Atheismus - wie steht ihr dazu ?

Fragen und Gedanken rund um Spiritualität und Religionen, alternative Behandlungsmethoden, den üppigen Garten sonstiger "Therapie"-Formen, Esoterik ... und ihre Berührungspunkte mit Psychotherapie bzw. psychologischen Problemen.
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Zwackel
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Beitrag Fr., 11.06.2010, 08:23

Gut kombiniert, liebe Nurse !
Aber wenn du meinen ersten Beitrag nur ein Stückchen weiter gelesen hättest, dann wüsstest du folgendes schon lang:
Zwackel hat geschrieben: Vielleicht liegt es ja nur daran, dass ich Bayern lebe, wo bekanntlich die katholische Kirche noch viel Einfluss hat.
Hier ist es keineswegs "schick", nicht gläubig zu sein, bzw, es offen zuzugeben und nicht, wie die meisten in Bayern, scheinheilig so zu tun, als wäre man ein guter Katholik.
LG, Zwackel
Life is what happens to you while you're busy making other plans.
(John Lennon)

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Eve...
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Beitrag Fr., 11.06.2010, 11:43

Überall, wo es schick ist, Atheist zu sein, verstecken sich eher die Gläubigen.
Überall, wo es üblich ist, gläubig zu sein, verkrümeln sich mehr die Atheisten.

Hat mit Christ sein erst mal nix zu tun; auch unter Moslems, Juden und vielleicht auch Buddhisten ist das wohl gleich. Man nennt das auch "Zeitgeist". Momentan steht da der Zeiger auf "Atheismus", das ist aber in der Geschichte nie durchgängig so gewesen und auch von Land zu Land immer sehr unterschiedlich.

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luftikus
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Beitrag Fr., 11.06.2010, 13:26

Eve... hat geschrieben:
Ich schließe mich auch Deiner Erkenntnis an, dass die Atheisten ihrerseits einen ziemlich festen Glauben haben: Daran nämlich, dass Glaube unnötig ist, dass man drauf verzichten kann. Und ich stimme dem zu: auf DEN Glauben kann man gut verzichten ...
Ich finde diese Formulierung für mich nicht passend. Denn ich glaube nicht daran, dass Glaube unnötig ist. Vielmehr glaube ich einfach nicht. Es ist also nicht der Glaube an ein irgendwie geartetes atheistische Gedankengebäude, sondern einfach die Abwesenheit von Glauben. So wie ein Nichtraucher nicht raucht, so bin ich einfach nicht gläubig.

Und warum? Vielleicht fehlt mir einfach die Veranlagung zur Religiosität? Oder lags an der Erziehung, ich weiß es nicht genau.
Jedenfalls war ich im tiefsten Herzen schon ein Zweifler, als es noch alles andere als chic war, ungläubig zu sein (ich bin wie gesagt im tiefsten Niederbayern aufgewachsen). Als Erwachsener, in der Großstadt, konnte ich dann die Religiosität, die sowieso nicht zu mir gepasst hatte, allmählich abstreifen. Nun fühle ich mich endlich "richtig", und ich muss mich nicht mehr verbiegen.


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Beitrag Fr., 11.06.2010, 13:42

@ luftikus

Schließe mich Dir 'vollinhaltlich' an. Ich wuchs allerdings in der DDR in einem offen kirchenfeindlichen System auf. Das wiederum hätte mich als Systemkritiker eigentlich in deren Arme treiben können. Ich bin zwar getauft worden, aber es wurde im Elternhaus einfach nicht über Religiosität gesprochen. Ich glaube, das war entscheidend.

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luftikus
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Beitrag Fr., 11.06.2010, 13:56

Sir hat geschrieben:Ich bin zwar getauft worden, aber es wurde im Elternhaus einfach nicht über Religiosität gesprochen. Ich glaube, das war entscheidend.
Kann sein, dass das bei mir auch ziemlich entscheidend war. Ich habe zwar die übliche religiöse Laufbahn mitgemacht (Taufe, Erstkommunion, Firmung), aber meiner gesamten Familie lag Religiosität nie wirklich nahe. Mein Vater hat sich noch nie für Religion interessiert, meine Mutter ist vom Typ "man weiß es nicht genau", mein Großvater mütterlicherseits war auch nie an Religion interessiert (an religiöser Kunst und Architektur dafür umso mehr).

Da wird wohl was auf mich abgefärbt haben. Beispielsweise gehe ich nach wie vor gern in (historisch interessante) Kirchen und beschaue mir die Architektur und die Kunst. Außerdem faszinieren mich Orgeln, und ich mag auch Kirchenmusik von großen Komponisten (Bach, Beethoven, Bruckner, ...) Dennoch kann ich mit dem religiösen Denkgebäude an sich nichts anfangen.

Das mag seltsam klingen, aber ich empfinde es nicht als Widerspruch.
Zuletzt geändert von luftikus am Fr., 11.06.2010, 13:59, insgesamt 1-mal geändert.

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Eve...
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Beitrag Fr., 11.06.2010, 13:57

luftikus hat geschrieben: Ich finde diese Formulierung für mich nicht passend. Denn ich glaube nicht daran, dass Glaube unnötig ist. Vielmehr glaube ich einfach nicht. Es ist also nicht der Glaube an ein irgendwie geartetes atheistische Gedankengebäude, sondern einfach die Abwesenheit von Glauben. So wie ein Nichtraucher nicht raucht, so bin ich einfach nicht gläubig.

Und warum?
Ja, ich verstehe. Es war von mir bewusst pointiert und sicherlich ein wenig frech in der Formulierung, auch herausfordernd; das wusste ich.

Auch an Sir: Ich habe über 40 Jahre ebenfalls ohne religiösen Glauben gelebt und kenne recht gut diese Haltung und auch den Unterschied zu heute. Jeder geht seinen ureigensten Weg. Was am Ende steht, kann man unterwegs nicht wissen.


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Beitrag Fr., 11.06.2010, 17:45

luftikus hat geschrieben: mein Großvater mütterlicherseits war auch nie an Religion interessiert (an religiöser Kunst und Architektur dafür umso mehr).
Meiner trat in der Weimarer Republik aus der ev. Kirche aus. Meine Mutter hat sich erst mit Ende 20 in der reformierten Kirche (ihre Mutter war dort Gemeindeglied) konfirmieren lassen. Meine Großmutter väterlicherseits meinte, beim nächsten Krieg würde auch ich beten. Wenn, dann lieber jetzt, daß keiner kommt.
luftikus hat geschrieben:Da wird wohl was auf mich abgefärbt haben. Beispielsweise gehe ich nach wie vor gern in (historisch interessante) Kirchen und beschaue mir die Architektur und die Kunst. Außerdem faszinieren mich Orgeln, und ich mag auch Kirchenmusik von großen Komponisten (Bach, Beethoven, Bruckner, ...) Dennoch kann ich mit dem religiösen Denkgebäude an sich nichts anfangen.

Das mag seltsam klingen, aber ich empfinde es nicht als Widerspruch.
Stimme Dir auch hier wieder völlig zu.
Eve... hat geschrieben: Jeder geht seinen ureigensten Weg. Was am Ende steht, kann man unterwegs nicht wissen.
Man kann nicht mal vorher wissen, was unterwegs alles passieren wird.

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TimpeTe
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Beitrag Sa., 12.06.2010, 09:38

Atheismus als Schicki-micki-Haltung? Wähhh, das wär mir dann doch zu oberflächlich. Mein Agnostikerdasein- beziehungsweise schon fast Atheismus fusst auf vielen Jahren der Auseindandersetzung mit dem Glauben und mit mir selber. Ich empfinde es als immensen Verlust.
Aber so -wie man eine gestorbene Liebesbeziehung nicht wieder zum Leben erwecken kann- genauso unmöglich wäre es mir, heute noch zu glauben.

Mich beschäftigt in diesem Zusammenhang schon lange eine Frage...Nämmlich wie- und in welcher Richtung euch eure Therapie beeinflusst hat in Sachen Religiosität.

Ich habe in diesen Jahren meinen Glauben total verloren. Und ich weiss- ich kann ihn nicht wieder zurückerobern. Geht nicht- und will ich auch nicht mehr. Aber mein Leben war definitiv einfacher, als ich mir noch vorstellen konnte, dass da irgendwo eine höhere Macht ist, die uns lenkt und uns behütet.

Kennt hier jemand dieses Phänomen - sprich, dass der Glaube an einen Gott verloren gehen kann während einer sehr langen Therapie? Und dies nicht aus Gründen des Leidens - im Sinne von, : wenn da ein Gott wäre, so würde er mir helfen! Nein, - viel mehr aus einer tieferen persönlichen Erkenntnis heraus, dass Götter immer nur Konstrukte der Menschheit waren um die eigene Endlichkeit auszuhalten?

Darüber mag man denken wie man will. Aber ich kann nicht mehr zurück zu meinem kindlichen Glauben und mein erwachsenes "Ich" kann mit den Glaubenssätzen so überhaupt nichts mehr anfangen. Es sei denn, die Bibel noch als Werk philosophischer Sinnsuche zu betrachten. Mehr nicht.

lg. medusa
Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt. (Mark Twain 1835-1910)

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fendrix
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Beitrag Sa., 12.06.2010, 11:44

medusa52 hat geschrieben: Es sei denn, die Bibel noch als Werk philosophischer Sinnsuche zu betrachten. Mehr nicht.
Das ist ja schon mal was.
medusa52 hat geschrieben:Nein, - viel mehr aus einer tieferen persönlichen Erkenntnis heraus, dass Götter immer nur Konstrukte der Menschheit waren um die eigene Endlichkeit auszuhalten?
Das kann ich mir auch gut vorstellen. Wobei - es ist gar nicht klar, dass man endlich ist. Das einzige, was klar ist, ist dass man in der Form, in der man jetzt existiert, endlich ist.
Aber die Möglichkeit, dass man weiterlebt, sei es durch Reinkarnation oder sonst wie, kann man nicht verleugnen. Oder willst Du ernsthaft behaupten, dass das ausgeschlossen ist?

Genauso ist es aber auch andersherum - es könnte auch sein, dass wirklich nichts kommt nach dem Tod.

Man weiß es nicht.


Aber selbst, wenn wir wirklich endlich wären, und Götter nur Konstrukte wären - schlussfolgerst Du dann daraus, dass das hier keinen Sinn hat? Weil - wo wäre denn für einen Atheisten etwas sinnvolles, wenn er gar nicht an eine unserer Existenz innewohnenden Göttlichkeit glaubt?


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Beitrag Sa., 12.06.2010, 12:47

fendrix hat geschrieben: Aber selbst, wenn wir wirklich endlich wären, und Götter nur Konstrukte wären - schlussfolgerst Du dann daraus, dass das hier keinen Sinn hat? Weil - wo wäre denn für einen Atheisten etwas sinnvolles, wenn er gar nicht an eine unserer Existenz innewohnenden Göttlichkeit glaubt?
Muß denn "das hier" unbedingt einen Sinn haben? Warum maßt sich der Mensch an, über den anderen Arten der Flora und Fauna zu stehen, deren Existenz dem bloßen Selbstzweck der Arterhaltung dient - weil er ein vernunftbegabtes Wesen ist? Daran ist sehr zu zweifeln. Das singuläre Phänomen des Menschen, ein Denkvermögen zu besitzen, schlägt leider allzuoft Kapriolen.

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TimpeTe
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Beitrag Sa., 12.06.2010, 13:00

Hallo fendrix
Aber die Möglichkeit, dass man weiterlebt, sei es durch Reinkarnation oder sonst wie, kann man nicht verleugnen. Oder willst Du ernsthaft behaupten, dass das ausgeschlossen ist?
Ich will es nicht behaupten- aber ich glaube ganz einfach nicht an ein Weiterleben -in welcher Form auch immer.
Aber selbst, wenn wir wirklich endlich wären, und Götter nur Konstrukte wären - schlussfolgerst Du dann daraus, dass das hier keinen Sinn hat? Weil - wo wäre denn für einen Atheisten etwas sinnvolles, wenn er gar nicht an eine unserer Existenz innewohnenden Göttlichkeit glaubt?
Mit dem Gedanken, dass nicht Gott mir den Sinn des Lebens erschliesst muss ich leben. Inzwischen bin ich zur Ansicht gelangt, dass der Sinn des Lebens darin besteht, dem eigenen Leben Sinn zu geben. Und zwar Kraft des eigenen "Ich's". Dabei kann ich durchaus sowas wie göttliche Gefühle für die Schönheit einer Blume ....für ein - von der Abendsonne beschienenes Gewölk am Himmel ..etc..empfinden.

lg. medusa
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Eve...
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Beitrag Sa., 12.06.2010, 14:20

Und die Blume und der Himmel ... kommen alle aus dem Nichts? Fällt das wirklich leichter zu glauben als daran, dass es geschaffen wurde von einer unfassbaren Intelligenz?

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TimpeTe
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Beitrag Sa., 12.06.2010, 15:14

Und die Blume und der Himmel ... kommen alle aus dem Nichts? Fällt das wirklich leichter zu glauben als daran, dass es geschaffen wurde von einer unfassbaren Intelligenz?
Ja...für mich schon. Viel leichter sogar. Ich gebe zu, in meinem früheren Leben waren meine Vorstellungen von der Entstehung der Welt viel poetischer. Aber ich kann nicht dahin zurück. Ich müsste mich selber betrügen.

lg. medusa
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Eve...
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Beitrag Sa., 12.06.2010, 15:49

Medusa, ich habs sehr lange so gesehen, und heute verstehe ich nicht mehr, wieso mein Blick so eingebunden war, nichts darüber hinaus wahrnehmen zu können. Ích weiß aber, dass man da nichts forcieren oder von sich aus ändern kann - und vielleicht auch nicht will.

Viele Menschen kommen ja zum Ende ihres Lebens wieder zu ihrem kindlichen Glauben zurück. Wie auch immer, jeder geht seinen persönlichen Weg - wie oben schon gesagt. Es gibt keine Abkürzungen.

LG Eve

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fendrix
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Beitrag Sa., 12.06.2010, 16:40

Sir hat geschrieben: Muß denn "das hier" unbedingt einen Sinn haben? Warum maßt sich der Mensch an, über den anderen Arten der Flora und Fauna zu stehen, deren Existenz dem bloßen Selbstzweck der Arterhaltung dient - weil er ein vernunftbegabtes Wesen ist?
Das ist der springende Punkt! Bist Du Dir sicher, dass die Existenz anderer Lebewesen "dem bloßen Selbstzweck der Arterhaltung dient"?

Könnte dahinter nicht auch ein bedingungsloses JA zur Existenz stehen? Ein absoluter Wille zum Leben? Ein riesengroßes Bekenntnis zur Existenz?

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