Widerstand gegen Therapie

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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chrysokoll
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Beitrag So., 08.03.2020, 21:15

Eine Therapie ist nicht immer nur harmonisch, und doch, Therapien können auch sehr stark belasten.
Das ist harte Arbeit. Arbeit an sich selbst.
Wenn die Therapiesituation dich überfordert dann sag der Therapeutin das. Und zwar genau so, mit diesen Worten.
Nimm dann aber bitte auch an was sie dazu vorschlägt und komm nicht mit einer vorgefertigten, angelesenen Lösung in die Stunde.

Um bei deinem Beispiel zu bleiben. Auch bei einer sehr starken Trauerrekation kann eine Therapeutin einen Klinikaufenthalt empfehlen. Das hängt immer davon ab und meiner Erfahrung nach machen die das nicht leichtfertig.

Du weisst ganz genau was du alles nicht willst: Keine Klinik, keine Tagesklinik, kein betreutes Wohnen, keine Veränderung, keine Anstrengung in der Therapie. Merkst du wie du dir selber im Weg stehst?

Ich hab dir schon viel weiter vorne geraten:
Manchmal ist es sinnvoll einfach mal nichts zu machen. Gar nichts. Für einen begrenzten Zeitraum abzuwarten.
Dann wird oft klarer wohin man möchte.

Es könnte dir vielleicht auch helfen einfach nur einen einzigen Punkt herauszugreifen. Den wesentlichsten. Oder auch den einfachsten. Und erstmal nur den anzugehen, ohne ihn gleich wieder mit allem anderen zu verflechten und auch ohne tausend Gründe zu finden warum das alles nicht geht.

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peppermint patty
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Beitrag So., 08.03.2020, 21:26

Mir fällt gerade eine Parallele bzgl. deines Opfergefühls auf. Das Opfergefühl welches du in deinem realen Leben hast, verspürst du nun auch der Therapeutin gegenüber. Vielleicht wiederholt sich dort etwas?

Therapie ist leider nicht immer harmonisch, geht es doch darum sich seinen Problemen zu stellen. Und du und deine Therapeutin scheint zu allem Überfluss irgendwie aneinander vorbei zu kommunizieren.


Coriolan
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Beitrag So., 08.03.2020, 22:12

hysperias hat geschrieben: So., 08.03.2020, 20:06 Es war ein extrem seltenes Ereignis, welches den meisten Menschen nie widerfährt. Nach so etwas ist es letztendlich auch ganz normal, das Erlebte besprechen [...]
Ihr hätte klar sein müssen, dass dieses Erlebnis bearbeitet werden muss, da es eng verbunden ist mit der Identität und Herkunft eines Menschen. Das hätte ich kommunizieren müssen?
Klares Ja.

Sie kann keine Gedanken lesen und ist drauf angewiesen, dass du ansprichst, worüber du reden willst. Es kann ja sein, dass es nicht nur dieses eine Ereignis gab, worüber du hättest reden wollen in der Stunde. Hast du dein Thema denn selbst angesprochen oder drauf gewartet, dass sie nachfragt? Letztendlich ist es egal, welches Ereignis dir widerfahren ist. Sie kann nur mit dem arbeiten, was du ihr "gibst" - an Themen, an Äußerungen, etc.

Es ist deine Stunde. DU bestimmst die Themen. Hast du ihr denn gesagt, was du dir wünschst, was du brauchst? Ok, du hast ihr rückwirkend gesagt, dass das mit dem Kritiker für dich nicht passend war. Gut.

Natürlich wird ein Therapeut im Idealfall immer auf die Klinik verweisen, wenn er der Ansicht ist, dass ambulant nicht ausreicht. Egal, aus welchem Anlass. Da ist der Grund der Krise völlig egal. Und offenbar warst du in so einem (desolaten?) Zustand, dass es deine Therapeutin für angebracht hielt, einen Klinikaufenthalt zu empfehlen.

Therapie ist nicht immer nur harmonisch und kann klar zusätzlich belasten. Schließlich wird dort ja auch nochmal in den Wunden herumgewühlt.

Therapie ist Arbeit. Therapie kann wehtun. Das unterscheidet sie vom Kaffeeklatsch mit der besten Freundin. Und ja, dort hört man Dinge, die man (vielleicht) nicht gerne hören möchte. Auch wenn sich's jetzt böse anhört: Aber wenn dein Therapeut Dir immer Recht gibt, dann ist das zwar sehr angenehm, ist aber (meiner Meinung nach) auch keine Therapie, sondern bestenfalls ein netter Plausch, der einen kaum/gar nicht weiterbringt.
Behinderung/Erkrankung ist eine Erklärung für Vieles, aber keine Entschuldigung für Alles.

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nulla
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 02:20

Hast du deiner Therapeutin eigentlich gesagt, welche Erwartungen du wirklich an die Therapie hast? Also so ehrlich, wie du es hier getan hast, wofür du übrigens meinen größten Respekt hast!
Vielleicht könnte euch das weiterbringen.
Es wird besonders kompliziert, wenn ihr beide ein so unterschiedliches Verständnis davon habt, was in der Therapie passieren soll, und deine PT von dieser Diskrepanz aber nichts weiß. Natürlich ist es unangenehm, das anzusprechen, aber vielleicht könnt ihr so einen Weg finden, um besser weiter zu arbeiten.
Wenn ihr so weitermacht wie jetzt, begibst du dich ins Schachmatt, weil du in Wirklichkeit den Widerstand ja gegen dich selbst richtest.

Ich würde definitiv auf maximale Transparenz in der Therapie setzen, wobei das meiner Meinung nach eher so aussehen sollte, dass du DEINE Erwartungen und Wünsche artikulierst und nicht kontinuierlich das Handeln deiner PT bewertest. Denn solange du hauptsächlich über sie sprichst, wird sie - was dich betrifft - weiterhin im Trüben fischen.
Gib ihr die Möglichkeit, dir zu helfen, vielleicht klappt es ja.

LG nulla
"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht."
(Kafka)

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hysperias
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 12:54

Ich habe eure Beiträge alle gelesen und denke darüber nach.

Wenn ich jetzt an die nächste Stunde denke, dann weiß ich nicht, was ich dort sagen soll. Mein Vertrauen ist futsch, das habe ich das letzte Mal schon gemerkt. Meiner Meinung nach kommuniziere ich meine Vorstellungen, Erwartungen und Probleme der Therapeutin. Ob das den Tatsachen entspricht, weiß ich nicht.
Letztes Mal jedenfalls hat sie mein Beharren darauf, dass der Kritiker gerade nicht angebracht sei, ignoriert.
Das könnte ich ihr eventuell sagen, aber was bringt es denn? Ich habe den Eindruck, inzwischen verstricken wir beide uns nur noch in hitzige Diskussionen und am Ende ziehe ich den Kürzeren, indem ich mich wieder in der hilflosen Opferrolle wiederfinde und wie gelähmt bin.
Ich könnte ihr auch etwas aufschreiben, aber ich weiß nicht, was. Am Ende wird sie doch eh nur "Klinik" sagen, egal, ob es mit meinen Problemen oder der Therapie zu tun hat. Und schon letztes Mal habe ich ihr nicht genug vertraut, mein Geschriebenes an sie weiterzureichen.
Ich fühle mich festgesetzt und hilflos ausgeliefert.
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chrysokoll
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 12:59

du drehst dich ganz massiv im Kreis und stellst dir selber ständig ein Bein um dich wieder in der altbekannten Opferrolle zu finden.

Du willst der Therapeutin nichts sagen weil es ja sinnfrei ist.
Du schreibst hier seitenlang sehr genau, detailliert und differenziert auf, aber der Therapeutin "kannst" du angeblich nichts schreiben.

Und ganz ehrlich, auch wenn du das nicht hören willst: Ich rate dir mal ganz ernsthaft über Klinik nachzudenken.

Willst du dass sich was ändert?
Dann finde nicht tausend Gründe warum da auf keinen Fall geht, sondern such dir in Ruhe und jetzt, solange es noch möglich ist, eine gute und passende Klinik. Die gibt es, das darfst du allen die hier schreiben ruhig glauben.
Und dann nutz die Chance und arbeite intensiv an dir.

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hysperias
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 13:37

Ja, ich "kann" ihr nichts Geschriebenes zeigen. In Person ist das nicht so einfach wie hier in einem Forum.

Vielleicht steckt hier ja der Fehler: Ich will, dass sich alles ändert, nur nicht ich. Ich werde in keine Klinik gehen, meine Gründe muss ich hier auch nicht alle einzeln offenlegen.
Vermutlich bin ich einfach nicht bereit für eine Therapie? Ich kann schließlich nicht einmal anderen Menschen gegenüber zugeben, dass ich in einer bin. Und ehrlich gesagt? Freiwillig habe ich sie auch nicht begonnen.

Mich nervt diese Weigerung selbst. Ich würde mir am liebsten in den Hintern treten und vermutlich gehe ich deshalb noch in Therapie. Es ist wie ein innerer Zwiespalt, der nicht gewonnen werden will. Denn wenn ich es nicht will, kann es ja auch nichts werden...
Fantasie, verlass' mich nie!

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 14:17

letztlich musst DU die Entscheidung treffen.
Willst du dass es dir besser geht? Dann musst DU da aktiv was tun.
Das geht nicht von selber, da kommt keine Fee und zaubert, da kann kein Arzt operieren und das wars.
Du bist immer noch in der passiven Rolle, in der Opferrolle, willst letztlich nichts ändern.
Auch das ist eine Entscheidung.

Ansonsten könntest du sehr wohl z.B. eine Sache angehen, dir eben nicht selber noch trotzig sagen dass du der Therapeutin nichts schreiben kannst, sondern dir selber immer wieder vorsagen dass du ihr was schreiben willst und es versuchen. Was hast du zu verlieren ?

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spirit-cologne
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 14:33

Nur so eine Bemerkung am Rande: In der Therapie bedeutet "Ich kann nicht" sehr häufig "Ich will nicht" (Ich will aber nicht zugeben, dass das so ist.)
It is better to have tried in vain, than never tried at all...

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 14:40

es heisst vor allem "ich will nicht, ich wills auch nicht probieren und ich will mich nicht damit auseinandersetzen"

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hysperias
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 15:28

Und wie ist bei so etwas dann das Vorgehen in einer Therapie?
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Coriolan
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 15:51

Das hängt von deinem Therapeuten ab (und auch seiner Geduld). Letztendlich ist es egal, wie andere Therapeuten das in so einer Situation machen. Denn wie deine Therapeutin das sieht, wissen wir ja nicht.

Manche beantragen dann halt keine Verlängerung mehr oder brechen die Therapie schon vorher ab.
Behinderung/Erkrankung ist eine Erklärung für Vieles, aber keine Entschuldigung für Alles.

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 16:02

und genau so stand das auch klar und deutlich in dem Therapievertrag den ich bei meiner Verhaltenstherapeutin unterzeichnet habe:
Dass sie die Therapie vorzeitig beenden kann wenn ich fortgesetzt nicht mitarbeite


Coriolan
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 16:24

Mal umgekehrt (auch wenn der Vergleich zugegebenermaßen etwas hinkt):

Stell dir vor, du wärst, sagen wir mal, Haut-Ärztin. Da kommt ein Patient zu dir mit einem fiesen Ausschlag, den er gerne loshätte. Du schlägst ihm Cremes vor, Bäder, Tabletten, etc. Da sagt der Patient: Cremes, will ich nicht. Tabletten auch nicht. Bäder mach' ich auch nicht. Er kommt aber immer wieder und beschwert sich, dass der Ausschlag ja (mit seinen laienhaften Heilversuchen) immer noch nicht weggegangen ist.

Wie würde es dir da als Ärztin gehen? Kämst du dir nicht auch irgendwann vera... vor?

Wie gesagt: Mein Vergleich hinkt. Aber früher oder später verlieren vermutlich die meisten Therapeuten die Geduld wenn vom Patienten alle Hilfsangebote eh nur abgeschmettert werden. Widerstände in der Therapie sind sicher nix Neues oder Außergewöhnliches aber selbst hier lehnst du ja alles ab, was (vielleicht) hilfreich sein könnte.

Immerhin könntest du deine Posts hier ausdrucken und deiner Therapeutin geben. Da formulierst du ja sehr klar, was du dir wünschst und brauchst.

Vielleicht haust du mir gleich gedanklich eines auf die Rübe aber an dem folgenden Spruch ist halt auch ein bisschen was dran:
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

Du wirst IMMER etwas finden, warum das, was deine Therapeutin (oder wir) dir vorschlagen nicht geht. Das geht vielen so. Es ist nicht leicht, aus gewohnten Mustern (die wir alle haben) auszubrechen und was anderes zu machen. Schließlich sind die gewohnten Muster ja sehr vertraut und da weiß man eben, was man daran hat (auch wenn sie eigentlich destruktiv sind). Etwas Neues auszuprobieren, erfordert viel Mut (und manchmal auch einen gewissen Leidensdruck) und Kraft.
Behinderung/Erkrankung ist eine Erklärung für Vieles, aber keine Entschuldigung für Alles.

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hysperias
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 17:15

Dass sie die Therape beenden kann, ist klar.
Aber was kann ich machen, um die Bereitschaft zu entwickeln, etwas anzunehmen?
Fantasie, verlass' mich nie!

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