Unterschied zwischen Empathie und Mitgefühl

Hier können Sie Fragen zu Begriffen, Diagnosen und sonstigen Fachworten stellen, die einem gelegentlich im Zusammenhang mit Psychologie und Psychotherapie begegnen oder die Bedeutung von Begriffen diskutieren.
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Traumstern
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Beitrag Fr., 06.03.2009, 20:23

Hallo,

ich habe ich irgendwo (ich weiß leider nicht mehr wo) eine Definition gelesen, die in etwa so lautete (bezog sich aber nur auf die Psychologie):

Wenn der Therapeut empatisch ist, kann er sich in eine Patientin hineinversetzen und sie so verstehen und ihr helfen.

Wenn er "mitfühlt" kann er sie zwar auch verstehen und sich in sie hineinversetzen, aber es geht tiefer, es ist mehr Gefühl dabei, was vielleicht die Neutralität des Therapeuten gefährdet. Er kann so nicht mehr so objektiv beurteilen und helfen.

Grüße
Traumstern
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„Ich bin mir selbst zur Frage geworden.“ (Augustinus)

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Meereszauber
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Beitrag Sa., 07.03.2009, 09:26

Guten Morgen,

Gärtnerin - was Du berichtest klingt sehr spannend, vielleicht magst Du mal mehr darüber berichten, wenn das "Projekt" läuft?

Traumstern -
Wenn er "mitfühlt" kann er sie zwar auch verstehen und sich in sie hineinversetzen, aber es geht tiefer, es ist mehr Gefühl dabei, was vielleicht die Neutralität des Therapeuten gefährdet. Er kann so nicht mehr so objektiv beurteilen und helfen.
ich glaube (empathisch wie ich nun mal bin ) hier ist die Grenze für die Psychologen/Therapeuten/etc. eine hauchdünne.

Ich habe bei meinem früheren Coach (der mich als ehrenamtliche Gruppenleiterin ehrenamtlich unterstützt hat) in einer extremen Situation erlebt: in der Gruppe war es zu einer sprichwörtlich dramatischen Situation gekommen, ich war als Leiterin extrem unter Druck geraten und bat den Coach um dringenden Rat.


Bin dort hin mit einem verschleppten Infekt und habe bei dem Mann im Büro mit über 40 Fieber gesessen und fast das Bewusstsein verloren.

Obwohl der Mann über 30 Jahre lang Berufserfahrung hatte und ein echter Profi ist, ging die Gesamtsituation nicht spurlos vorbei - er hatte in dem Moment "richtig" Angst um mich bekommen, die ich trotz allem ungefiltert wahrgenommen hatte.

Nach meiner Genesung, die etliche Wochen dauerte (ich war schwer krank durch den verschleppten Infekt) trafen wir wieder zusammen, ich konnte in ihm nicht mehr den "Coach" sehen.

Ich hatte u.A. den panischen Unterton seiner Stimme im Gedächtnis, als er merkte, es "beamt" mich weg -rückblickend glaube ich, dass ich mehr Gelassenheit von ihm erwartet habe und ihm mit einer hohen Anspruchshaltung gegenübergestanden war.


Ich übergab die Gruppenleitung für mehrere Monate an mein Team (einfach auch um weiter genesen zu können und auch die Verantwortung nach dem Vorfall in der Gruppe aufzusplitten) und entschied mich dann, in Zukunft mit einem anderen Psychologen/Coach auf der Basis als Gruppenleiterin zusammenzuarbeiten.

Den Boden dafür hatte mir der frühere Coach auch geebnet -> wir haben darüber geredet.
Wir sehen uns gelegentlich beim Über-den-Weg-laufen, plaudern auch ab und zu netten Smalltalk- aber ich könnte nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten.

Es ist schade drum, aber ich glaube es ist sehr menschlich, dass auch diese Berufsgruppe an ihre Grenzen gelangen kann.

Ich glaube aber, dass es in einer therapeutischen Situation für den Klienten härtere Ausmasse annehmen würde als in der Coaching-Situation, die ich erlebt habe.
Ich war an ihn nicht in dem Sinne "gebunden". Natürlich durch die Gruppe, aber mit der muss ich ja keine "persönliche Biographiearbeit" leisten - im Coaching haben wir eben aktuelle Dinge im Hinblick auf die Gruppe durchgesprochen.

Von daher wünsche ich Dir sehr, dass Dein Therapeut es immer schafft, den professionellen Abstand zu bewahren und Du Dich "trotzdem" auf die Situation einlassen kannst!
Herzliche Grüße
Meereszauber





Vergangenheit ist gegenwärtige Erinnerung.
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Gegenwart ist der Moment in dem die Vergangenheit in die Zukunft fließt.


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Gärtnerin
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Beitrag Sa., 07.03.2009, 09:39

Ich hatte vorübergehend eine Therapeutin (habe nach 10 Sitzungen wieder aufgehört), die immer sehr mitfühlte. Manchmal standen ihr Tränen in den Augen, oder sie sah total erschrocken aus. Ich weiß, dass sie selber keine leichte Lebensgeschichte hatte, und hatte den deutlichen Eindruck, dass meine Dinge in ihr immer wieder eigenes berührten.

Ich hatte damals schon viele Jahre Therapie hinter mir, war relativ stabil und konnte gut mit ihren Gefühlsäußerungen umgehen. Wäre mir diese Frau jedoch in den Anfängen meiner Therapiezeiten begegnet, hätte das den therapeutischen Prozess mit Sicherheit sehr erschwert. Aus meiner Lebensgeschichte heraus bin ich nämlich jemand, der sofort in sich zusammenschrumpft und seine Daseinsberechtigung verliert, sobald jemand anders sich auch nur im geringsten emotional von mir belastet fühlen könnte.
Meereszauber hat geschrieben: Gärtnerin - was Du berichtest klingt sehr spannend, vielleicht magst Du mal mehr darüber berichten, wenn das "Projekt" läuft?
Gerne. Aber ich muss erst sehen, wie viel ich erzählen darf. Es ist ja nicht mein Projekt.
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

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Meereszauber
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Beitrag Sa., 07.03.2009, 10:02

Hallo Gärtnerin,

auch ich habe lange und oft in mich gehorcht, wie bei mir die Reaktion auf die Reaktion zustande gekommen ist und ich bin natürlich auch bei meinem Anteil gelandet:
ich bin ein Mensch, der sich auch noch in den extremsten Momenten zusammennehmen kann und diese (hohe) Erwartungshaltung habe ich in der Zusammenarbeit immer auch auf den Coach übertragen.

Als ich mich "schwach" gefühlt habe und die "reale Schwäche" in diesem "schwachen Moment" bei ihm wahrgenommen habe, hat sich diese Erwartung nicht mehr erfüllt.

Dazu kam noch, dass ich den Mann in all den Jahren der Zusammenarbeit noch nie so "ausser sich" erlebt habe.
Ich sass da mit meiner Angst um meine Gruppe und erlebte seine Angst um mich.


War eine spannende Selbsterfahrung....auf die ich trotzdem gerne verzichten hätte können.
Herzliche Grüße
Meereszauber





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Augustinus

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Stöpsel
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Beitrag Sa., 07.03.2009, 22:22

Hallo Traumstern,

ich selbst sehe die Abgrenzung zwischen den beiden Begriffen so ähnlich wie crumple zone und Gärtnerin. Meine nachfolgenden Beschreibungen sind also mit diesen Begriffs"definitionen" zu verstehen.

Mitgefühl ist etwas (nicht nur), was ich in einer Therapie brauche. Im Moment telefoniere ich regelmäßig mit einer Therapeutin von früher, und ein Grund, warum es mir hilft, ist auch, weil ich merke, daß es ihr nicht egal ist, was mit mir ist.
Bei der letzten normalen Therapie war das anders, und das hat mir gefehlt (vielleicht war das ein Mitgrund, warum es nicht so gut ging und ich aufgehört habe). Sie war durchaus empathisch, hat nachgefragt, aber im Grunde hab ich gemerkt, daß ich eine von vielen bin, v.a. zum Ende der Stunde hin.
Warum ich es anders brauche, ist, weil es mir Mut macht, Hoffnung gibt, Dinge anzupacken, weil ich das Gefühl habe, nicht alleine zu sein. Bei der Therapuetin, wo es nicht geklappt hat, war ich die ganze Zeit resigniert und als ich einmal aufgrund äußerer Umstände gut drauf war und diese Energie gut hätte nutzen können, um was in meinem LEben zu ändern, hatte sie gar nicht verstanden, welche Bedeutung das hat.
Sollte auch zum Schutz des Therapeuten diese Grenze eigentlich nicht überschritten werden?
Na ja, ich denke, wenn ein Therapeut Mitgefühl zeigt, ist es für ihn evtl. schwieriger. Denn wenn es dann nicht klappt, man sich verstrickt, ... ist die Gefahr, daß ein Therapeut enttäuscht ist, sich Dinge nicht eingestehen will, auch größer. Andererseits denke ich mir, kann man als Therapeut lernen, damit gut umzugehen. Und wenn ein Therapeut sich selbst auch hinterfragt, sollte es funktionieren.
Im alten Forum gab es zu dem Thema schon mal eine Diskussion:
http://www.psychotherapiepraxis.at/arch ... c&&start=0
Wenn er "mitfühlt" kann er sie zwar auch verstehen und sich in sie hineinversetzen, aber es geht tiefer, es ist mehr Gefühl dabei, was vielleicht die Neutralität des Therapeuten gefährdet. Er kann so nicht mehr so objektiv beurteilen und helfen.
Hm, ein früherer Therapeut hatte mir das auch mal gesagt. Vielleicht ist es auch vom Fall abhängig. Wie gesagt, ich brauche es anders, auch auf die Gefahr hin, daß es in anderer Hinsicht schwieriger wird. Und Mitgefühl muß ja nicht gleich so extrem sein, daß der Therapeut am Boden zerstört ist, wenn man es selbst ist. Keine Ahnung wie, aber bei der Therapeutin, mit der ich jetzt immer spreche, habe ich das Gefühl, daß es beides gleichzeitig ist: Sie fühlt mit, gleichzeitig aber nicht so sehr, daß es sie beeinträchtigt. Irgendwie genau die richtige Mischung.

Viele Grüße

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Meereszauber
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Beitrag So., 08.03.2009, 11:22

Guten Morgen zusammen,

die Frage, die mich weiter bewegt ist:
was bedeutet für Euch das "persönliche Mitgefühl"? Wo berührt es Euch, was löst es in Euch aus?

Bei mir hat das Thema natürlich etwas nachgearbeitet, weil das "persönliche Mitgefühl" meines damaligen Coaches eine Trennung ausgelöst hat.
Ich habe mir also überlegt: "Was hat das in mir ausgelöst?"

Es ist schon lange Zeit her, aber wenn ich nochmal gedanklich und gefühlsmässig in die Situation schlüpfe kommt bei mir immer der Gedankenansatz: "...ich werde von einem Mitglied aus meiner Gruppe direkt bedroht, meine Kinder werden indirekt bedroht, ich fühle mich nicht gut - ich sitze da und versuche noch den klaren Kopf zu behalten um eine zeitnahe Lösung zu finden, dass die Gruppe nicht auseinanderbricht....warum in aller Welt kriegst Du hier Panik um mich? Sieh' mal zu, dass Du jetzt auch zum Denken anfängst!"

Dann komme ich auf den Satz: "Frau Meereszauber...bitte legen Sie sich ins Bett. Ich bitte Sie inständig, sich ins Bett zu legen! Ich werde sehen, was ich tun kann, aber um alles in dieser Welt: legen Sie sich ins Bett, rühren Sie kein Telefon mehr an und keinen PC - aber legen Sie sich ins Bett."

Für mich hat sich die Situation so gespenstisch angefühlt, dass ich mich ins Bett gelegt habe , mein Mann hat mich in der Zeit auch entsprechend unterstützt.

Nach Jahren Abstand dazwischen denke ich, dass es vermutlich sogar eine ganz normale Reaktion des Coaches war weil der vielleicht die bedrohliche Situation mit klarem Kopf noch nüchterner betrachtet hat als ich.
Mir war es wichtig, mich nochmal mit ihm selbst über die Situation zu unterhalten - gerade auch, weil das auf Trennung hinauslief und ich nicht einem spontanen Bauchgefühl nachgeben wollte, das sich eingestellt hatte, als ich krank war.

Die Schlüsselsätze für mich waren dann: "Ich bin auch nur ein Mensch." und
"Frau Meereszauber, ich bin damals an meine Grenzen gekommen."

Ich habe einige Monate Pause gemacht (das war die Zeit, in der ich die Gruppe aufgesplittet hatte), bin dann durch einige Gespräche mit meinen Teammitgliedern bei der Lösung "Trennung" geblieben, zumal ich ja auch die weitere Unterstützung eines anderen Coaches im Hinterkopf hatte.

Wir hatten uns überlegt, dem Coach als Gruppe insgesamt ein "Dankeschön-Geschenk" zu machen - er hatte sich ja etliche Jahre für uns eingesetzt und mir war es sehr wichtig, auch Dankbarkeit und Wertschätzung zu zeigen.

Die Gruppe hatte als Abschiedgeschenk durch entsprechendes Hintergrundwissen einen schönen internationalen Bilderband gewählt.
Ich wollte dann doch noch ein persönliches Danke als Gruppenleiterin dazu geben und wusste nicht so recht, was ich nehme - ich war nie neugierig genug, um mehr persönliche Hintergründe erfahren zu wollen als die, die ich schon hatte, um den Bilderband vorzuschlagen.

Im Vorbeigehen hatte ich dann eine Postkarte entdeckt, mit einer nostalgischen Eisenbahn, die durch einen Tunnel fährt.
Die Postkarte hatte mich geradezu "angesprungen" - ich habe sie gekauft und mein persönliches "Danke" draufgeschrieben.

Als der Coach die Postkarte in die Hand nahm, schlug er sich die Hand vor dem Mund, ich guckte ihn an, seine Gesichtsfarbe war etwas "rötlich" und ich guckte ihn noch mehr an...und er sagte: "Frau Meereszauber....das konnten Sie nicht wissen....Eisenbahnen sind mein Hobby!"

Und: "...Sie wissen, dass Sie über eine ausserordentlich scharfe Wahrnehmung unausgesprochener Dinge verfügen, nicht wahr?"

Rückblickend denke ich, dass mein Bauchgefühl ein Gutes war - ich weiss nicht, ob unter diesen Umständen noch eine wirklich objektive Zusammenarbeit möglich gewesen wäre.

Mit dem neuen Coach läuft es hervorragend. Wir sind altersmässig näher beieinander und wir besprechen Fragen oder Anregungen "von Kopf zu Kopf", was für mich als Gruppenleiterin ein ganz wesentlicher Bestandteil eines unterstützenden Coachings ist.

Was ich bisher noch nicht in Anspruch genommen habe, ist ein supervisorisches Gespräch. Da steht möglicherweise demnächst eines an, weil es momentan einen "Fall" gibt, der mich emotional berührt und ich das mit jemanden besprechen möchte, der ...aussen vor...steht.
Herzliche Grüße
Meereszauber





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Traumstern
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Beitrag So., 08.03.2009, 12:38

@ Stöpsel,

vielen Dank für deinen Link. Die Beiträge sind sehr interessant.

@ Meereszauber,

das Mitgefühl ist für mich persönlich ein Gefühl, das mich auffängt, dass mir zeigt, dass ein menschliches Interesse seitens des Therapeuten da ist, dass man vielleicht nicht nur ein Fall ist. Das man auch gemocht wird. Es ist ein sehr gutes Gefühl, das für den positiven Verlauf der Therapie wichtig ist.

Auf der anderen Seite, weil man (ich) den Therapeuten ja mag die Sorge, ob er sich abgrenzen kann oder ob es ihm selbst schlechter geht, weil er mir hilft. Das will ich nicht. Und auch wenn es heißt, dass er auf sich selbst aufpassen kann, ändert das leider nichts an meinen Gefühlen.

Wie empfinden das denn andere?

Liebe Grüße
Traumstern
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Meereszauber
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Beitrag So., 08.03.2009, 14:08

Hallo Traumstern,

denkst Du, Du wirst das von Dir als positiv empfundene Mitgefühl des Therapeuten irgendwann durch die Therapie so verinnerlichen können, dass es sich für Dich in Selbstvertrauen wandelt?
Sprich: dass es irgendwann gleich (im Sinne von "Gleichmut", nicht "Gleichgültigkeit") ist, ob von Aussen persönliches Mitgefühl entgegengebracht wird?

(Na, ich stelle vielleicht Fragen....ich finde das Thema so unendlich spannend....)
Zuletzt geändert von Meereszauber am So., 08.03.2009, 18:04, insgesamt 1-mal geändert.
Herzliche Grüße
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Traumstern
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Beitrag So., 08.03.2009, 17:40

Hallo Meereszauber,

du stellst interessante Fragen.

Dieses Mitgefühl, das ich genieße, brauche ich eigentlich nur, wenn ich Menschen mag, also Freunde, liebe Menschen. Und die können das gleiche auch von mir erwarten und zwar voll und ganz. Und ich bin bei Menschen, die ich mag, und die ich Freunde nenne, sehr sehr wählerisch. Ich mag oberflächliche Menschen, die nur an sich und ihren Vorteil denken, überhaupt nicht und ich kann da auch keine Kompromisse eingehen (ist vielleicht eines meiner Probleme).

Bei der Therapie tut mir dieses Mitgefühl sehr gut, aber so ganz darauf einlassen kann ich mich nicht, ich mag den Therapeuten sehr, ich denke, er hat ein gutes Herz und er mag mich auch, aber es ist eine befristete Beziehung, davor habe ich Angst, das kenne ich so nicht.

Du hast recht, mein Selbstvertrauen ist eigentlich nicht vorhanden.
Ich muss mal in mich reinhören, ob ich Sympathien nach Mitgefühl-haben vergebe. Ich dachte bisher eigentlich nicht. Aber sind Menschen, die Mitgefühl für andere haben, eigentlich nicht so egoistisch und denken auch an andere? Es ist ein sehr interessantes Thema.

Da ich noch am Anfang meiner Therapie stehe kann ich nicht sagen, was mich so erwartet. Aber es wäre auf jeden Fall spannend, es in der Therapie zu gegebener Zeit einmal anzusprechen.

Liebe Grüße
Traumstern
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Meereszauber
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Beitrag So., 08.03.2009, 18:12

Hallo Traumstern,

ich greife hier mal auf:
Du hast recht, mein Selbstvertrauen ist eigentlich nicht vorhanden.
Ich muss mal in mich reinhören, ob ich Sympathien nach Mitgefühl-haben vergebe. Ich dachte bisher eigentlich nicht. Aber sind Menschen, die Mitgefühl für andere haben, eigentlich nicht so egoistisch und denken auch an andere? Es ist ein sehr interessantes Thema.

Ich gehe mal wieder zum Ursprung hier zurück - dem vermutlich fast allgemein gefühltem Unterschied bzw. der Interpretation zwischen den Wörtern "Mitgefühl" und "Empathie".

Meine Frage dazu:
idealisiert man Menschen, bei denen man "persönliches Mitgefühl" vermutet leichter oder schneller als Menschen, denen man die Eigenschaft "empathisch" zuschreibt?
Wem gegenüber ist die Erwartungshaltung grösser - einem "persönlich mitfühlendem Menschen" oder einen "empathischen Menschen" (im Sinne der allgemeinen Interpretation)?
Von wem fühlt man sich leichter enttäuscht?
Herzliche Grüße
Meereszauber





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Traumstern
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Beitrag So., 08.03.2009, 19:06

Hallo Meereszauber,

ich weiß nicht wie andere es machen, ich denke mal, bei mir ist es so:

1. Menschen, die kein Mitgefühl, keine Empathie haben und demzufolge nur auf sich und auf ihren Vorteil bedacht sind, sind für mich überhaupt nicht tragbar. Mit so Menschen will ich nichts zu tun haben. Ich grenze mich da auch ganz klar ab.

2. Menschen, die empathisch sind, sind für mich die besseren Menschen als die vorgenannten. Wobei es natürlich auch sein kann dass diese Menschen aus persönlichen Gründen einfach nicht in der Lage sind, weiter aus sich rauszugehen.

3. Menschen, die empathisch und mitfühlend sind stehen für mich an oberer Stelle. Vielleicht weil ich auch so bin und immer Anteil habe am Leid anderer reagiere ich so.

Ja, ich denke schon, dass ich Menschen die mitfühlend sind, idealisiere.

Vielleicht will ich mich so ja auch nur schützen vor den Menschen, die egoistisch, nur auf ihr Wohl bedacht, rücksichtslos anderen gegenüber sind und "über Leichen gehen". Nur "gute" Menschen findet man leider nicht mehr an jeder Straßenecke.

Ich für mich habe eigentlich keine Bekannte, aber einige sehr gute Freunde, die für mich alles tun würden und ich für sie. Ich finde, das ist viel mehr wert. Aber es erschwert das Leben auch ungemein. Und es tut manchmal weh.

Ich bin ein bisschen vom Thema weg, obwohl's im weitesten Sinne dazugehört.


Liebe Grüße
Traumstern
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Meereszauber
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Beitrag Di., 10.03.2009, 08:51

Guten Morgen, Traumstern -

mir fiel eben spontan etwas auf:
Menschen, die empathisch und mitfühlend sind stehen für mich an oberer Stelle. Vielleicht weil ich auch so bin und immer Anteil habe am Leid anderer reagiere ich so.

Kleine Gedankenspielerei:
Menschen, die für Dich ("persönlich") empahtisch/mitfühlend sind - oder Menschen, die auch für andere Menschen empathisch und mitfühlend sind?

Bei zweiterem könnten die persönliche Empathie/das persönliche Mitgefühl ja auch über das vom "Ich-und-Du" hinausgehen, der empathisch/mitfühlende Mensch könnte dieselbe Empathie/dasselbe Mitgefühl auch Menschen gegenüber empfinden, gegen die Du z.B. eine starke Abneigung empfindest.

Wie würde es Dir mit diesem Gedanken gehen oder wie geht es Dir mit dieser konkreten Vorstellung?
Herzliche Grüße
Meereszauber





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Traumstern
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Beitrag Di., 10.03.2009, 10:54

Liebe Meereszauber,

deine Gedankenspiele sind echt interessant .

Ich musste eine ganze Zeit nachdenken.
Ich glaube, ich würde diesen Menschen trotzdem mögen, da er/sie aber scheinbar einen "Kontakt" zu Menschen hat, die ich nicht mag, würde ich mich zurückziehen. Und das ist ziemlich sicher reiner Selbstschutz. Ich bin in meiner Haltung Menschen gegenüber, die ich nicht mag, sehr konsequent.

Liebe Grüße
Traumstern
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Meereszauber
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Beitrag Di., 10.03.2009, 14:00

Liebe Traumstern,

im Moment nehme ich mir viel Zeit für derartige Gedanken.
Zum einen, weil ich selbst momentan als Ehrenamtliche einen für mich herausfordernden "Fall" betreue, bei dem ich auf die Intensität meines (persönlichen) Mitgefühls/meiner Empathie achte - zum anderen weil ich demnächst ein supervisorisches Gespräch als Gruppenleiterin in Anspruch nehmen möchte (da geht es aber um das Thema "Eigenwahrnehmung/Fremdwahrnehmung").


Zurück zu Dir:
ich habe den Eindruck, dass Du ein für Dich festgelegtes Wertesystem hast.
Wie würde es sich z.B. auf die Wertigkeit Deines Therapeuten auswirken, wenn er mit demselben Mitgefühl (das Du bei ihm Deiner Person gegenüber wahrnimmst) einem weitern Klienten begegnet, der in Deinem persönlichen Wertesystem "ganz unten" ist.
Worst case:z.B. einem Kinderschänder......und Dein Therapeut hat die Kraft "trotzdem" dasselbe Mitgefühl für diesen Menschen zu entwickeln.

Daraus resultierende Frage:
richtet sich die Wertigkeit des mitfühlenden Menschen und die Wertigkeit seines Mitgefühls nach der Parteilichkeit oder "darf" der mitfühlende Mensch/Therapeut unparteiliches Mitgefühl für alle Menschen/Klienten, mit denen er zu tun hat, entwickeln ohne im persönlichen Wertesystem nach hinten zu rutschen?



Wie würde sich das auf Euere Beziehung auswirken?
Herzliche Grüße
Meereszauber





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Traumstern
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Beitrag Di., 10.03.2009, 16:14

Liebe Meereszauber,

uups, jetzt jat es mich aber kalt erwischt.

Gesetzt den Fall, mein Therapeut würde Mitgefühl z. B. für einen Kinderschänder entwickeln, wäre das für mich kein Problem. Denn wenn ich einen Menschen mag (und ich mag auch sehr viele Menschen, die gerade Außenseiter sind, sich schwer tun, Hilfe brauchen, anders als andere sind usw.) ändert sich daran ja nichts. Im persönlichen Bereich würde ich nur Abstand halten, um nicht doch "aus Versehen" in Kontakt zu kommen, mit dem, den ich eben nicht mag. Bei einer Therapie besteht diese Gefahr ja an und für sich nicht.

Aber eine andere Frage:
Was machst du denn genau? Ich habe hier nicht alle Foren komplett durchgelesen. Ich weiß nur, dass du wohl mit Kindern und Jugendlichen arbeitest, auch Pflegekinder hast. Es würde mich mal interessieren. Denn du hast bestimmt in diesem Bereich nicht viel mit Menschen zu tun, die die Sonnenseite des Lebens gesehen haben.

Liebe Grüße
Traumstern
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