Eremit hat geschrieben: ↑Do., 06.12.2018, 17:01
Je leichter der Fall, desto eher Therapie.
Stimmt nicht. Ich habe beruflich auch mit Menschen zu tun, die nicht selten auch psychische Erkrankungen haben. Ich kann da bei mir keinerlei Korrelation zwischen schwere der psychischen Erkrankung und Sympathie bzw. Freude daran, mit diesen Menschen zu arbeiten, feststellen. Es gibt Menschen, die schwere Störungen haben, z.B. schwer traumatisert sind, Ängste haben oder depressiv sind, aber etwas sehr anrührendes haben, weshalb man sie sofort ins Herz schließt. Genauso gibt es nur leicht oder gar nicht psychisch kranke Menschen, die im Kontakt äußerst unangenehm sind. Ein A*** zu sein, ist kein Privileg psychisch kranker Menschen.
Eremit hat geschrieben: ↑Do., 06.12.2018, 17:01
Je zahlungskräftiger, desto eher Therapie.
Auch Blödsinn, hier geht es um einen deutschen Gesetzesentwurf und in Deutschland sind die Honorare in der GOP festgelegt. Es gibt zwar nominal unterschiedliche Faktoren mit der die Sätze multipliziert werden können, faktisch gibt es aber durch die in der kassenärztlichen Versorgung festgelegten Betrag des 2,3 fachen Gebührensatzes ein festgelegtes Honorar. Therapeuten könnten zwar theroetisch auch noch mehr nehmen, aber nur, wenn dieses Honorar durch besonderen Aufwand begründet ist. Da aber bei einem Gebührensatz über dem 2,3 fachen die Höhe des Honorars schriftlich begründet werden muss, tut das faktisch keiner, weil ein erhöhter Aufwand nur schwer nachzuweisen ist. Kannst ja gerne mal verschiedene deutsche Therapeuten anfragen, du wirst überall das gleiche Honorar genannt bekommen. Deshalb sind auch, im Gegensatz zur Regelung bei den Ärzten, Privatpatienten für Therapeuten mit Kassensitz uninteressan, weil gleicher Gebührensatz, aber kein Strukturzuschlag. Die Zahlungskraft ist daher den Therapeuten ziemlich Schnuppe, wenn interssiert höchstens die Zahlungsmoral, am liebsten Kassenpatienten, da brauchen sie keine Rechnungen schreiben und kriegen das Geld zuverlässig direkt von der KV.
Eremit hat geschrieben: ↑Do., 06.12.2018, 17:01
Je mehr Sympathie, desto eher Therapie.
Das stimmt allerdings. Aber das ist ein Kriterium, dass sich in einer Behandlung, die durch zwischenmenschlichen Kontakt geprägt ist, nicht vermeiden lässt und es ist ja auch ein Kriterium, dass sich durch den Patienten beeinflussen lässt, ein Therapeut wird vor allem den Patienten arbeitstechnisch "attraktiv" finden, der offen, motiviert und reflexionsfähig ist, also gleichzeitig auch voraussichtlich am besten von einer Therapie profitieren kann. Nicht das schlechteste Kriterium. Jemand der zutiefst misstrauisch und verschlossen ist und die Fehler nur bei den Anderen sieht, ist vielleicht wirklich besser beim Psychiater und vielen bunten Pillen aufgehoben...
Eremit hat geschrieben: ↑Do., 06.12.2018, 17:01
Auf der anderen Seite stellt sich dann die Frage, warum es so viele Therapieformen gibt, wenn die Form gemessen am Sympathiegrad irrelevant für das Gelingen der Therapie ist, denn dann könnte man genauso gut nur eine einzige Therapieform anbieten.
Ja, im Prinzip hat Grawe genau das in seiner Psychotherapieforschung festgestellt. Die Therapieform macht maximal ein Drittel des Therapieerfolgs aus. Was nicht heißt, dass die Therapieform unwichtig sei. Es gibt auch Therapieformen, die dieses Drittel an Wirkung nicht erbringen.
Eremit hat geschrieben: ↑Do., 06.12.2018, 17:01
Natürlich ist das Luxus. Vitamin B ist ein Luxusprodukt.
"Vitamin B" steht für "Beziehungen", also dass jemand einen Therapieplatz bekommen würde, weil er aus einem anderen privaten oder beruflichen Kontext jemanden kennt, der ihm unter der Hand einen Therapieplatz verschafft, den er oder sie sonst nicht bekommen würde. Kommt in der Therapie eher selten vor, wenn, dann meist, weil ein Therapeut auf dem kurzen Dienstweg einen Therapieplatz für den Angehörigen eines eigenen Patienten sucht, was ich aber im Sinne eines systemischen Gedankens auch nicht so schlimm finde, weil es die Erfolgschancen beider Beziehungspartner (kann auch Mutter-Kind-Beziehung o.ä. sein) erhöht, wenn beide Therapie machen, mit Luxus hat auch das nix zu tun.
Eremit hat geschrieben: ↑Do., 06.12.2018, 17:01
Schau Dir mal an, was der Begriff Luxus genau genommen bedeutet. Psychotherapien sind faktisch ein Luxusprodukt, auch volkswirtschaftlich. Die meisten bedürftigen Menschen können sich eine Psychotherapie nämlich gar nicht leisten.
??? Ich weiß nicht, wie das bei euch in Österreich ist, aber in Deutschland lebt ein nicht geringer (genau genommen sogar überproportional großer) Teil der Patienen in der ambulanten Therapie Hartz IV oder kleine Erwerbsminderungsrenten. Selbstbeteilung o.ä. gibt es hier nicht, warum sollten sich bedürftige Menschen also keine Therapie leisten können?