Austausch zwischen Uno's und Multi's

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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Myhre
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Beitrag Mo., 28.12.2015, 20:17

Quatsch hat geschrieben:Darf ich fragen, ob ein Multi auch eine innere Person "bestimmen" kann, dass sie jetzt etwas tun soll oder Nachdenken soll? Also nach 'vorne' schicken.

Wie ist das nachts? Schlafen alle oder räumt z. B. eine Person die Bude auf? Wie ist das dann am Morgen? Alle haben ja dann nicht ausgeschlafen?

Danke im Voraus.
Liebe Quatsch,
bei uns gibt es "Arbeitsteilung" unter vier eigenständigen Anteilen.Da wird miteinander abgestimmt wer was übernimmt.
Das klappt solange,wie es keine Trigger gibt oder n Gefährdungssituationen auftreten oder aussergewöhnliche Belastungen.
Dann kommen unkontrolliert sehr kleine oder beschützende Anteile nach vorne.
Beides problematisch für das System und die irritierte Umwelt.

Oft gehe ich schlafen und jemand anderes steht auf und schreibt im Forum.
Oder die Kleinen spielen dann oder treiben Unsinn,den ich dann vorfinde.
Das ist gar nicht lustig und ich muss immer alles nachkontrollieren mit der Sorge,dass hier wer Dinge preisgibt,die unsere Anonymität gefährden (Täter sollen uns nicht identifizieren können oder orten)
Wir sind dann alle müde,wenn wieder eine Nachteule unterwegs war.
Die Grösse und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran bemessen wie Tiere behandelt werden.
Mahatma Ghandi

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**AufdemWeg**
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Beitrag Mo., 28.12.2015, 20:18

Entknoten,

da ist was dran, wenn du schreibst:

und wer für sich und seine Problematik eine Akzeptanz innerhalb einer größeren Gruppe erwartet - gerade der sollte sich vielleicht öffnen und nicht versuchen eine Parallelwelt innerhalb der Welt für sich und "seinesgleichen" zu erschaffen!

Problem dabei: ich glaube nicht an Akzeptanz, nicht an Menschen und Öffnung wäre mein Niedergang gewesen,
dann gäbe es vielleicht kein "ich"mehr.
Ich brauch(t)e diese Parallelwelt und sie macht(e) mein Leben erträglich.
Einen Preis zahle ich, ja
das weiss ich.
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Elfchen
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Beitrag Mo., 28.12.2015, 20:27

Ich habe damals das Buch von Trudy Case auch gelesen.
Sie beschreibt sehr eindrücklich, was es bedeuten kann, mit dieser Diagnose zu leben.
Anscheinend ist das wirklich möglich, nachts ein gänzlich anderes Leben zu haben. Sie beschreibt auch die Switches sehr plastisch.
Dieses Buch finde ich äusserst lesenswert, wenn man sich für das Thema interessiert.
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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AmyinmeinemHimmel
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Beitrag Mo., 28.12.2015, 21:02

Quatsch hat geschrieben:Darf ich fragen, ob ein Multi auch eine innere Person "bestimmen" kann, dass sie jetzt etwas tun soll oder Nachdenken soll? Also nach 'vorne' schicken.

Wie ist das nachts? Schlafen alle oder räumt z. B. eine Person die Bude auf? Wie ist das dann am Morgen? Alle haben ja dann nicht ausgeschlafen?

Danke im Voraus.
Hallo Quatsch,
Also bewusst jemanden nach vorne schicken kann ich nicht. Aber im System gibt es z.B. jemanden der das Einkaufen übernimmt, wenn es mir zu viel wird...mich scheizze fühle und nicht unter Leute gehen mag.
Nachts...das ist tatsächlich so ein Problem. Ich hab eh schon Schlafstörungen und dann gibt es noch 2 Anteile die sehr nachtaktiv sind. Da wird geputzt, gezeichnet, gebacken...und zumindest der Anteil der zeichnet lässt sich auch nicht davon beeindrucken wenn vorher Schlaftabletten genommen werden. Dieses nächtliche Umtreiben geht ganz schön an die Substanz...
LG Amy

Ein bißchen Nähe
ist nicht genug
für die große Sehnsucht
nach Zärtlichkeit.
Ein bißchen Vertrauen
ist nicht genug
für die schwierige Suche
nach Geborgenheit.
Ein bißchen Liebe
ist nicht genug
für die ehrlichen Versuche,
ein erfülltes Leben
zu führen.

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mio
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Beitrag Mo., 28.12.2015, 21:04

Zu "Aufschrei" kann ich auch was beitragen.

Ich habe das Buch als ca. 20jährige gelesen, weil eine gute Freundin von mir meinte: Das musst Du lesen! Damals habe ich Bücher die mich interessierten meist in 2-3 Tagen durchgelesen. Anders bei diesem Buch. Es hat mich interessiert, thematisch, aber ich brauchte ca. 3 Monate um es zu lesen. Meine Freundin hatte es selbst ausgeliehen und hat deshalb immer wieder nachgefragt, weshalb ich mich wohl überhaupt daran erinnere, dass es so lange gedauert hat. Ich hatte damals sowas wie eine "rudimentäre psychologische Vorbildung" und wusste von daher, dass Dinge, die einem "schwer" fallen in der "Konfrontation" meist was mit einem selbst zu tun haben. Und so habe ich mich gefragt und gefragt und letztlich an einem einzigen Punkt (einer Szene im Buch, wie ich bei nochmaligem Lesen feststellte) dafür entschieden, dass MICH DAS nicht betreffen kann. Es war die "Parkplatzszene". Nein, ich finde mich nicht auf "Parkplätzen" wieder ohne zu wissen, wie ich dort hingekommen bin... Dass ich gar keinen Führerschein hatte und gar kein Auto: EGAL! Dass ich mich des öfteren in "fremden Betten" wiederfand, ohne zu wissen, wie ich dahin gekommen war: EGAL! DAS hatte def nichts mit MIR zu tun.

Als mir langsam "schwante" was so los ist - round about 20 Jahre später - habe ich lange überlegt, ob ich es nochmal lesen soll. Es war damals "schwer", ich hatte es ja schon gelesen...brauche ich das echt nochmal? Dass ich es dann doch tat, hatte in erster Linie wohl damit zu tun, dass ich verstehen wollte WAS genau daran so schwer war für mich, damals. Ich habe dann lange einfach "Rezensionen" gelesen, viele dieser Rezensionen beschrieben das Buch als "schwer lesbar" weil es schwer wäre, den einzelnen "Personen" zu folgen. Als ich es dann erneut lass wurde mir klar, dass ich es gerade deshalb "schwer lesbar" fand, weil ich eben KEINE Probleme hatte dem zu "folgen". Ich wusste "instinktiv" wer wann sprach. Es war sowas wie meine eigenen "Innenkommunikation" die sich da wiederfand...und die ich nicht finden sollte, damals.

Irgendwann im Laufe der Therapie fiel mir eine dieser Gratispostkarten, die man in Kneipen so mitnehmen kann in meiner "Erinnerungskiste" in die Hand. Auf dieser Postkarte stand in der Handschrift eines langjährigen Ex-Freundes der Titel des Buches und die Autorin. Ich kann mich an die Situation in der er mir das gegeben hat nicht erinnern, fand es aber unglaublich erschreckend, dass ich mich nicht erinnern konnte. Ich erinnere mich an das Buch und auch an die Autorin. Habe mich in diesem Moment als er es mir als "Empfehlung" aufschrieb aber scheinbar null erinnert....

An die Diskussionen "außenrum" indes kann ich mich nicht erinnern. Ich weiss noch nicht mal, ob ich davon je was "mitbekommen" habe. Woran ich mich jedoch erinnern kann, war eine Situation in der Schule mit ca. 17. Wir (die Klasse) sollten "uns selbst" malen. Ich malte ziemlich viel unterschiedliches, verteilt über das Blatt, und schrieb dann darüber: Ich bin nicht eine, ich bin Tausend. Meine Psychlehrerin, die uns diese Aufgabe gegeben hat, war daran sehr "interessiert", was ich Zeit der Zeit die ich in dieser Klasse war extrem abgewehrt habe...

Für meine Begriffe ist es (heute) das Buch, das am "anschaulichsten" Innenkommunikation beschreibt.


Widow
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Beitrag Di., 29.12.2015, 00:32

Nun habe ich einiges nachgelesen (ich hatte so vieles davon schon wieder vergessen).
Und ich möchte Folgendes noch sagen:
Es tut mir leid, dass ich manchen Menschen mit einer DIS hier verletzt habe.

Ich kenne nur drei Menschen mit dieser Diagnose etwas näher. In allen drei Fällen ist die Begegnung vollkommen gescheitert.
Ein jeder dieser Menschen hat etwas in mir gesucht (und zwei haben das auch ganz explizit gesagt). Was sie gesucht haben, das bin ich nicht, doch hat das alles (die Suche, die Erwartung, das Versagen, das Falschgesehenwerden etc.) in mir selbst jedes Mal sehr viel "getriggert" (familiäre Erwartungen mir gegenüber).
Ich komme damit nicht zurecht.
Und nachdem mir das auch mit der letzten Person mit dieser Diagnose widerfahren ist (nach innigem Kontakt), war und bin ich nicht mehr imstande zu einer offenen Begegnung.
Es tut mir leid.
Die Konsequenz daraus war mir eigentlich schon klar, und ich hatte sie schon zu ziehen versucht. Da will und muss ich mir künftig mehr Mühe geben, das habe ich in den letzten paar Tagen hier gelernt.

Gruß
Widow

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LovisTochter
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Beitrag Di., 29.12.2015, 02:20

Puh, schwierig.
Ich will hier jetzt auch nicht so wie ein Trampel in den Thread fallen, dennoch habe ich nach den 12 Seiten noch ein paar Fragen, die hoffentlich nicht zu doof, oder provokativ oder sonst was sind. Ich will nichts und niemanden anzweifeln, ganz sicher nicht, denn ich kenne sowohl Amnesien als auch Kleidung, Bücher o.ä. Dinge, die "ich" nie gekauft habe und dennoch "mein" Eigen nenne.
Was ich nicht verstehe: Aus den Zeiten meiner Amnesien weiß ich nichts, gar nichts. Wie dringt dann die Info zum "Host", der eine Amnsesie für die Zeit hat durch, dass z.B. (Ich nehm das jetzt nur als Beispiel, weil ichs grad gelesen hab) am Daumen genuckelt wird, wenn doch eine Amnesie besteht und kein Kontakt zu dem Anteil da ist? Woher weiß ich dann, dass am Daumen genuckelt wird? Oder das ein Anteil süchtig ist? Ok, wenn ich die Flaschen oder die Joints finde, logisch, aber wenn der Anteil dies verheimlicht, dann kann der Host doch rein gar nichts davon wissen, solange es kein Co-Bewusstsein gibt, oder? Und für den Daumen gibt es ja nichts was dies im Nachhinein noch belegt.

Und die andere Frage ist, ich weiß, wurde schon mal in einem anderen Thread kurz angeschnitten, aber dennoch, auf anderen Plattformen schreiben immer mal wieder Kindanteile, kleine Kindanteile im Alter von 4-7, alle in der selben Sprache und mit der selben, falschen Rechtschreibung (kaina hat mich lip, ich hap ankst...). Ok, durch nicht ausloggen oder gespeicherte Passwörter ist der Zugang zum Internet einfach, aber wie kommt ein 4-7jähriges Kind auf die Idee sich im Internet Hilfe zu suchen und wieso kann dieses Kind schreiben (wenn auch nicht korrekt)? Wenn ich dann noch unter den Postings einen Namen und das Alter (z.B. Mia 5 Jahre) und Jahre ist dann auch gerne richtig geschrieben, lese, zweifel ich leider an der Echtheit. Ich find es schlimm, dass ich da zweifel, aber mir erschließt sich da einfach nicht, wie das funktionieren soll und habe eher das Gefühl, dass da ganz dringend nach Aufmerksamkeit gesucht wird. Das mag nicht immer fair sein, aber ich finde es in den Weiten des www manchmal wirklich schwer zwischen echt und fake zu unterscheiden (bitte nicht falsch verstehen, ich meine damit niemanden von hier).
Liebe Grüße,
LovisTochter
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)

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Wandelröschen
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Beitrag Di., 29.12.2015, 02:33

Hallo ADW,

mal zu zwei Gebieten: Amnesie und Kind-Person

Zur Amnesie und „Alltagsamnesie“/Dissoziation, die jeder, also auch Unos kennen:
Man macht sich auf den Weg in den Keller, um Kartoffeln zu holen. Im Keller angelangt weiß man nicht mehr, was man eigentlich im Keller wollte, überlegt kurz, es fällt einem nichts ein. Man geht wieder hoch, in der Küche angekommen fällt es einem wieder ein.
Oder man fährt eine lange Strecke auf der Autobahn. Am Ziel angekommen sieht man die halbleere Wasserflasche, weiß aber gar nicht, wann man die halber leer getrunken hat. Oder man registriert irgendwann, oh, ich muss wohl schon am AB-Kreuz xy vorbeigekommen sein, wenn ich schon hier bin, hab`s aber gar nicht registriert. Oder auf Nachfrage am Ziel, ob die Baustelle yz immer noch da ist, weiß man es irgendwie gar nicht, weil man die einzelne gar nicht so bewusst wahrgenommen hat. Das sind diese Alltagsamnesien, die jeder hat.
Einige Erinnerungen sind nicht gleich präsent. Irgendjemand erzählt von einem Ereignis und man erinnert sich nicht mehr daran, denkt, derjenige erzählt einem etwas vom Pferd. Aber so nach und nach, vielleicht auch erst ein paar Stunden später (weil man hat irgendwie immer mal wieder daran versucht zu denken, ging einem nicht mehr aus dem Kopf) fällt einen doch kleckerlesweise wieder die Story ein. Kennt wohl auch jeder.
Diese Amnesien bei DIS sind anders. Da fällt einen wirklich nichts ein da fehlt was. Mal Beispiel von mir: Mein Mann kniet neben mir in einer Ausnüchterungszelle auf der Polizeiwache. Ich geh dann mit ihn raus aus der Zelle an den Tresen, werde dort noch befragt und es werden noch Formalitäten erledigt, bis wir dann gehen. Es ist abends. Ich habe bis heute nicht den blassesten Schimmer, wie ich da hin komme. Ich weiß noch, dass ich kurz nach dem Mittagessen raus bin, etwas hatte mich gestresst, und ich eine Runde über den Acker laufen wollte. Das habe ich noch ganz klar. Ich kam an der Bushaltestelle vorbei, kam gerade einer und ich erinnere mich noch so dunkel, dass ich eingestiegen bin. Dann ist Schluss mit Erinnerung. Die Polizisten erzählten, wo und unter welchen Bedingungen sie mich auflasen, dass ich wohl ziemlich handgreiflich wurde, auf´s schlimmste schimpfte … keinerlei Erinnerung, kommt nichts.
Oder: Morgens drucke ich noch schnell was aus, um dieses wichtige Arbeitsergebnis (ist terminiert) mittags meinen einen Chef abzugeben. In seinem Büro will ich es ihm geben, da guckt er mich an, als wenn ich ein Auto wäre und sagt: das haben Sie mir doch schon gestern gegeben. Sollte ich mich spätestes ab der Aussage dran erinnern, ist aber nicht da, ich war Tags vorher nicht bei ihm.
Oder: abends ruft mich eine (etwas von der Situation irritierte) gute Bekannte an und erkundigt sich, ob es mir wieder besser geht. Ich – etwas verwirrt – frage nach.Sie fragt mich, was am Nachmittag, als sie mich vor dem Bäcker traf, mit mir los gewesen war, wäre da wohl ziemlich durch den Wind gewesen. Ich kam ihr vor, als wenn ihr Sohn (damals 12) neben ihr gestanden wäre und wütete. Null Erinnerung (in unseren System gibt es einen, der in dieses Alter passt).
Gerade für so Situationen wie die letzten beiden, die ja immer wieder vorkommen, braucht man ganz schnell für die Außenwelt plausible/nachvollziehbare Erklärungen.
Solche Situationen werden einem immer wieder von der Außenwelt berichtet/gespielgelt.

Meine eine erwachsene Tochter erzählte mir von einem Sturz, bei dem sie dann kurz bewusstlos war. Dadurch hatte sie eine kleine Erinnerungslücke von ca. 5 Minuten und kennt das, was mit dem Sturz zusammen hängt und die Situation unmittelbar davor nur vom Hörensagen. Sie sagte, sie könne sich trotz intensiver Versuche nicht daran erinnern und das empfand sie total „gruselig“, ihre Wortwahl. Sie kennt also diese „gruselige“ Amnesie von 5 Minuten, für unsereins ist sie „normal“ und umfasst idR viel größere Zeitspannen.

In unserem System gab/gibt es einige autarke Personen. Inzwischen kennen wir uns alle und es haben alle inzwischen Co-Bewusstsein.
Jeder von euch kennt bestimmt so Situationen, in denen ihr z.B. kindliche Anteile (die wohl jeder hat, die keine DIS´ler sind) registriert. Da kommt eure Schwester zu Besuch und bringt die kleine Nichte mir. Ihr spielt mit ihr, albert herum, benimmt euch richtig kindisch. Von außen gesehen sieht es aus, als wenn ihr euch wie ein Kind verhaltet. Seit euch aber immer irgendwie bewusst, dass ihr erwachsen seid. Wenn eure Schwester euch anspricht, redet ihr sofort wieder in Erwachsenensprach mit ihr und verhaltet euch erwachsen.
Manchmal hat man so kindliche Sehnsüchte, es geht einem vielleicht nicht gut, man weiß selber nicht, warum. Man sieht seinen alten Teddy, nimmt ihn in den Arm, drückt ihn, kuschelt mit ihm. Er gibt etwas Trost und man fühlt sich etwas besser/sicherer/aufgehobener. Man fühlt und verhält sich wie das Kind, das man mal war (Regression), aber man weiß im Bewusstsein, dass man Erwachsen ist.
Wenn eine „Kind-Person“ eines DIS´lers im Außen agiert, ist das anders. Dieses Kind ist Kind. Es spielt auf dem Spielplatz mit den anderen Kindern, wundert sich höchstens darüber, dass der Körper anders aussieht als bei den anderen Kinder, aber das war ja schon lange so, also „Normalzustand“ für das Kind, anders auszusehen. Es weiß aber eben nicht, dass es Erwachsen ist. Wenn es von einem realen Erwachsenen angesprochen wird, z.B. einem Elternteil eines anderen Kindes, dann verhält es sich nicht erwachsen oder redet in Erwachsenensprache. Es ist dann in dem Moment immer noch Kind in dem Alter, in dem es ist, reagiert/redet/verhält sich entsprechend.
Und damit dann diese anderen Erwachsenen sich nicht umdrehen, heimlich ihr Handy zücken und diese Typen mit den weißen Turnschuhen und den starken Oberarmen anrufen, die einen dann mal eben in die Klapse befördern, dürfen solche Situationen erst gar nicht geschehen, nicht in der Öffentlichkeit (passieren aber). Zur Minimierung wird kontrolliert was das Zeugs hält, ist verdammt anstrengend. Möglichst ja nicht auffallen, laufend irgendwelche Erklärungen an der Hand haben. Das frisst viel Energie.
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

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Wandelröschen
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Beitrag Di., 29.12.2015, 02:52

Hallo Lovis Tochter,

solange kein Co-Bewusstsein existiert, bekommst du das Daumenlutschen nur mit, wenn es dir außenstehende reale Personen erzählen. Na ja, heutzutage werden von Außenstehenden auch schon mal mit dem Handy „Beweisfotos“ oder „-Videos“ gemacht. Wenn dir das dann gezeigt wird „schau mal, wie süß die Situation vorhin war, als du da mit dem Eis kamst und …“, du nicht den blassesten Schimmer hast, dass du überhaupt ein Eis gegessen hast, und die dir dann das kurze Video zeigen (sie hatten in erster Linie ihren Sohn gefilmt), würdest du dich am liebsten in Luft auflösen. – Schade, soweit funktioniert das mir der Dissoziation leider nicht.

Zu deinem zweiten Punkt: die Fragen, die du dir da stellst, stelle ich mir als DIS´ler auch. Solche Beiträge in anderen Foren habe ich auch schon gesehen. Die Foren waren aber alle nicht mein Ding. In unserem System gibt es Kinder, Jugendliche, Erwachsene. Aber die 4-Jährige hat und wird hier nicht schreiben, da sie als 4-jährige nicht lesen und schreiben kann! Sie kann malen und hat sich in der Kladde im Wartezimmer unseres Theras (in dem die Patienten sich mit Gedanken/Sprüchen und so einbringen dürfen) – und an der Tapete hinter der Tür - auch schon verewiget mit Bilder.
Gruß
Wandelröschen

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LovisTochter
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Beitrag Di., 29.12.2015, 02:59

Liebe Wandelröschen,

ups, an die Handybilder- und Videos hab ich tatsächlich gar nicht geadcht. DAfür bin ich wohl zu oldschool aber damit hast Du natürlich recht. Und das diese "Beweise" dann mehr als unangenehm sein können, das kann ich gut nachvollziehen.

Das mit der Kladde beim Thera und der Tapete fnd ich ne tolle Möglichkeit für dei Kleinen!
Ich hab schon mal an anderer Stelle nachgefragt wie es denn sein kann, dass die ganz kleinen schreiben können und da war dann die Antwort, dass die sich das Schreiben am Rechner eben abgeguckt hätten. Sorry, aber das halte ich für wenig realistisch, aber auf der anderen Seite weiß ich eben auch nicht ob es nicht doch sein kann und ich mit meiner Denke jemandem Unrecht tue. Das will ich auf keinen Fall und ich weiß, dass mir hier niemand eine allgemeingültige Antwort geben kann.
Danke.
Liebe Grüße,
LOvisTochter
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montagne
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Beitrag Di., 29.12.2015, 03:09

Ich denke nicht, dass die Dichotomie Uno versus Multi so existiert. Wird in der Literatur ja auch eher als Kontinuum dargestellt.
Interessant finde ich es aber, weil man eigentlich von Leuten, die an einer anderen Stelle im Kontinuum stehen lernen kann, allein durch ansehen des anderen und dann wieder zu sich sehen. Ich glaube das zumindest, dass wir im Kern ja alle gleich sind, egal ob Uno, Multi, die Störung oder eine andere oder vermeintlich psychisch gesund. Das Gestörte zeigt nur in überspitzer Form, was es bedeutet Mensch zu sein.
amor fati


pivello
Helferlein
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Beitrag Di., 29.12.2015, 03:12

Hallo Wandelröschen,
das was hier aber auch in dem thread beschrieben wurde, sind Extremfälle. Es gibt sie jedoch auch, die Menschen mit Dis, die Teilpersönlichkeiten haben. Hier eine Quelle.
Bei der dissoziativen Identitätsstörung tritt die Kranke zu verschiedenen Zeiten als jeweils unterschiedliche Persönlichkeit auf. Die Persönlichkeiten unterscheiden sich durch ihre Charaktermerkmale, ihre Kommunikationsmuster sowie die Bewusstseinsnähe und Verhaltensrelevanz biographischer Erinnerungen. Die Aktivierung unterschiedlicher Persönlichkeiten orientiert sich an situativen Erfordernissen.
Zu den Kernsymptomen der DIS gehört eine psychogene Gedächtnisstörung. Im Extremfall weiß eine Teilpersönlichkeit nicht, was die andere erlebt hat. Dann ist der entsprechende Gedächtnisinhalt vollständig abgespalten. Meist kommt es aber nur zu teilweisen Abspaltungen, sodass die Erinnerung daran, was man unter der Dominanz der jeweils anderen Persönlichkeit tat, bloß ausgedünnt, verblasst, entrückt oder wie nicht zu einem selbst gehörig erscheint.
Das habe ich vorhin auch versucht zu erklären. Dass es kein Kriterium ist vollständig zu amnestieren. Das muss keine Regression sein, gerade dann nicht, wenn im biographischen Kontext Trauma naheliegend ist.
Oben steht auch nochmal kurz, dass sich die Persönlichkeiten auch bei Aktivierung der jeweiligen Situation zeigen können. Was ich als Trigger beschrieben habe. Ja und es gibt auch die Persönlichkeiten, die ihren biographischen Hintergrund amnesieren, es mal erzählt haben und sich dann nicht mehr erinnern. Das muss aber nicht zwangsläufig der Alltag sein, sowie es hier in dem Faden dargestellt wurde.

2.2. Verdrängen und dissoziieren
Integriert ist eine Persönlichkeit, wenn sie sämtliche Erlebnisse gleichberechtigt in den Fundus der Erfahrungen übernimmt, aus dem heraus sie in der Folge ihren Bezug zur Wirklichkeit gestaltet. Zur Integration von Erfahrungen gehört:

Anzuerkennen, dass die Erfahrung stattgefunden hat
Sämtliche Gefühle zu durchleben, durch die man auf die Erfahrung reagiert
Der Mensch neigt jedoch dazu, irritierende Erfahrungen und schmerzliche Gefühle, die mit ihnen in Verbindung stehen, von sich zu weisen, indem er nicht hinsieht und das Schmerzliche durchlebt, sondern sich abwendet und es zu ignorieren versucht. Dieser Impuls führt zur Verdrängung. Man verleugnet Erkenntnisse, die man nicht ins Selbstbild integrieren will (oder kann). Das Bewusstsein blendet dazu jene Erlebnisse aus dem biographischen Kontext aus, die gefürchtete Erkenntnisse mit sich bringen.

Durch die Verdrängung wird die Integrität der Persönlichkeit gestört. Statt dass sie sich unbefangen der Wirklichkeit zuwendet, vermeidet sie fortan, was die verleugnete Erkenntnis ins Bewusstsein heben könnte. Je nachdem, was nicht wahrgenommen werden soll und je nachdem, welche Mittel zur Abwehr der gefürchteten Erkenntnis zur Anwendung kommen, entsteht diese oder jene Persönlichkeitsstörung.

Auch bei der DIS wird das Gefürchtete verdrängt. Es wird aber nicht durchgehend in der Verdrängung gehalten, sondern es bahnt sich den Weg zur Oberfläche, indem es in einem abgespaltenen Erlebnisfeld zum Ausdruck kommt und von dort aus das Verhalten der Realperson eine zeitlang steuert. Statt dass die eine Persönlichkeit ständig verbogen ist, treten abwechselnd zwei Muster auf, über deren Charakter ein jeweils unterschiedliches Repertoire unintegrierter Erfahrungen bestimmt.

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Myhre
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Beitrag Di., 29.12.2015, 04:42

Ich kann das leider nur bestätigen.
Es gibt einfach Menschen,die verzweifelt nach Zuwendung und Aufmerksamkeit suchen und dafür so ziemlich alles tun bewusst und unbewusst.
Da gibt es alles von vorgetäuschter DIS bis zu vorgetäuschten Wechseln zu Innenkindern,die dann Schreiben,posten mit Whattsapp bombardieren.
Das ist menschlich und immer wieder Thema in DIS Foren.
Ich habe durch Realkontakt zumindest einen Fall kennengelernt und die Frau erlebt,als Fachpersonen ihr versuchen wollten klarzumachen,dass sie nicht DIS ist.
Ihr ganzer Sozialkontakt basierte auf die DIS und alles was damit zusammenhing.
Das war sehr schwierig.
Gerade das angebliche Innenkind war mir sehr ans Herz gewachsen.
Mir war es dann egal,dass sie mich belogen hat...ich hätte sie trotzdem so angenommen und wäre weiter für sie dagewesen.
Das reichte ihr aber nicht .
Prinzipiell kann man sich nie sicher sein im Netz.
Es gibt viele Erklärungen und ich weiss nie,ob es sein kann...gerade bei der DIS ist das auch für mich schwer zu beurteilen.
Ich habe beschlossen,mich so zu verhalten dass ich davon ausgehe,dass der andere sich selbst glaubt und versuche zu gucken,wo ich helfen kann.
Liebe Grüsse
Die Grösse und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran bemessen wie Tiere behandelt werden.
Mahatma Ghandi

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Candykills
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Beitrag Di., 29.12.2015, 04:54

Hier im Thread wurden keine Extremfälle beschrieben, sondern normale DIS fälle (DIS ist aber so gesehen dann schon die extremste Form der Dissoziation). Du hast mich auf Reddemann verwiesen, Pivello, ich kann dir morgen gerne ein Bild davon hier reinstellen, wie laut Reddemann, Huber, Nijenhuis, Putnam (den führenden Persönlichkeiten) die DIS diagnostiziert wird und worin der Unterschied zu dem von dir Behaupteten (der DDNOS) besteht. DIS und DDNOS sind zwei verschiedene Diagnosen, die sich durch die Amnesie und durch ein bzw. mehrere ANPs unterscheiden.
Eine renommierte Klinik wie die in Bielefeld (wo Reddemann Chefärztin über lange Zeit war) würde keine DIS diagnostizieren, wenn nicht mindestens zwei völlig abgespaltene Persönlichkeiten vorliegen, die ein komplettes eigenes Leben führen und zudem Amnesie besteht. Deswegen ist auch die Verdachtsdiagnose immer erst einmal DDNOS und wird erst nach längerer Zeit entweder zu ner DIS aufgestuft oder bleibt bei DDNOS. DIS ist wohl die weitaus seltenere Variante. Aber so wohl DIS als auch DDNOS Patienten werden als multipel bezeichnet.
Ich musste mich mit meiner Diagnose sehr intensiv auseinandersetzen, um zu verstehen was bei mir los ist. Du darfst mir also ruhig glauben, dass ich da inzwischen ganz guten Durchblick habe - auch wenn du mit mir als Person eben dein Problem hast.

Du kannst an deinen Behauptungen natürlich auch gerne festhalten, aber dann hälst du dich halt nicht an die Wissenschaft - und daran halte ich mich lieber, denn die haben wohl weitaus mehr Erfahrung mit den Diagnosen, als wir Laien.


@LovisTochter
Bei mir wurde das mit dem Daumennuckeln durch mehrere Situationen festgestellt. Zum Beispiel dadurch, dass ich selbst irgendwo plötzlich stand und aus unergründlichen Gründen meinen Daumen im Mund hatte. Zweitens durch meine Ex-Freundin, die mit mir so viel zusammen war, dass auch der Kleinste sich ihr gegenüber zeigte (das macht er scheinbar nicht bei jedem, zum Beispiel hat er vor Männern Angst) und drittens beim Zahnarzt/Kieferorthopäde, der darauf kam, weil mein Daumen auf der entsprechenden Seite alle Symptome eines häufigeren Nuckelns aufzeigt und man das anhand der Zähne ect sieht.

Und in einer 1-Zimmer-Wohnung sind Flaschen nicht möglich zu verstecken, irgendwann habe ich sie immer gefunden, denn die Mühe hat sich keiner gemacht sie irgendwo in den nächsten Glascontainer zu bringen - die Aufgabe wurde dann mir überlassen. Interessanterweise bin ich aber auch nie mit nem dicken Kopf aufgewacht, aber meine Leberwerte schlugen an...

Aber was auch stimmt, oft bekomme ich die Amnesien gar nicht mit. Das fällt mir meistens dann auf, wenn ich konkret nach irgendwas gefragt werde, gesagt bekomme, dass ich irgendwie komisch war und mich nicht erinnern kann oder ich zum Beispiel einen Termin habe, mich dafür fertig mache und aus nicht nachvollziehbaren Gründen 2 Stunden später immer noch daheim bin. Allerdings kommt bei mir auch noch zusätzlich ständiges Dissoziieren OHNE Switches vor, ich weiß also auch gar nicht, ob das immer mit nem Switch im Zusammenhang steht - woher auch.

Dass in manchen Foren (in einem reinen DIS Forum ist mir das schon begegnet) manche so seltsam schreiben (das scheint auch immer auf die selbe Art zu sein) ist für mich auch unerklärlich. Ich war aber mal so blöd und habe den Mund aufgemacht und nachgefragt - das wurde nicht gern gesehen und die Frage wurde gelöscht.
Wie auch immer, es fällt mir trotzdem schwer diesen Leuten einfach fake zu unterstellen (irgendein Problem haben sie ja definitiv)- ich frage mich zumindest welchen Zugewinn solche Leute in einem Forum mit 30 Leuten haben sollten - kann mir vorstellen, dass das in die Richtung dem geht, was Pivello schrieb irgendwo, dass diese Leute nur teilabgespalten haben und in dem Moment sich so fühlen als wären sie klein - das also irgendwie mitbekommen? Nur ob das wirklich DIS ist, ist dann ne andere Frage. Was mir sowieso schon häufiger begegnet ist (vor allem dort), dass Leute sich selbst diagnostiziert haben als DIS, aber nie eine wirklich ordentliche Diagnostik durchlaufen haben...oder sogar offen sagen nicht als DIS diagnostiziert worden zu sein, aber trotzdem behaupten DIS zu sein. So reine DIS Foren gehen schon teilweise echt strange ab.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Myhre
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Beitrag Di., 29.12.2015, 06:02

Lieber Candy,
ja das finde ich auch.
Bei multicorner und co hört es bei mir komplett auf.
Der Vorteil in ein kleines DIS Forum sich einzuschleichen?
Ich sage dir mal,was die Nicht-DIS -Frau mir zu ihren Beweggründen sagte:
Sie hätte ja sonst niemand.
Es wäre Familie für sie.
Sonst hilft ihr keiner.

Sie wollte von mir,dass ich so tue ,als wäre alles okay...damit sie das nicht verliert.
Sie hat das bewusst vorgetäuscht.
Ich habe sie nicht demaskiert und vorgeführt.Ich weiss bis heute nicht ob das richtig war.
Sie ist immer noch da aktiv.
Die Grösse und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran bemessen wie Tiere behandelt werden.
Mahatma Ghandi

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