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Di., 10.03.2020, 11:00
Na ja, es ist und bleibt für Therapeuten eine schwierige Situation. Auch private Leistungen können von Psychotherapeuten nicht frei nach belieben abgerechnet werden. Da sind sie an die GOP (Gebührenordnung für Psychotherapeuten) gebunden, die ebenfalls keine Abrechnungsmöglichkeit für Mails vorsieht. Er hätte also nur illegale (er rechnet einfach zusätzliche Stunden ab, die gar nicht stattgefunden haben) oder halblegale Möglichkeiten, das abzurechnen, etwa, indem er sie als etwas Anderes abrechnet, z.B. nicht als Psychotherapie, sondern als Coaching, dann würde es nicht unter die GOP fallen. Das ist aber wie gesagt nicht ganz sauber und der Therapeut sollte sich gut überlegen, ob und wenn ja wem er sowas anbietet. Denn sollte es irgendwann im Verlauf der Therapie zu Differenzen kommen, ist der Therapeut damit ganz in der Hand des Patienten, der ihm damit jede Menge Schwierigkeiten machen kann.
Ich finde sowas keine wirklich glückliche Situation, aber wo kein Kläger, da kein Richter. Wenn der Therapeut sich sicher ist, dass er dem Patienten da vertrauen kann und er damit nicht "auffliegt", dann kann er das natürlich tun. Es gibt Therapeuten, die alles mögliche tun, was nicht ganz legal ist, z.B. Sitzungen telefonisch durchführen, was ebenfalls eigentlich nicht erlaubt ist oder kurzfristig abgesagte Sitzungen einfach mit der Krankenkasse ganz normal abrechnen, damit er keinen Verlust hat und der Patient nichts bezahlen muss. Es ist vieles denkbar, solange sich Therapeut und Patient einig sind und nichts an die zuständigen Stellen dringt, aber die offiziellen Regeln sind da nun mal sehr eindeutig. Ob das gut so ist oder ob es an der ein oder anderen Stelle flexiblere Möglichkeiten geben sollte, z.B. telefonische Kontakte, wenn jemand, z.B. aus gesundheitlichen Gründen nicht in die Praxis kommen kann, kann man sicherlich diskutieren.
Da das mit der Abrechnung nicht so einfach ist, entscheiden sich auch die meisten Therapeuten, das, wenn sie es denn anbieten, nicht abzurechen (oder sie "schummeln" halt irgendwo eine Stunde dazu, ohne mit jemand darüber zu sprechen, who knows?), sondern als freiwillige, kostenlose Zusatzleistung anzubieten, eine Art "Kundenservice", um sich nicht durch die Abrechnung in mögliche Schwierigkeiten zu bringen.
So oder so ist es eben keine "normale" abrechenbare Leistung, so dass es auch seitens der Patienten keinen Anspruch darauf gibt, dass Therapeuten sich darauf einlassen, es ist ein mehr oder weiniger starkes, freiwilliges Entgegenkommen seitens des Therapeuten und liegt deshalb auch ausschließlich im Ermessen des Therapeuten, ob er sowas anbietet oder nicht.
Und ich möchte nochmal darauf hinweisen: das gilt für "normale" therapeutische Praxen. Im Rahmen von psychiatrischen Intstitutsambulanzen, zu deren Aufgaben ja auch Krisenintervention gehört, gelten andere Regeln, so dass dort auch eine Rufbereitschaft im Rahmen einer DBT-Behandlung angeboten werden kann, aber die wird dann nicht immer durch den eigenen Therapeuten erfolgen können, sondern eben gegebenenfalls durch denjenigen, der Rufbereitschaft hat.
Wenn einzelne Therapeuten den Patienten suggerieren, sie seinen 24/7 für sie erreichbar, dann finde ich das nicht verantwortungsvoll, weil ich denke, dass sich der Therapeut, vielleicht ohne es selbst zu merken, damit überschätzt und übernimmt und diese Zusage im Zweifelsfall nicht einhalten kann. Wenn schon Kontakte zwischen den Stunden ermöglicht werden, dann sollten sie zumindest ganz klar auf bestimmte Zeiten begrenzt sein, die der Therapeut dann auch zuverlässig einhalten kann und will. Erst eine Zusage machen und sich dann dem Kontakt mit dem Patienten zu entziehen, sobald es nicht machbar oder zu anstrengend ist, geht für mich gar nicht.
It is better to have tried in vain, than never tried at all...