thorn hat geschrieben: Man kann doch mit ganzem Herzen dabei sein, ohne seine Liebe in Zement zu gießen, oder nicht? Ich glaube eh, dass man sie damit eher gefährdet, als wenn man sich zu der Ungewissheit bekennt. Mir ist es jedenfalls zehn mal lieber, wenn jemand sagt: "Ich hoffe, dass ich dich immer lieben werde". In diesem "Ich hoffe" steckt für mich keine Halbherzigkeit, sondern vor allem Bewusstsein - Bewusstsein darüber, dass Menschen fehlbar und Gefühle nicht (immer) kontrollierbar sind, dass Menschen sich ändern und mit ihnen vielleicht die Liebe, dass das Leben nicht vorhersagbar ist.
sehr schön auf den punkt gebracht.
Ich sehe daher auch nicht, dass diese vermeintliche Halbherzigkeit bzw. ein solches Realitätsbewusstsein unbedingt in "häufig wechselnde Beziehungen" münden muss - für meine Begriffe kann es genau das Gegenteil bedeuten.
ich denke ihr redet da ein wenig aneinander vorbei, denn ihr meint mit halbherzigkeit nicht das selbe.
einerseits kann ein "ich liebe dich" gemeint sein im sinne von "ich liebe dich so wie du jetzt gerade bist und ich hoffe, dass ich dich immer lieben werde und wir zusammen alt werden, wenngleich mir bewusst ist, dass sich menschen und umstände ändern und ich deshalb nicht versprechen kann, dass es immer so bleiben wird." darin steckt ernsthaftig, ein sich auf den anderen als ganzes und nicht bloss als ansammlung von pluszeichen auf einem virtuellen wunschzettel einlassen.
andererseits kann ein "ich liebe dich" gemeint sein im sinne von "ich liebe dich, denn du bist die beste, die ich momentan haben kann. sollte eines tages eine auftauchen, die ´besser´ ist als du und die ich haben kann werde ich dich abschießen und meine gefühle für dich werden innerhalb kürzester zeit auf die neue übergehen." darin steckt beliebigkeit, opportunismus. darin steckt ein "wirklich begeistert bin ich nicht von dir, aber mit dir zusammen sein ist besser als nichts."
beide ansichten stehen sich diametral gegenüber, aber das große problem ist nunmal, dass in jedem real ausgesprochenen "ich liebe dich" ein stückchen von beiden standpunkten drinsteckt. die frage ist vor allem, wie man herausfinden soll woran man wirklich ist. und da helfen großspurige worte wenig. nur interpretieren viele in alles, was nicht gerade eine ewige liebesbekundung ist, sofort fehlende ernsthaftigkeit rein. finde ich persönlich zwar schade, aber ich bin ja eh der meinung, dass mit dem wort liebe viel zu inflationär umgegangen wird.... vielleicht weil zu viele zu große erwartungen an die liebe haben, vor allem die irrwitzige idee, jedermann würde echte, tiefe liebe finden. deshalb ist natürlich jeder beleidigt, wenn er/sie vom partner hört, dass die ganze beziehung eher eine zweckgemeinschaft ist.... und es bleibt einem gar nichts anderes übrig, als jede noch so gefühlskalte zweckgemeinschaft als große liebesromanze hinzustellen obwohl sie das gar nicht ist... und dann wundern sich alle, wenn sie ausgetauscht werden wie alte socken.
Gib einem Menschen Macht und du wirst sein wahres Wesen erkennen.