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Mo., 13.02.2017, 09:32
Ich glaube, daß man sich von der Vorstellung lösen sollte, daß Manipulation ein Ausnahme-Handeln sei und obendrein grundsätzlich negativ. Das direkte, offene und allen Beteiligten klar überschaubare Handeln, wie es in vielen sozialethischen und politischen Gedankengebäuden entweder explizit gefordert oder stillschweigend vorausgesetzt wird - das scheint mir eher die Ausnahme zu sein, ja nur eine theoretische Möglichkeit, die in der Praxis nur äusserst selten ist.
Ich möchte wieder einmal auf ein von mir sehr geschätztes Buch hinweisen, nein, nicht von Freud, sondern von Johan Huizinga: homo ludens - über den Ursprung der Kultur im Spiel. Das wesentliche am Spiel ist nach Huizinga seine Begrenztheit, seine scharfe Abgrenzung vom "Ernst" (den Huizinga ganz bewußt nie genau beschreibt).
Auch die Psychotherapie ist ein solches Spiel, zumal in der analytischen Therapie, wenn der Analytiker die Rolle spielt, die ihm in der Übertragung zugewiesen wird. Für dieses Spiel gibt es mehr oder weniger klare Regeln, die auch das "Spielfeld" umgrenzen, eine "range" des Erlaubten und Möglichen, die es vom "Ernst" des Unerlaubten und Unmöglichen abgrenzen. Innerhalb dieser range, des Spielfeldes und seiner Regeln sind Manipulationen, Tricks und Kniffe indessen nicht nur erlaubt und statthaft, sondern vielleicht sogar vielmehr das Salz in der Suppe.
Das es, wenn man sich auf die Grenze des Spielfeldes - des Erlaubten - zubewegt, eine Grauzone gibt, scheint mir unvermeidlich - eben der Begrenztheit menschlicher Fähigkeit und Erkenntnis geschuldet. Sich auch in dieser Grauzone bewegen zu können, ist die Fähigkeit, die den Künstler seines Faches vom bloßen Techniker unterscheidet, dessen Hände zu zittern beginnen, wenn er keinen atombombensicheren Betonboden mehr unter den Füßen fühlt.