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Do., 30.10.2008, 21:34
Ich seh das nicht als Traum, Eve.
Wir reden und reden und lesen vom besseren Leben, von dem, wie uns das was wir hier haben mehr oder weniger ankotzt, soweit wir es nicht zudecken konnten. Therapeuten, Heilige, Philosophen, Eltern, Lehrer und alle die sonst noch wissen was richtig ist, reden dir ein, wie du sein sollst, damit „alles gut ist“. Sie wollen dir unheimlich liebevoll sagen, du musst nurnoch diese eine Bedingung erfüllen, dann wird es besser. Bis du es selber von dir verlangst.
Ich halte sie für Schwätzer, solange sie nicht ernsthaft wenigstens versuchen könnten anzusehen, dass man möglicherweise Leben nicht an Bedingungen koppeln kann. (Weil sie dann ihre eigene Autorität in Frage stellen könnten.) Damit mein ich ganz allgemein die Bedingung „so und so sein zu müssen“ und darin eingeschlossen eine bestimmte Leistung bringen zu müssen, um leben zu dürfen. Wenn du meinst, die Bedingung könne im mindesten im „essen sammeln“ bestehen, würde ich sagen, dass die Bedingungen in den Köpfen längst nicht mehr nur beim „essen suchen“ sind. Das ist lange da. Menschen, die heute soviel Stütze kriegen, dass sie genug essen bekommen, die verhungern trotzdem. Versteht man das?
Das bedingungslose Grundeinkommen würde die unmenschlichen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt verändern, die Sklaverei (Leiharbeit), die 4 Euro-Brutto-Löhne (in D.), die aus Angst willfährig Überstunden leistenden Menschen, die sich nicht trauen krank zu sein, die ja und Amen sagen zum Cheff, um nach der Frühstückspause ihren Frust an den Lehrlingen und schwächeren Kollegen auszulassen. Oder an der Gabi.
Aber dazu gehört wahrscheinlich der Mut, die aktuellen Strukturen vom Anreiz und vom Vorleben zu verändern. Möglicherweise wird ja ein jeder von sich aus gern immer wieder gern ein paar Stunden am Tag etwas tun wollen. Allein, weil er sich darinnen erleben kann, sich ausdrücken. Ich zumindest brauche das. Aber der Sinn wäre dann ein anderer, das Motiv, warum du arbeitest. Und das ist gefährlich für die Peitschenknaller. Auch für die in deinem Kopf.
Heute arbeiten einige offensichtlich aus Not, manche weil sie sich aus Not in diverse Abhängigkeiten verstrickt haben...andere merken das noch nicht und nennen es Verantwortung. Vielleicht bestand die Not dann in der Not vom Alleinsein, die die Bindungen, die Ehe, die Kinder, den Lebensplan, die Firma, die weiße Ledercouch, den Kreditvertrag und den Dinners Club brauchte und die anspruchsvolle und sebstbewußte verhaltenstherapierte Persönlichkeitshülle...um nicht verloren zu gehen.
Eins der Probleme scheint mir, dass das Prinzip der Autoritäten verworfen werden müsste, wenn wir erkennen könnten, dass Leben nicht an Bedingungen geknüpft ist, sich nicht mit dem was wir Denken nennen, in eine bestimmte Richtung drücken lässt. Dass das garnicht notwendig ist. Denken besser eingesetzt werden könnte. Aber die etablierten Autoritäten werden das nicht ohne weiteres zulassen. Sie haben es sich in ihrer Position gemütlich gemacht. Ebenso wie sich das Denken in jedem einzelnen, vom „ich will das wieder haben“ und „das will ich vermeiden“ festgesetzt hat.
Das Geld für ein Grundeinkommen ist zweifellos da, wie man heute merkt, die Produktivität der Arbeit lässt das zu. Aber ebenso wie die Produktivität der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie 12 Milliarden Menschen ernähren könnte und doch knapp 1 Milliarde (von 6,7) schwer unterernährt sind, so kann man doch auch anderswo sowas erkennen. Wenn gescheiterte uniformtragende Bankbetriebswirte subventioniert werden oder Länder bombardiert (befriedet) werden. Zeiten knapper Kassen? Ja, wir dachten bis vor kurzem, dass die Kirchen fast pleite währen, doch dann hörten wir, dass die Oldenburger Ev-Luth. Gemeinde an der Börse 4,3 Millionen verzockt hat...sie selbst sagt, dass es sich NUR um Zinserträge handele...Zinsen von Nichts?....und hörten wir nicht, dass die Kommunen pleite wären?, warum spekulieren sie dann ebenso mit Zertifikaten und Aktien? Womit machen sie das, mit „Zeiten knapper Kassen“. Mit Geld, nehm ich an. Wenn die das mit Geld machen, dann können wir auch mit unserem Kopf denken. Nicht mit Denkderivaten.
Ich hör jetzt lieber auf, bevor mein Langzeit-EKG noch verrückt spielt. *schmunzel*
Hiob