Zeit direkt nach der Therapie-Stunde

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Scars
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 20:42

chrysokoll hat geschrieben: Mo., 09.03.2020, 17:04 Das ist jetzt aus meiner Sicht aber Haarspalterei.
"Mein Therapeut" ist einfach eine logische sprachliche Formulierung und hat rein gar nichts mit Besitz zu tun.

Wie sollte man es denn sonst formulieren?
Jedesmal umschreiben mit "der Therapeut zu dem ich gehe" oder "die Therapeutin bei der ich eine Verhaltenstherapie mache" ??
Natürlich ist es eine sprachliche Formulierung, die ein (grundsätzliches) Beziehungsverhältnis ausdrückt und es sollte auch einfach normal sein, das so zu tun. An sich lässt sich daraus gar nichts ableiten.

Die Besitzansprüche, die Anna-Luisa da ansprach, sind es aber die mich z.B. solche Formulierungen tatsächlich vermeiden lassen beziehungsweise ich mich echt schwer damit tue - weil ich selbst zu den "Besitztümern" gehört habe und das niemandem antun möchte (fühle mich schon bei "mein" Hund unwohl^^).
Remember to leave pawprints on hearts.

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 09.03.2020, 20:51

also ich habe wegen solcher Forumulierungen noch nie weitergehende Ansprüche abgeleitet.

Ich sage ganz gängig mein Zahnarzt, meine Tochter, mein Nachbar, mein Chef etc.

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DieBeste
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Beitrag Di., 10.03.2020, 08:02

Hier haben ja einige erzählt , sie haben für E-Mails von Therapeuten gezahlt. Wie viel kann ein Therapeut für sowas berechnen? Und habt ihr das privat bezahlt oder hat das die Krankenkasse übernommen?

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Vivy
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Beitrag Di., 10.03.2020, 08:39

DieBeste hat geschrieben: Di., 10.03.2020, 08:02 Hier haben ja einige erzählt , sie haben für E-Mails von Therapeuten gezahlt. Wie viel kann ein Therapeut für sowas berechnen? Und habt ihr das privat bezahlt oder hat das die Krankenkasse übernommen?
Ich zahle für Mails. Und ich finde das gut, denn es ist seine Zeit.
Aber ich bin generell Selbstzahler.

Und was „ein Therapeut“ dafür berechnen kann, kann ich nicht sagen.
Wir haben zusammen eine Vereinbarung getroffen, die für uns beide in Ordnung ist.
»Man versteht nur die Dinge, die man zähmt«, sagte der Fuchs.
aus: Der kleine Prinz, Antoine de Saint-Exupéry

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lisbeth
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Beitrag Di., 10.03.2020, 08:44

Über die Krankenkassen kann der Zeitaufwand für Mails nicht abgerechnet werden. Für sowas gibt es eine Pauschale, die aber nicht der Rede wert ist.

Inwiefern es für Therapeuten (ethisch) zulässig ist, im Rahmen einer kassenfinanzierten Therapie zusätzlich private Leistungen anzubieten und abzurechnen, darüber streiten sich immer wieder die Geister, weil darüber zB auch Abhängigkeitsverhältnisse entstehen und zementiert werden können.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott


GuterGeist2019
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Beitrag Di., 10.03.2020, 09:18

Mein Therapeut meinte, über die Kasse könnte er Mails oder Telefonate nicht abrechnen. Er sieht es aber als seine Entscheidung/Verantwortung an, Mails/Kontakt zwischen den Stunden zuzulassen oder auch nicht und Grenzen zu ziehen.

Ich zahle nicht für Mails, habe aber anfangs danach gefragt, als ich diese Möglichkeit noch häufiger genutzt habe. Weil ich - wie Vivy - nichts geschenkt wollte. Er meinte nur, es wäre in Ordnung und wir würden darüber sprechen, wenn es seinen Rahmen überschreiten würde. Und ihm war/ist wichtig, das Thema Abhängigkeit im Blick zu haben - mir nach meiner Vorerfahrung aber auch, deshalb war/ist es kein Problem. Jetzt sowieso nicht mehr, da ich doch sehr "flügge" und eigenständig geworden bin :)

Ich glaube, auch hier gibt es verschiedene Meinungen und individuelle Konstellationen und ich finde es schade, dass oft sehr schnell geurteilt und abgewertet wird. Vorsicht und kritisches Hinsehen - auf jeden Fall!! Korrektes Verhalten, was das Zurücknehmen eigener Bedürfnisse beim Therapeuten angeht: klares JA. Zementierte Normen für alle Therapien: für mich ganz klar NEIN.

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spirit-cologne
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Beitrag Di., 10.03.2020, 11:00

Na ja, es ist und bleibt für Therapeuten eine schwierige Situation. Auch private Leistungen können von Psychotherapeuten nicht frei nach belieben abgerechnet werden. Da sind sie an die GOP (Gebührenordnung für Psychotherapeuten) gebunden, die ebenfalls keine Abrechnungsmöglichkeit für Mails vorsieht. Er hätte also nur illegale (er rechnet einfach zusätzliche Stunden ab, die gar nicht stattgefunden haben) oder halblegale Möglichkeiten, das abzurechnen, etwa, indem er sie als etwas Anderes abrechnet, z.B. nicht als Psychotherapie, sondern als Coaching, dann würde es nicht unter die GOP fallen. Das ist aber wie gesagt nicht ganz sauber und der Therapeut sollte sich gut überlegen, ob und wenn ja wem er sowas anbietet. Denn sollte es irgendwann im Verlauf der Therapie zu Differenzen kommen, ist der Therapeut damit ganz in der Hand des Patienten, der ihm damit jede Menge Schwierigkeiten machen kann.

Ich finde sowas keine wirklich glückliche Situation, aber wo kein Kläger, da kein Richter. Wenn der Therapeut sich sicher ist, dass er dem Patienten da vertrauen kann und er damit nicht "auffliegt", dann kann er das natürlich tun. Es gibt Therapeuten, die alles mögliche tun, was nicht ganz legal ist, z.B. Sitzungen telefonisch durchführen, was ebenfalls eigentlich nicht erlaubt ist oder kurzfristig abgesagte Sitzungen einfach mit der Krankenkasse ganz normal abrechnen, damit er keinen Verlust hat und der Patient nichts bezahlen muss. Es ist vieles denkbar, solange sich Therapeut und Patient einig sind und nichts an die zuständigen Stellen dringt, aber die offiziellen Regeln sind da nun mal sehr eindeutig. Ob das gut so ist oder ob es an der ein oder anderen Stelle flexiblere Möglichkeiten geben sollte, z.B. telefonische Kontakte, wenn jemand, z.B. aus gesundheitlichen Gründen nicht in die Praxis kommen kann, kann man sicherlich diskutieren.

Da das mit der Abrechnung nicht so einfach ist, entscheiden sich auch die meisten Therapeuten, das, wenn sie es denn anbieten, nicht abzurechen (oder sie "schummeln" halt irgendwo eine Stunde dazu, ohne mit jemand darüber zu sprechen, who knows?), sondern als freiwillige, kostenlose Zusatzleistung anzubieten, eine Art "Kundenservice", um sich nicht durch die Abrechnung in mögliche Schwierigkeiten zu bringen.

So oder so ist es eben keine "normale" abrechenbare Leistung, so dass es auch seitens der Patienten keinen Anspruch darauf gibt, dass Therapeuten sich darauf einlassen, es ist ein mehr oder weiniger starkes, freiwilliges Entgegenkommen seitens des Therapeuten und liegt deshalb auch ausschließlich im Ermessen des Therapeuten, ob er sowas anbietet oder nicht.

Und ich möchte nochmal darauf hinweisen: das gilt für "normale" therapeutische Praxen. Im Rahmen von psychiatrischen Intstitutsambulanzen, zu deren Aufgaben ja auch Krisenintervention gehört, gelten andere Regeln, so dass dort auch eine Rufbereitschaft im Rahmen einer DBT-Behandlung angeboten werden kann, aber die wird dann nicht immer durch den eigenen Therapeuten erfolgen können, sondern eben gegebenenfalls durch denjenigen, der Rufbereitschaft hat.

Wenn einzelne Therapeuten den Patienten suggerieren, sie seinen 24/7 für sie erreichbar, dann finde ich das nicht verantwortungsvoll, weil ich denke, dass sich der Therapeut, vielleicht ohne es selbst zu merken, damit überschätzt und übernimmt und diese Zusage im Zweifelsfall nicht einhalten kann. Wenn schon Kontakte zwischen den Stunden ermöglicht werden, dann sollten sie zumindest ganz klar auf bestimmte Zeiten begrenzt sein, die der Therapeut dann auch zuverlässig einhalten kann und will. Erst eine Zusage machen und sich dann dem Kontakt mit dem Patienten zu entziehen, sobald es nicht machbar oder zu anstrengend ist, geht für mich gar nicht.
It is better to have tried in vain, than never tried at all...


GuterGeist2019
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Beitrag Di., 10.03.2020, 11:37

Ja, ich sehe es auch als eine Art "Service", ohne darauf einen Anspruch erheben zu können. Und ich würde diese Art Entgegenkommen niemals als selbstverständlich ansehen, denn das ist es nicht! Gerade nicht für Therapeuten in den "normalen" Praxen!

Dass eine Bezahlung von Mails illegal sein könnte, darüber hatte ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Aber dann bin ich ja froh, dass mein Therapeut auf die Frage nach Entlohnung gleich NEIN gesagt hat.

24/7 Erreichbarkeit ist sowieso keine gute Idee. Dieses Thema hatten wir gleich am Anfang: Ich kann ohne Einschränkung schreiben - Antwort (was den Zeitpunkt betrifft) aber je nach Kapazität des Therapeuten. Wer als Therapeut Service rund um die Uhr anbietet, überschätzt sich meiner Meinung nach selbst ganz gewaltig.

In meinem Fall waren Mails direkt nach der Stunde immer eine gute Grundlage für weitere Einheiten. Klar, ich hätte auch aufschreiben können, aber in der ersten Zeit habe ich eine Art "Ankommen" meiner Gedanken gebraucht, um die therapeutische Beziehung nicht "zu verlieren". Als ich mehr Sicherheit entwickelt hatte, wurde das ganz von selbst immer weniger. Dann habe ich nach den Einheiten viel aufgeschrieben, oft auch in Form einer Mail, die ich dann aber nicht abgeschickt, sondern mitgebracht und vorgelesen habe. Und aktuell ist nach den Stunden eine große Müdigkeit, wie schon beschrieben.

Was mehr wurde - bis heute - ist meine Motivation, irgendwann alleine klarzukommen.

Das "Risiko" - und als solches sehe ich Zwischenkontakt natürlich trotz allem - hat sich für mich bezahlt gemacht. Es ist aber ein Zugeständnis, das sich Therapeuten gut überlegen sollten, eben damit sie NICHT irgendwann zurückrudern müssen. Natürlich auch, um die Gefahr unguter Abhängigkeit geringer zu halten. Und: Es ist für mein Empfinden ein Entgegenkommen, mit dem auch Patienten achtsam und respektvoll umgehen sollten. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten eben, klar - denn STEUERN muss der Therapeut.

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Anna-Luisa
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Beitrag Di., 10.03.2020, 15:54

Ich sehe es äußerst kritisch, wenn Menschen neben ihrem Beruf, für die gleichen Klienten, auch noch ehrenamtlich arbeiten.

Ich frage mich, wie viele Menschen ihrem Chef erlauben würden, sie doch jederzeit anzumailen - und baldmöglichst zu antworten. Ehrenamtlich natürlich.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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DieBeste
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Beitrag Di., 10.03.2020, 16:04

Ich frage mich, wie viele Menschen ihrem Chef erlauben würden, sie doch jederzeit anzumailen - und baldmöglichst zu antworten. Ehrenamtlich natürlich.
[/quote]

Ich erlaube es meinen Schülern und deren Eltern.

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Anna-Luisa
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Beitrag Di., 10.03.2020, 16:09

DieBeste hat geschrieben: Di., 10.03.2020, 16:04 Ich erlaube es meinen Schülern und deren Eltern.
Das glaube ich dir.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)


GuterGeist2019
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Beitrag Di., 10.03.2020, 16:15

@Anna-Luisa:

Es wurde hier ja schon in einigen Threads darüber diskutiert, inwieweit Therapie so GANZ mit einem Arbeitsverhältnis der nüchternen Art vergleichbar ist. Unbestritten IST es Arbeit, allerdings laufen doch deutlich sensiblere seelische Prozesse ab als im "normalen" Arbeitsleben. Deshalb glaube ich, dass Verallgemeinerung hier nicht immer greift.

Dennoch kann ich verstehen, dass du es nicht gut findest. Für mich ist es vor allem deshalb kritisch zu sehen, weil der Patient es letztendlich ausbaden muss, wenn ein Therapeut seine Grenzen nicht kennt, sich überschätzt oder zu sehr in der Rolle des Retters aufgeht. Denn DAS ist dann doch das eigentlich Tragische.

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Anna-Luisa
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Beitrag Di., 10.03.2020, 16:30

GuterGeist2019 hat geschrieben: Di., 10.03.2020, 16:15 Dennoch kann ich verstehen, dass du es nicht gut findest. Für mich ist es vor allem deshalb kritisch zu sehen, weil der Patient es letztendlich ausbaden muss, wenn ein Therapeut seine Grenzen nicht kennt, sich überschätzt oder zu sehr in der Rolle des Retters aufgeht. Denn DAS ist dann doch das eigentlich Tragische.
Es geht nicht nur um die Grenzen des Therapeuten. Mir werden hier die Grenzen der Therapie zu sehr missachtet.

Es hat schon seinen Grund, dass Therapeuten die privat geschriebenen Mails nicht mit der KK abrechnen können. Es hat eben mit der Therapie nichts mehr zu tun.

"Ich tue es, weil es sich in diesem Moment richtig anfühlt / der Patient es "braucht" / um ein gutes Verhältnis vorzuleben" uvm. , ändert nichts daran, dass der Therapeut wichtige Regeln seines Berufes missachtet.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)


GuterGeist2019
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Beitrag Di., 10.03.2020, 17:18

Wie gesagt, da wurde hier im Forum schon viel darüber diskutiert... Da würden wir auch nie damit fertig werden, wie es wohl "richtig" ist.

Jeder wird seine eigenen Gründe für seine Meinung haben (oder eigene Erfahrungen) - und ich finde es sogar gut, dass diese Ansichten nebeneinander stehen bleiben dürfen. Eben ohne Pochen auf ein "Recht", zu wissen, was denn die einzig "richtige" Therapie ist.

"Die Grenzen der Therapie" gibt es ganz sicher. Mit irgendwelchen standartisierten und starren Arbeitsabläufen ist dieser Prozess für mich aber nicht vergleichbar. Davon abgesehen glaube ich, dass Schäden auch ohne Kontakt außerhalb der Stunden entstehen können - wenn der Therapeut das Problem nicht erkennt, den Patienten nicht ernst nimmt oder versteht z.B... Da gibt es genug Mist, ohne dass dem Therapeuten je offen etwas Beweisbares vorgeworfen werden kann.

Deshalb: einfach freuen, wenn's gelingt, so wie es ist :)


Tränen-reich
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Beitrag Di., 10.03.2020, 17:25

Dann hat meine Therapeutin ja alles falsch gemacht und war tooootal unseriös :kopfschuettel: :-D
Und für die Kritiker hier: Meine Mail-Schreiberei und Antworten meiner Therapeutin haben mir geholfen. :lol:

Therapeutische Beziehungen sind höchst individuell, weil da ein höchst individueller Patient in die Praxis geht. Es ist ein Unterschied, ob ein Therapeut, der seine Grenzen nicht kennt und Mails schreiben lässt und antwortet als ein Therapeut, der seine Grenzen dabei kennt.

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