absolut nicht bestätigen, dass eine telefonische Therapiestunde nicht annähernd so gut sei wie ein Termin der physisch im gleichen Zimmer erfolgt.

Das hängt mit Sicherheit auch davon ab wie gut und/oder lange sich Therapeut und Klient bereits vorher kennen. Qualitativ war das Telefon für mich jedenfalls kein Verlust oder Nachteil.
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Sadako
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Beitrag So., 01.11.2020, 11:57

Anna-Luisa hat geschrieben: So., 01.11.2020, 11:36

Ja? Schüler werden hier nicht gefragt, ob sie in einem kleinen Klassenzimmer mit dreißig Mitschülern sitzen wollen. Schülern, der Eltern zu den Risikogruppen zählen, wir lapidar empfohlen, zu ihren Eltern Abstand zu halten.

Aber wenn Psychotherapeuten sich keinem Risiko aussetzen wollen, sollte das respektiert werden? SIE können für Abstand sorgen und FFP-2-Masken tragen.
Seit wann rechtfertigt ein Unrecht (oder eine Dummheit) die andere? Ich halte den Schul- und Kitabetrieb unter den derzeitigen Randbedingungen für Wahnsinn. Sollte solche Dummheit als Maßstab dienen?

Darüber hinaus:
Wie gut ist die Leistung eines Psychotherapeuten, der zur z.B. Risikogruppe gehört und mit Angst in seinem Sprechzimmer sitzt?

Ich bin froh um jede Sitzung, die persönlich stattfinden kann. Meine Therapeutin ist vorsichtig aber sehr unaufgeregt zum jetzigen Stand. Ich bin auch froh, dass sie für ihre Patienten die Alternative Videotherapie über einen zertifizierten Anbieter vorhält. Wir sind im Gespräch über die Situation (insbesondere über meine Gefährdung) und bleiben da flexibel.
Effektive Traumatherapie setzt innere und äußere Sicherheit voraus, die wäre in meinen Augen nicht gegeben, wenn Patient und oder Therapeut das Risiko für zu hoch erachten.

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Anna-Luisa
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Beitrag So., 01.11.2020, 12:01

Sadako hat geschrieben: So., 01.11.2020, 11:57 Seit wann rechtfertigt ein Unrecht (oder eine Dummheit) die andere? Ich halte den Schul- und Kitabetrieb unter den derzeitigen Randbedingungen für Wahnsinn. Sollte solche Dummheit als Maßstab dienen?

Gar nicht. Aber was macht ausgerechnet Psychotherapeuten so schützenswert, dass ihnen Begegnungen mit einzelnen Personen, mit Maske, auf weitem Abstand, nicht mehr zuzumuten sind?
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chrysokoll
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Beitrag So., 01.11.2020, 12:12

vielleicht ja schlicht die Tatsache dass Psychotherapeuten in eigener Praxis Freiberufler sind und selbst bestimmen können wie, wo, mit wem sie arbeiten

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Sadako
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Beitrag So., 01.11.2020, 12:13

@Anna-Luisa

Natürlich sind Psychotherapeuten nicht schützenswerter als andere Menschen. Sie können sich als freie Unternehmer besser schützen wobei langfristig sicher die Frage im Raum stehen wird, was mit Kassensitz und Versorgungsauftrag ist.
Aber die Konsequenz sollte doch nicht sein bestimmte Menschen weniger zu schützen, sondern die, die derzeit schutzlos sind, mehr zu schützen. Führt hier an dieser Stelle wahrscheinlich zu weit...

Edit/ mit Chrysokoll überschnitten.

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Mondmann
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Beitrag So., 01.11.2020, 12:21

kaja hat geschrieben: So., 01.11.2020, 11:54 Ich kann absolut nicht bestätigen, dass eine telefonische Therapiestunde nicht annähernd so gut sei wie ein Termin der physisch im gleichen Zimmer erfolgt.

Das hängt mit Sicherheit auch davon ab wie gut und/oder lange sich Therapeut und Klient bereits vorher kennen. Qualitativ war das Telefon für mich jedenfalls kein Verlust oder Nachteil.
Ich finde das ganz schwer, das zu messen, sodass es irgendwie allgemeingültig wird und sich daraus ein Maßstab ableiten lässt. Ich glaube absolut, dass es Menschen gibt, die so was gut hinbekommen, sei es Patient, sei es Therapeut, und ich glaube, das hängt von ganz vielen Dingen ab; womöglich gibt es sogar Patienten, bei denen erst am Telefon der große Durchbruch erreicht wird - warum auch immer. Und umgekehrt gibt es Menschen, bei denen es gar nichts nützt - oder aber, denen es zwar mehr hilft als gar kein Kontakt, aber eben nicht so gut wie eine "richtige" Stunde.

Die Frage wäre dann, wie das quantifiziert wird: Der Patient alleine kann ja nicht sagen: "Ach, nö, hat mir nicht so gut gefallen; ich geb Ihnen mal 1/3 Ihres Stundensatzes dafür", und der Therapeut kann auch nicht festlegen: "Am Telefon ist genauso wie in der Praxis, also ist es genauso viel wert". Und ein Dritter, also der "Gesetzgeber", kann das vielleicht noch weniger wissen. Es fehlen einfach die Erfahrungswerte.

Ich könnte gar nichts mit dem Telefon anfangen, weil ein Großteil der Therapie aus nonverbalen Dingen besteht: gemeinsames Schweigen, irgendwelche Geräusche usw. Ich würde es dann einfach lassen, weil es mir mit Sicherheit keine 100,- pro Telefonat wert wäre. Vielleicht müsste man / ich dann umschalten auf eine andere Therapieform (ginge ja auch beim selben Therapeuten); das Analysieren müsste dann aufgegeben werden, und dann müsste geschaut werden, ob etwas Anderes angezeigt wäre oder nicht.

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Mondmann
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Beitrag So., 01.11.2020, 12:23

chrysokoll hat geschrieben: So., 01.11.2020, 12:12 vielleicht ja schlicht die Tatsache dass Psychotherapeuten in eigener Praxis Freiberufler sind und selbst bestimmen können wie, wo, mit wem sie arbeiten
Ist das so?

Es existieren ja Behandlungsverträge, selbst wenn sie nur mündlich besprochen wurden. Ich fürchte, man kommt da zumindest ethisch nicht so einfach raus, es sei denn, man definiert sich als "krankgeschrieben". Aber man kann nicht einseitig - hier ist das die juristische Ebene - die Vertragsbedingungen ändern und sagen: "Ab heute so, oder du fliegst raus".

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chrysokoll
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Beitrag So., 01.11.2020, 12:36

Mondmann, das sind aber zwei ganz verschiedene Ebenen.
Therapeuten in eigener Praxis SIND Freiberufler und können ihre Arbeit selbst gestalten

Und dann kommen natürlich diverse "Rahmen" dazu, wie bei jedem.
Gesetze, Verträge, in dem Fall natürlich auch die Kassenabrechnungen
Dazu natürlich noch die bisher darauf unbekannten Auswirkungen einer Pandemie
Das müssten dann im Einzelfall Gerichte klären.

Ich glaub aber wenn man mit seinem Therapeuten gerichtlich den Rahmen klären muss und will kann man es sowieso lassen.
Und da sind wir bei einer weiteren Ebene, die in der Therapie eine grundlegende Rolle spielt: Die Beziehung
Von daher sollte das ein gemeinsames Ausloten sein und so kenne ich das auch in meiner aktuellen Therapie


kaja
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Beitrag So., 01.11.2020, 12:44

Ich treffe keine allgemeine Aussage und sage Telefon ist immer genauso gut wie ein Treffen in der Praxis.

Was ich sage ist, dass es nicht grundsätzlich weniger gut ist, weil es Telefon ist.
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Mondmann
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Beitrag So., 01.11.2020, 12:45

@ chrysokoll: Ist ja alles nicht verkehrt, aber "gemeinsames Ausloten" ist eigentlich nicht vorgesehen in einer Therapie. Der Therapeut gibt den Rahmen vor, und das kann er nur, wenn er sicher weiß, was er da anbietet und was es wert ist.

Die Kontingente, das Honorar, das Setting - das ist alles nichts, was man gemeinsam "auslotet", sondern was eindimensional vorgegeben ist, von leichten Modifikationen abgesehen. Und diese Vorgaben funktionieren nur, wenn klar ist, wie das Angebot aussieht und was es beinhaltet. Bei Selbstzahlern (der ich auch bin) mag das noch ein bisschen anders sein, weil das Kontingent wegfällt und beide in der Tat freier sind.

Wenn der Patient das Gefühl haben muss, dem Therapeuten zu "helfen", damit dieser keine Angst vor Ansteckung haben muss, mag das menschlich sympathisch sein, aber es hat mit "Therapie" dann nichts mehr zu tun.

Es gibt in jeder Therapie die Beziehungsebene und die Geschäftsebene, und sie sind nicht voneinander getrennt, weil sich die Partner auf die Geschäftsebene verlassen können müssen und weil die Geschäftsebene Auswirkungen auf das emotionale Erleben der Beziehung hat. Wenn die Geschäftsebene nicht mehr zuverlässig vom Therapeuten eingehalten werden kann, muss geschaut werden, ob und wie das noch als "Therapiestunde" honoriert werden kann, und ich glaube eben nicht, dass es jemanden gibt, der das beurteilen könnte. Das ist das Problem.
Zuletzt geändert von Mondmann am So., 01.11.2020, 12:48, insgesamt 2-mal geändert.

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