Gesetzentwurf: 'Zuweisung' von Therapieform und Therapeut geplant

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saffiatou
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Beitrag Do., 06.12.2018, 11:37

stern hat geschrieben: Do., 06.12.2018, 08:25 Ich hoffe, die Presse wird das auch noch etwas aufgreifen. Und zwar nicht nur aus der Perspektive heraus, weswegen Ärzte den Entwurf ablehnen, sondern auch, was das für Patienten unmittelbar bedeuten könnte.


es wäre ja möglich, wenn Du Dich an eine der Stellen wendest und darum bittest, vielleicht haben sie sich bisher noch keine Gedanken darüber gemacht, weil die Therapeutenseite schon viel dagegen gemacht hat.

OT
stern hat geschrieben: Do., 06.12.2018, 08:25 Wie als ob Leute zum Spaß zum Arzt gehen und gerne stundenlang Zeit im Warzezimmer verbringen. Hat sich nicht bewährt. Klar, wenn man krank war, musste man eben so oder so in den sauren Apfel beißen
Gibt es leider doch. Im letzten Sommer habe ich das so erlebt, da kam eine alte Frau ins voll besetzte Wartzimmer und nahm Platz, nach 15 min meinte sie laut, daß es dauern würde und es wäre dringend bei ihr (in der Praxis wird der Reihe nach aufgerufen, es gibt keine Termine) dann erzählte sie mir, sie hätte drei Mückenstiche und sie jucken. Ich entgeistert, ob sie deshalb hier sei? Sie bejhahte, und meinte sie geht immer zum Arzt wenn sie Mückenstiche hat. Dann habe ich ihr gesagt in der Apotheke ist sie schneller bedient, wenn es schon gleich etwas sein muss. Sie ist dann auch aufgestanden und zur Apotheke.... Das fand ich absolut irre, wie sie spät kommt mit einer Bagatelle und dann noch als Notfall gleich zum Arzt will.
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stern
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Beitrag Do., 06.12.2018, 12:11

Klar gibt es das teilweise auch... deswegen schrieb ich, Ausnahmen bestätigen die Regel. Trotzdem kommt es immer darauf an. Laiendiagnosen sehe ich kritisch. Deswegen finde ich es grenzwertig, wenn jemandem suggeriert wird, er nehme anderen den Platz weg. Nur weil du das als Beispiel nanntest: Auch Insektenstiche können allergische Reaktionen hervorrufen oder sich entzünden, was dann uU schon zu behandeln ist. Meine Mutter wurde mal vom Arzt postwendend ins KH geschickt, wegen Verdacht auf eine Blutvergiftung (durch eine Wespe), der sich bestätigte. Dort hieß es, dass sie das evtl. nicht überlebt hätte, wenn sie noch einen Tag gewartet hätte. Bei eigen Schilderungen würde sie zum understatement neigen. Aber das ist der Punkt für mich: Dazu sind Ärzte/PT ausgebildet, Indikationen zu stellen bzw. auch Patienten aufzuklären, wenn keine Störung vorliegt. Oder im Fall von Hypchondrie wäre evtl. zum PT zu überweisen. Auch Psychotherapeuten sind dazu grds. auch in der Lage, Indikationen zu stellen.

Im Bereich der psychischen Störung sind Menschen auch immer noch teilweise ausgesetzt, dass sie hören, dass sie nur die Arschbacken zusammenkneifen müssten oder signifikante Beschwerden als Hausfrauendepression abqualifiziert werden, usw. Wenn dann noch zusätzliche Zugangserschwernisse aufgebaut werden (angeblich um Wartezeiten zu verkürzen), sehe ich das skeptisch.

Und klar, die einen schätzen, bei Entscheidungen mitwirken zu können, für andere ist das ein Fluch... nur sehe ich keine Notwendigkeit, mir das zu eigen zu machen.
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Eremit
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Beitrag Do., 06.12.2018, 14:43

spirit-cologne hat geschrieben:Insofern stellt er sich zumindest bewusst für solche Vorhaben zur Verfügung.
Ja, aber das ist ja auch als Politiker seine Hauptaufgabe – den Sündebock zu spielen. Und fast jeder geht dem auf den Leim, statt sich die Institutionen hinter Spahn genauer anzusehen.
Jenny Doe hat geschrieben:So wie es jetzt läuft ist es auch nicht optimal. Auch der jetzige Zustand hat Vor- und Nachteile.
Für mich sieht es so aus: Die, die vom bisherigen System profitiert haben, sind natürlich eher gegen das Gesetz, während die, die vom bisherigen System nicht profitiert haben, eher offener bzw. überhaupt zu einer Diskussion bereit sind. Was ja auch verständlich ist, niemand gibt gerne bereitwillig seine Privilegien ab. Den Priviligierten wie den Unterpriviligierten muss aber klar sein, dass es eine Veränderung geben muss, weil das bisherige System für die Anforderungen der Zukunft nicht ausgelegt ist. Die Zeiten der Sympathie-Luxus-Einzeltherapien sind eben vorbei.

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spirit-cologne
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Beitrag Do., 06.12.2018, 16:31

Eremit hat geschrieben: Do., 06.12.2018, 14:43 Die Zeiten der Sympathie-Luxus-Einzeltherapien sind eben vorbei.
Hat es die denn je gegeben? Halte ich für ein Gerücht. Sympathie sollte allerdings fraglos gegeben sein. Jeder Supervisor wird einem Therapeuten dringend davon abraten, einen Patienten anzunehmen, den er oder sie unsympathisch findet. Das lässt sich auf Dauer nicht vollständig verbergen, egal wie professionell jemand ist und das würde die therapeutische Beziehung und damit die Therapie als Ganzes unmöglich machen. Mit Luxus hat das allerdings wenig zu tun. Oder ist da jemand neidisch, dass da in Deutschland (derzeit noch) was bezahlt wird, was in Österreich nicht bezahlt wird? ;) Im übrigen halte ich die ganze Kostendebatte ohnehin für sehr kurz gedacht. Studien haben für Psychotherapie eine Investitionsqote von 1:4 ermittelt, d.h. jeder Euro, der in Therapie investiert wird, spart 4 Euro Gesamtwirtschaftliche Kosten (Medikamente, Krankenhausaufenthalte, Arbeitsunfähigkeitszeiten, Renten usw.). Also ist eine angemessene Versorgung mit Therapie alles andere als ein volkswirtschaftlicher Luxus. Es passt vielleicht nur nicht so gut ins 4-Jahre-Legislaturperiode-Denken.
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Eremit
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Beitrag Do., 06.12.2018, 17:01

spirit-cologne hat geschrieben:Hat es die denn je gegeben? Halte ich für ein Gerücht.
Je leichter der Fall, desto eher Therapie. Je zahlungskräftiger, desto eher Therapie. Je mehr Sympathie, desto eher Therapie. Auch im Psychotherapiewesen gibt es den Matthäus-Effekt.
spirit-cologne hat geschrieben:Sympathie sollte allerdings fraglos gegeben sein.
Natürlich ist Sympathie ein wichtiger Faktor, so wie alle anderen auch. Auf der anderen Seite stellt sich dann die Frage, warum es so viele Therapieformen gibt, wenn die Form gemessen am Sympathiegrad irrelevant für das Gelingen der Therapie ist, denn dann könnte man genauso gut nur eine einzige Therapieform anbieten.
spirit-cologne hat geschrieben:Mit Luxus hat das allerdings wenig zu tun.
Natürlich ist das Luxus. Vitamin B ist ein Luxusprodukt.
spirit-cologne hat geschrieben:Oder ist da jemand neidisch, dass da in Deutschland (derzeit noch) was bezahlt wird, was in Österreich nicht bezahlt wird? ;)
Argumentum ad personam, also Scheinargument.
spirit-cologne hat geschrieben:Also ist eine angemessene Versorgung mit Therapie alles andere als ein volkswirtschaftlicher Luxus.
Schau Dir mal an, was der Begriff Luxus genau genommen bedeutet. Psychotherapien sind faktisch ein Luxusprodukt, auch volkswirtschaftlich. Die meisten bedürftigen Menschen können sich eine Psychotherapie nämlich gar nicht leisten.

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stern
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Beitrag Do., 06.12.2018, 17:14

:coffee: Sone handfeste psychische Störung ist schon ein besonderes Privileg. :occasion: Quasi sowas wie ein Luxusurlaub. Da ferndiagnostiziere noch jemand Ängste, wenn hier sogar das Ende von Einzeltherapien prohephezeit wird. :-D

So langsam berichtet auch die Presse... :-D
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Noenergetik
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Beitrag Do., 06.12.2018, 17:38

Jetzt müssen Patienten erstmal einen Gutachter überzeugen das sie Psychotherapie brauchen.

Es ist wohl so das evtl. Patienten abgeschreckt werden sollen einen Psychotherapeuten aufzusuchen.
Bin ich mir ziemlich sicher.

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Anna-Luisa
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Beitrag Do., 06.12.2018, 17:39

Eremit hat geschrieben: Do., 06.12.2018, 17:01 Psychotherapien sind faktisch ein Luxusprodukt, auch volkswirtschaftlich.
Ich finde sogar, dass Depressionen einen gewissen Luxus offenbaren (auch wenn sich keiner um diesen reißt). Immerhin treten sie mit Abstand am häufigsten in Ländern auf, die wirtschaftlich gut dastehen.

Heute meinen viele, dass Menschen die Schlimmes erlebt haben, automatisch eine Therapie machen sollten. Obwohl sie es sicher oft selber verarbeiten könnten. Therapien sehe ich auch von daher als Luxus an, da selbst Opfer schlimmer Straftaten in vielen Ländern kaum Zugang zu psychotherapeutischer Hilfe haben.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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stern
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Beitrag Do., 06.12.2018, 17:59

Auch Kliniken appelieren jetzt schon an Patienten... Herr Spahn hat ganz schön was losgetreten. :lol:


"Heiligenfeld Kliniken verurteilen Jens Spahns Angriff auf die Psychotherapie"


https://www.heiligenfeld.de/ueber-uns/a ... otherapie/
... Um dies zu erreichen, bittet Dr. Ziegler alle Patienten, Angehörige aber auch alle Bürger eine Onlinepetition zu unterstützen, die den geplanten Gesetzesentwurf ablehnt.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn möchte, dass Patienten nicht mehr zu einem Therapeuten ihrer Wahl gehen und dieser diagnostiziert, welche Hilfe nötig und richtig wäre. Statt dessen soll ein besonders qualifizierter Behandler vorgeschaltet werden. Das heißt Patienten sollen zukünftig einen solchen Diagnostiker davon überzeugen müssen, dass sie Psychotherapie brauchen. "Es ist absurd und nicht hinnehmbar, dass der entsprechende Passus in den Kabinettsentwurf zum 'Terminservice- und Versorgungsgesetz' (TSVG) in letzter Minute praktisch hinein geschmuggelt wurde, so dass die Psychotherapeutenverbände keine Möglichkeit der Einflussnahme mehr hatten", sagt Dr. Ziegler. "Eine solche Hürde würde für viele eine Psychotherapie unerreichbar machen. Das darf nicht passieren", ergänzt der Ärztliche Direktor der Heiligenfeld Kliniken und fordert mit der Unterzeichnung der Petition zum demokratischen Protest auf.
Logisch... es würde sich ja an den Wartezeiten nicht viel ändern, wenn man den Zugang zu einer Therapie nicht erschweren würde.
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Eremit
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Beitrag Do., 06.12.2018, 18:49

Anna-Luisa hat geschrieben:Heute meinen viele, dass Menschen die Schlimmes erlebt haben, automatisch eine Therapie machen sollten. Obwohl sie es sicher oft selber verarbeiten könnten.
Man kann schlimme Dinge immer nur selbst verarbeiten. Ein Therapeut kann einem dabei helfen, er kann aber nichts für einen verarbeiten. Psychotherapien können nur Zeiträume verkürzen, die notwendig sind, um einen Sachverhalt zu erlernen bzw. zu begreifen, das war es auch schon, mehr kann eine Psychotherapie nicht leisten.

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Hamna
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Beitrag Do., 06.12.2018, 19:01

Spahn ist einfach eine Katastrophe! :evil:

Habe heute bei meiner Therapeutin auch eine Petition unterschrieben.


Eremit
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Beitrag Do., 06.12.2018, 19:09

Hamna hat geschrieben:Habe heute bei meiner Therapeutin auch eine Petition unterschrieben.
Bei all den Therapeuten, die ihre Patienten für persönliche Zwecke missbrauchen/instrumentalisieren, drängt sich mir der Gedanke auf, ob dieser Gesetzesentwurf vielleicht sogar nicht weit genug geht …

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Hamna
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Beitrag Do., 06.12.2018, 19:19

Eremit hat geschrieben: Do., 06.12.2018, 19:09
Hamna hat geschrieben:Habe heute bei meiner Therapeutin auch eine Petition unterschrieben.
Bei all den Therapeuten, die ihre Patienten für persönliche Zwecke missbrauchen/instrumentalisieren, drängt sich mir der Gedanke auf, ob dieser Gesetzesentwurf vielleicht sogar nicht weit genug geht …
Ich fühle mich nicht instrumentalisiert bei etwas, das den Patienten direkt angeht.


Eremit
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Beitrag Do., 06.12.2018, 19:30

Das heißt, Missbrauch durch den Therapeuten ist schon in Ordnung, solange sich der Patient nicht direkt missbraucht fühlt, oder wie? :kopfschuettel:

Wem die Politik der CDU nicht gefällt, der soll eben eine andere Partei wählen.


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Beitrag Do., 06.12.2018, 19:40

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ ... 26641.html

Voll unmöglich, der Spahn … :lol:

Gibt's schon eine Petition gegen die höheren Löhne für Therapeuten? ;)

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