Dazu erst mal etwas, was ich in meinem eigenen Psychologiestudium gelernt habe: Eine Panikstörung behandelt man mit Konfrontationstherapie (bei der Panikstörung nennt man das "Verhaltensexperimente) und nicht mit Vermeidung. Das, wozu du, Mikra, Toeva ermunterst ist ein Vermeidungsverhalten. Vermeidung dient kurzfristig dazu, die Angst zu reduzieren. Langfristig hat diese "Methode" jedoch (bei den meisten klienten) keinen Erfolg. Im Gegenteil, diese "Methode" kann zu einer Verschlechterung oder gar Chronifizierung führen.Mikra schrieb: sie kleiner zu machen oder sie sogar nicht zulassen
(nachzulesen z.B. in "Angststörungen" von Gudrun Sartory und zahlreichen anderen Büchern zur Angststörung)
Es gibt Klienten, denen hilft das, was du empfiehlst, hilft, bei denen ist Gedankenstopp angesagt, aber deren Angst ist anders gestrickt, als die Angst anderer. Dir, Mikra, mag das helfen, aber deshalb muss es nicht zwangsläufig auch anderen helfen.
Nun zu mir: Ich habe seit ca 10 Jahren eine Angststörung. Ich habe das anfangs so gemacht, wie Mikra das hier empfiehlt: Ich habe mich abgelenkt, ich habe meine Aufmerksamkeit von meinen Gefühlen, Gedanken und physiologischen Reaktionen abgezogen. Aus der anfänglichen Angststörung ist bei mir über die Jahre hinweg eine Panikstörung mit Agoraphobie geworden. Diese Versuche mich abzulenken waren kurzfristig erfolgreich. Langfristig haben sie die Angststörung verschlimmert und zu einer Chronifizierung geführt.
Inzwischen bin ich bei einer Therapeutin, die nicht mit Ablenkungsmethoden und Stabilisierungsmethoden arbeitet, sondern mit Konfrontation, Verhaltensexperimente, Kognitive Restrukturierung usw. Es geht in meiner Therapie nicht darum, die Gedanken zu unterdrücken, sondern sie zu Ende zu denken, physiologische Reaktionen zu unterdrücken, sondern durch Verhaltensexperimente die Erfahrung zu machen, dass ich nicht zusammenbreche, keinen Herzinfarkt bekomme, ... Wenn man sich immer nur ablenkt, Gedanken und Gefühle unterdrückt, physiologische Reaktionen ignoriert, wird man nicht die Erfahrung machen, dass einem nichts passiert, man keinen Herzinfarkt bekommt, man nicht zusammenbricht, ...
Ein ganz wichtiger angstaufrechterhaltender Faktor bei mir ist der Gedanke "Hätte ich mich nicht abgelenkt, hätte ich nicht meine Gedanken gestoppt, ... dann wäre ich zusammengebrochen, hätte einen Herzinfarkt bekommen, ...". Solche Ängste bekommt man nicht beseitigt, wenn man weiterhin vermeidet, sich weiterhin ablenkt, weiterhin Gedanken stoppt, ... sondern nur dadurch, dass man sie zulässt, sprich: sich konfrontiert.
Das Ergebnis ist, dass sich meine Angst nicht mehr bis zur Panikattacke hochschauckelt, ich wieder auf die Straße gehen kann, Bus fahren kann, ...
Ganz ist die Angst bei mir noch nicht weg, aber ich befinde mich ja auch noch am Anfang meiner Therapie und wir gucken derzeit, was "den Rest der Angst" aufrechterhält. Bei mir ist das ziemlich komplex, weil bei mir viele Faktoren zusammenwirken (immerhin hatte die Angst bei mir - Dank der Vermeidungsmethoden, die man mir empfehlen und beigebracht hat - 10 Jahre Zeit gehabt, sich zu entfalten und zu entwickeln).
@ toeva:
Such dir einen Therapeuten, der Psychologie studiert hat, der gelernt hat, wie man psychische Störungen diagnostiziert, voneinander abgrenzt und behandelt und der die Therapie auf dich individuell abstimmt. Das, was User dir hier empfehlen muss nicht zwangsläufig auch dir helfen. Bei jedem äußert sich die Angst anders. Manche Empfehlungen anderer können den eigenen Zustand verschlimmern. Such dir einen Therapeuten, der guckt, wie DEINE Angst aussieht, der guckt, was DU brauchst.
Gruß
Jenny