Darf man Schuld bei den Eltern suchen?

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EKS
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Beitrag So., 05.09.2010, 09:13

Hallo Kelpie,

Nein, ich meinte z.B. die verkorksten Kontakte, die die jeweiligen Kinder der "egoistischen"/unfähigen Eltern im Kindes- oder Jugendalter haben. (es kann ja bereits in dem frühen Alter anfangen, dass man sozial scheitert - zumindest war es bei mir so).

Ich bin sehr überbehütet, isoliert aufgewachsen. Meine Eltern haben mir relativ viel verboten, auch mir dauernd meine Kontakte madig gemacht usw. (wie man sich da wohl sozial und persönlichkeitsstrukturell gut entfalten soll, wie?). Ich habe meine ersten richtigen sozialen Erfahrungen de facto mit 19/20 gemacht. Auch die Romantisch-sexuellen.

Leider habe ich viel zu lange gebraucht, um bei meinen Eltern rauszukommen irgendwie - was z.T. auch finanzielle Gründe hatte. (als Student ist das auch ne so einfach und wenn man dann noch in einer Großstadt lebt, wo die Miete extrem hoch ist?).

Bei meinen Eltern macht sich das einfach sehr bemerkbar, dass die seit über 30 Jahren keine Bekannten und Freunde haben. Die machen richtiges "Social cocooning" sozusagen. So etwas wirkt sich zwangsläufig auf das Kind aus. Vor allem sind die Kinder von so egoistischen Eltern wie den meinigen meistens dann auch sehr empfindsam (HSP - hochsensible Personen), sozial, anteilnehmend, empathisch usw. und haben auch meistens eine Antenne für das Leid anderer.

Das Einzige, was bei mir eigentlich fast immer gut lief, waren die Schule und die Uni. Aber sozial ist es durch diese schlechte Sozialisation einfach verdammt schwierig. Mir fehlen eben auch die richtig guten sozialen Erfahrungen der frühen Jugendphase. (ich hatte zwar schon Kontakte, aber die waren eben auch zum Scheitern alle verurteilt)...

LG
EKS

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Kelpie
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Beitrag So., 05.09.2010, 10:37

Wir haben viel gemeinsam, EKS. Insbesondere das "madig machen" von Freunden kenne ich sehr gut - das habe ich extrem erlebt. Dabei hatte ich in Kindergarten und Schule sowieso nur wenige Freunde, weil ich schwer asthmatisch und ständig krank war.

Meine Eltern hätten nach eigener Aussage gern Freunde, aber die Leute sind alle sooo komisch, man kann einfach nirgends mehr auf Besuch gehen und besser ist es, man bricht den Kotakt ganz ab. Es liegt nur an der heutigen Welt. Sie sind seit Jahrzehnten ohne Freundeskreis.

Sozial entfalten kann man sich trotzdem. Das Bedürfnis danach ist GSD unabhängig von der Erziehung. Auf der Uni und über Hobbies habe ich mir einen guten und stabilen Freundeskreis aufgebaut.

Sexuelle Erfahrungen mit 19/20 finde ich NORMAL. Ich finde durchaus nicht, dass ein Kind vorher Erfahrungen haben muss und Sexkontakte mit 12,13 würde ich als Mutter auch verhindern wollen.
Ich war 30 bei den ersten Erfahrungen, also dürfte ich da wesentlich mehr abgekriegt haben als du. In dem Bereich kreide ich meinen Eltern tatsächlich und mit gutem Grund einiges an. Die Sexualphobie habe ich von daheim mitgekriegt. Das zu verbessern und trotzdem eine Beziehung zu finden, hat viel Geld, viele Gedanken und viele Ängste gekostet.

Ein gesetzlicher Zwang zu einer pädagogischen Schulung, wo auch Dinge wie "Streitkultur", "Aufklärung" etc angesprochen werden, hätte bei mir viel Schaden verhindert und würde zweifellos auch anderen Kindern etwas bringen. Daher: verpflichtender Elternführerschein.
Das kanns nicht sein, dass man als Tierbesitzer verpflichtend in Kurse gehen muss, während man seine Kinder "einfach so" erziehen und Probleme jahrzehntelang wegschieben kann. Wie es deine Eltern und meine getan haben.

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EKS
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Beitrag So., 05.09.2010, 11:09

Was bedeutet GSD?

Also würdest du deine Eltern auch eher als menschenverachtend beschreiben, oder? Ich meine, es klingt zumindest so. Jemand, der nur über andere Menschen schlecht redet, ist grundsätzlich ein Misanthrop. Vor allem haben meine Eltern und meine Oma auch versucht, mir dieses misanthropische und sozialphobische Denken einzuimpfen. Das ist ihnen mitunter sogar ein wenig gelungen; aber ich habe jetzt Jahrelang daran gearbeitet und werte andere somit nicht mehr so ab, wenn ich mal schlechte Erfahrungen gemacht habe. Früher, d.h. zur Jugendzeit, habe ich nur sozialkritische Sachen gelesen und auch geschrieben. Richtig schlimm war das. Ich bin froh, dass ich von einigen Menschen gebremst worden bin darin.

Sozial entfalten kann man sich durchaus auch, aber das hat bei mir eben auch lange gedauert. Ich bin ja jetzt noch quasi aktiv dabei, herauszufinden, wie soziale Kontakte besser laufen auf die Dauer. Ich habe den Dreh' da wirklich noch nicht raus. Klar, einige meiner Kontakte hielten über Jahre, aber das waren an sich fast alles Kontakte, die von Anfang an unter keinem guten Stern standen. (du kannst ja mal meine anderen neueren Beiträge lesen, denn dort habe ich z.T. Fallbeispiele geschildert - damit es eben nicht alles immer so abstrakt bleibt).

Es freut mich, dass du wenigstens in der Uni mehr Glück hast/hattest (?) als ich. Klar, ich habe den einen oder anderen Bekannten, aber ich habe an der Uni keine wirklich intensiven Kontakte. Viele, die ich kennen gelernt habe, sind einfach zu sehr mit sich selbst beschäftigt, nicht wirklich offen oder haben eben bereits einen großen Sozialkreis. Ist schwierig. Nun gehe ich ja bald für acht Monate ins Ausland, dann bin ich etwa 2 1/2 Monate wieder hier in HH und gehe dann darauf noch mal für neun Monate weg. Tja, wie willst du da wirklich Kontakte halten, wenn sich keine meiner besseren Bekanntschaften in der jüngsten Zeit wirklich intensiviert haben?

Na ja, eine wirkliche Langzeitbeziehung hatte ich bisher aber auch noch nicht. Das hielt bei mir bisher nur so 2-4 Monate. (je nachdem, wie man es eben rechnet).

Ich denke auch, dass so etwas wie pädagogische Kurse wichtig wären. Meine Eltern haben ihr pädagogisches Handeln nie weiter hinterfragt. Sie dikschen ständig herum, wenn man sie kritisiert etc. Sind halt nicht kritikfähig.

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Kelpie
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Beitrag So., 05.09.2010, 11:58

EKS hat geschrieben:Was bedeutet GSD?
GSD = Gott sei Dank
EKS hat geschrieben:Also würdest du deine Eltern auch eher als menschenverachtend beschreiben, oder? Ich meine, es klingt zumindest so. Jemand, der nur über andere Menschen schlecht redet, ist grundsätzlich ein Misanthrop.
Nein, die Ursache ist eine tiefe Unsicherheit. Sie konnten bereits ihrerseits daheim kein normales Verhalten lernen.
Allerdings haben sie auch nie die Möglichkeit genutzt, ihre Probleme aufzuarbeiten, sich weiter und von ihrer ursprünglichen Erziehung weg zu entwickeln.

Ich weiß nicht, wieso mir das ein Bedürfnis ist und ihnen nicht. Ein Generationsproblem? Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, wo man ganz selbstverständlich zum Coach gehen kann, schwul sein kann, einen Inder zum Freund haben kann. Oder liegt es an der Bildung? Sie hatten keine Chance zu maturieren.
Oder an der Gesellschaft? Wer kommt heute wirklich weiter, wenn er nicht bewusst Persönlichkeitsbildung betreibt. Damals hats das nicht gebraucht.

Gut als meine Eltern 25 waren, schrieb man 1960. Vielleicht hätten sie auch anders sein können. Ich weiß es nicht.
EKS hat geschrieben:Es freut mich, dass du wenigstens in der Uni mehr Glück hast/hattest (?) als ich. Klar, ich habe den einen oder anderen Bekannten, aber ich habe an der Uni keine wirklich intensiven Kontakte. Viele, die ich kennen gelernt habe, sind einfach zu sehr mit sich selbst beschäftigt, nicht wirklich offen oder haben eben bereits einen großen Sozialkreis. Ist schwierig. Nun gehe ich ja bald für acht Monate ins Ausland, dann bin ich etwa 2 1/2 Monate wieder hier in HH und gehe dann darauf noch mal für neun Monate weg. Tja, wie willst du da wirklich Kontakte halten, wenn sich keine meiner besseren Bekanntschaften in der jüngsten Zeit wirklich intensiviert haben?

Na ja, eine wirkliche Langzeitbeziehung hatte ich bisher aber auch noch nicht. Das hielt bei mir bisher nur so 2-4 Monate. (je nachdem, wie man es eben rechnet).
Ich weiß nicht... ich bin distanziert und schließe nicht leicht Freundschaft. Aber alle meine Freundschaften halten auf Dauer. Meine beste Freundin habe ich seit 16 Jahren. Meine erste Beziehung, wenn man so sagen will, dauert bereits über 3 Jahre.

Im Ausland hast du das Internet, um Kontakte zu pflegen. Mein Bruder tratscht online mit einem Schulfreund, der jetzt im Ausland lebt. Sie sehen sich nur einmal im Jahr.

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EKS
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Beitrag So., 05.09.2010, 12:51

Hallöchen,

Bin gerade von meinem Spaziergang zurück, habe mir kurz was zu essen gekocht und nun antworte ich dir.

Meine Eltern sind ähnlich wie deine auch unsicher, denke ich. Dazu kommt diese unheimlich kritische Einstellung ggü. der Gesellschaft, einzelnen Menschen etc. Im Grunde lassen sich meine Eltern sogar noch über ihre schlechten Kontakte von vor 30-40 Jahren aus. (meine sind Jahrgang 52 und 54, also minimal jünger als deine).
Meine Oma aber ist genauso. Die lässt sich auch nur über andere aus. Ich kann ja zumindest auch mal etwas Positives über meine Bekannten/Freunde(je nachdem, wie man Freundschaft eben definiert) sagen. Ich sage z.B. auch nicht, dass die Freundschaften alle durch und durch schlecht waren und nur die anderen Schuld haben. So sind aber meine Familienmitglieder beinahe alle.
Im Grunde haben bei uns in der Familie - abgesehen von meinen Eltern, die sind seit fast 40 Jahren zusammen sind (sind sie in diesem Jahr quasi) - fast alle nur gescheiterte Beziehungen. Die anderen Familienmitglieder haben dafür aber wenigstens mal soziale Kontakte, wohingegen meine Eltern sich nur gegen alle abschotten. Die wollen selbst mit den Menschen bei uns aus der Familie nichts mehr zu schaffen haben, außer mit meiner Tante und meinem Onkel. Wie ist es bei euch so?

Also ich kenne wenige Menschen, die sich wirklich aktiv mit Persönlichkeitsentwicklung/-bildung befassen. Die meisten vegetieren meiner Meinung nach seit Dekaden echt nur vor sich hin. :-| Guck dir doch meine Familie an. Die haben sich anscheinend seit Jahrzehnten kaum weiterentwickelt.
Ich versuche nun eben zu lernen, mich weitestgehend von der Familie abzugrenzen.
Wenn ich aus dem Ausland zurück bin, will ich bei niemandem aus meiner Familie mehr wohnen. Ich habe da echt die Schnauze voll.

Dass du seit drei Jahren eine Beziehung hast, ist doch super. Wieso hat es vorher nicht geklappt?

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beissknut
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Beitrag So., 05.09.2010, 13:12

EKS hat geschrieben:Meine Eltern haben mir relativ viel verboten, auch mir dauernd meine Kontakte madig gemacht usw. (wie man sich da wohl sozial und persönlichkeitsstrukturell gut entfalten soll, wie?).
[...]
Bei meinen Eltern macht sich das einfach sehr bemerkbar, dass die seit über 30 Jahren keine Bekannten und Freunde haben. Die machen richtiges "Social cocooning" sozusagen. So etwas wirkt sich zwangsläufig auf das Kind aus. Vor allem sind die Kinder von so egoistischen Eltern wie den meinigen meistens dann auch sehr empfindsam, sozial, anteilnehmend, empathisch usw. und haben auch meistens eine Antenne für das Leid anderer.
[...]
Das Einzige, was bei mir eigentlich fast immer gut lief, waren die Schule und die Uni. Aber sozial ist es durch diese schlechte Sozialisation einfach verdammt schwierig.
Das kenn ich doch von irgendwoher, genau so wie du es geschildert hast... dabei ist die soziale Integration das wichtigste was es gibt im Leben. Ja genau, Schule und Uni lief "gut", weil nur darauf (Leistung) Wert gelegt wurde, während die sozialen/sexuelle Aspekte als wertlos und unwichtig von den Eltern dargstellt wurden. Dabei würde man denken die Eltern müssten doch lockerer drauf sein, immerhin sind sie ja mit der "Hippie-Generation" aufgewachsen, aber nix... Vielleicht ist die Hippie-Zeit auch nur eine belanglose Floskel, die nur an ganz bestimmten Orten ausgelebt wurde. Hab auch erst irgendwie "Sozialität" lernen müssen (in meiner Studienzeit erst...) und dort viele Fehler gemacht z.B. abweisend gegenüber Leuten wegen Kleinigkeiten und wegen dieser verdammten Verkorksheit die ich von daheim mitgekriegt habe, die sich stark in mein Verhalten eingeprägt hatte. Die Fehler sind mir dann auch erst später bewusst geworden aber da wars dann zu spät, weil die Kontakte weg waren

Erst mit 25+ hat sich die Einstellung bei mir langsam verändert, *langsam*, der permanente Abstand zu den Eltern hat gut getan... und jetzt wo ich wieder zurück musste (finanzielle Gründe)... und komplett alleine wieder dastehe ist auch die Suche nach neuen sozialen Kontakten wieder sowas wie eine fast unüberwindbare Hürde. Es ist so, als ob dieser "Schatten", dieser "negative Odem" (der ja immerhin 20 Jahre lang bestanden hat) für immer an dem Ort verbleibt wo man ihn bekommen hat. Nicht grad eine gute Ausgangsposition um sesshaft zu werden... daraus resultiert auch meine Unsicherheit, Gesellschaftskritik, Unschlüssigkeit, der Widerwillen hier in der Gegend einen Job zu suchen.

Nebenbei bemerkt sind sie meine Eltern ebenfalls arme Tröpfe, eben darum weil sie auch das hier bereits geschilderte "cocooning" betrieben haben, und ausser 1-2 Bekannte gabs da nie welche; die Erkenntnis hilft aber auch nicht weiter, nur "warm" werd ich mit denen nicht mehr.

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EKS
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Beitrag So., 05.09.2010, 13:21

Wow, da bin ich also wirklich nicht die einzige, die Eltern hat, die social cocooning betreiben. Es tut mir wirklich leid, dass es bei dir momentan schon wieder schlechter läuft. *huggy* Ich hatte ja auch mal meine Phasen, die sogar länger anhielten als ein paar Monate, in denen es besser war. Aber seit 1-2 Jahren habe ich nur Flaute. Auch romantisch-sexuell. Dabei finde ich sogar, dass ich heute weitaus besser aussehe und interessanter bin als früher. Hahahaha... das alleine scheint es dann wohl auch nicht zu sein. *g* Ja, eigentlich kann man mit unseren Eltern echt nur Mitleid haben, finde ich...

Meine Eltern haben mir im Übrigen verboten, einen Freund zu haben. Erst ab 18, 19 haben sie mit diesem Gerede aufgehört. Da konnten sie mir ja nicht mehr viel. Ich habe aber bis 24 1/2 zu Hause gewohnt quasi. Und das war der größte Fehler meines Lebens, wenn man bedenkt, dass sie mich nur gegängelt haben. Du lebst aktuell wieder bei deinen Eltern? Ja okay, wenn es finanziell nun wirklich nicht anders geht, aber ich hätte mir ja den BAföG-Höchstsatz für Ausgezogene beantragen und das Kindergeld die ganze Zeit dazu nehmen können. + bissl Nebenjobbing. Das wäre ja alles gegangen. Nebenjob noch 400 Euro dazu und man hätte sogar fast die Studiengebühren usw. noch aus der Portokasse bezahlen können. Ja okay, späte Reue. lol

Meine Eltern wollten mir über Jahre hinweg vorschreiben, wann ich zu duschen, wie ich zu heizen habe etc. Ich habe mich daheime tot gefroren im Winter fast.
Ja klar, die Frage, wieso ich nicht ausgezogen bin, ist legitim. Wegen der Finanzen. Ich habe mal beinahe sechs Monate kein BAföG bekommen, dann hatte ich mehrmals höhere Kosten zwischendurch (wegen Zahnarztbesuchen - ich musste mir da einiges korrigieren, ausbessern lassen) und ich hatte immer irgendwelche Existenzängste im Hinterkopf.

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beissknut
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Beitrag So., 05.09.2010, 14:48

EKS hat geschrieben:aber ich hätte mir ja den BAföG-Höchstsatz für Ausgezogene beantragen und das Kindergeld die ganze Zeit dazu nehmen können. + bissl Nebenjobbing. Das wäre ja alles gegangen.
Aber hast du denn damals, in deinem Alter schon genau Bescheid gewusst über Kindergeld und so? Das wurde bei mir zuhause nämlich komplett einkassiert von den Eltern und hab gar nicht erst gewusst dass es so etwas überhaupt gibt. Und sowas wie Nebenjobs hätte man mir erst gar nicht erlaubt weil "schämen müsste man sich ja, wenn der Sohn arbeiten gehen müsste und überhaupt hast du sowieso keine Zeit und musst lernen", und wenn man das nicht macht "landet man auf der Strasse und ist für immer verdammt ein Sandler zu sein". Ja schämen für dass, wenn das Kind selbständig werden will und stattdessen alles so dermaßen schlechtredet, dass es einem tatsächlich vergeht. Kein Wunder dass Existenängste auftreten. Kann es also nachvollziehen, wenn der "Absprung" mit 18 Jahren ausm Elternhaus nicht gleich wie aus dem Bilderbuch funktioniert. Das ist nix wo man sich zu schämen braucht.

Das mit dem Heizen / Duschen kenn ich auch. Kleidungskauf natürlich auch streng vorgegeben. Heizung wurde erst dann eingeschalten wenns bitterkalt war. Duschen war nur zu fixen Tagen erlaubt gewesen (1x am Wochenende). Öfters duschen (2x/Woche) glich einer Revolution im Haus und "Wasserverschwendung" inklusive schwelender schlechter Stimmung im Haus, die jeden Augenblick explodieren konnte. Ausgehen am Wochenende ging schon überhaupt nicht, weil "der schlechte Einfluss, alle rauchen/saufen/sex und haben gleich ein Kind und dann ist das Leben im A***" wurde eingetrichtert (aber kein Wort davon dass es sowas gab wie Verhütungsmittel). Immer nur das Negative wurde hervorgehoben. Ich mein, kann schon sein dass es heute auf viele Jugendliche heute zutrifft , aber dass man den sozialen Kontakt so dermaßen abdrücken konnte (aus "Rücksicht" auf das Kind...) ist auch das dümmste was man machen kann. Wo haben die ihren Hausverstand gelassen...
Vermutlich können sich das manche gar nicht vorstellen, wie **** es zugehen kann. Witzig auch: bin aus einer Akademikerfamilie. Kelpie hat weiter oben geschrieben, dass ein Elternführerschein notwendig wäre, und grundsätzlich stimme ich dem sogar zu. Nur befürchte ich, hätten die ohne Probleme den Führerschein gekriegt weil "sind ja betuchte Leute, die wissen schon wie das geht".

Natürlich ist es *jetzt* nicht mehr so schlimm, aber die verpatzte Zeit verbleibt. Ein Teil verblasst ("die Zeit heilt alle Wunden), aber das Verhalten, mit dem man geprägt wurde über Jahrzehnte, lässt sich nicht so leicht abschütteln. Und bis man versucht sich zu ändern hat man selber oft schon vieles unbewusst kaputt gemacht. Und das vermutlich in einem Lebensabschnitt, wo man es am nötigsten hätte und Freundschaften aufbauen sollte.
Kelpie hat geschrieben:Nein, die Ursache ist eine tiefe Unsicherheit. Sie konnten bereits ihrerseits daheim kein normales Verhalten lernen. Allerdings haben sie auch nie die Möglichkeit genutzt, ihre Probleme aufzuarbeiten, sich weiter und von ihrer ursprünglichen Erziehung weg zu entwickeln.

Ja, so war es tatsächlich auch bei meinen Eltern, bzw. bei 1 Elternteil. Meine Eltern haben sogar regelmässige Termine beim Psychiater gehabt. Aber es ging bei diesen Therapien nie um ihre Kinder (weil sie selbst machten ja allllleeeeeees richtig...), sondern nur um deren Eltern. Am nächsten Tag war die Sitzung wieder vergessen... und es ging gleich weiter wie bisher. Da wurde auch irgendwie am Thema vorbeigeredet... Ich hoffe nur, sollte ich jemals den Wunsch verspüren auf Nachkommen, reif genug dafür bin. Ansonsten werde ich auf Kinder verzichten, weil hab keine Lust dazu dieselben Fehler nochmal zu machen. Ein Vorteil den ich habe, ist, dass ich während meiner Studienzeit gelernt habe Thematiken aus verschiedensten Blickwinkeln und Perspektiven nachvollziehen zu können und ihnen damit schon ein bisschen voraus bin. Nur sozial... je eher ich drüber nachdenke, am liebsten würd ich ganz weit weg wollen, auswandern... einfach die Dinge hinter sich lassen und wo ganz neu durchstarten (was aber auch nicht so einfach fällt, wenn das teils immer noch vorhandene soziophobe Muster nicht ganz abgebaut ist...)

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chandelle
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Beitrag So., 05.09.2010, 15:09

Über die Eltern ablästern, aber dann ihr finanzielles Nest in Anspruch nehmen finde ich aber auch höchst unfair.

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Lumpi
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Beitrag So., 05.09.2010, 15:26

chandelle hat geschrieben:Über die Eltern ablästern, aber dann ihr finanzielles Nest in Anspruch nehmen finde ich aber auch höchst unfair.
so sind kinder eben.
zuerst gierig an der brust saugen und später undankbar sein.
meine mutter sagte mir, dass sie mich besser im ersten badewasser ertränkt hätte.
irgendwie logisch, oder?

lg, lumpi

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EKS
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Beitrag So., 05.09.2010, 16:04

@ chandelle und lumpi:

MAN MUSS DEN ELTERN NICHT DANKBAR SEIN.
Sie haben einen in die Welt gesetzt bzw. sich für einen entschieden und dazu sollten Eltern verdammt noch mal stehen und sich nicht darüber beschweren, dass es schon zu viel sei, wenn das Kind mehr als 2x die Woche mal unter die Dusche geht oder mal die Heizung anstellt, wenn unter 5°c draußen sind.

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Lumpi
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Beitrag So., 05.09.2010, 16:46

Hallo EKS,

wieder etwas gelernt.
danke!

lg, lumpi

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Rene1985
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Beitrag So., 05.09.2010, 17:05

lumpi und chandelle, lasst mal am nachmittag den alkohol weg. bevor man was schreibt, sollte man sich die sachen auch mal richtig durchlesen. wenn einem die eltern nichts gutes tun, muss man auch nicht dankbar sein. zum elternsein gehört wohl weitaus mehr.

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EKS
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Beitrag So., 05.09.2010, 17:07

schöner Beitrag, Rene85.

Ich finde auch, dass die beiden mal meine Beiträge oder die der anderen sorgsam hätten lesen sollen.

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beissknut
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Beitrag So., 05.09.2010, 17:18

@chandelle: du kannst die Situation offenbar nicht nachvollziehen, weil du vielleicht unter anderen (normaleren ?) Umständen aufgewachsen bist. Das sind Probleme, die einem noch jahrelang verfolgen. Wenn du schon von "unfair" redest: überleg mal, wann die Zeit ist, wo man einen heranwachsenden Menschen am meisten reinsch***en kann. Dann kommst du schon sehr nah ans eigentliche Problem. Dabei kennst du nur einen Bruchteil der hier erwähnten Lebensgeschichten.
EKS hat geschrieben:Sie haben einen in die Welt gesetzt bzw. sich für einen entschieden und dazu sollten Eltern verdammt noch mal stehen und sich nicht darüber beschweren, dass es schon zu viel sei, wenn das Kind mehr als 2x die Woche mal unter die Dusche geht oder mal die Heizung anstellt, wenn unter 5°c draußen sind.
Ditto, EKS. Wenn die Eltern Kinder in die Welt setzen wollen, sollen sie auch Verantwortung zeigen und sich das gut überlegt haben. Aber wenn sie dann bei wirklich banalsten Dingen schon überfordert sind und dann nacher eine Einstellung zeigen wie "das Kind wird schon alles richtig machen und das Leben erfolgreich meistern, nachdem wir es jahrelang gründlich abgeschottet und dem Selbstbewusstsein beraubt haben"... ist weltfremd und krank. Aber jetz sind wir halt da, bald bereit für die nächste Therapie...
Kelpie hat geschrieben:Je besser die Eltern ihre Aufgabe erfüllen, desto eher und desto sicherer steht das Kind auf eigenen Füßen. Geschieht das spät und zögerlich, so zahlen die Eltern für die zuvor begangenen Fehler.
Danke, Kelpie, sehe ich genauso
Rene1985 hat geschrieben:lumpi und chandelle, lasst mal am nachmittag den alkohol weg. bevor man was schreibt, sollte man sich die sachen auch mal richtig durchlesen. wenn einem die eltern nichts gutes tun, muss man auch nicht dankbar sein. zum elternsein gehört wohl weitaus mehr.
Danke, Rene1985, das trifft den Nagel auf den Kopf
Zuletzt geändert von beissknut am So., 05.09.2010, 17:23, insgesamt 1-mal geändert.

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