Suizidgedanken.. macht Therapie in meiner Lage Sinn?

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.

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Widow
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Beitrag So., 11.09.2011, 19:14

Update.
Tja, mir fällt zu meiner vorigen Frage auch nix mehr ein.

Ich bleib' jetzt einfach liegen, höre auf zu "kämpfen", zu strampeln, höre auf, unbedingt funktionieren zu wollen, oder vielleicht eher: höre auf damit, zu denken, dass ich unbedingt funktionieren müsste, denn wie wenig das gebracht hat, weiß ich doch so lange schon, seit 10 Monaten spätestens.
Mal sehen, wie schnell ich so eine lebenslange Gewohnheit ablegen kann, im Moment habe ich den Eindruck: In Lichtgeschwindigkeit.
Ich hör' jetzt einfach auf zu denken, dass ich mir ein neues Leben erfinden müsse - es geht nicht. Und das ist nicht schlimmm, auch wenn es kein altes Leben mehr gibt. Irgendwie atme ich in diesem Nichts. Meine Lungen machen das ganz von allein. Irgendwann hören auch die auf.

Der Herr Analytiker aber wird davon wie üblich nichts halten und mit dem Knüppel aus dem Sack kommen. Und/oder einem Zitat. Und/oder einem Scherz.

Aber ich bleib' einfach liegen. Auch wenn ich nächste Woche von dessen Couch nochmal aufstehe.

Bleibe einfach liegen und atme und schaue und überlasse der Zeit endlich das Terrain, das doch ohnehin das ihre ist.
Ist genauso gut oder schlecht und unwesentlich wie alles.

An alle Kämpfenden hier: Euers ist nicht meins, meins nicht Euers. Möge ein jedes seins finden oder schon haben!
Und habt einen lieben Gruß
von Widow

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Offy
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Beitrag Mo., 12.09.2011, 11:02

Hallo Widow,

ich glaube, ich kann dich gut verstehen. Vielleicht sogar das Gefühl, das dahinter steht.
Was du schreibst, klingt für mich sehr nach Resignation, möglicherweise ist es aber Akzeptanz?
Dein Funktionsmodus ist sehr lange gelaufen und den am Leben zu erhalten, kostet unheimlich viel Kraft.

Was hat dich jetzt dazu bewogen, den Kampf aufzugeben? Einsichten? Fehlende Energie? ...

Im Übrigen finde ich, dass es auch ein Kampf ist, die Analyse weiterzumachen.
Sicher, der findet auf einer anderen Ebene statt, aber es ist einer.
Heute weinte ich –
aber keine Träne benetzte eine Blume.
Still, leise und nutzlos!
Werde ich auch so von der Welt gehen?

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Rabe
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Beitrag Mo., 12.09.2011, 13:54

Hallo Widow,

ich versuche es mit einer subjektiven Antwort.
Kennt Ihr das, dass Ihr Euch »bestrafen« wollt, wenn die Therapie erste positive Wirkungen zeitigt, weil man die nicht haben »darf«? Und wenn ja, wie geht Ihr damit um
Ja, kenne ich. Meine Depression ist mir böse, dass ich versuche, sie loszuwerden, obwohl sie mir doch all die Jahre die Treue gehalten hat, auch dann, wenn ich sie zum Kuckuck gewünscht habe oder die Scheidung einreichen wollte. Ernstliche Sorgen macht sie sich, seitdem ich jemand anderen habe, einen Analytiker, dessen Sympathie sie nicht gewinnen kann. Und wenn es mir besser geht, macht sie mir eine Szene, weil es nicht sein darf, dass ich ohne sie leben kann. Sie hat da ein sehr egoistisches Interesse.

Das ist auch im Wesentlichen meine Art, damit umzugehen: Ich personifiziere, spalte ab, erzähle mir Geschichten und versuche mir klar zu machen, dass es die Depression nicht gut mit mir meint.

An der Analyse mag ich auch, dass es nicht darum geht, zu funktionieren.

Gruß
Rabe


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Widow
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Beitrag Di., 13.09.2011, 00:06

Liebe Offy,

danke für Deine Nachricht hier!
Zu Deiner Frage: Nein, neue Einsichten habe ich leider nicht gewonnen. Ich kann einfach nicht mehr. Wohl also eine Frage der Kraft, Energie.
Hätte jetzt z.B. am 15.09. was fertig haben "wollen" (da läuft eine Deadline aus, doch anders als ich es früher vom Wissenschaftsbetrieb kenne, wird da nun gottseidank niemand ein Problem bekommen, wenn ich die nicht nur nicht einhalte, sondern wenn ich da gar nichts "liefere") und werde es nicht schaffen, werde nicht nur nichts fertig bekommen, sondern noch nicht einmal mit etwas begonnen haben. Ichkannnichtmehr. Und muss es auch nicht mehr.
Doch: Eins "muss" noch sein: Ich muss mich da noch dran gewöhnen.


Liebe Rabe,

auch Dir danke ich für Deine Antwort auf meine Frage!
Dass Du Deiner Depression auf die Schliche gekommen bist, freut mich für Dich sehr! Hau ihr nur ordentlich auf die Finger, wenn sie sich wieder zurückgesetzt fühlt und Dir die nächste Szene macht!
Meine (sofern ich eine habe) ist mir allmählich offenbar so gleich-gültig wie alles. Soll sie doch machen, was sie mag.

Auch freut es mich für Dich, wenn Du den Eindruck gewonnen hast, in Deiner Analyse nicht "funktionieren" zu müssen.
Aber verstehen tu ich das nicht wirklich.
Wenn ich dort z.B. nicht rede, weil ich nicht reden kann, dann ist das disfunktional und den "Zielen" der talking cure entgegengesetzt. Was soll ich dann da?
Vermutlich werde ich das demnächst rausfinden. Mal sehen. Oder auch nicht. Wurscht halt, für mich.

Allen hier gute therapeutische Erfahrungen wünschend und herzlich grüßend,
Widow

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Rabe
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Beitrag Do., 15.09.2011, 08:12

Liebe Widow,
Wenn ich dort z.B. nicht rede, weil ich nicht reden kann, dann ist das disfunktional und den "Zielen" der talking cure entgegengesetzt. Was soll ich dann da?
Klar, ich will eine gute Analysandin sein, wie auch nicht, inzwischen aber nicht mehr aus Bravheit oder Leistungsdenken heraus.
Nach meiner Erfahrung und auch den neueren Theorien nach, ist eine Analyse mit "talking cure" nicht ausreichend beschrieben. Nicht erst das Reden, schon das Anwesend-Sein beider Beteiligter ist therapeutisches Geschehen. Schweigen ist Mitteilung, ist Handeln - auch wenn Du nichts sagst, sitzt der Analytiker in seinem Sessel und arbeitet, versucht zu verstehen.
Zu erfahren, dass ich da sein darf, ohne in Vorleistung zu treten, ohne etwas tun zu müssen, war heilsam, aber ungeahnt mühevoll.
Da-Sein, Sprechen lernen, herauszufinden, ob Du überhaupt mit jemanden in Dialog treten möchtest, sind gute Beschäftigungen für den ersten Teil einer Analyse.

Besten Gruß
Rabe

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münchnerkindl
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Beitrag Do., 15.09.2011, 08:53

Rabe hat geschrieben: Ja, kenne ich. Meine Depression ist mir böse, dass ich versuche, sie loszuwerden, obwohl sie mir doch all die Jahre die Treue gehalten hat, auch dann, wenn ich sie zum Kuckuck gewünscht habe oder die Scheidung einreichen wollte. Ernstliche Sorgen macht sie sich, seitdem ich jemand anderen habe, einen Analytiker, dessen Sympathie sie nicht gewinnen kann. Und wenn es mir besser geht, macht sie mir eine Szene, weil es nicht sein darf, dass ich ohne sie leben kann. Sie hat da ein sehr egoistisches Interesse.

Hm, ich denke es könne zu dem Problem beitragen, daß du die Depression zu deiner inneren Al Quaida erklärst und wie die USA gegen sie Krieg führst.

Okay, sie ist ein dysfunktionaler Anteil deiner Psyche. ABER: Es hat vermutlich sehr handfeste Gründe warum du sie entwickelt hast. Sie ist also ein Teil von dir, der im System deiner Psyche also einen legitimen Grund hat vorhanden zu sein und verdient zunächst mal Verständnis von dir. Weil ein Therapeut kann 1000 Jahre Verständnis für dich haben, so lange du kein Verständnis und keine Akzeptanz dir selbst gegenüber entwickelst nützt es nicht viel wenn jemand von aussen dies tut.

Und es ist es aber so, daß du,so lange du Krieg gegen einen inneren Anteil von dir führst gerade das dafür sorgt daß du diesen Anteil aufrechterhälst.

Es ist nicht so daß diese böse Depression dich nun sabotiert. Du schiebst hier der Depression die Schuld zu so fast als wäre sie eine andere Person die dich mobbt. Aber du bist es vermutlich selbst die Angst hat die Depression gehen zu lassen, möglicherweise ganz einfach weil wenn man einen Zustand so lange kennt jede Änderung am Anfang Angst macht und schwierig ist. Und eben weil du Krieg gegen diesen Anteil führst, was die Depression aufrechterhält.

Der erste Schritt hier ist Verständnis und Akzeptanz für dich selbst.

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Rabe
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Beitrag Do., 15.09.2011, 11:48

Hallo Münchnerkindl,

meinen Dank für die Anteilnahme. Ich war wohl etwas knapp in der Darstellung oder ungeschickt in der Wortwahl ("abspalten" stimmt nicht ganz). Aber nein, ich lebe nicht mit einer inneren Al Quaida, sondern eher mit einer anstrengenden Freundin, und von Kriegsführung kann keine Rede sein, ich strebe eigentlich eine reife, einvernehmliche Trennung an.
Die Depression zu personifizieren etc. ist tatsächlich nur eine meiner Arten, über sie zu sprechen - es sind Bilder, Allegorien. Innere Rollenspiele helfen mir beim Klären von Gefühlen und sie sind eine Form von Kreativität.
aber du bist es vermutlich selbst die Angst hat die Depression gehen zu lassen [usw.]
Kluger Gedanke, aber ich habe nicht den Eindruck, dass er mich zutreffend beschreibt.

Gruß
Rabe


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Widow
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Beitrag Do., 15.09.2011, 21:22

Rabe hat geschrieben: Zu erfahren, dass ich da sein darf, ohne in Vorleistung zu treten, ohne etwas tun zu müssen, war heilsam, aber ungeahnt mühevoll.
Liebe Rabe,

"heilsam, aber ungeahnt mühevoll" --- letzteres kann ich einstweilen vollauf bestätigen, zu ersterem ist's noch zu früh, doch da die Witwe derzeit ohnehin quasi im Leerlauf hängt, ist das nicht 'schlimm'.
Dein Erfahrungss(ch)atz leuchtet irgendwie in meinem Kopf, danke!

Dir und allen hier einen herzlichen Gruß von
Widow

PS: Deine Rede von der 'abgespaltene' Depression, der Du nicht mehr auf den Leim gehen magst, traf ebenfalls einen Nerv bei mir. Klar hat MüKi recht damit, dass man grundsätzlich seine Persönlichkeitsanteile nicht verteufeln, sondern möglichst "integrieren" sollte. Manchmal indes hieße das wohl, den Teufel schlucken zu müssen. - Ich würde ihn dann lieber exorzien ...


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Widow
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Beitrag Mi., 21.09.2011, 00:17

An die hier, die mitten aus der Depression heraus die Kraft gefunden haben, den Willen und die Überwindung aller Teufel(chen) [soviel zum Exozieren, mit "re", hatte ich letztens vergessen],
und die zur Therapie gegangen sind/gehen:

Wie habt Ihr das gemacht oder wie macht Ihr das:
Mitten in der Depression zur Therapie gehen?
Wenn Ihr Eure eigene Familie habt und oder einen Beruf (einen erfüllenden, ehemals zumindest), dann leuchtet mir das sehr ein.
Also richtet sich meine Frage wohl eher an die, denen es so geht wie mir: Keine Familie (aber - glücklicherweise - ein paar gute Freunde) und keinen Beruf mehr.
Woher nehmt Ihr Eure Motivation?

Ich hatte heute meine 17. Liegung (2x pro Woche, Analyse, soll auf 3x erhöht werden - ich werde versuchen, es bei 2x zu belassen; darauf wird der Herr Analytiker sich nicht einlassen). Und wäre fast wieder fortgelaufen, kurz davor. Nicht zum ersten Mal, dieser Impuls, dieses: Wie blöd und verlogen bin ich eigentlich?. Doch in letzter Zeit wieder öfter (vielleicht weil ich nun erstmalig öfter zur Therapie war?)
Wenn ich mir vorstelle, dass es dann ab Mitte Oktober tatsächlich 3x wöchentlich ---- shit.

Heute hatten wir es vom "Leidensgenuss".
Da ich immer noch lebe, fast ein Jahr nach des Liebsten Tod, muss wohl auch irgendsowas mit im Spiel sein. - Wie sonst? Wie sonst wären all das Leid, der Schmerz, die Leere, die Zweifel, die Schuld, die sternenklare Nullsamkeit auszuhalten gewesen?

Meine Frage an die, die mitten aus der Depression oder einem (ggf. anders begründeten) tiefen Sterbewunsch heraus nichtsdestotrotz zur Therapie gehen/gegangen sind: Welche Brücken hat Eure Psyche Euch dazu gebaut? Wie habt Ihr das hinbekommen?
Da das etwas ziemlich Persönliches ist, gern auch via PM.

Es geht mir nicht um das, was psychiatrisch-psychologisch der "primäre, sekundäre oder terziäre Krankheitsgewinn" genannt wird (krankheitsbedingt gehe ich keinen Konflikten aus dem Weg, wenn die an mich herangetragen werden; ich liege der Solidargemeinschaft nicht auf der Tasche; ich verschaffe keinen Angehörigen oder Freunden ein gutes Gefühl, weil sie mich krankheitsbedingt "pflegen", denn das ist nicht der Fall).

Allen hier für ihre Therapien alles Gute, vor allem Motivation und fitte TherapeutInnen
wünscht herzlich Widow (und würde sich über Antworten freuen ...)

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Tristezza
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Beitrag Mi., 21.09.2011, 07:55

Widow hat geschrieben:Wie habt Ihr das gemacht oder wie macht Ihr das:Mitten in der Depression zur Therapie gehen?
Na ja, die Therapie war für mich in tiefen Krisen ja eine Art Rettungsanker in der Depression. Aber ...
Widow hat geschrieben:Wenn ich mir vorstelle, dass es dann ab Mitte Oktober tatsächlich 3x wöchentlich ---- shit.
... ich würde eine Analyse von einer gewöhnlichen Psychotherapie unterscheiden. Bei schweren Depressionen ist Analyse eigentlich nicht indiziert. Ich denke, Analyse ist, nicht nur aufgrund der 3-4 Stunden, oft eine zusätzliche Belastung, die in einer schweren Krise kontraproduktiv ist.


Widow hat geschrieben:2x pro Woche, Analyse, soll auf 3x erhöht werden - ich werde versuchen, es bei 2x zu belassen; darauf wird der Herr Analytiker sich nicht einlassen
Das kommt mir bekannt vor ... Ich habe gerade bei einer Analytikerin eine Kurzzeittherapie mit 2 Stunden pro Woche begonnen; weil sich die Therapeutin im Gegensatz zu mir bei einer Analyse nur 3 Stunden vorstellen kann, haben wir uns erstmal auf Kurzzeittherapie geeinigt, auch um zu sehen, ob Analyse überhaupt indiziert ist. Mir leuchtet dieses Muss von 3 Stunden (noch) nicht ein. Wenn ich mir vorstelle, dass ich nach einem Tag Pause morgen schon wieder eine Stunde bei ihr habe, erscheint mir das ziemlich dicht.

Vielleicht stellt sich bei dir heraus, dass Analyse nicht das Wahre für dich ist, sondern dass du in deiner Situation eine weniger anstrengende und mehr stützende als aufdeckende Behandlung brauchst. Vielleicht eine Verhaltenstherapie? Warum hast du dich eigentlich für eine Analyse entschieden? Wenn dir die drei Stunden definitiv zu viel werden, kannst du vielleicht eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie bei dem Analytiker machen? Die gibt's auch einstündig.
Widow hat geschrieben:dieses: Wie blöd und verlogen bin ich eigentlich?.
Warum? Weil du so tust, als würdest du gerne kommen?

Lg, Tristezza

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carö
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Beitrag Mi., 21.09.2011, 08:30

liebe widow,

kann da nur für mich sprechen... in der depression war die analyse für mich oft der ort, wo es lebendig wurde... immer wieder ein bisschen. und das hat sehr gut getan. natürlich gab es dunkle stunden, die genauso unlebendig waren, wie ich mich gefühlt habe... grauenhaft. aber es gelang mir.. uns.. immer wieder aufs neue, das tote zu beleben. das wollte ich nicht missen.

ich hab ja auch mit 2 stunden begonnen - habe aber dann relativ schnell gemerkt, dass es mir gut tut, auch öfter da zu sein. die zunächst dritte stunde (habe nach ca. 2 jahren dann 4 stunden pro woche gehabt) war nicht zu dicht. eher entlastend, weil ich wusste, dass da jemand ist, wenn es mir sehr schlecht geht und ich auch ein stückweit kontrolle abgeben konnte... mich weniger "zusammenreissen" musste dort. klar... es wird so schnell näher, vertrauter.. die "hüllen" sind schwerer oben zu behalten, wenn man sich so oft sieht. das kann ziemliche angst machen. aber letztlich hat es mir unendlich gutgetan mit meinen "zuständen" nicht mehr alleine zu sein.

raten kann man da wohl nicht viel. das wird bei jedem ein wenig anders sein. lass es auf dich zukommen!

lieben gruß
carö
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)


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Widow
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Beitrag Mi., 21.09.2011, 10:29

Liebe Tristezza,

herzlichen Dank für Deine Antwort!
Tristezza hat geschrieben:Analyse ist, nicht nur aufgrund der 3-4 Stunden, oft eine zusätzliche Belastung, die in einer schweren Krise kontraproduktiv ist.
Nach bald einem Jahr, das ich nunmehr Widow bin, kann man wohl nicht mehr von einer "Krise" (gleichgültig ob leicht oder schwer) sprechen.
Tristezza hat geschrieben: Vielleicht stellt sich bei dir heraus, dass Analyse nicht das Wahre für dich ist, sondern dass du in deiner Situation eine weniger anstrengende und mehr stützende als aufdeckende Behandlung brauchst. Vielleicht eine Verhaltenstherapie? Warum hast du dich eigentlich für eine Analyse entschieden?

Meine Überlegungen bestehen eher in dem Gedanken, dass keineTherapie das Wahre für mich ist, weil ich bzw. ein ziemlich großer Anteil von mir nicht "therapiert" werden möchte ... (das meine ich auch mit Verlogenheit, unter anderem. Dass ich da gerne liegen würde, täusche ich nicht vor. Und wie ungern ich da de facto liege, das weiß der Analytiker; ich hab's ihm gesagt und tu das noch.)
Eine VT kommt unter solchen Umständen wohl am wenigsten in Frage: Ich muss (wenn überhaupt) mich selbst bzw. diesen Anteil austricksen (und brauche jemanden, der mich austrickst, keinen, der mir "Hausaufgaben" zur Verhaltensänderung aufgibt).
Die Entscheidung für die Analyse kam aus einem Bündel von Argumenten zustande, z.B. dem, dass ich einige Aspekte von mir, die ich während der Krankheitzeit meines Liebsten kennenlernen musste, sehr unschön fand und mir nicht erklären kann - da hätte ich gern Klarsicht, doch offenbar muss da ein professioneller Fensterputzer ran, vermutlich sogar ein Glaser ...

Da Du, wenn auch wohl aus anderen Gründen, Deiner hochfrequenten Analyse ebenfalls mit gemischten Gefühlen entgegensiehst, wünsche ich Dir (und mir): Mut und Kraft (und ein gutes Händchen des/der Thera).


Liebe carö,

auch bei Dir möchte ich mich herzlich für Deine Antwort bedanken!
carö hat geschrieben:in der depression war die analyse für mich oft der ort, wo es lebendig wurde... immer wieder ein bisschen. und das hat sehr gut getan.
Habe ich auch schon gespürt (und hinterher den Eindruck gehabt, mich für dieses gute Gefühl irgendwie bestrafen zu müssen --- alles, was gut tut, ist schlecht ... Ja, so verquer funktioniert meine "Logik" halt).
carö hat geschrieben: die zunächst dritte stunde (habe nach ca. 2 jahren dann 4 stunden pro woche gehabt) war nicht zu dicht. eher entlastend, weil ich wusste, dass da jemand ist, wenn es mir sehr schlecht geht und ich auch ein stückweit kontrolle abgeben konnte... mich weniger "zusammenreissen" musste dort. klar... es wird so schnell näher, vertrauter.. die "hüllen" sind schwerer oben zu behalten, wenn man sich so oft sieht. das kann ziemliche angst machen. aber letztlich hat es mir unendlich gutgetan mit meinen "zuständen" nicht mehr alleine zu sein.

Das leuchtet ein! Und macht Mut (danke!) Allerdings müsste ich dann irgendwann mal jenen oben erwähnten Anteil, der auch für das Nichts-darf-gut-tun-Gebot zuständig ist, wirklich austricksen oder wohl eher: loswerden.
carö hat geschrieben: lass es auf dich zukommen!
Yep! Ist wohl das Sinnvollste, es so, nämlich offen, anzugehen.

Herzliche Grüße an Euch und alle hier,
Widow

PS: Ist hier jemand tatsächlich schon mal kurz vor der Therapiestunde wieder weggelaufen? (Ich habe meinen "Anteil" bislang immer soweit im Griiff gehabt, dass er nicht die Kontrolle über meine Beine übernommen hat, aber man soll ja nie "nie" sagen.)

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Draußen
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Beitrag Mi., 21.09.2011, 10:54

Widow hat geschrieben: Ist hier jemand tatsächlich schon mal kurz vor der Therapiestunde wieder weggelaufen? (Ich habe meinen "Anteil" bislang immer soweit im Griiff gehabt, dass er nicht die Kontrolle über meine Beine übernommen hat, aber man soll ja nie "nie" sagen.)
Damit kann ich auch nicht dienen. Allerdings meinte meine Therapeutin mal, ich käme ihr vor wie eine Antilope und das trifft es ziemlich genau. Alles, was sie mir sagt, verstehe ich erstmal als Angriff und gerate in Panik. Das ist auch der Grund, warum ich nicht fliehen kann: Schockstarre. Zum Glück löst sich die Schockstarre erst nachdem mein rationales Ich über ihre Äußerung nachgedacht hat und erkannt hat, dass meine Therapeutin -mal wieder- mich nicht bewertet hat.

gx draußen

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münchnerkindl
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Beitrag Mi., 21.09.2011, 10:57

Widow hat geschrieben:
Ich hatte heute meine 17. Liegung (2x pro Woche, Analyse, soll auf 3x erhöht werden - ich werde versuchen, es bei 2x zu belassen; darauf wird der Herr Analytiker sich nicht einlassen). Und wäre fast wieder fortgelaufen, kurz davor. Nicht zum ersten Mal, dieser Impuls, dieses: Wie blöd und verlogen bin ich eigentlich?. Doch in letzter Zeit wieder öfter (vielleicht weil ich nun erstmalig öfter zur Therapie war?)
Wenn ich mir vorstelle, dass es dann ab Mitte Oktober tatsächlich 3x wöchentlich ---- shit.)
Es haben dir hier genug Leute von einer Analyse als Therapie abgeraten.

Ich schätze schön langsam merkst du warum...
Tristezza hat geschrieben: Vielleicht stellt sich bei dir heraus, dass Analyse nicht das Wahre für dich ist, sondern dass du in deiner Situation eine weniger anstrengende und mehr stützende als aufdeckende Behandlung brauchst. Vielleicht eine Verhaltenstherapie? Warum hast du dich eigentlich für eine Analyse entschieden? Wenn dir die drei Stunden definitiv zu viel werden, kannst du vielleicht eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie bei dem Analytiker machen? Die gibt's auch einstündig.

Würde ich unterstreichen.

Widow hat geschrieben:
Tristezza hat geschrieben:Analyse ist, nicht nur aufgrund der 3-4 Stunden, oft eine zusätzliche Belastung, die in einer schweren Krise kontraproduktiv ist.
Nach bald einem Jahr, das ich nunmehr Widow bin, kann man wohl nicht mehr von einer "Krise" (gleichgültig ob leicht oder schwer) sprechen.

Eine Krise ist eine Zeit extremer psychischer Labilität. Es gibt keinen Richtwert wie lange sowas anhalten "darf".

Für emotional sehr labile Personen ist eine Analyse ungeeignet, da sie zu wenig Stützt und zu aufdeckend-konfrontativ wirkt, egal ob das nun eine ganz akute Krise ist oder eine längerfristige schwere emotionale Labilität.

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münchnerkindl
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Beitrag Mi., 21.09.2011, 11:05

Widow hat geschrieben: Eine VT kommt unter solchen Umständen wohl am wenigsten in Frage: Ich muss (wenn überhaupt) mich selbst bzw. diesen Anteil austricksen (und brauche jemanden, der mich austrickst, keinen, der mir "Hausaufgaben" zur Verhaltensänderung aufgibt).
Funktioniert nicht. Man kann wiederständige, verletzte Anteile in sich selbst nicht austricksen. Man kann sich ihnen nur mit viel Liebe, Akzeptanz und Geduld annähern und ihnen damit die Kraft nehmen.

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