Ich denke, dass es egal wäre, wie mans macht, alles was man macht ist für irgendwen richtig und für irgendwen falsch.Womit alles beim alten bleibt.
Verwendet man Diagnosen, dann verspüren die einen Erleichterung und Beruhigung, empfinden es als "endlich weiß ich was ich habe", ... während die anderen sagen "Stigmatisierung", "Schubladendenken", "Krankmacher", "Manipulation", ...
Würde man auf Diagnosen verzichten, dann würden die einen darunter leider, dass ihnen nicht gesagt wird, worauf ihre Symptome hindeuten, welche Störung sie haben, ... die anderen würden sich freuen, endlich nicht mehr in Schubladen geschoben zu werden. Und Therapeuten stünden vor dem Problem, dass sie nicht wissen würden, wie sie den Klienten therapieren sollen, weil sie nur die Symptome kennen würden, aber nicht wissen würden, welche Störung vorliegt. Ist in der Medizin ja nicht anders. Wenn ich mir die Seele aus dem Leib kotze, dann kanns dafür ja viele Ursachen und Erklärungen geben. Eine richtige Behandlung kann nur dann erfolgen, wenn man die Diagnose kennt, also weiß, ob ich Magenkrebs habe oder was Falsches gegessen habe, ... Ohne richtige Diagnose kann keine richtige Behandlung erfolgen.
In dieser Diagnosen-Problematik gibts dann noch die Besonderheiten: Klienten, die sich mit ihren Diagnosen identifizieren, Klienten, die sich durch Diagnosen was einreden lassen, Klienten, die durch Diagnosen einen sekundären Krankheitsgewinn haben, Klienten, die sich freuen, was Besonderes zu sein, Klienten, die aufgrund der Diagnosen Stigmatisierungen erfahren, Klienten, die durch Diagnosen Schaden erleiden, Klienten, die falsche Diagnosen kriegen, ....
Aber all diese "Besonderheiten" sind indiviudelle Probleme, die man - meiner Meinung nach - unabhängig von der Frage "Diagnosen abschaffen oder nicht" betrachten muss.
Anstatt zu fordern, Diagnosen abzuschaffen, würde ich eher fragen "Wie kann man mit den möglichen Problemen einer Diagnose umgehen?". Ein Therapeut könnte eine Zweitmeinung einholen, dann wäre die Gefahr der Fehldiagnose minimiert. Ein Therapeut könnte die Familienmitglieder zur Therapie einladen und ihnen erklären, wie sie am besten mit dem Klienten umgehen sollen, damit kein sekundärer Krankheitsgewinn entsteht. Therapeuten könnten es zum Gegenstand der Therapie machen, warum sich der Klient in seiner Störung häuslich eingerichtet hat. Usw. usw. Für alle Probleme, die durch Diagnosen entstehen, gäbe es mögliche Lösungen.