Begegnung der 3. Art - Therapeut unter freiem Himmel

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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R.L.Fellner
Psychotherapeut
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Beitrag Sa., 04.07.2009, 13:02

Hallo Sandy P.,

auf Grundlage der Verschwiegenheitspflicht (2)- die ich sehr ernst nehme - grüße auch ich Klientinnen und Klienten in der Öffentlichkeit nur, wenn sie mich vorher grüßen und dadurch indirekt signalisieren, daß es "okay" ist, unsere Bekanntschaft zu zeigen.

Dies handhabe ich übrigens selbst dann so, wenn mir jemand versichert, er "stehe" zu seiner Therapie - das ist ganz toll, aber es gibt erfahrungsgemäß ja doch immer irgendwen, an den man bei der Anspannung während des Erstgespräches vielleicht nicht bewußt dachte, dem gegenüber es dann aber vielleicht doch unangenehm sein könnte, z.B. Chef, Konkurrent, Kunden, einzelne Verwandte etc., und das kann ich ja als Außensehender nicht erahnen. Ich informiere darüber aber schon im Erstgespräch, dann muß sich niemand über mein "merkwürdiges" Verhalten wundern.

Liebe Grüße,
Richard L. Fellner

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Miss_Understood
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Beitrag Sa., 04.07.2009, 13:30

Hallo Herr Fellner und alle anderen Mitlesenden,

mir fällt dazu noch was ein. Ich schmunzele ein bischen - es liest sich fast so wie "was mache ich, wenn ich Bekannte im Swingerclub treffe?"
Ist es eben nicht so, dass man sich je weniger ernst man so eine Begegnung nimmt - Schweigepflicht hin oder her - man damit den Nimbus einer Peinlichkeit aufrecht erhält, in dem man ein einfaches Grüßen unnötig verkompliziert (wie ich finde)?

Weil: nehmen wir an ein Therapieklient ist mit einer der von Herrn Fellner beschriebenen Personen unterwegs und Klient grüßt Therapeut.

Jetzt muss die Begleitung auch erst mal wissen,
1. dass dieser Entgegenkommende Therapeut IST und ihn/sie als solche (er)kennen - dann war er oder sie womöglich auch schon bei ihr/ihm (ha!) - oder
2. wer sagt denn, dass der Klient diesen Entgegenkommenden als Therapeut in Therapie befindlich kennt? Vielleicht eher als Kundin? Wenn man Verkäuferin, Restaurantfachfrau, Steuer- oder Amtsangestellte, Sozialarbeiter, Handwerker, Grafikerin, Friseur, Kosmetikerin, Bibliotheks-, Zoo-, Schwimmbadangestellte, Lehrer, Sport-, Kulturvereinsvorsitzender, als Schauspieler oder in Politik im öffentlichen Leben stehend oder durch gemeinsame politische Arbeit etc. - es gibt da soooo viele Beispiele - bekannt ist?

Ich glaube eher, dass ein etwas schräg-krampfiges Nicht-Grüssen oder wer-grüsst-wen-zuerst-zögern auffällt als ein menschliches im deutschsprachigen Raum allgemein akzeptiertes Ritual.

Ich finde fast, dass sich die Therapeuten da selber ein bischen ihren eigenen Berufsstand und die Möglichkeit das "Tabu Psychotherapie" aufzulockern, untergraben.

Damit möchte ich keinesfalls die Schweigepflicht kritisieren. Ich erinner mich gerade daran, dass ich mal in einem Café saß und am Nachbartisch sehr gut hörbar sich zwei Therapeuten über eine Klientin unterhielten. Es war höchst interessant dem zuzuhören, aber da auch wirklich über Details der Lebenssituation dieser Frau gesprochen wurde, hätte man sie erkennen können - wenn man sie kennen würde. Und ich fragte mich da schon, ob das alle Therapeuten so machen - und dass ich das ganz bestimmt nicht möchte, dass in der ungeschützten Öffentlichkeit über mich gesprochen wird.

Und nein, ich selber rede auch nicht mit /jedem/ darüber, dass ich mal eine Therapie gemacht habe oder wer meine Therapeutin war, habe es aber eben selber in der Hand auch mal eine kleine Ausrede zu benutzen, wenn es denn sein müsste.

Es grüßt,

Miss_Understood
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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Flugente
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Beitrag Sa., 04.07.2009, 14:00

Miss-Unterstood, ich weiß schon, was du sagen möchtest aber es ist nunmal wie es ist und es hat keinen Sinn, alle Menschen mit diesem "freien" Gedanken zwangszubeglücken.

Es geht nicht darum, dass es peinlich ist in Therapie zu sein. Man kann nicht mit einem Schlag alle Menschen zu deiner Denkweise bekehren.

Und es kann u.U. sehr wohl zu einer blöden Situation kommen. Stell dir vor jemand sitzt gerade in einem Cafe um einen tollen Job zu lukrieren. In so einer Situation muss man sich bestmöglich verkaufen, dem anderen das Gefühl geben, er kann vertrauen in meine Fähigkeiten haben. Nun kommt der Therapeut vorbei - und das Vorstandsmitglied erfährt, dass der zukünftige Mitarbeiter in Therapie ist. Ist auf jedenfall ein Minuspunkt. Nicht weil Therapie was schlechtes ist und man kann sicher lang und breit diskutieren, warum es auf die eigenen Fähigkeiten überhaupt keinen schlechten Einfluss hat, dass man in Therapie ist sondern vielleicht sogar unterstützende etc. etc. aber auf diese Diskussion wird sich in dem Moment der andere nicht einlassen. Es geht ums Geschäft.

Ich stell mir vor, dass mein Chef in so einer Situation gar nicht fragen würde: wer ist das denn. Und wenn, dann würde mir blitzartig etwas einfallen aber jeder ist nicht so schlagfertig und gelassen.

Versteh mich nicht falsch, ich bin ganz bei dir mit deiner Meinung aber die Realität sieht einfach so aus, auch wenn wir in einer ach so toll aufgeklärten Gesellschaft leben höhö.

Also wozu erst die Gefahr eingehen, den Patienten in eine blöde Situation zu bringen. Es geht lediglich um ein sekundenschnelles "Grüß Gott" und dass es nichts mit Abwertung oder Unhöflichkeit zu tun hat, wenn der/die Thera nicht grüßt sollte uns schön langsam klar sein.
Eisberg voraus!

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Miss_Understood
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Beitrag Sa., 04.07.2009, 14:38

Hallo Flugente,

da fühl ich mich grad in zweierlei Fakten etwas unverstanden:

1. Wo empfindest du meine Ausführungen als "Zwangsbeglückungs- und Bekehrungsversuch" (autsch, wenn es wirklich so klingt)? Das war keineswegs meine Absicht, ich lerne gerne dazu.

Denn auch: da dachte ich gerade eben, dass der WEG zu einer Denkweise, dass Psychotherapie was "normales" sei, eben so ein Grüßen als ein erster Schritt sein könnte. Offenbar ist für dich oder auch andere dies noch zu weit weg, eher ein fünfter oder sechster Schritt.

2. Dein Beispiel:
"Und es kann u.U. sehr wohl zu einer blöden Situation kommen. Stell dir vor jemand sitzt gerade in einem Cafe um einen tollen Job zu lukrieren. In so einer Situation muss man sich bestmöglich verkaufen, dem anderen das Gefühl geben, er kann vertrauen in meine Fähigkeiten haben. Nun kommt der Therapeut vorbei - und das Vorstandsmitglied erfährt, dass der zukünftige Mitarbeiter in Therapie ist."
Aber WIE soll das Vorstandsmitglied das denn erfahren, wenn "der vorbeikommt" und man sich bloß grüßt? Kann der/die Gedanken lesen, was sie verbindet? Und woher weiss der Vorstandsvorsitzende, dass das ein Therapeut ist? (Wenn der nicht mal selber mit ihm zu tun hatte?) Darf ich dann (möglicherweise dorf/stadtbekannte) Kreditberater, Schuldnerberater, Sozial/Erziehungshelfer, Bestatter, Krebsärzte, Hämmorhidenspezialisten etc. etc. auch nicht mehr grüßen, auch wenn einer davon zb mein Onkel, meine Cousine oder ein Vereinsbekannter ist - oder ich tatsächlich mal was mit ihm zu tun gehabt habe? Und wer zwingt mich im Falle der in so eine Situation sehr unwahrscheinlichen (da indiskreten) Frage: "Woher kennen Sie DEN?" nicht eben in so einem Fall zu sagen: "Oh - er/sie spielt mit mir Tennis/Fußball/Handball." (Und in einem ersten beruflichen Kennenlerngespräch würde ich auch nicht von meiner Psychotherapie reden.)

Ich finde nebenbei: Vorstellungs- und Kundenpräsentationsgespräche gehören in geschlossene Räume und nur im äussersten Notfall mitten in ein belebtes Café.
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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candle
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Beitrag Sa., 04.07.2009, 14:44

Miss_Understood hat geschrieben: Aber WIE soll das Vorstandsmitglied das denn erfahren, wenn "der vorbeikommt" und man sich bloß grüßt?
Ich weiß nicht, ob Du Therapieerfahrung hast? Aber es geht auch hier um den Klienten. Es geht um seine Gefühlswelt!!!

ICH bin peinlich berührt.
Ich fühle mich in Erklärungsnot.

Und von anderen Dingen mal abgesehen. Es geht um das EIGENE Gefühl dabei.

Wenn Du so "abgeklärt" bist, dass Du alles an Dir runterrutschen lassen kannst, ist das prima! Davon darfst Du aber nicht ausgehen bei einem Menschen, der sich in Therapie befindet. DESHLB geht man oft dorthin, weil man für sich selbr keine Position findet.

candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 04.07.2009, 15:19

R.L.Fellner hat geschrieben:Hallo Sandy P.,

auf Grundlage der Verschwiegenheitspflicht (2)- die ich sehr ernst nehme - grüße auch ich Klientinnen und Klienten in der Öffentlichkeit nur, wenn sie mich vorher grüßen und dadurch indirekt signalisieren, daß es "okay" ist, unsere Bekanntschaft zu zeigen.
Naja, ich denke in einer Großstadt wie München ist das auch was anderes wie in einem Ort, wo viele die ansässigen Therapeuten oder mich kennen

Wenn zB die Verkäuferin in der Bäckerei das dann als neuesten Tratsch überall verbreitet, weil sie die Begrüssung gesehen hat, das wäre natürlich nicht so klasse

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Miss_Understood
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Beitrag Sa., 04.07.2009, 15:23

candle hat geschrieben: Ich weiß nicht, ob Du Therapieerfahrung hast?
Wenn man meine Zeilen in diesem Thread (und auch in anderen) aufmerksam liest, dann steht da was und immer mal wieder - und nicht nur im Nebensatz - von meiner "ehemaligen Therapeutin". Die habe ich /auch/ getroffen WÄHREND ich in Therapie war. Weil ich wie gesagt an einem öffentlichen Ort mit Freizeitfaktor gearbeitet habe.
candle hat geschrieben:ICH bin peinlich berührt.
Ich fühle mich in Erklärungsnot.

Und von anderen Dingen mal abgesehen. Es geht um das EIGENE Gefühl dabei.
Richtig. Schau, ich kann trotzdem auch erst mal ein bischen "peinlich" berührt sein - vielleicht eher berührt, ja, das kam auch vor, weil dann plötzlich wieder die letzte Stunde DA war. Die Frage ist ja dann, was macht man mit dem Gefühl?
Wenn Du so "abgeklärt" bist, dass Du alles an Dir runterrutschen lassen kannst, ist das prima!


"Abgeklärt" zu werden ist nicht unbedingt mein Ziel. Jedoch schon, dass mich Sachen nicht mehr SO aufwühlen, dass ich davon handlungsunfähig werde.
candle hat geschrieben:Davon darfst Du aber nicht ausgehen bei einem Menschen, der sich in Therapie befindet. DESHLB geht man oft dorthin, weil man für sich selbr keine Position findet.
ach neee - echt? DESHALB geht man zur Psychotherapie?
Scherz beiseite: nicht alle, die in Therapie gehen, sind in allen Aspekten ohne Position.
Wenn diese meine Reaktion für dich "abgeklärt" bedeutet - ein Terminus, der überhaupt nicht zu mir passt, übrigens - was ich jedenfalls auch mit negativem konnotiere - dann erscheint (d)eine peinliche Reaktion (vom anderen Ende der Skala) und deine Not mir auch verständlich und in deiner Welt "normal". Und wenn dich das nicht beeinträchtigt oder stört ja auch okay.

Ich weiss ja nicht, ob wir noch hier Möglichkeiten fänden, die gefühlsmässige Reaktion besser anzunehmen. Was ich u.a. eben durch meinen Beitrag versucht hab. Wenn das bei dir candle, eben so ankam wie es ankommt, dann bestätigt mir das mal wieder unsere sehr verschiedenen Charaktere, nichts weiter.

sonniger gruß,

(Miss_)Understood
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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candle
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Beitrag Sa., 04.07.2009, 15:30

Halo Miss_Understood!

Ich habe jetzt nicht vor Deine Lebensgeschichte zu durchwühlen, aber Du mußt schon davon ausgehen, dass andere Menschen anders umgehen mit ihren Problemen und anders fühlen. Und es gibt nicht umsonst die Schweigepflicht, egal wie Du es findest.

Dein Name scheint aber Programm zu sein. Du willst oder kannst nicht verstehen.

candle
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Miss_Understood
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Beitrag Sa., 04.07.2009, 15:51

Hallo candle,

wir waren zumindest an anderer Stelle schon mal an dem Punkt - und ich habe auch keine Lust mir all deine ganzen offenbar teilweise unfundierten (wenn du nicht lesen magst und Fragen stellst, die wenn man alleine nur das Threadthema liest! man nicht stellen müsste ) Provokationen nochmal durchzulesen und das zu verlinken (tu ich aber bei Bedarf), wo wir gesagt haben, dass wir derart verschieden sind, dass wir uns besser aus dem Weg lesen - ich bin da weiterhin dafür, ich spüre nämlich, dass mich deine Beiträge aufregen auf eine bei mir sehr kalt und lieblos ankommende Weise, die mich leider nicht weiterbringt.

Was meinen Namen anbelangt - ja, es ist meine Art als Anhängerin des Konstruktivismus - vieles wörtlich zu nehmen oder Worte auch mal auseinanderzunehmen. Ich weiss, dass das nicht nur mir oft spannende Einsichten vermittelt, sondern auch anderen. Dass man auch aus Missverständnissen lernen kann. Aber nicht muss. Und ich (hoffentlich) niemanden dazu zwinge mich zu lesen.

Schöner Gruß,

die Miss.

--
„Ich weiß, dass Sie glauben, Sie wüssten, was ich Ihrer Ansicht nach gesagt
habe. Aber ich bin nicht sicher, ob ihnen klar ist, dass das, was Sie gehört
haben, nicht das ist, was ich meine.“ Alan Greespan
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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candle
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Beitrag Sa., 04.07.2009, 15:57

Miss_Understood hat geschrieben: wo wir gesagt haben, dass wir derart verschieden sind, dass wir uns besser aus dem Weg lesen
Leider kann ich mir das nicht merken wem ich alles aus dem Weg gehen soll. Ausserdem war hier von meiner Seite überhaupt nichts Provokatives, finde ich. Vielleicht übernimmst Du es dann und gehst nicht auf meine Beiträge ein. So könnte es gehen.

Ich finde es nur schlimm, wenn man andere Probleme so belächelt und mit so einem Käse wie Swingerclub gleichstellt.
bei mir sehr kalt und lieblos ankommende Weise,
Das habe ich auch schon zig mal gehört. Und da geht es mir wie Dir mit grüßenden Therapeuten.

Also dann Miss, lebe wohl!

candle
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Flugente
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Beitrag Sa., 04.07.2009, 16:37

Miss_Understood hat geschrieben:Ich finde nebenbei: Vorstellungs- und Kundenpräsentationsgespräche gehören in geschlossene Räume und nur im äussersten Notfall mitten in ein belebtes Café.
Nebenbei: Geschäftsgespräche werden sehr oft in Restaurants oder Lokale verlegt oder gelegt aus diversen Gründen. Aber das ist eigentlich off Topic. Wohin sie "gehören" kannst du nur für dich und deine eigenen Geschäfte bestimmen

Wie gesagt, ich weiß, was du sagen möchtest. Wenn jeder mal bei sich anfängt anders über diese Sache zu denken, dann wirds irgendwann global durchdringen. Aber das ist leider Wunschdenken. Ich und du und x und y können anfangen anders darüber zu denken bzw. denken wir ja bereits anders aber wenns um gewisse Existenzgrundlagen geht, dann steht leider nach wie vor eine Hürde da. Nämlich das Denken vieler anderer. Und dass darauf seitens der Therapeuten Rücksicht genommen wird um ihre Patienten zu schützen, sollte nicht mit einem wie auch immer aber eher mitleidigen Schmunzeln beantwortet werden.

Und gewisse Dinge haben sich seit 2000 Jahren nicht geändert und werden sich auch die nächsten 1000 Jahre nicht ändern oder wenn dann nur ganz langsam.

Es ist genauso wie mit der Homosexualität. Mittlerweile sollte man annehmen, dass dieses Thema durch ist. Man weiß, dass das keine Marotte ist sondern eine natürlich Neigung. Mittlerweile können Homosexuelle sogar heiraten. Also man sollte davon ausgehen, dass diese Sach mittlerweile zur Normalität gehört (nur nebenbei: im alten Griechenland oder Rom gehörte es zur Normalität).

Und dennoch ist es zum Beispiel nicht jedem anzuraten, im Beruf sich offen zu seine sexuellen Neigungen zu bekennen. Das kann sehr unangenehme Folgen haben. Ist traurig ist aber so.
Eisberg voraus!

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Miss_Understood
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Beitrag Sa., 04.07.2009, 16:39

candle,

dann achten wir bitte beide drauf, dass du mich nicht mehr direkt ansprichst und ich mich bemühe deine Ausführungen, die mich aufregen zu überlesen. Die Beteilung an Threads, an denen du dich auch beteiligst, werde ich mich allerdings offen halten.

Wenn dir mein "Ach nee, echt, dazu geht man zur Psychotherapie?" zu salopp war, dann tut es mir leid, alles andere geschriebene von mir dazu stehe ich. Auch den Vergleich mit dem Swingerclub (als weiteres gesellschaftliches Tabu - oder nenne es "Käse") denn genau die ähnlich strukturierte Frage ist nicht umsonst in den FAQs der Seiten dieser Clubs zu finden. WEIL es die Menschen, die da hingehen beschäftigt, wie sie mit einer Begegnung umgehen. Und jetzt darfst du lachen: ich WAR sogar schon mal in einer sehr vergleichbaren Situation.

und dann weiter explizit wieder @all:

Vielleicht ein weniger brisanter tabuisierter Vergleich: es ist vielleicht ein bischen so wie seinen Exfreund zu treffen. Man hat sehr viel Intimes geteilt und das wird jetzt in einen anderen Rahmen gesetzt, wo das normaaaalerweise keinen Platz hat. Und man ist dann damit befasst, den Rahmen und die Person aufeinanderzuschieben und das kostet Energie. Püh - so viel, dass man vielleicht rot wird.

Ich bin nicht völlig frei von dem peinlichen Gefühl. Wenn mir meine Therapeutin nackt in der Saune begegnen würde (was ja auch durchaus vorkommen konnte), wäre ich auch erst mal etwas überrascht und vielleicht etwas verlegen. Wie gesagt: es geht nicht darum, das Gefühl zu misskreditieren oder sofort und auf der Stelle abstellen zu müssen oder zu verurteilen. Es geht drum in der Situation sich normal zu verhalten. Und wenn /ich/ /auch/ dazu beitragen kann in dem ich LERNE mich dabei normal zu verhalten, dann gelingt es vielleicht der ganzen Situation auch ein Stück Normalität zu geben. Von allen Seiten.

Bei mir funktioniert das oft über einen inneren Dialog, den ich dann anknipse. Der viele der von mir hier bereits beschriebenen Sätze beinhaltet:
"Ach, hoppla - da ist ja auch Frau X. Okeee - sie ist also auch ein Mensch und geht mal in ihrer Freizeit aus. Hey - schön - sogar an den gleichen Ort wie ich! Da haben wir ja offenbar die gleichen Interessen, den gleichen Cafè/Kino/Klamottengeschmack ... Aha - SO geht sie also privat weg. Interessant. Püh, hoffentlich fragt die mich jetzt nicht "Wie geht`s"? Was sag ich dann? Ach quatsch, die weiss immer was passend ist und würde mir den Vortritt lassen. Da sind zwei erwachsene Menschen, die sich eben grüßen. That's it."

Ich brauche keine Angst zu haben vor so einer Begegnung. Es ist keine Bedrohung. Und wenn ich sie /habe/, dann kommt sie von woanders. Angst vor Ablehnung womöglich. Oder noch sonst was.
Als kleineres Kind war ich immer supernervös, wenn ich "in freier Wildbahn" eine Lehrerin getroffen habe - und habe kein Wort rausgekriegt.
Was wäre das Schlimmste, was dann passieren könnte? frage ich mich dann auch in der Zwischenzeit bis ich das gelernt habe, damit umzugehen. Und es war mehr absurd - diese Angst.

So ging es MIR. Wie es anderen geht?
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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Flugente
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Beitrag Sa., 04.07.2009, 16:50

Miss_Understood: es ist toll dass du so damit umgehst und wie gesagt, ich hab auch kein Problem damit, wenn mir meine Therapeutin irgendwo in Gesellschaft begegnet.

Aber, es sind eben viele andere in Therapie, die solche Dinge eben nicht so leicht hinbekommen. Die in gewisser Weise eben einfach kaputter (das ist bitte nicht abwertend gemeint) sind. Und um solche Menschen geht es.

Du gehst von dir aus und meinst: so ist es bei mir, also ist es eh allgemein easy. Nein. Du bist du und andere Menschen sind anders. Und das wissen Therapeuten. Sie kennen ALL ihre Patienten mit ALL ihren Problemen. Und deshalb tun sie gewissen Dinge, die andere halt nicht verstehen. Aber auch nicht verstehen müssen. Aber akzeptieren schon sollten.

Verstehste?
Eisberg voraus!

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Verdandi87
sporadischer Gast
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Beiträge: 14

Beitrag Sa., 04.07.2009, 17:13

Bei mir war es so, dass mein Thera und ich das von Anfang an geklärt hatten, wie wir uns verhalten, falls man sich begegnen sollte.
Fand ich schön und unkompliziert - denn dann muss man sich eben nicht erst Gedanken um das eigene Verhalten und das des Anderen machen, wenn man schon in der Situation steckt.

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Uhura
Helferlein
Helferlein
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Beiträge: 35

Beitrag Sa., 04.07.2009, 17:15

Flugente hat geschrieben:Und es kann u.U. sehr wohl zu einer blöden Situation kommen. Stell dir vor jemand sitzt gerade in einem Cafe um einen tollen Job zu lukrieren. In so einer Situation muss man sich bestmöglich verkaufen, dem anderen das Gefühl geben, er kann vertrauen in meine Fähigkeiten haben. Nun kommt der Therapeut vorbei - und das Vorstandsmitglied erfährt, dass der zukünftige Mitarbeiter in Therapie ist.
Dieses Beispiel macht mich ebenfalls rätselnd: Wie und aus welchem Grund sollte mein Gesprächspartner erfahren sollen wer die Person ist, mit dem ich kurz ein "Guten Tag" austausche? Das ich ausgerechnet in dieser wichtigen Situation ausserhalb der Therapieräume auf meinen Therapeuten treffe, würde mich irritieren, meinetwegen auch peinlich berühren, aber in keinster Weise in Erklärungsnotstand bringen.

Selbst wenn ich mit einem Freund durch die Stadt gehe, muss ich doch nicht erläutern wen ich Grüsse und woher ich die Person kenne? Und wenn der Freund, oder eine ander Person mit der ich unterwegs bin, jemand grüsst, käme es mir nicht in den Sinn zu fragen wer das war und welche Beziehung sie zueinander haben.

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Ganz noch eine Anmerkung zu dem Verlauf der Diskussion: Ich find es ziemlich Schade, dass in letzter Zeit (? -Fragezeichen, weil sooo lange bin ich noch nicht Mitleserin hier) die persönlichen Auseinandersetzungen und Anfeindungen zugenommen haben. Das ist dem offenen Austausch im Forum nicht dienlich und schreckt Interessierte und Neulinge meiner Meinung nach ab.

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