Bin ich von meiner Therapeutin besessen?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Sansa
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Beitrag Mo., 11.05.2020, 17:41

GuterGeist2019 hat geschrieben: Mo., 11.05.2020, 16:38 Ich kann mir schon vorstellen, dass du inzwischen weißt, welche Knöpfe du drücken musst. Ich kannte diese Knöpfe in meiner missglückten ersten Therapie auch nur zu gut.
Ja, ich kenne die Knöpfe. Sie geben mir Sicherheit. Ich kann es nicht abstellen, sie hin und wieder zu drücken. Gerade dann, wenn ich es mit mir selbst schwer habe.

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Anna-Luisa
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Beitrag Mo., 11.05.2020, 18:21

Sansa hat geschrieben: Mo., 11.05.2020, 17:39 Ist es nicht authentischer? Wenn sie sich verstellen würde, wer das doch komisch.
Ich muss ja nicht fragen. Aber wenn ich es tue, macht es doch Sinn ehrlich zu sein oder nicht? Warum sollte sie mir verschweigen, wenn sie müde ist, ich das sehe und hinterfrage, warum es so ist?
Authentischer sicher, trotzdem ist es ein Kunstfehler. Fragen könntest du sie natürlich alles - aber sie darf nicht darauf eingehen.

Stell dir mal vor sie würde antworten:

"Ach, ich habe kürzlich meinen Mann mit meiner besten Freundin in flagranti erwischt, seither habe ich Kopfschmerzen und schlafe schlecht. Ich grübele derzeit viel, ob ich ihm noch eine Chance geben soll oder zum Scheidungsanwalt gehe!"
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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Philosophia
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Beitrag Mo., 11.05.2020, 18:36

Es ist eine Schande, was deine Therapeutin tut, Sansa! Sie hilft dir damit null! Ich war früher auch so drauf wie du und habe nachgefragt und hab lieber den anderen reden lassen. So kam es, dass ich den Eindruck hatte, dass es der Analytikerin mal nicht gut ging. Und ich habe nachgebohrt. Und da sagte sie mir klipp und klar - und dafür danke ich ihr zutiefst -: "Frau Philosophia, jetzt machen Sie sich gerade für einen emotionalen Missbrauch bereit, wenn Sie wollen, dass ich in meiner Rolle Ihnen sage, ob mich etwas drückt und vielleicht auch noch was. Es kann mal sein, dass ich auch mal nicht so gut drauf bin, aber ich bin arbeitsfähig, wenn ich hier erscheine - Sie müssen und Sie sollen sich nicht um mich kümmern. Sie können sich darauf verlassen, dass ich mich hervorragend um mich selbst kümmern kann!" - Und das sagte sie nicht gerade zärtlich - das war ne klare Ansage. "Damit habe ich Sie jetzt ganz schön abserviert." - Ja, das hatte sie, aber langfristig hat sie mir für die analytische Beziehung und für mein weiteres Leben ein Geschenk damit gemacht. Ich muss mich nicht mehr zwanghaft um andere kümmern, sondern ich kümmere mich jetzt um mich - und ich lasse dem anderen seine Verantwortung für sich selbst.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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stern
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Beitrag Mo., 11.05.2020, 18:59

Weil es um deine Muster geht, gehen sollte. Was nutzt dir, wenn die Therapie zu Ende ist und du ihre Probleme kennst und das sie ab und an müde war und warum...
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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umso mehr Fliegen sitzen drauf
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(alte Weisheit)

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Philosophia
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Beitrag Mo., 11.05.2020, 19:02

Es nützt insofern, dass man sich nicht mit sich beschäftigen muss, sondern in wen anders reinkriechen kann - so ist das. Und das hat auch nichts mit Altruismus zu tun.
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Sansa
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Beitrag Mo., 11.05.2020, 20:36

Wie schon geschrieben, gibt es mir Sicherheit, wenn ich mich nicht zeigen muss. Das ich weiß wo die Knöpfe sind liegt wahrscheinlich daran, dass wir ähnlich alt sind und ich dadurch manches nachvollziehen kann.
Und bisher fand ich auch nichts Verwerfliches daran.

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Philosophia
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Beitrag Mo., 11.05.2020, 20:37

Sicher nicht, war/ist ja auch dein Muster. Und die bedient das...
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Sansa
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Beitrag Mo., 11.05.2020, 20:38

Wie komme aus dem Muster raus? :red:

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 11.05.2020, 20:47

Sansa hat geschrieben: Mo., 11.05.2020, 20:36 Wie schon geschrieben, gibt es mir Sicherheit, wenn ich mich nicht zeigen muss.
Ähm, wo ausser in einer Therapie wäre ein besserer Ort um sich zu zeigen?
Wofür sollte eine Therapie denn deiner Meinung nach da sein wenn nicht dazu sich zu zeigen, zu öffnen ?

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Philosophia
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Beitrag Mo., 11.05.2020, 21:05

Du kommst da raus, indem du a) selbst versuchst dich anders zu verhaltenund dein Muster nicht zu bedienen und b) mit Menschen verkehrst, die dein Muster NICHT bedienen.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Vivy
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Beitrag Mo., 11.05.2020, 21:07

Philosophia hat geschrieben: Mo., 11.05.2020, 18:36
Und das sagte sie nicht gerade zärtlich - das war ne klare Ansage. "Damit habe ich Sie jetzt ganz schön abserviert." - Ja, das hatte sie, aber langfristig hat sie mir für die analytische Beziehung und für mein weiteres Leben ein Geschenk damit gemacht. Ich muss mich nicht mehr zwanghaft um andere kümmern, sondern ich kümmere mich jetzt um mich - und ich lasse dem anderen seine Verantwortung für sich selbst.
Ha .. ich kenne das auch.
Mein Therapeut ist gestalttherapeut und das bedeutet auch, er sagt auch mal was über sich und zeigt sich als Mensch und nicht nur als Therapeut.

Da hat er aber eine klare Grenze gezogen.
Ziemlich am Anfang hab ich mal gesagt dass er sehr urlaubsreif aussieht und dass das sicher auch daran liegt, dass ich so anstrengend bin und ich mir Sorgen mache.
Er drauf, sehr kurz und klar: du musst dir keine Sorgen um mich machen, ich sorge selbst für mich.

Hat mich sehr entlastet.
»Man versteht nur die Dinge, die man zähmt«, sagte der Fuchs.
aus: Der kleine Prinz, Antoine de Saint-Exupéry

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nulla
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Beitrag Di., 12.05.2020, 00:51

Ich kenne das auch gut, den Versuch, von mir selbst weg zu lenken und mich quasi "dem PT zu widmen". Zum Glück spielt er da nicht mit. Bei einem solchen Versuch meinte er z.B. einmal trocken:"Anstatt diesen Gedanken zuzulassen, machen Sie sich jetzt lieber um mich Sorgen?"

Oder heute...
Ich: Darf ich Sie fragen, ob Sie noch eine Mutter haben?
Er: Nein.
Ich: Nein, keine Mutter mehr, oder nein, ich darf nicht fragen?
Er: Nein, sie ist gestorben.
Und das wars dann schon und es ging weiter mit mir.
Sansa hat geschrieben: Mo., 11.05.2020, 20:38 Wie komme aus dem Muster raus?
Natürlich kannst du etwas beitragen, wie Philosophia auch sagt, aber eigentlich sollte die Therapeutin dafür sorgen, dass du Muster als solche erkennst und Alternativen dafür findest. Gute TherapeutInnen bedienen keine Muster, was sich manchmal sehr hart anfühlt, aber der einzige Weg ist, um nachhaltig positive Veränderungen zu erreichen. Was bei dir passiert, ist meiner Meinung nach keine gute Therapie, und am schlimmsten ist, dass du die Schuld für das Versagen der Therapeutin bei dir suchst.
Wie gesagt, natürlich hast du deinen Anteil am Gelingen der Therapie, aber der Boss ist sie.

LG nulla
"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht."
(Kafka)


mio
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Beitrag Di., 12.05.2020, 01:25

nulla hat geschrieben: Di., 12.05.2020, 00:51 und am schlimmsten ist, dass du die Schuld für das Versagen der Therapeutin bei dir suchst.
Wie gesagt, natürlich hast du deinen Anteil am Gelingen der Therapie, aber der Boss ist sie.
Falsch, der Boss ist der Patient. Der Therapeut kann nur entsprechend passend "anregen" (was hier zu fehlen scheint?).

Die "Schuld" auf sich selbst zu laden kann auch eine "selbstermächtigende" Funktion haben, also quasi die Funktion sich die eigene Hilflosigkeit/Ohnmacht nicht eingestehen zu müssen. Siehe Stockholmsyndrom.

Das ist ein psychischer Schutzmechanismus der einem das Gefühl gibt "man hätte ja was tun können" wenn man nur... Faktisch verhindert dieser Schutzmechanismus aber die Auseinandersetzung mit der eigenen Ohnmacht.

"Machtergreifung" (über den anderen) ist nicht immer ein "aggressives" Geschehen sondern kann sich auch dahingehend äußern dass man sich selbst über "Schuld" oder "klein beigeben" zu ermächtigen versucht. Das hat im Vergleich zur aggressiven Ermächtigung sogar den Vorteil, dass man am Ende "die Arme" ist die ja "gar nix" getan hat/tun konnte. Stichwort: Die eigene Opferrolle als Täterschaft.

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Philosophia
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Beitrag Di., 12.05.2020, 06:23

Es ist wohl in der Therapie ne Mischung aus beidem. Dummerweise muss der Patient erst mal lernen, dass er selbst verantwortlich ist - auch dafür, mit wem er sich umgibt und wen er sich als Hilfe sucht. Natürlich tut die Therapeuton in dem Fall aber auch ihr Bestes um es zu verbocken, da sie mitspielt, anstatt den Riegel vorzuschieben. Du kannst es ihr entweder sagen oder du gehst von ihr weg.
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stern
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Beitrag Di., 12.05.2020, 06:46

Muster darf man in die Therapie mitbringen... es liegt aber in der Verantwortung (im Sinne, es gehört zu seinem therapeutischen Auftrag) diese zu erkennen bzw. hinzuweisen, wenn zu sehr die Perspektive des Therapeuten eingenommen wird. Das hab dich selbst mal in der VT so erlebt als ich zu sehr beim Therapeuten war. Wurde dann angesprochen und auch angesehen und half mir auch. Man kann ja nicht voraussetzen, dass man das als Patient gleich so erkennt. Wenn es bewusster war, habe ich versucht, selbst besser darauf zu achten. Das sollte auch individuell angeschaut werden meiner Meinung nach. Also gleiche Auffälligkeit kann anderes zugrunde liegen...
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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