Indivualisierung in der PT - Fluch oder Segen?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

hungryheart
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1968

Beitrag Mi., 01.07.2009, 10:00

Gothika hat geschrieben:
Mir scheint es aber so, nachdem was ich so mitbekomme, dass in diese Richtung auch nur selten überhaupt gefragt wird.

Ausnahmen sind vermutlich vor allem Familien- und Paartherapeuten, Kinderpsychologen und "Familienaufsteller". Denke ich mir.

ich habe verhaltenstherapie gemacht.
da waren familiengespräche, paargespräche und in der klinik auch familienaufstellungen an der tagesordnung.

selbstverständlich wurde das beziehungssystem angeschaut und auch biographische bezüge hergestellt.


fremdanamnese bedeutet, das andere (eltern, partner, ex-partner ) zu deiner krankengeschichte befragt werden und dazu, wie sie dich erleben, was sie so denken....
ähm
mir war ganz recht, dass das weder in der klinik noch von den ambulanten theras je gemacht wurde.
Nimm was du willst und zahl dafür.

Werbung


montagne
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 4600

Beitrag Mi., 01.07.2009, 11:20

Therapie ist Hilfe zur Selbsthilfe. Der Therapeut hilft dem Patienten durch gemeinsame Forschung, einen Weg zu finden, sein Leben so gut wie nur möglich in den Griff zu bekommen.
Sehe ich auch so. und wenn das bedeutet sich von bestimmten Personen zu trennen oder sie etwas mehr außen vor zu lassen, ist es eben so. Klar ist es dnan frustrierend für die beroffenen Personen. Aber auch sie müssen ja nicht passiv verharren, sodnern können ihrerseits Schrite unternehmen.

In der Regel ist es aber denke ich eher so, das Therapieklienten im Laufe der Therapie MEHR in ihr Umfeld eingebunden werden. Sehr viele Störungen, wie soziale Phobie, Depression, Zwangserkrankungen und einige Persönlichkeitsstörungen gehen mit sozialer Vereinsahmung einher. Strittig ist, was zuerst da war, die Störung oder die Isolation. Unstrittig ist, das sich beides gegenseitig verstärkt und das beides zusammen in der Therapie angegangen werden muss um eine Heilung zu erreichen.
Mehr Kontakt, mehr echte Begegnung bedeutet aber eben auch mehr Konflikt, mehr Unbequemlichkeit.
Eine FriedHöflichkeit und Rechtmacherei ist ja auch eine Art der Kontaktlosigkeit, wnen gleich eine weniger öffensichtliche, als das Abwenden und Schweigen.
amor fati

Benutzeravatar

Gärtnerin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 41
Beiträge: 1162

Beitrag Mi., 01.07.2009, 12:37

Als ich mit 30 Jahren in einer psychosomatischen Klinik war, gab es auch zwei Familiengespräche. Die waren eigentlich nur deshalb sinnvoll, weil ich hinterher vorübergehend wieder bei den Eltern eingezogen bin (was aber nach 3 Wochen gescheitert ist). Ansonsten fand ich die Gespräche ziemlich nutzlos und konstruiert, so nach dem Motto: "Nun setzen wir uns mal hin und reden miteinander". Das einzige, was meine Mutter nach dem Familiengespräch von mir wissen wollte, war: "Meinst du, wir haben einen guten Eindruck auf den Therapeuten gemacht?" Von dem, was an praktischen Alltagsdingen und gegenseitigen Wünschen besprochen worden war, ist es uns nachher nicht gelungen, auch nur das geringste Fitzelchen umzusetzen. Eine jahre- und jahrzehntelange eingeschliffene Familienkonstellation lässt sich eben nicht mit ein paar Gesprächen umkrempeln.

Ich denke, wenn die Angehörigen wirklich interessiert und bereit sind, sich selber auf einen therapeutischen Prozess einzulassen, steht dem in der Praxis kaum etwas entgegen. Dafür gibt es Familien- und Paartherapien. Das ist dann aber eine Entscheidung, die gemeinsam getroffen wird. Das ist etwas anderes als wenn du in Therapie bist und die Angehörigen auch mit hineingezerrt werden sollen. Oft sehen die Angehörigen gar keinen Grund, sich in die Therapie einbeziehen zu lassen, wo du doch diejenige mit dem Problem bist.
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

Benutzeravatar

wetterwax
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 40
Beiträge: 107

Beitrag Mi., 01.07.2009, 13:32

Gothika hat geschrieben:Werden soziale System immer mehr vernachlässigt?

...................
Ich stelle mal eine sehr gewagte These auf: Kann es sein, dass einige (oder viele?) Therapeuten sich zu schnell zu sehr damit abgefunden haben, dass sie eben wirklich nur den Klienten vor sich zum arbeiten haben, so dass sie immer seltener in andere Richtungen denken?

Und inwieweit wäre der Wille des Klienten zu berücksichtigen? Sicherlich von Fall zu Fall unterschiedlich. Aber oft kommt es sicherlich vor, dass der Klient sich schämt, und er seine Angehörigen nicht mitreinziehen möchte. Obwohl die Angehörigen liebend gerne konkrete Aufklärung (natürlich unter Berücksichtigung der Schweigepflicht) bräuchten und selbst sehr leiden? Sollte da manchmal der Therapeut nicht auf den Tisch hauen (pardon!) und klar machen ala "So kann ich nicht arbeiten. Ich möchte mit Person X mal persönlich reden, mir selbst ein Bild machen?"

Was meinen Fall angeht, so ist es so massiv, dass ich nicht selten an meinem Verstand zweifele und mir verzweifelt denke: "Das kann doch nicht sein!!!"
Sag mal, ist dir eigentlich bewusst, dass eine Therapie eine sehr persönliche Angelegenheit zwischen Klient und Therapeut ist ?

Dass Therapeuten nicht ohne Grund gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind ? Ich denke, dass das, was in einer (Einzel)Therapie abläuft, niemanden außerhalb etwas angeht. Dass die Folge von Therapie auch (oft) ein gestiegenes Selbstbewusstsein ist (und damit auch ein anderes Verhalten seiner Umwelt gegenüber) - ist wohl wünschenswert, wenn auch die Umwelt oder die Angehörigen oft mit Befremden darauf reagieren, dass sich der Klient emanzipiert.

wetterwax
........................................................
Wer Tippfehler findet, darf sie behalten

Werbung

Benutzeravatar

Bounce
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 96
Beiträge: 286

Beitrag Mi., 01.07.2009, 13:47

Hey wortgewandte Gothika,
bei mir war irgendwann die Wut da:
Mensch ich mach und tu hier und mühe mich ab, und die anderen...???
Und der Wunsch,dass mein Umfeld und bestimmte Personen sich auch mal mit sich selbst befassen.Nicht immer nur ich. Nöl nöl,quak quak,vorselbstmitleidzerfliess....
Aber letzlich ist es doch so: Bleiben Sie bei sich!
Gärtnerin hat ja n schönes Beispiel gebracht,
es bringt sowieso nicht das,was man sich erhofft.

B.

Benutzeravatar

Gärtnerin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 41
Beiträge: 1162

Beitrag Mi., 01.07.2009, 13:53

BouncingOffClouds, ich glaube, da triffst du einen wichtigen Kern.

Noch ein anderer Gedanke:
Gothika hat geschrieben: Ich glaube, auch der Therapeut würde sich seine Arbeit dadurch erleichtern. Denn schließlich ist auch er abhängig davon, was der Klient ihm berichtet, inklusive der grundsätzlich vermutlich hohen emotionalen Einfärbung, und hat keine Gelegenheit, die Aussagen zu überprüfen.
In der Therapie geht es doch nicht bloß um überprüfbare Fakten, sondern genau um diese emotionalen Einfärbungen, also um meine ganz persönlichen Empfindungen und Sichtweisen. Wenn ich in der Therapie ein Bild meiner Angehörigen entwerfe, dann hat der Therapeut mit diesem Bild zu arbeiten, so verzerrt es auch sein mag. In diesem Bild spiegeln sich nämlich meine Themen wider, und genau darum geht es: darum wie ich die Menschen um mich herum empfinde und nicht darum, wie diese Angehörigen tatsächlich - objektiv gesehen (was sowieso nicht geht) - sind.

Ich erinnere mich daran, dass mein Therapeut nach dem ersten Familiengespräch total schockiert und auch ein bisschen sauer war, weil ich ihm nie erzählt hatte, dass meine Mutter im Rollstuhl sitzt. Für ihn schien das ein ganz wesentlicher Aspekt meiner Mutter zu sein. Aber für mich war die Behinderung meiner Mutter weder für die Therapie noch für mein Leben von Belang. Was hätte dieses Wissen dem Therapeuten genutzt? Wie hätte es meine Therapie beeinflusst, wenn ich es erwähnt hätte?
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.


montagne
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 4600

Beitrag Mi., 01.07.2009, 14:25

In der Therapie geht es doch nicht bloß um überprüfbare Fakten
Es geht gar nicht um Fakten, sondern um das, was der Klient empfindet.
Viele Menschen haben Schwierigkeiten damit wirklich zu verstehen, das jeder von uns etwas anderes wahrnimmt und fühlt. Das wir alle unterschiedlich auf die gleichen Umstände reagieren.
Das ist etwas, das jeder Therapeut wohl bis auf seine Knochen verinnerlicht hat und was auch viele Klienten erst lernen müssen. Aber ebenso wäre es hilfreich für die Angehörigen und jeden von uns das zu verstehen.

Das es nicht DIE Realität gibt, sondern das wir uns alle unsere eigene Realität regelrecht konstruieren. Und es lediglich eine intersubjektive Realität gibt. Dh, man kommt überein etwas gleich wahrgenommen zu haben und zu fühlen. Ein Überschneidungsbereich der subjektiven Realitäten eines jeden von uns.

Ein Therapeut fragt gar nicht: Wie wa(h)r es wirklich? Sondern: Wie haben Sie das erlebt?
amor fati

Benutzeravatar

candle
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 42
Beiträge: 6137

Beitrag Mi., 01.07.2009, 14:30

vallée hat geschrieben: Ein Therapeut fragt gar nicht: Wie wa(h)r es wirklich? Sondern: Wie haben Sie das erlebt?
Genau und war damals ein maßgebliches Problem für mich. Erstmal mußte ich mein Mißtrauen abbauen und glauben, dass es darum geht.

candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst

Benutzeravatar

hungryheart
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1968

Beitrag Mi., 01.07.2009, 15:36

hey liebe gärtnerin,

vielleicht bist du auch mit zu großen erwartungen in das familiengespräch gegangen?

ich habe diese gespräche damals nicht als die allesverändernden schnittpunkte gesehen, sondern einfach als gelegenheit, mal ein durch einen geschulten und mir wohlgesonnenen moderator moderiertes gespräch führen zu können und einige wenige wichtige dinge ein erstes mal anzusprechen.
ohne dass es zu kommunikativen entgleisungen kam, weil das ganze ja moderiert war.

und unter dieser überschrift habe ich die gespräche immer als sehr sehr hilfreich erlebt.

mir war aber immer klar, dass das bestenfalls ein erster schritt zur veränderung sein kann.


seit einigen jahren bin ich nicht mehr in therapie, lasse mich aber gelegentlich von einer familientherapeutin einzelne stunden lang "coachen". diese hat natürlich immer den blick auf das system in dem ich stecke, was zusammen mit ihrem lösungsorientierten ansatz wirklich oft gold wert ist.
(auch ohne das meine family überhaupt antreten muss)
Nimm was du willst und zahl dafür.

Benutzeravatar

candle
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 42
Beiträge: 6137

Beitrag Mi., 01.07.2009, 15:40

hungryheart hat geschrieben: vielleicht bist du auch mit zu großen erwartungen in das familiengespräch gegangen?
Vielleicht auch nicht. Für manche oder speziell für mich, wäre es eine Leistung überhaupt mit Familie dazustehen-sprich, ich würde zusammenbrechen *Alarm Alarm, Notarztwagen kam

candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst

Benutzeravatar

hungryheart
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1968

Beitrag Mi., 01.07.2009, 15:49

candle hat geschrieben:Für manche oder speziell für mich, wäre es eine Leistung überhaupt mit Familie dazustehen-sprich, ich würde zusammenbrechen *Alarm Alarm, Notarztwagen kam
dann würdest du aber wohl erst recht nicht die große veränderung erwarten, oder?
was wären denn deine erwartungen?

übrigens erfolgten die gespräche immer alle auf freiwilliger basis, wen ich nicht gewollt hätte, hätte es sie nicht gegeben.

nach anfänglichem zaudern wollte ich dann und ich muss sagen, ich fand es alleine deshalb schon sehr toll, weil meinem narzißtischen, uns alle dauernd ab- und bewertenden vater, (der natürlich immer recht hat ) durch die thera dauernd einhalt geboten wurde.
"haben sie verstanden, was ihnen ihre tochter sagen wollte?"
"lassen sie ihre tochter ausreden"
"das war sehr abwertend, können sie sich vorstellen wie ihre tochter sich jetzt fühlt?"
"warum glauben sie weint hre tochter jetzt ?"
"lssen sie bitte frau/tochter/sohn ausreden"

usw.
Nimm was du willst und zahl dafür.

Benutzeravatar

candle
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 42
Beiträge: 6137

Beitrag Mi., 01.07.2009, 15:56

hungryheart hat geschrieben: dann würdest du aber wohl erst recht nicht die große veränderung erwarten, oder?
Nein, aber gärtnerins Variante kennen wir auch nicht.
was wären denn deine erwartungen?
Dass ich womöglich totgeschlagen werde.

candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst

Benutzeravatar

hungryheart
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1968

Beitrag Mi., 01.07.2009, 16:06

candle hat geschrieben:Dass ich womöglich totgeschlagen werde.

candle
das klingt so, als würdest du flashbacks erwarten.
oder hast du angst, tatsächlich während oder nach so einem gespräch verprügelt zu werden?

mein vater hat mich auch schwer verprügelt , aber nicht mehr, als ich erwachsen war.
Nimm was du willst und zahl dafür.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
(V)
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 1894

Beitrag Mi., 01.07.2009, 16:17

Vielen Dank für die rege Resonanz und Erfahrungsberichte.

Insgesamt möchte ich noch einmal folgende Dinge betonen, wie sie auch im Eingangespost standen:

-selbstredend unter der Wahrung der Schweigepflicht!

-selbstredend von Fall zu Fall unterschiedlich, von „grundsätzlich“ oder grundsätzlicher Methode war nie die Rede

-im Falle von Opfer/Tätern wie z.B. Mißbrauch erübrigt sich die Frage. Selbstredend.

- Die Natur der Psychotherapie hat hier eine methodenbedingte Grenze

@Flugente
Wo soll denn der geschützte Rahmen bleiben, wenn da plötzlich andere Leute dabei sind? Die Therapie ist im Moment der einzige Platz, an dem ich mich wirklich sicher fühle. Warum sollte ich mir das zerstören?
Wie ich schon schrieb, meinte ich ja auch nicht, dass der jeweils andere komplett eingebunden werden soll. Dann wäre es ja wirklich Familien- oder Paartherapie. Nein, das meinte ich nicht. Aber zum Beispiel Aufklärungsgespräche. Zum Beispiel ein oder zwei Gespräche wie ein (freiwillig williger) Angehöriger zuhause dem Heilungsprozeß unterstützen kann. Ich denke mir: Es bringt ja niemanden etwas, wenn Therapeut und Angehörige zuhause unwissentlichen GEGENEINANDER arbeiten. Aber ich gehe dabei auch davon aus, dass der Angehörige freiwillig offen dafür ist und dies auch möchte. Bei allem anderen erübrigt sich dies natürlich.
da ich davon ausgegangen bin, dass DU in Therapie bist und DU unzufrieden bist, dass deine Angehörigen nicht dabei sind.
Umgekehrt. Die „Unzufriedenheit“ hat sich nach einigen Monaten auch gelegt, deswegen auch jetzt erst die abschließenden Resumeé ziehenden Überlegungen. Bitte beachten: Ich behauptete nicht, dass es so sei. Sondern das dies mein Eindruck ist. Dazu später noch etwas mehr. Deswegen die Frage an die Runde.
In einer Therapie geht es nicht darum, dass hier der Therapeut ein Richter ist, der ein Urteil über jemanden zu fällen hat.
Das habe ich auch nie behauptet!
Und das geht niemanden etwas an außer dem Patienten und seinem Therapeuten.
Mir geht es bei den Gedanken v.a. um die Fälle, wo kaum andere Möglichkeiten bleiben.

In meinem (mittlerweile ehemaligen Fall) ist z.B. so, dass mein Ex Erinnerungslücken und Blackouts hat. Diese aber mit sinnig scheinenden Konstrukten füllt, also noch nicht mal weiß, dass ihm eine Zeitspanne fehlt und Unstimmigkeiten werden durch fiktive Dinge ersetzt.
Entsprechend wird er niemals einem Therapeut davon erzählen können. Liegt an der Natur der Sache. Der Einzige, die das dann beschreiben könnte, v.a. was da so abgeht, wäre diejenige Person, die es miterlebt hat...


@Violetta

Zu deiner Geschichte. So ungefähr war mein Eindruck. Dies ist übrigens der Grund für diesen Beitrag: Ihn zu prüfen. Deswegen an der Stelle nochmal dank an alle für Eure Erfahrungsberichte.

...

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
(V)
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 1894

Beitrag Mi., 01.07.2009, 16:20

@Valeé
Ja in einer Therapie geht es um den Klienten. der Therapeut hat loyal zu ihm zu sein, NICHT zu den Angehörigen.
Wie ebenfalls bereits geschrieben, sehe ich dies auch vollkommen ein. Anderseits – so eben die Kernfrage – fürchte ich, dass u.a. dadurch das Bewusstsein für „soziale Gesamtsysteme“ unser Gesellschaft immer mehr verloren geht.
Und auf den Tisch zu hauen und zu sagen, ich will XY mal sprechen oder auch nur die Frage ob XY mal mitkommen kann , kann, bzw. ist ein zeimlich grober therapeutischer Fehler.
Also, alleine wenn der Therapeut es anbietet, ist er inkompentent und macht ein groben therapeutischen Fehler? Grundsätzlich? Ich verstehe nicht so ganz, wieso das bloße Angebot (- je nach Fall! -) schon solch grober Fehler sein soll? Das würde doch die Theorie jedweder Fremdamnese ad absurdum führen, oder? Diese ist – wiederum je nach Fall – auch nicht immer nötig. Aber eben manchmal.

@Gärtnerin
Wenn ich in der Therapie ein Bild meiner Angehörigen entwerfe, dann hat der Therapeut mit diesem Bild zu arbeiten, so verzerrt es auch sein mag. In diesem Bild spiegeln sich nämlich meine Themen wider, und genau darum geht es: darum wie ich die Menschen um mich herum empfinde und nicht darum, wie diese Angehörigen tatsächlich - objektiv gesehen (was sowieso nicht geht) - sind.
Ein sehr schönes Argument. Aber gilt das immer? Und absolut?

Was, wenn es darum geht, dass der Therapeut sich beflissentlich um Rat bemüht, wie Klient X mit seiner sozialen Situation y umgehen soll, aber Situation y in Wahrheit ganz, ganz anders ist als x erzählt? Dann geht der Ratschlag doch völlig vorbei, oder? Ich könnte mir sogar vorstellen, dass dies den Frust sogar noch erhöht, wenn ein Klient eifrig bemüht ist die Ratschläge umzusetzen, diese aber immer schief geht, weil es „aus Versehen“ meilenweit an der Situation vorbei geht?

Das sind so meine Bedenken. Ich weiß, dass es kein rein objektiv gibt. Aber muss es deswegen rein subjektiv sein? Ich suche da gedanklich den Kompromiss.

Ich erinnere mich daran, dass mein Therapeut nach dem ersten Familiengespräch total schockiert und auch ein bisschen sauer war, weil ich ihm nie erzählt hatte, dass meine Mutter im Rollstuhl sitzt. Für ihn schien das ein ganz wesentlicher Aspekt meiner Mutter zu sein. Aber für mich war die Behinderung meiner Mutter weder für die Therapie noch für mein Leben von Belang. Was hätte dieses Wissen dem Therapeuten genutzt?
Ein sehr gutes Beispiel. Genau an solche Situationen denke ich. Wir wissen nicht, was für den Thera relavant ist, und vielleicht gar nicht böse gemeint, erwähnen wir für ihn relavante Punkte gar nicht.
Gut, keine Ahnung ob es in dem Fall nun relavant war oder nicht, aber ich kann mir spontan viele Situation vorstellen, wo es relavant sein könnte. Zum Beispiel wenn das enge Familienumfeld selbst unter einer psychischen Erkrankung leidet, der Klient sich dessen aber entweder nicht bewusst ist, es verzerrt wahrnimmt oder auch nur aus Versehen verschweigt? Siehe oben: Ich denke, gerade wenn es um konkrete Verhaltenstipps geht, die sich auf dem problematischen Umgang mit Dritten bezieht, wäre es doch sinnvoll, möglichst genaue und wenigsten einigermaßen verlässliche Angaben über diese dritte Person zu haben? Nein, sie müssen ja nicht 100%ig objektiv sein.

Diese Antwort ist gleichzeitig auch die Antwort auf Valleé’s Beitrag dazu. Wobei ich noch anmerken möchte, dass Folgendes...
Ein Therapeut fragt gar nicht: Wie wa(h)r es wirklich? Sondern: Wie haben Sie das erlebt?
... sehr treffend formuliert ist. Danke dafür. Siehe oben: Aber was, wenn es darum geht, jemanden konkrete Ratschläge zu geben, wie er mit einer Situation/Person umgehen soll?

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag