Dazu möchte ich noch folgendes sagen:Saul hat geschrieben:@max
Das was du hier schreibst, ist für mich sehr plausibel. Und diese Aussage, nämlich daß die Angst im Grunde gar nicht verschwinden kann, wenn man sich immer nur mit ihr beschäftigt, hat sich in den letzten Wochen - schon nachdem du diesen wichtigen Punkt zum ersten Mal angesprochen hattest - in mein Bewußtsein gebrannt. Naja, zumindest ist der Gedanke daran häufig präsent und spielt eine große Rolle beim Abwägen der Frage "soll-ich-oder-soll-ich-nicht". Denn ich weiß ja, daß speziell die Methode der Angsttherapie überwiegend auf Konfrontation abzielt. Und schon unzählige Selbstversuche haben mich davon überzeugt, daß Konfrontation alles nur noch schlimmer macht. Umso irrwitziger meine Entscheidung, eine Ansttherapie machen zu wollen.
1.) Es kommt sehr darauf an, WIE Du in eine angstbesetzte Situation gehst.
2.) Es ist in meinen Augen sehr wichtig, daß Du nicht in die angstbesetzte Situation gehst, damit Du in die angstbesetzte Situation gehst oder die Angst loswirst, sondern weil Du in die Situation willst (Beispiel: Wenn ich Angst habe, über eine Brücke zu gehen dann sollte ich nicht über die Brücke gehen, um zu trainieren, angstfrei über die Brücke zu gehen, sondern weil ich in den dahinterliegenden Supermarkt ein Brot kaufen will, das mir so gut schmeckt).
Ich hatte z.B. Angst vor dem Autofahren. Bin aber nicht ins Auto gestiegen, um mich stundenlang zu konfrontieren (und das vielleicht auch noch tagelang vorher zu planen), sondern, weil ich am Tag XY um 15:03 festgestellt habe, daß ich einen Hammer aus dem Baumarkt brauche. Ich wollte den Hammer - was während der Fahrt passiert, war mir egal. Soll die Angst doch kommen - ich brauche jetzt den Hammer.
Wenn es mir ganz schlecht ging, fuhr ich mit der U-Bahn (na und ?) und wenn es einen Rückschlag gab, habe ich alle Kräfte mobilisiert, um mich keine Sekunde damit zu beschäftigen.
Ablenken habe ich auch nicht gemeint, auch wenn das am Anfang auch eine ganz gute Krücke ist. Weil ablenken ist nicht gleich zulassen.max35 hat geschrieben:
Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, daß genau das Gegenteil, nämlich sich von der Angst abzulenken, zu einem Ergebnis führt bzw. eine Linderung herbeiführt. Wie soll das funktionieren? Schon der Alltag läßt es kaum zu, mich bestimmten Situationen nicht auszusetzen, in denen die Angst Alarm schlägt und meinen Körper und meine Seele in Aufruhr versetzt. Und es sind tatsächlich so ziemlich alle erdenklichen Situationen, in denen andere, vor allem mir fremde Menschen vorkommen gemeint. "Akzeptieren, loslassen und zulassen..." - das versuche ich seit vielen Jahren ... Aber je älter ich werde, desto schlimmer wird es.
Mein Problem war nicht die Angst selbst, sondern daß ich sie nicht zulassen konnte. Ich habe gegen sie gekämpft oder sie mit Biegen und Brechen ausgehalten (wie man das in der KT eben so lernt).
Als ich gemerkt habe, daß aber mein Grundproblem ist, daß ich die Angst versuche zu unterdrücken, habe ich bewußt versucht, sie zuzulassen. Natürlich klappt das nicht von heute auf morgen. Das muß man genauso üben wie man es halt "geübt" hat, sie zu unterdrücken.
Akzeptieren hat für mich bedeutet, daß ich in meiner dunkelsten Stunde akzeptiert habe, daß mir nichts und niemand helfen kann, außer ich mir selbst. Das ist zwar keine einfache Erkenntnis, aber m.M. nach einfach die Wahrheit. Wenn man sich nämlich ewig damit beschäftigt, was helfen könnte oder dieses und jenes analysiert, kommt man weder auf einen grünen Zweig, noch nützt es einem irgendetwas.
Angst wird durch Streß ausgelöst und es ist definitiv auch ein Streß, ständig über alles mögliche nachzudenken.
Bei Angst geht es sehr um die Frage "Was wäre wenn ?" und darauf gibt sich der Patient oft selbst tausend Antworten. Sowohl die Frage als auch die Antworten sind sinnlos und ich erachte es auch als komplett kontraproduktiv, solch ein Frage/Antwort-Spielt in einer Therapie noch zu vertiefen. Genauso sinnlos ist es, sich wie ein kranker Esel immer wieder in Angstsituationen zu begeben und sie einfach auszuhalten.
Und ein letzter Punkt: Das Unterdrücken hängt auch damit zusammen, daß "niemand bemerken darf", daß man Angst hat. Hierzu kann ich nur sagen: Auch Herzinfarkte oder Magengeschwüre sind als Streßreaktion heute das normalste auf der Welt. Und es gibt zig Leute, die auf Streß mit Angst reagieren - somit ist das als genauso akzeptabel wie alles andere. Man muß einfach auch lernen zu akzeptieren, daß es die eigene individuelle Reaktion auf Streß ist. Und was andere heute dazu denken, ist mir ehrlich gesagt, sch...egal (noch dazu, wo Du z.B. in einem Supermarkt davon ausgehen kannst, daß es einige Leute geben wird, denen es gerade genauso geht wie Dir).