Wie authentisch/offen/ehrlich dürfen Psychotherapeuten sein?

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stern
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 09:58

nulla hat geschrieben: Sa., 13.07.2019, 09:54 . Ich würde es so sagen, dass jeder Mensch verschiedene Rollen einnimmt, im Beruf, als Vater, Ehemann, Freund, Sohn, was auch immer.
Eben... und dann ist der Mensch ja immer dabei.

Nochmals: Was wäre die Rolle ohne den Menschen?

Mensch oder Rolle sehe ich als gespaltene Sicht bzw. tatsächliche Unauthentizität.
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Fairness
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 10:01

Quelle Duden:
Duden.de hat geschrieben: Mensch:
a) mit der Fähigkeit zu logischem Denken und zur Sprache, zur sittlichen Entscheidung und Erkenntnis von Gut und Böse ausgestattetes höchstentwickeltes Lebewesen
b) menschliches Lebewesen, Individuum
c) bestimmte Person, Persönlichkeit
Das Wort "Mensch" hat schon eine Definition, die Vorstellung, dass man das beliebig anwenden kann... ja, die kann man haben.

Als Mensch nicht vorkommen dürfen und als Mensch völlig zu vorkommen sind auch zwei Gegenpole, zwischen welchen viel Spielraum besteht und dieser Spielraum darf in meiner Welt in der Therapie genutzt werden, wobei ich erwarten würde, dass sich der benutzte Raum eher Richtung "weniger zu vorkommen" bewegt, muss in meiner Welt der Regelwerk nicht immer steril eingehalten werden.
Zuletzt geändert von Fairness am Sa., 13.07.2019, 10:03, insgesamt 2-mal geändert.
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stern
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 10:02

Der Mensch prägt seine Rolle und Rollen können auch den Menschen prägen.

Wenn es entweder das eine oder das andere gegen soll, halte ich das für eine lupenreine Spaltung: einmal Mensch, einmal Rolle. Für mich ist beides (unterennbar) verbunden.

Dazu brauche ich keinen Duden. Aber mich würde interessieren, was eine Rolle sein soll, bei der der Mensch (ganz oder teilweise) abgetrennt wird?
Zuletzt geändert von stern am Sa., 13.07.2019, 10:14, insgesamt 1-mal geändert.
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stern
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 10:13

Fairness hat geschrieben: Sa., 13.07.2019, 10:01 muss in meiner Welt der Regelwerk nicht immer steril eingehalten werden.
Ein Pläydoyer dafür, dass Ärzte und Therapeuten die Regeln der ärztlichen und psychotherapeutischen Kunst auch Mal über Bord werfen können (sollten).

In meiner Welt (und ich nehme an, ich lebe in keiner anderen), gibt es aber Regeln, was Ärzte und Therapeuten zu beachten haben. Das ist sogar hochgradig reglementiert. Fängt damit an, dass ich die Chipkarte in die Hand drücken muss, Anträge unterschreiben muss, Verträge schließe bevor es losgehen kann, usw.
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Fairness
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 10:19

stern, was den Menschen weniger zeigt (nicht abtrennt) ist die Uniformität. Wenn ich studiere und Methoden lerne, wie ich die Patienten behandeln soll, bei der und der Krankheit und andere Kollegen das auch so lernen und praktizieren, dann ist das Uniformität.

Ich sage nur, dass es mich nicht stören würde, wenn mein Therapeut mal sagen würde, dass er sich auf den Feierabend freut. Das ist ein Satz, den ich so stehen lassen kann. Bei anderem Patienten mag das anders sein. So, ich wiederhole das: ein Vorgehen ist vom Fall zum Fall zu unterscheiden.

Du magst in der selben Welt leben, aber deine Erfahrungen und Ausprägung der Bedürfnissen sind vermutlich unterschiedlich von meinen. Das meine ich, wenn ich von "meiner Welt" spreche...
Zuletzt geändert von Fairness am Sa., 13.07.2019, 10:21, insgesamt 1-mal geändert.
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nulla
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 10:21

Der Mensch wird m. E. nie von der Rolle abgetrennt, aber er übt je nach Rolle verschiedene Funktionen aus, was auch jeglicher Definition (inkl. Duden) entspricht.
Problematisch sind aber die unterschiedlichen Konnotationen, die Begriffe im Sprachgebrauch haben. So wird unter "menschlich" meistens sozial, emotional, fehlbar, etc verstanden, und nicht ganz einfach "den Menschen betreffend".
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Anna-Luisa
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 10:25

Wie ist das wohl in anderen Berufen, wenn Mitarbeiter offen und ehrlich sind?

Die Verkäuferin in der Bäckerei x dazu rät, in die Bäckerei y zu gehen, da dort die Ware viel frischer wäre....

Der Autohändler authentisch mitteilt, dass er Gebrauchtwagen völlig überteuert verkauft...

....
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
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stern
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 10:33

Die Regeln sind auch in unterschiedlichen Erfahrungswelten gleich, sofern man im gleichen Land bis Bundesland lebt.

Authentizität ist auch nur möglich, wenn Mensch und Rolle eine Personalunion sind.

Sonst würde sich die Frage ja auch nicht stellen... also wenn jemand nur eine Rolle wäre (was meiner Meinung nach gar nicht geht), dann wäre das Verhalten einfach rollenentsprechend.

Erst aufgrund der Personalunion von Therapeutenrolle und Mensch stellt sich für manche (!) Patienten die Frage: Meint mein Therapeut das wirklich, was er sagt... ist er authentisch... oder sagt er das nur, weil er Therapeut ist? Weil das sein Job, seine Rolle ist?

Andere Patienten erleben diese Spaltung so nicht (sondern eine Personalunion)... bzw. haben keine derartigen Zweifel an der Authentizität ihre Therapeuten.
Zuletzt geändert von stern am Sa., 13.07.2019, 10:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Fairness
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 10:42

stern hat geschrieben: Sa., 13.07.2019, 10:33 Die Regeln sind auch in unterschiedlichen Erfahrungswelten gleich, sofern man im gleichen Land bis Bundesland lebt.
Ja, und zum Glück gibt es sie, um die Patienten zu schützen, welche vielleicht erstmal lernen, für sich zu sorgen und noch etwas Halt brauchen.
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Latoui
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 11:06

Wenn ein Patient jahrelang etwas mit sich rumträgt, darunter leidet und es nicht dazu kommt, dass er in seinem Lebensumfeld eine Stütze für dies und das erfährt, wenn er etwas nicht abschließen kann oder endlich über so manches sprechen möchte - was passiert, wenn er Therapeuten begegnet, die signalisieren, ich bin überlastet. Oder von sich selbst und ihren Schwierigkeiten im Leben erzählen. Fühlt der Patient sich gesehen, angenommen und bekommt für sich Raum?

Der Therapeut sagt, in einem übertragenen Sinn: ich sitze hier auf diesem Stuhl und jenem, das ist hier mein Raum, meine Regeln, das sind meine Lebenserfahrungen, meine Prägungen, ich fühle mich so und so. Und jetzt sind sie da und wir lächeln uns an. Sagen sie bitte nichts. Denn ich habe mir über sie ein Bild und eine Geschichte gemacht, die zu dem passt, was ich leisten kann. Sie sind xy, und ich z. Passt. Mehr will ich nicht wissen.
Ist doch super authentisch! Da sitzt ein Mensch, top, das wollte ich schon immer mal erfahren.

Wenn ein Patient schwer depressiv ist, nicht mehr arbeiten kann, nicht schlafen ect ect. Wie hilfreich ist es zu erfahren, der Therapeut ist auch nur ein Mensch, (aber offensichtlich geht es ihm nicht so dreckig wie mir).

Keine Ahung, in welchem Zustand manche zur Therapie gehen und warum!?

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stern
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 11:11

Wobei die Beispiele ja u.a. eher die waren:
Ich wünschte, ich hätte schon Feierabend!"

oder

"Oh nein, nicht Sie heute noch!"
Es wäre auch akzeptabel, wenn man gerade etwas bewegendes erzählt und der Therapeut sagt: Ich wünschte, ich hätte schon Feierabend! ?

Oder zu Begrüßung stöhnt er ab und an (authentisch):
"Oh nein, nicht Sie heute noch!" ?
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Latoui
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 11:15

Was meinst Du jetzt? Verstehe ich nicht.

Was erzählt man denn noch, wenn solche Sätze fallen? Über den schönen Urlaub, den man vor kurzem hatte?

Manche in der Runde finden, dass man unreif oder irgendwie "gestört" ist, wenn man sich nicht selbstbewußt darüber hinwegsetzt.
Zuletzt geändert von Latoui am Sa., 13.07.2019, 11:18, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag Sa., 13.07.2019, 11:17

stern, wenn ich an meine Therapie zurückschaue, würde ich sagen, dass am Anfang wäre das für mich nicht akzeptabel, mit der Zeit und dann zum Ende schon. Ich kann nur von meiner Erfahrung sprechen... und gehe davon aus, dass es mehrere Menschen gibt, welche das so empfinden, wie ich. Aber definitiv nicht alle... das ist mir schon klar, dass es da Unterschiede gibt.
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 11:20

Latoui: Dass es etwas ganz anderes bedeuten kann, ob ein Therapeut sagt, dass er sich auf den Feierabend freut. Oder ob er (wie das Beispiel war) sagt: Ich wünschte, ich hätte schon Feierabend! Logischerweise geäußert vor dem Feierabend (der ja noch nicht eingetreten ist).

Und ob das für andere Patienten auch akzeptabel wäre? Und wo sie eine Grenze ziehen würden, was nicht mehr akzeptabel ist? Oder braucht es keine Grenzen?
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Beitrag Sa., 13.07.2019, 11:30

Ich sehe halt auch noch einen Unterschied zwischen: stört mich nicht und bringt mir therapeutisch etwas. Wie gesagt: Time ist money. Ich möchte nicht inmitten einer Sitzung hören, dass der Therapeut gerne Feierabend hätte (selbst wenn ich nicht ausschließen, dass das manchmal so gewesen sein kann). Und selbst wenn es mich nicht stören würden: Auch untherapeutische Äußerungen würden von meiner Zeit abgehen (insbes. wenn das Klärungsbedarf nach sich zieht. Oder noch ärger, wenn es eine neue Therapie benötigt.

Und wie gesagt: Reibungspunkte gibt es trotzdem. Dazu braucht es keine untherapeutische Äußerungen.

Aussagen zum Feierabend eines Therapeuten haben:jedenfalls keinen therapeutischen Charakter für mich.

Auch dem Fließenleger nützt es nichts, dass er lieber Feierabend hätte, wenn er einen Auftrag hat. Dann muss er halt im Vorfeld seine Termine anders legen. Ich meine, man selbst stellt sich ja auch darauf ein, was vereinbart war.

In letzter Instanz kann man mMn auch nicht wissen, was für jemanden noch akzeptabel ist... kommt evtl. auch auf andere Umstände an, z.B. schlechter Tag, Frau/Mann im Krankenhaus, usw.
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