Therapieabbruch durch den Therapeuten

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Tristezza
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Beitrag Di., 15.07.2014, 17:49

Naja, Hauptsache jede weiß wenigstens selbst noch, worüber sie gerade lacht ...

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hope_81
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Beitrag Di., 15.07.2014, 18:34

Ich zumindest lache über mich, meine Verblendung und den Irrsinn Psychotherapie.
Und ich lache über die Tatsache, dass sich solche Fragen stellen (müssen).
Hach... Ich weiß auch nicht, aber es ist witzig, wenn auch ernst.
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli

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hope_81
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Beitrag Di., 15.07.2014, 18:44

Ich gebe mal einen Ausschnitt, mein Extherapeut schreibt einen Bericht an die Klinik, welche diesen natürlich ernst nahm. Der Bericht seitens meines Therapeutens war gelogen... Nach dem ich ihn damit konfrontierte, sagte er, sein Schreiben sei bedeutungslos...Na, glaubt das wohl die Klinik?

Meine Therapeutin aus der Klinik sicherte mir zu den Abschlussbericht an mich zu senden, der allerdings ging dann doch nur an den Suchtberater mit dem Vermerk "streng vertraulich, nicht zur Patienteneinsicht". Heute kam sein Anruf, nun denkt er, ich lüge ihn an. Er wird mir den Bericht nicht zeigen.

Naaaaa? Wer spinnt jetzt? Sicher, ich

Hahahahaha....
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli

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CrazyChild
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Beitrag Di., 15.07.2014, 19:09

Äh...hallo ???? was geht eigentlich hier ab ?????
LG, CrazyChild

***stay strong***

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stern
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Beitrag Di., 15.07.2014, 20:26

Question:

Was stellen sich andere User denn unter den persönlichen Grenzen (eines Therapeuten) vor, die in einem Therapieabbruch münden können? Oder wem wurde das schon mal mitgeteilt (nicht notwendigerweise als Abbruchsgrund)?
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

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Nachteule79
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Beiträge: 45

Beitrag Di., 15.07.2014, 20:31

@stern
stern hat geschrieben:Teilweise kommen mir manche deiner Aussagen wie mein zweites Ego vor. . Daher besteht Projektionsgefahr. Ich versuche darauf zu achten, kann aber für nichts garantieren.
stern hat geschrieben:Na, das Risiko geh ich einfach mal ein.
Allerdings nicht nur helfen könnte. Sondern mir bereits geholfen hat (und die Beurteilung, was mir hilfreich ist, würde ich mir hoffenlich nie [ganz] absprechen lassen).
Das ist bei mir genau so. Er hat mir auch schon geholfen. Deswegen glaube ich ja auch, dass ich mit meinem Gefühl da richtig liege. Da ist aber dennoch einiges, an dem ich noch arbeiten muss und weshalb ich in Therapie möchte.
Bei mir geht es nicht darum, dass ich mir etwas absprechen lasse. Nur, ich kann ihn ja auch nicht gewaltsam dazu zwingen, mich zu therapieren, wenn er es doch für sinnlos hält. Er will nicht, dass ihn kontaktiere, weder schriftlich, noch tlefonisch und schon gar nicht persönlich. Hab es bereits versucht, aber es hat nichts gebracht. Will am Ende nicht auch noch als Stalkerin dastehen. Was soll ich denn da noch machen? Das einzige, was ich noch versuchen könnte, wäre beim nächsten Therapeuten mal zu fragen, ob der mir nicht helfen könnte, ein Klärungsgespräch zu erreichen. Ob er und der neue Therapeut das aber mitmachen ist fraglich.
stern hat geschrieben:(jedoch gibt es natürlich auch Momente, in den mich auch manches ärgert... und ich unsicherer werde, ob die Therapie noch eine Zukunft hat).
Sollte man dann ansprechen. Solche Momente gibt es sicher in anderen Therapien auch, die deswegen aber nicht unbedingt beendet werden müssen. Nur wenn es nicht möglich ist darüber zu sprechen, finde ich es schon schwierig...
stern hat geschrieben:Ich wünsche dir jedenfalls, dass du bei der Therapeutensuche fündig wirst.
Danke.
stern hat geschrieben:Ja, vor allem, weil es vermutlich nicht anders geht als alles aufzurollen und wirklich gut zu klären. Sowie realistische Reflektion, ob und wie das möglich ist. Realistisch gesehen gibt es eben die Grenzen, die nicht immer überwindbar sind. Willst du denn nach einem evtl. Neuanfang auch fragen?
Natürlich ist das sehr schwer, das alles aufzurollen, aber da ich ja auch verstehen will, was da abgelaufen ist, käme man da wohl nicht drum rum. Wegen dem Neuanfang: Du stellst die Frage so, als ob ich da einfach anrufen könnte, um ihm diesen Vorschlag zu machen. Also nehmen wir an, es käme tatsächlich zu diesem Gespräch. Wollen schon. Ob ich es auch machen würde, kann ich nicht sicher sagen. Das hängt davon ab, wie das Gespräch verläuft. Wenn wirklich eine Klärung stattfindet, er dieses Mal auch wirklich mit sich reden lässt und ich nicht plötzlich merke, dass ich mich komplett in ihm getäuscht habe, dann würde ich es gerne wagen. Allerdings kann ich nicht sagen, ob ich das auch wirklich schaffe. Das ist ja leider auch eines meiner Probleme...
Ob diese ganze Geschichte, die da war, dem nicht eher im Wege stehen würde oder vielleicht sogar noch nützlich sein könnte, kann ich schwer abschätzen.
Ich sagte meiner Thera: Ich würde das (diese "Krise" oder wie auch immer) gern irgendwie konstruktiv nutzbar machen (ich glaube nicht nur einmal sagte ich das). So waren dann auch mal ihre Worte in einer Folgesitzung, dass wir versuchen, das therapeutisch zu nutzen. Na ja, wo die Würmer genau liegen (es ist aus meiner Sicht nicht nur ein Wurm) muss ich sozusagen noch genauer analysieren.
stern hat geschrieben:Konntest du mit ihm mal über deine Gefühle reden, also in der Therapie selbst?
Nein, leider nicht so richtig, zumindest nicht so, dass es was gebracht hat.
LG Nachteule

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Ephraim
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Beitrag Di., 15.07.2014, 21:13

Peonia hat geschrieben: Eine Therapie findet nicht statt, damit der Patient soziale Kontakte hat, sich aussprechen kann, nicht einmal, damit es ihm besser geht oder er glücklicher ist. Einige Patienten sind nach einer Therapie auch unglücklicher, z.B. wenn sie sich vor der Therapie als größter Mensch unter der Sonne wahrgenommen haben und nach der Therapie zu der Einsicht gekommen sind, dass sie sich 20 Jahre wie das letzte a*** aufgeführt haben.
Martin Seligmann, amerikanischer Psychologe, hat 2000 die "positive Psychologie" gegründet. Wie bedeutend sie wirklich ist kann ich nicht einschätzen, auf alle Fälle gibt es einige Studien mit ihr als Thema und wohl auch ein paar Zentren (in Pennsylvania die Universität, vor 2 Tagen ein Kongress in Berlin, Außenstellen in Graz und Rosenheim).

So wie ich es verstehe setzen sie sich dezidiert von anderen Therapieansätzen ab, verfolgen Seligmanns Ansatz von 5 Wegen: positive Emotionen, Engagement, Beziehungen, Bedeutung und Erfolg.

Sie haben zum Teil sehr praktische Ansätze unter anderem soll das Verhalten glücklicher Leute (gesteigerte physische und soziale Aktivität, Erwartungen herunterschrauben, auf das Jetzt konzentrieren) nachgeahmt werden.
Oder Tagebuch geführt werden, darin jeden Tag drei gute Dinge aufschreiben, soll effektiver über längere Zeiträume, als über kurze sein.
Oder auch soll es hilfreich sein jemandem, dem man nie richtig gedankt hatte, einen Dankesbreif zu schreiben , um allgemein Dankbarkeit in einem zu fördern, was sich positiv auf das gesamte Wesen auswirkt.

Stärke gewinnt man durch das fokussieren auf einzelne Charakterzüge in denen man besonders hervorsticht, man klassifiziert diese als "stark" und besinnt sich darauf.

Widerstandsfähigkeit erlangt man wie das Tagebuich für Dankbarkeit, nur über das gesamte Leben betrachtet

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3414858/
(s. 3,4)

Ehrlich gesagt, hätte ich nicht darüber bei NCBI quergelesen, ich würde glauben das wär ein Kaffeklatsch-Protokoll, aber alle diese Dinge wurden wirklich, mit Kontrollgruppen usw, untersucht, evaluiert.
Vielleicht bin ich auch zu deutsch für diese Herangehensweise, scheint mir doch viel amerikanische Lebensart mitzuschwingen, muß ja nicht schlecht sein, wenn´s hilft.

Hab mal einen Bericht über Erfolgs-Evaluierung von Psychotherapien gehört, Krankenkassen machen da was, glaub ich, ein befragter und evaluierender ami.-Therapeut machte für einen Großteil
der Abrüche, eine schlechte Stimmung verantwortlich. Er schlug vor jedes Mal, wenn der Therapeut einem Patienten begenet zu sagen "Ich freue mich sie zu sehen."
Wirkte auf mich befremdlich, ist aber vielleicht auch ein Kulturding.

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Christie
Helferlein
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Beitrag Mi., 16.07.2014, 00:02

stern hat geschrieben: Was stellen sich andere User denn unter den persönlichen Grenzen (eines Therapeuten) vor, die in einem Therapieabbruch münden können?
Ausser dem Offensichtlichen wie körperliche Übergriffe, Stalking und andere wohl eher seltene Extremfälle, die hier ja schon genannt wurde: Ich kann mir vage (und wirklich nur vage – der Beruf der Psychotherapeutin ist für mich nahe an un-denkbar) vorstellen, dass man an seine Grenzen kommt, wenn sich nichts bewegt. Wenn man das Gefühl hat, man hat jetzt schon hundert mal über etwas gesprochen, und es tut sich nichts. Der Patient will immer bloss weiterjammern.
Gründe für eine unvermittelte Aufkündigung der Zusammenarbeit ohne o.g. klaren Brüche des “normalen”, nicht strafbaren Miteinanders kann ich mir keine für mich nachvollziehbaren vorstellen. Weder in meinem Beruf noch in dem des Psychotherapeuten.

Stern, ich habe Deine Geschichte am Rande verfolgt, und ich wollte Dir noch sagen: Ich finde, wie ja auch schon von einigen Usern geäussert, das Verhalten Deiner Therapeutin absolut unverständlich.

LG
Christie


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leberblümchen
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Beitrag Mi., 16.07.2014, 06:51

christie, nach der Definition "100x darüber gesprochen und immer noch nichts verändert" dürfte dann keine Therapie länger als eine bestimmte, noch zu definierende Stundenanzahl dauern. Wie oft darf man nach dieser Auffassung 'jammern', bevor der Therapeut sagt: "Es ist genug"? Menschen sind keine Maschinen, und der Widerstand betrifft alle Patienten, und selbst die, die weniger jammern, tun das vielleicht nicht, weil sie so wahnsinnig gut sind als Patient, sondern weil sie denken, jammern sei was für Weicheier. Während die, die jammern, womöglich auf diese Weise zum ersten Mal im Leben ein Gefühl dafür bekommen, was ihr Problem ist.

Die Frage, was sich wie schnell bewegt, ist höchst individuell, und jeder, der Kinder hat, weiß das. Eigentlich möchte auch der Patient, wie das Kind, lernen. Die Frage ist nur, warum er das zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht kann (=Widerstandsanalyse). Leider verändern sich Patienten nicht linear, von wegen: "Sie dürfen jetzt zweimal über Ihre Mutter schimpfen, aber dann erwarte ich Veränderungen, sonst fliegen Sie".


Jenny Doe
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Beitrag Mi., 16.07.2014, 07:39

@ leberblümchen
Wie oft darf man nach dieser Auffassung 'jammern', bevor der Therapeut sagt: "Es ist genug"?
Ich denke, so lange bis der Therapeut an seine Grenzen stößt und keine Möglichkeiten mehr sieht, dem Klienten zu helfen. So lange, bis der Therapeut alle seine ihm zur Verfügung stehenden Hilfsangebote ausgeschöpft hat. So lange, bis der Therapeut sich fragt, ob er selber der richtige für den Klienten ist oder ob es nicht besser wäre, ihn an einen Kollegen zu verweisen, z.B. eines anderen Therapieverfahrens.
Ich finde es absolut legitim und begrüße es auch, wenn ein Therapeut ehrlich sagt "Ich kann ihnen nicht (mehr) helfen".
Zudem ist es auch für den Klienten nicht minder frustrierend, wenn er da ewig in einer Therapie sitzt und sich nichts bei ihm tut, er immer noch immer dasselbe jammert wie zu Therapiebeginn. Wenn dem so ist, dann stimmt was nicht; was auch immer.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


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leberblümchen
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Beitrag Mi., 16.07.2014, 07:56

Legitim finde ich das auch. Aber mir erscheint das zu einfach, wenn man behauptet, dass "100x jammern" zu viel ist. Die Frage war ja: "Wo könnte eine Grenze sein?" - und ich glaube, dass das zu individuell ist. Genauso gut könnte man sagen: "Der Patient kommt nicht an seine Gefühle heran" / "der Patient rationalisiert" / "die negative Übertragung ist zu heftig" / "der Patient richtet sich zu sehr nach der Therapie aus" / "der Patient richtet sich zu wenig nach der Therapie aus" - usw. Das Jammern kann einfach Teil des Problems sein, das es zu bearbeiten gilt. Es gäbe sonst wirklich keinen Grund, Therapien länger als x Stunden abzuhalten. Sonst könnte man auch sagen: "Der Patient kommt jetzt schon 200 Stunden und hat immer noch dieses und jenes Problem. Also kann ich ihm nicht helfen".

Vielleicht stört mich auch das Wort 'jammern', weil es klingt wie: "Orale Bedürfnisse müssen zackig abgelegt werden". Ich würde eher formulieren, dass es ein Problem ist, wenn der Patient nicht mitarbeitet. Das ist zwar sehr allgemein, aber darauf läuft es ja eigentlich hinaus. Man kann nämlich auf viele Arten mitarbeiten (und die Mitarbeit auf viele Arten verweigern)...


Jenny Doe
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Beitrag Mi., 16.07.2014, 08:20

@ leberblümchen
"Wo könnte eine Grenze sein?" - und ich glaube, dass das zu individuell ist.
Individuell ist alles. Aber ich denke, dass die Grenze nicht nur beim Klienten liegt. Auch der Therapeut stößt irgendwann die Grenzen dessen, was er anbieten kann.
Mir fällt dazu meine vorletzte VT ein. Sie sagte eines Tages, dass sie darüber nachdenkt, dass es besser wäre, wenn wir die Therapie beenden, da sie mir in einem Punkt nicht helfen konnte bzw. nur teil-helfen konnte. Sie legte mir eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie nahe. Recht hatte sie. Da war wieder dieses nervige Dilemma, dass man entweder VT macht und erklärt bekommt, wie man Probleme lösen kann oder TP macht, wo man in die Tiefe gehen kann. Ich fand nicht, dass mir die VT gar nicht helfen konnte, aber sie hatte Recht, in dem einen Punkt hätte ich zusätzlich eine TP benötigt, ich hätte zusätzlich zu dem, was die VT leisten konnte, noch tiefer gehen müssen. Das konnte sie nicht leisten, weder von ihrer Ausbildung her noch vom Stundenkontigent her. Sie stieß in diesem einen Punkt an ihre Grenzen. Wir sprachen drüber und setzten die Therapie fort, weil ich spürte, sie kann zwar nicht alles leisten, aber sie kann mir in diesem einen Punkt teil-helfen. In allen anderen Punkten konnte sie mir 100% helfen. Deshalb sah ich keinen Grund die Therapie zu beenden, nur weil sie eins nicht leisten kann. Wären es mehrere Punkte gewesen, dann hätte ich dem Therapieabbruch zugestimmt. Wie dem auch sei: Das hat mir gezeigt, dass auch Therapeuten irgendwann an Grenzen stoßen, wenn sie merken, der Klient "jammert" immer noch, sie selber aber keine weiteren Behandlungsmethoden mehr zur Verfügung haben, sprich, alles schon ausprobiert wurden, was der Therapeut so anbieten kann.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


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leberblümchen
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Beitrag Mi., 16.07.2014, 08:38

Ich hab das jetzt nur noch sehr vereinfacht im Kopf, aber: Balint hat doch die Patienten eingeteilt in die 'Anhänglichen' und die 'Alleinemacher' (Oknophilie vs. Philobatismus). Die Prognose bei der ersten Gruppe sei wohl besser als die bei der zweiten Gruppe. Nun weiß ich nicht, was Christie genau meinte, als sie von 'jammern' sprach, aber u.a. heißt es wohl, dass derjenige die Hilfe von außen sucht, durch die andere Person. Wie gesagt: Ich würde das nicht bewerten wollen; ich hatte sterns Frage so verstanden (ein bisschen), als wollte sie fragen, wo der Patient aufpassen muss, sozusagen, um nicht die Grenzen des Therapeuten zu überschreiten. Ich würde das aber jetzt nicht umdeuten wollen in: "Wie muss der ideale Patient sein?" - ich glaube, Jammern gehört für viele Patienten dazu, und ich glaube, es ist auch nervig für den Therapeuten. Nur sollte der das dann ja auch stoppen bzw. lenken können.

Der direkte Zusammenhang: "100x gejammert und jetzt ist Schluss" erschließt sich mir nicht so. Bzw. in dieser Gleichung fände ich das wiederum schwach vom Therapeuten, weil er dann versäumt hat, das Jammern zu deuten oder zumindest zu thematisieren, und am Ende hat der Patient - so scheint es - alleine die Verantwortung für das Scheitern.

Ich frage mich, ob das so ähnlich ist wie mit privaten Beziehungen: dass am Ende letztlich eine Kleinigkeit den Ausschlag geben kann. Von wegen: "95x hab ich mir das Jammern des Patienten angehört, war geduldig und freundlich, hab ihn in seinem Opferstatus fast 'bestärkt' (=weil ich Angst hatte vor meinen eigenen Aggressionen dem Patienten gegenüber), aber beim 96. Mal ist mir der Geduldsfaden gerissen und ich konnte ihm endlich mal sagen, was schon immer in mir gebrodelt hat". Was dann am Ende bleibt, ist: "Der Patient hat 100x gejammert" - während der ebenso zutreffende Aspekt "der Therapeut hat seine eigenen Aggressionen nicht analysiert" elegant unter den Teppich gekehrt werden kann, weil halt - wie man hier sieht - klar zu sein scheint: "Ein jammernder Patient ist ein doofer Patient, und man muss jeden Therapeuten verstehen, der sich das nicht antun will".

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Christie
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Beitrag Mi., 16.07.2014, 08:45

leberblümchen hat geschrieben:Aber mir erscheint das zu einfach, wenn man behauptet, dass "100x jammern" zu viel ist. Die Frage war ja: "Wo könnte eine Grenze sein?" - und ich glaube, dass das zu individuell ist. Genauso gut könnte man sagen: "Der Patient kommt nicht an seine Gefühle heran" / "der Patient rationalisiert" / "die negative Übertragung ist zu heftig" / "der Patient richtet sich zu sehr nach der Therapie aus" / "der Patient richtet sich zu wenig nach der Therapie aus" - usw.
“Hundert mal” war jetzt nicht soooo wörtlich gemeint. Allgemein wollte ich gar keine erschöpfende/umfassende Antwort liefern, sondern bloss schreiben, was ich mir persönlich als “Grenz-Situation” vorstellen kann.

LG
Christie

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Christie
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Beitrag Mi., 16.07.2014, 09:19

leberblümchen hat geschrieben:Nun weiß ich nicht, was Christie genau meinte, als sie von 'jammern' sprach, aber u.a. heißt es wohl, dass derjenige die Hilfe von außen sucht, durch die andere Person.
War eher so gemeint: Der Patient will sich immer nur zuhören lassen und ansonsten gar nichts tun oder reflektieren, wobei der Thera lediglich als "Abladeplatz" dient. Ich hab da Szenarien im Kopf, die ich aus persönlichen Beziehungen kenne: Manche Menschen reden und reden bei bestimmten Themen einfach nur, und es scheint ihnen dann auch vollkommen gleichgültig, was die Reaktion ihres Gegenübers darauf ist (ob er z.B. überhaupt noch interessiert zuhört). Klar darf auch mal "gejammert" werden. Aber wenn man jemanden aus so einem „Film“ dauerhaft nicht rausholen kann, kann ich mir vorstellen, dass eine persönliche Grenze erreicht wird.

Sich das soundsooft „geduldig“ anzuhören und dann auf einmal zu sagen „Jetzt reichts mir, halt endlich mal die Klappe“ wäre natürlich nicht, wie das ablaufen sollte...

LG
Christie

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