Durch Verstehen wird die Angst meiner Erfahrung nach nicht zugedeckt, sondern aufgelöst.
Angst hat doch letztlich den Sinn, uns vor etwas zu warnen, sie ist kein Selbstzweck, der ohne Grund aufrechterhalten werden muss. Und ich habe Dich so verstanden, dass diese Ungewissheit der Grund Deiner Angst ist. Wenn die Ungewissheit weg ist, ist es auch nicht nötig, die Angst am Leben zu erhalten.
Hallo, Dampfnudel,
wenn ich mich v.a. auf den von mir unterstrichenen Satz beziehe, würde ich sagen, dass es ja genau darum gar nicht immer primär geht: die Ungewissheit in der therapeut. Beziehung 'wegzumachen'. Ich nehme an, dass das seltsam klingt, aber wenn der Analytiker nun grundsätzlich sagen würde: Ich muss dem Patienten die Unsicherheit nehmen, damit die Angst weg ist, dann würde ja gar nicht am Verstehen gearbeitet werden, sondern das Grundgefühl des Patienten würde - aus Angst? - zugedeckt.
Der Patient bringt ja seine eigenen Erfahrungen mit, die eben dazu geführt haben, dass er in wichtigen zwischenmenschlichen Beziehungen leicht zu verunsichern ist. Wenn nun jeder Ansatz von Unsicherheit in der Therapie aus dem Weg geräumt wird, dann kann es sein, dass diese tiefe Angst gar nicht zum Vorschein kommt - ich glaube, das sind dann die sog. Übertragungsheilungen, die 'Flucht in die Gesundheit'
http://books.google.de/books?id=S3S-GEP ... ng&f=false Ich denke, das dort erwähnte Beispiel passt nicht ganz auf das 'Testen', aber in jedem Fall geht es darum, dass es manchmal nötig ist, tiefer zu bohren, als der Patient das gerne hätte. Dann bricht dieser zwar in Tränen aus, aber das kann heilsamer sein, als NICHT nachzuhaken.
Ohne dies würde der Patient sich zwar relativ leicht sicher fühlen, aber das wäre dann nicht psychoanalytisch, sondern stützend. Die Angst als Grundgefühl, die bliebe aber da; nur in Beziehung zum Therapeuten wäre sie weg.
Nun gibt es aber - ich gehöre auch dazu - viele Patienten, mit denen man nicht 'klassisch analytisch' arbeiten kann, sondern bei denen man sich zwischen beiden Formen, dem Stützen und dem Analysieren, bewegt: Es muss ein Sicherheitsgefühl geschaffen werden, eine sichere Basis, ein vertrauensvolles Verhältnis. Und gleichzeitig darf das nicht der Endzustand sein, der einen beruhigt. Und wenn der Patient hin und wieder in einen Zustand der Unsicherheit gerät - und man dem ggf. 'nachhilft', z.B. durch das Schweigen -, dann kommen plötzlich tiefere Gefühle hoch, die sich niemals zeigen würden, wenn dieses Unsicherheitsgefühl, dieses 'was ist hier gerade los?', nicht aufträte.
Mein eigentliches Problem ist also nicht die Unsicherheit in der therapeut. Beziehung, sondern das Gefühl, das ich als Baby hatte. An dieses Gefühl bin ich jedoch nur deshalb rangekommen, weil unsere Beziehung so ist, wie sie ist.
Ich finde das gut, auch wenn ich es natürlich
bewusst lieber hätte, wenn ich in einem Meer aus Sicherheit baden könnte.