Ignoranz - Wahrgenommen werden wollen

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Dunkle
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Beitrag Di., 30.09.2008, 22:08

Hallo Gothika,

ja, es is ne verfahrene Kiste mit Euch beiden. Naja, das weißt du ja
Gothika hat geschrieben: Folglich kann der einzige Weg eine gemeinsame Trennung Schritt für Schritt sein. Salopp gesagt. Dass man sich gemeinsam entliebt, Zeit und Möglichkeiten zum Verdauen gibt usw. Und genau das wird ja verweigert.
Mit Verlaub, das halte ich für eine ziemliche Idealvorstellung. Ist mir bei der Beschreibung Deiner Beziehung zu ihm, dem one-and-only-Charakter auch ziemlich klar, dass Du Dir das wünschst. Aber ganz ehrlich, dann wirst du noch Jahre brauchen, es noch weiter immer nur aufschieben und irgendwann ziemlichen Schaden nehmen, bzw. vor allem Euer Kind!! Manchmal, verzeih meine Direktheit, scheinst Du aber auch ganz schön heftig leiden zu wollen. Leiden als Weg zur Wahrheit?

Da er nun seine Mitarbeit bei dem von Dir gedachten gemeinsamen Entlieben so vehement verweigert, bleibt Dir eigentlich nicht mehr viel anderes, als von ihm abzulassen und Dich um Dich zu kümmern. WArum weist du die Scheidungswilligkeit nur ihm zu? Weil Du doch noch hoffst? Eigentlich, nach allem was ich von Dir gelesen habe, ist es doch wohl ziemlich aussichtslos oder? Wozu hältst Du da die letzte Fahne in die Höhe? Um dem Ungemach zu entgehen? Nun, das wirst Du auch erleiden, wenn er tatsächlich aktiv werden sollte. Eine Beziehung, deren Boden mal Liebe war, zu trennen, das erfordert nun mal eine gewisse "Härte", zu der man sich zwingen muss, auch wenn man einige Zeit als "böse" hingestellt wird. Das werde ich übrigens auch, ich bin nun eine Zerstörerin, eine Chancen-Abschneiderin und was weiß ich noch. Aber ich mache weiter, nicht unbeirrbar, sondern mit vielen Zweifeln und Auf und Abs, weil ich weiß, dass mich die weiter bestehende Ehe weiter krank machen würde.

Die Scheidung selbst in die Hand zu nehmen und aktiv zu werden, ist leichter gesagt als getan, da spreche ich aus genauer Erfahrung. Aber genau das wäre auch der erste Schritt, um das Schweigen als genau das zu nehmen, was es ist: Sein Schweigen. Und den "Angriff" auf Dich nicht mehr zuzulassen. Dass das mit therapeutischer Hilfe bei Dir zumindest eine Chance hätte, weißt Du wohl. Aditis Zitat ihrer Therapeutin bezieht sich wohl auch auf eine therapeutische Beziehung, die Deinen Ausgangspunkt verändern könnte.

Es läuft letztendlich immer wieder auf dieselben Dinge hinaus, oder?

Gute Nacht für heute! D.

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Beitrag Di., 30.09.2008, 23:18

Hi!
Mit Verlaub, das halte ich für eine ziemliche Idealvorstellung.
Ja, das weiß ich auch. Es war auch nur als Ideal gemeint. Ich habe es selbst schlag mit der Trennung ausgeschlossen. Das es ist nicht realisierbar ist, war von Anfang an klar.
WArum weist du die Scheidungswilligkeit nur ihm zu? Weil Du doch noch hoffst?
Nein, ich hoffe nicht mehr. Sondern tatsächlich aus dem o.g. Gründen. Weil es für mich ein wichtiger, klare Aussage wäre, nämlich genau das, was mir ja so dringend fehlt. Weil ich ihm keine Entscheidung abnehmen will. Aus Prinzip (s.u.)
...erfordert nun mal eine gewisse "Härte", zu der man sich zwingen muss, auch wenn man einige Zeit als "böse" hingestellt wird.
Nein, ich will kein falsches Schuldbekenntnis auf meine Schulter laden. Ich habe keine Schuld. Zumindest nicht an der Art und Weise der Trennung und der dadurch entstandenen Zerrüttung der Ehe. Vorher war es zwar problematisch, da trage ich auch mein Packerl, aber nicht zerrüttet. Das hat u.a. auch mit Stolz zu tun. Ich werde seine Halbwahrheiten/Lügen nicht noch unterstützen!
Aber genau das wäre auch der erste Schritt, um das Schweigen als genau das zu nehmen, was es ist: Sein Schweigen.
Verzeih, wenn ich mich gerade ein wenig dümmlich anstelle: Was hat denn das eine (Scheidung einreichen) mit seinem Schweigen zu tun? Er schweigt ja so oder so!!! Und einen Erkenntnisgewinn für mich habe ich daraus nicht.

Außer, dass ich zwar aktiv werde, aber mich durch SEIN Schweigen dazu bringen ("zwingen") lassen habe, etwas zu tun, was ich nie, niemals für mich in Frage kam. Und somit beweist es ja nur, dass er mit SEINEM Schweigen gewonnen hat, also fühle ich mich doch trotzdem „klein und mies und dreckig.“

Er manipuliert. Vor allem durch sein Schweigen, aber auch mit anderen Methoden. Und zwar so, dass man ihm
a) alle Entscheidungen und Verantwortungen abnimmt b) er dann immer als Mister-Nice-Guy dasteht
c) er seine psychische Störung weiterhin hochzüchten kann und die Dämonen seiner Minderwertigkeitskomplexe genährt werden, damit er d) eine Ausrede hat, nicht an sich arbeiten zu müssen, weil es ja eh keinen Sinn „mehr“ macht.

Ich habe mir geschworen, mich nicht mehr manipulieren zu lassen! Wenn ICH die Scheidung einreiche, wäre es aber genau das. So leide ich zwar unter seinem Schweigen, das bleibt nicht aus. Würde ich so oder so. Aber wenigstens füttere ich nicht noch seine Dämonen und lasse mich nicht in diesem Sinne benutzen.

Das Gefühl "benutzt" worden zu sein ist für mich ein tatsächlicher emotionaler Faktor.

Im Grunde ist es also ein Machtspiel, wie ich eingestehen muss. Jeder von uns will den anderen dazu bringen, die Scheidung einzureichen... und ich weigere mich die Verantwort dafür zu übernehmen. Diesmal nicht! Ich glaube nicht, dass ich mir danach befreiter vorkäme, sondern nur ein „weiteres Mal“ benutzt und manipuliert.
Und den "Angriff" auf Dich nicht mehr zuzulassen. Dass das mit therapeutischer Hilfe bei Dir zumindest eine Chance hätte, weißt Du wohl.
Wissen tue ich es nicht. Denn ich kann es mir nicht vorstellen, wie es funktionieren soll. Was jetzt aber keine Ausrede sein soll, das allein hindert ja nicht. Sondern nur, dass ich es nicht weiß, aber zumindest davon ausgehe, dass die potentiell Chance besteht.

Differenzierter: Ich denke, es besteht eine Chance, dass er irgendwann wirklich nicht mehr für mich existiert und „bedeutungslos“ wurde. Ich bezweifele aber, dass ich auch für die Zukunft jemals mit Schweigen umgehen kann oder diese Wunden "heilen".

Momentane Selbsteinschätzung: Noch ein oder zwei Tage wie der heute und ich mache wieder den Fehler und schreib oder ruf ihn an... und sei es um ihn anzuschreien. Durchhalten! *sfz*

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Beitrag Mi., 01.10.2008, 11:59

*hüpf*

*meld*

*mit den Fingern schnips*

Hallo Dunkle!

Ich glaube, ich hab heute Nacht etwas verstanden. Nun ja, erst mal mehr so eine Ahnung, noch nicht wirklich greifbar... aber ich freu mich, und will es gleich mitteilen. Also, erst mal ins Unreine gedacht:

Ging noch mal all die wenige Male durch, da ich mich nicht durch's Schweigen ins Boxhorn jagen ließ. Viele waren es ja nicht, und es liegt meist schon lange zurück, aber es gibt ein Muster.

Nämlich selbst "gleichgültig" zu sein obwohl man es nicht wirklich ist. Mehr oder weniger Trotz sich dazu zwingen, dass man an sich selbst denkt und dies dann aber auch betont zeigen. Ihn mit dem Schweigen auflaufen lassen. Vorbeilaufen lassen.

Kann mich leider nur vage an das Gefühl erinnern. Und für mich selbst ist es nicht selbstverständlich. Vor allem das Wort "gleichgültig" sorgt für Verwirrung und sollte hier aus meinem Wortschatz gestrichen werden, weil es einerseits eine Gleichgültigkeit ist und dann doch wieder nicht. Ergo, irgendwas anderes.

Irgendwas anderes. Eine Schubumkehr. Die Rollen tauschen. Stabilität in der Persönlichkeit zeigen, auf dass der Schweigende was hat, woran er sich orientieren kann. ER hadert ja dann mit sich, seiner inneren Macken... sich nicht davon beeinflussen lassen.

Leichter gesagt als getan. Und es gibt feine, aber entscheidende Unterschiede. Und zwar: Wenn man sich gar nicht davon beeinflussen lässt, dann geschieht ja auch nichts. Dann wäre die Situation eingefroren. Also muss man schon was tun an sich selbst, was aber nach außen ein anderer Signal setzt.

Wichtig: Ein anderes Signal statt gar nicht darauf reagieren.

Schubumkehr. Nicht passiv hinnehmen an sich vorbei gleiten lassen. Bringt nichts. Sondern ein Signal setzen, dass das was von ihm ausgeht wieder "auflöst".

Bsp. so was wie "Gut, du schweigst. Ich nehme das zur Kenntnis und finde es nicht gut. Aber es ist DEIN Bier. Komm wieder, wenn du dich beruhigt hast!" statt "Ist geht mir sonstwo vorbei, dass du schweigst." Nach außen hin könnte das gleich aussehen, kommt aber auf die genaue Art an wie man es rüber bringt.

Und ich glaube, dass ist auch das Erfolgsgeheimnis vom Einreichen der Scheidung. Die Scheidung ist nicht nur ein neutrales Zeichen dafür oder Signal, dass man sich hat klein kriegen lassen, oder dass man dies und jenes nicht mehr mitmacht... sondern es kehrt das ganze um. Man schlägt zurück. Klingt hart. Mir fehlen die richtigen Worte. So wie das Schweigeopfer nur zu gerne denkt, man sei demjenigen gleichgültig... denkt nun der andere durch diesen konkludenten Akt erst mal man sei dem anderen egal. Im ersten Moment. Drum muss man es erst verdauen.

Ich meine also auch eine ganz bestimmte Form des Spiegelvorhaltens, aber noch scheint mir das wie ein diffuser Balance-Akt. Erinnerte mich aber wie gesagt an die wenige Male, wo man mit dem Schweigen zurecht kam.

Gut, es hat einen Harken: Man muss noch so viel Kontakt haben, dass man irgendwie interagieren kann. Ganz klar spüre ich z.b. meinen Wunsch ihm mal zu zeigen, wie das umgekehrt ist, wenn man so ignoriert wird. DAS würde was bringen. Ich schätze, sogar auf beiden Seiten. Für mich wäre es ein kleiner Trick um mehr an mich denken zu können. Und irgendwie scheint so was - wenn ich mich recht erinnere - einen Effekt auf ihn zu haben.

Und dies ist ein feiner, aber entscheidender Unterschied, zumindest in meiner emotionalen Wertung. Wenn ich es nun einfach "abschalte" (egal wie lange es dauert) und er davon absolut nichts mitbekommt, dann hab ich mich - obwohl ich es nicht wollte - verbogen und bringen tut es nichts. Außer für mich das miese Gefühl, mich manipulieren und verbiegen haben lassen. Ganz anders ist es, wenn ich das gleiche tue, ihn das aber wissen und spüren lasse! Dann wird aus dem passiven Aufgeben ein aktives Signal, welches als solches eine Botschaft für hat...

Alles rein hypothethisch. Meine spontane Gedanken soweit dazu. Hoffe nicht zu wirr, wie gesagt, noch ins Unreine.

Mit dem nicht persönlich nehmen ging ich auch noch mal durch. Versuchte es mit einer Affirmation, die aber sofort auf absolute Gegenwehr stößt. Nein, das ist der falsche Satz zu für mich. Wenigstens wurde mir klarer warum:

a) SEIN Schweigen ist nicht nur SEIN Problem sondern wird für alle Beteiligten (mich UND Kind UND andere Verwandte) zum Problem. Er hat nun mal auch eine Verantwortung für das was er aussendet. Und ICH für das, was ich annehme. Ich kann zwar nur für mich handeln, nur an mir arbeiten... aber das entbindet IHN trotzdem nicht seiner Verantwortung für das, was er damit aussendet. Er sendet dies MIR gegenüber aus. Deswegen hat es auf jeden Fall eine persönliche Komponente.

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Beitrag Mi., 01.10.2008, 12:00

b) Eins sagt sein Schweigen jedoch ganz eindeutig aus: Dass ich ihm NICHT egal bin. Dies alleine sagt zwar noch nicht, was dahinter steckt, aber es (ich, die Sache mit mir etc.) ist ihm NICHT egal, denn sonst würde er ja ganz normal (= Masken, Jaja-Sagerei) mit mir reden, sich seinen Teil denken, um so wenigstens Kontakt zum Kind wahren zu können.

Genau das macht das Schweigen solcher Männer so furchtbar anstrengend, verwirrend und giftig für die Seele: Das Schweigen selbst enthält so gut wie keine Aussagekraft. Es kann alles mögliche dahinter stecken. Somit liegt die Verantwortung wie man es interpretiert und für sich wertet ausschließlich auf dem Gegenüber.

Heißt im Klartext für mich: Habe mir heute Nacht mal wieder Gedanken um die andere mögliche Interpretation gemacht. Eine Umdeutung und Neubewertung. Um genau zu sein bin ich zwischen zwei Extremen hin- und hergerissen, beide sind gleichermaßen denkbar (Mitteldinger gibt es hingegen wenige). Vor einiger Zeit hatte ich mich bewußt entschieden die negative Variante zu nehmen um mich absichtlich "ent-lieben" zu können. Könnte aber auch die Variante nehmen, die mir hingegen ein warmes und gutes Gefühl gibt. Beispielsweise das Schweigen so deuten, dass es ja nur beweise wie nahe und wichtig ihm die Schwierigkeiten gehen!!! Also das Gegenteil zur "Gleichgültigkeits-Interpretation".

Außerdem dachte ich noch darüber nach, wie und auf welche Art und Weise solche Schweigertypen ihre Gefühle ausdrücken, die sie nun mal nicht verbalisieren können. Zumindest bei meinem Gemahl fiel mir einiges auf. Dass er möglicherweise auf seine Art und Weise doch ganz viel sagt, aber eben... nonverbal! Und das es dabei sicherlich auch darauf ankommt, die richtigen Bälle zuzuspielen.

Harken? Es bleibt für das Schweigeopfer immer Spekulation. Solange man noch frisch verliebt ist und viel Vertrauen hat, geht man von der bestmöglichsten Interpretation aus. Später dann irgendwann von der schlimmstmöglichsten. Entscheidend ist die Grundhypothese, dass man vom Schweigende hat. Ist man sich sicher, er liebe einen, wird ein und das selbe ganz anders aufgefasst. Das Schweigen bleibt indessen unverändert.

Liebe Grüße,

*das Hamsterrad ölend*

Gothika

PS: Ich möchte noch mal betonen, dass es mir in diesem Topic nicht um IHN direkt geht, sondern nur an ihm, den aktuell dringsten Beispiel, allgemein wie man mit Schweigern umgeht. Es gibt da ja noch so einen anderen Schweiger in meiner Nähe, ganz anderer Natur...

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yasae
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Beitrag Mi., 01.10.2008, 13:15

@ Gothika

Meine letzte Trennung war ne reichlich traumatische Erfahrung...von jetzt auf gleich jeder Kontakt abgebrochen, als wär Sie überfahren worden.

Was die Leidensphase bei mir so verlängert hat war letztlich der Umstand daß ich ihr nicht verzeihen und nicht um sie trauern konnte, nicht weinen konnte.
Stattdessen war ich wütend, hatte Ansprüche an sie und hab mich dauernd mit ihr und der Situation beschäftigt. Mich immer nur im Kreis gedreht.

Zum Schluß kam dann eine Art Nervenzusammenbruch - da habe ich dann sehr viel geweint. Und dadurch wurde es besser. Und war schließlich weg.
Der Druck war weg und die offenen Fragen auch.

Vorher hatte ich mich emotional noch nicht gelöst, so sehr ich mir das auch eingeredet hatte.

Liebe Grüße

y

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Aditi
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Beitrag Do., 02.10.2008, 08:09

yasae hat geschrieben: Was die Leidensphase bei mir so verlängert hat war letztlich der Umstand daß ich ihr nicht verzeihen und nicht um sie trauern konnte, nicht weinen konnte.
y
und vielleicht auch (das ist nur eine vermutung), weil du dir nicht verzeihen konntest!?

aditi

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yasae
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Beitrag Do., 02.10.2008, 11:24

Aditi hat geschrieben: und vielleicht auch (das ist nur eine vermutung), weil du dir nicht verzeihen konntest!?

aditi
Ja, das sicher auch.

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vita
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Beitrag So., 05.10.2008, 09:46

Hallo,

dieser thread ist sehr interessant und erinnert mich an meine schlimmen Zeiten, als ich noch dem Wahn verfallen war, einen Schweiger zum reden zu bringen. Eine längerfristige Therapie hat mir Gott sei Dank mein verklebtes Auge geöffnet, wobei sich mir recht interessante Fragen und eine andere Sicht der Dinge eröffnet haben.

Warum war es mir eigentlich so wichtig, den Schweiger zum reden zu bringen?
Ich bin nicht nur mit missionarischem Eifer, sondern eher mit dem Wahn eines Fanatikers vorgegangen - mit all den Auswüchsen, die hier im Thread so plastisch geschildert werden.

Was wollte ich erreichen?
Dass ausgerechnet der Schweiger, den ich mir natürlich für mein Vorhaben ausgeguckt hatte, mir etwas gibt, was ich von anderen redebereiteren Menschen jeder Zeit bekommen hätte. Mein Hamsterrad war eine mir von mir selbst auferlegte Mission, die natürlich von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Der arme Schweiger, der lediglich seinem Naturell entsprochen hat, wurde also von mir traktiert mit allen möglichen und unmöglichen Künsten der Manipulation bis hin zur Hysterie. In meiner absoluten Distanzlosigkeit gefangen, konnte ich nicht sehen, dass der Schweiger noch mehr auf Distanz gehen musste, um sich selber vor meinem Wahn zu schützen.

Was war durch mein Verhalten passiert?
Ich war in meiner Endlosschleife genau da, wo ich rausgekrochen bin. Die entsetzliche Situation meiner ausweglosen, erbärmlichen Kindheit war erneut erweckt worden. Ich im luftleeren Vakuum der Stille und des Schweigens, aber mit den Möglichkeiten eines erwachsenen Menschen, konnte mich nun der Hoffnung hingeben, die Kontrolle, die ich einst verloren hatte, nun endlich wieder zu erlangen.

Was habe ich gelernt?
Das Trauma loszulassen. Meine Abhängigkeit zu erkennen. Ich war vom Schweigen des Schweigers abhängig, denn sonst hätte ich ja meinen Kampf nicht kämpfen können. Kein Schweiger lässt MICH allein, kein Schweiger sucht mich auf, um mir sein Schweigen aufzudrängen. Warum also nicht Menschen aufsuchen, die gerne sprechen?

Ich hoffe, meine Ausführungen regen zum Nachdenken an. Mein Knoten ist geplatzt und es gibt keine Schweiger mehr in dem Sinne, dass sie mich zu Wahnideen anregen könnten. Das war nicht einfach - sondern bedurfte harte und schwierige therapeutische Arbeit.

lg
vita

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Beitrag So., 05.10.2008, 12:21

Hallo Vita,

das ist ein sehr schöner Ansatz, und ich werde ihn ganz sicherlich in meine Überlegungen miteinbinden.

Ich bin jetzt endlich so weit, unterscheiden zu können was bei meinem Schweiger persönlich zu nehmen ist und was nicht.

Und ja, manchmal tat auch er mir Leid, wie er unter mir zu leiden hat. Allerdings habe ich die letzten Monate seit der Trennung verhältnismässig wenig über diese Aspekte nachgedacht... man war zu sehr mit leiden und wütend sein und dem Wahn, man müsse ihn zum sprechen bringen beschäftigt.

Einer der entscheidende Hinweise war was Arta anfangen sagte. Salopp wiedergegeben: Das Schweigen nicht persönlich oder als persönlichen Angriff sehen.

Dass sein Schweigen u.a. auch eine Schutzreaktion war, u.a. vor meiner "Hysterie"... das war mir die ganze Zeit über zwar deutlich bewußt, aber ich wußte nicht, wie ich es ändern soll.

So zynisch es klingt in diesen Topic, wir sollten unsere verhassten Schweiger ein wenig rehabitilieren. Wir - die Gegenseite - haben auch einen an der Waffel. Sorry. Und genau das war auch einer meiner Gründe dieses Threats:

Entweder es stimmt etwas mit dem "kann man nichts machen" nicht, oder mit einem selbst, dass man so extrem drunter leidet.

Zumindest von meinen Noch-Gemahl weiß ich jetzt wieder, dass er ja unter dem Schweigen selbst leidet und nicht aus seiner Haut kann. Und ich weiß auch, wieso ich so persönlich so darunter leide und welchen Part ich selbst mitzuverantworten habe.

So hat er z.b. keine Freunde, will er auch nicht. Niemand ist ihm nah. Und wenn er sich bei denen nicht meldet, IST das auch tatsächlich Gleichgültigkeit. Verunsichert durch diese ganze Elend projizierte ich es auch auf mich und das Kind, obwohl eine Seite in mir (die Vernunft) es ja eigentlich besser wußte. Nur emotional wollte ich es nicht einsehen. Da gab es nämlich noch den zweiten Aspekt, dass ich ja 12 Jahre lang, z.T. als quasi Mittäterin, erlebte, wie extrem gut und manchmal gerne, aus Gehässigkeit, er anderen Masken vorspielt. Wenn ich also das Bild im Kopf hatte, wie er mir fröhlich mit anderen ausgeht... interpretierte es mein "inneres Kind" immer mit der Frage, ob er auch mich jahrelang angelogen hat. Ob all die Liebe nur gelogen und geheuchelt war. Und diese Frage ging wirklich an die Niere. Aber mit dem Trennungsverlauf begann er mich ja wie eine "gewöhnliche nervende Bekannte" zu behandelt, also projizierte ich auch, dass alles was wir hatten genauso sein müsse, wie bei seinen Spielchen mit oberflächlichen Bekannten.

usw.

Auf jeden Fall habe ich nun etwas sehr wichtiges gelernt, und deinen Ansatz, Vita, werde ich nun mit einbinden. Ich bin sogar relativ überzeugt, dass mein Noch-Gemahl und ich jetzt wieder miteinander reden könnten... Müßte in der festgefahrenen Situation nur ein Anfang her. Heißt im Klartext: Jetzt gilt es die neuen Erkenntnisse auch umzusetzen, v.a. in Form von Geduld. Und davon habe ich meist recht wenig. Da gibt es noch einiges zu tun!

*Im Laufrad rotierend bis es aus der Verankerung springt. Zwar immer noch IM Laufrad... aber deutlich freier...*

Gothika

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Aditi
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Beitrag So., 05.10.2008, 12:23

liebe vita,

seit 25 jahren lebe ich mit einem SCHWEIGER zusammen und ich kann alles, was du geschrieben hast, bestätigen. die zeiten, in denen ich in den alten wahn zurückfalle, sind bereits selten geworden und bei weitem nicht mehr so intensiv und schnell komme ich da wieder heraus. es bedarf tatsächlich jahrelanger harter therapeutischer arbeit. nicht von heute auf morgen verändert sich der ausgetretene pfad im gehirn. neue furchen müssen in mühsamer, hartnäckiger, bewusster seelenarbeit angelegt werden und auch dann immer wieder begangen werden, sodass sicherheit entstehen kann: SEIN schweigen hat wenig bis nichts mit MIR zu tun. dass mich sein schweigen so trifft, hat mit früher/mit meiner kindheit zu tun. sein schweigen rührt an eine alte wunde. es weist mich darauf hin, dass ich hier eine "baustelle" habe.

mlg
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fontana
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Beitrag Mo., 06.10.2008, 11:58

Jaaa, ich suche mir auch immer "Schweiger". Bei mir ist es zwar schon so, dass sie zuererst ganz stark, geradezu distanzlos ihre Gefühule ausrücken und mich mit ihrer Persönlichkeit richtig "einnehmen", aber dann plötzlich wochen- und monatelang nicht mehr melden. Nicht reagieren wenn ich mich melde. Macht mich wahnsinnig sowas.

Ich bin bisher auch immer jahrelang "hartnäckig" an so einer Sache drangeblieben. Fanatisch gefällt mir auch sehr gut in diesem Zusammenhang... Kaum konnte ich dann den einen Schweiger gehen lassen - kam flugs darauf ein neuer daher...

Bei mir geht die ganze Sache wohl auch auf die Beziehung zu meinen Eltern zurück. Nach jedem extrem dramatischen Streit mit meiner Mutter kam wieder die Versöhnung. Die Versöhnung und das Wiedergutsein musste kommen! Auch wenn vorher noch so ausweglos... Und bei Männern, bei der großen Liebe... hätte ich das wohl auch erwartet....

Frauenspezifisch? Ich dachte mir,wenn man davon ausgeht, dass man zusammengehört, für einander bestimmt ist etc. und dann plötzlich AUS - das geht doch nicht.... man hätte sich monate- und jahrelang zuvor getäuscht... und selbst im Moment des Wartens fühlt man sich ja noch seeeehr verbunden mit der Person.

Aber: wenn nicht dann nicht. Das hat m.E. weniger mit abtöten als mit loslassen zu tun. Gelassenheit. Alles fließt Man kann nichts festhalten auch wenn man sich noch so daran klammert....

alles gute!

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fontana
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Beitrag Mo., 06.10.2008, 12:07

Ich sehe aber auch das generelle Problem. Bei mir gibt es Phasen, da will ich gerne wahrgenommen werden. Schreibe e-mails und sms und krieg dann wochenlang keine Antworten.....

Selbst nich von einem Professor, von Verwandten, Freunde... hat wohl jeder seine eigenen Gründe warum keine Antwort, aber ich checke alle 2 Minuten mein e-mail account und es kommen keine neue Nachrichten. Da gehen mir die Nerven absolut durch.

Sogar von Leuten die mir nicht so wichtig sind - ärgere mich total wenn ich ständig daran denke vor wievielen Tagen ich ihnen ein e-mail geschickt habe und noch immer keine Antwort... Finde das auch respektlos! Manchmal fange ich dann an an meinen Texten zu zweifeln, kann mich kaum dazu bringen nochmal nachzufragen und fühle mich alsdann einsam und zurückgewiesen...

Momentan wieder mal so ein Loch bei mir und nun ist mir auch bewusst, dass mein aktueller "Schweiger" auch seit ca. 3 Wochen auf eine Antworten warten läßt.....

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today
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Beitrag Mo., 06.10.2008, 12:36

Interessantes Thema

Dass man "wütet", um wahrgenommen werden, bedeutet ja glaube auch: "Gib gib gib mir, dass meine Bedürfnisse berechtigt sind. Ich kann mir diese Berechtigung nämlich selber nicht geben."
Ist glaube den anderen benutzen - der eine schweigt, der andere schreit, um wahrgenommen zu werden.

Liebe ist...wohl zunächst Selbstliebe, so liest man jedenfalls, wenn man bißchen liest. Die, die ausreicht, dass ich mir die Berechtigung meiner Bedürfnisse selber geben kann und dafür keine Bestätigung von anderen holen brauche.
Zum einen. Zum anderen ist eine Beziehung ja auch ein gemeinsames "Unternehmen". In dem man sich einigen muss, zurückstecken muss. Und dieses sich einigen sollte wohl halt was sein, wo keiner untergebuttert wird, sondern jeder ausreichend zu Wort kommt. Auch, was die Bestätigung durch den anderen betrifft, dass man halt der ist, mit dem der andere gern zusammenlebt.

Aber eben nicht um jeden Preis.
Und vielleicht ist die Aushandlung dieses Preises nichts, was ich mit dem Partner aushandele.
Sondern nur mit mir.
Nicht nur ich muss zum anderen passen, sondern auch er zu mir.
ER zu mir.
*grien *
Eltern kann man sich nicht aussuchen. Oder tauschen. Und man kann sie auch nicht verlassen.
Partner schon. Ätsch.

Glaube ich. Aber ist schwer. Für sich selbst ganz allein verantwortlich sein ist immer schwer.
und tschüss, das ist mir zu viel wortzensur hier

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fontana
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Beitrag Mo., 06.10.2008, 14:07

Ja, ich hab mal mal gelesen: Liebe ist wenn zwei Neurosen zusammenpassen...

Man sucht wohl meistens das, was einem fehlt...
Bestätigung des eigenen Weges, der eigenen Person würde man sich wünschen - aber wenn man selbst mit sich nicht im reinen ist... wie soll das gehen?

Ja, Selbstliebe gut, für sich alleine verantwortlich sein auch - aber schwer Grenze zu ziehen... weil wenn überhaupt kein "Bedarf" an Partner da ist, dann gewöhnt man sich daran alles alleine zu machen etc.

Dann brauch ich zum Schluss auch keinen Anruf mehr... aber wahrgenommen zu werden ist glaube ich doch ein elementares Bedürfnis des Menschen.

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Beitrag Mo., 06.10.2008, 14:12

fontana hat geschrieben:Ja, ich hab mal mal gelesen: Liebe ist wenn zwei Neurosen zusammenpassen...
Herrlich!!! Ganz toller Satz!
today hat geschrieben:Dass man "wütet", um wahrgenommen werden, bedeutet ja glaube auch: "Gib gib gib mir, dass meine Bedürfnisse berechtigt sind. Ich kann mir diese Berechtigung nämlich selber nicht geben."
Ist glaube den anderen benutzen - der eine schweigt, der andere schreit, um wahrgenommen zu werden.
Ja, es geht darum wahrgenommen zu werden. Ich mußte über den o.g. Absatz erst mal kurz in mich gehen, und kam dann zu dem Schluss, dass es zumindest für mich an einem anderen Punkt hark(te):

Ich weiß was ich mir wert bin und dass ich ein Recht auf dieses und jenes Bedürfnis habe. Mir geht es dabei nicht um Legitimisierung derselben.
Ja, ich glaube sogar, dass es berechtigt ist verwirrt, sauer, verunsichert etc. zu sein, wenn der Gegenüber sich ohne Erklärung plötzlich aus jeder Kommunikation zurückzieht, v.a. wenn es um eine Beziehung geht. Bei Bekannten bliebe immer noch Unhöflichkeit.
Aber man will den Gegenüber - den Schweiger - davon überzeugen. Ich will, dass der Schweiger, das auch einsieht. Sonst fühlt man sich als fühlender Mensch nicht wahrgenommen.

@all
Man könnte die Negativspirale wohl so formulieren:

"Dein Schweigen verunsichert mich. Zu Recht. Denn man kann nicht sicher sein, was in dem anderem vorsich geht. Ver-un-SICHER-ung. Sicherheit in Beziehungen ist nicht alles, aber eines von vielen Bedürfnissen. Zu Recht. Dass du mir keine Chance gibst irgendwie mit dem Gefühl umzugehen und es zu bearbeiten, macht mich wütend, obwohl ich dich eigentlich liebe und nur möchte, dass du wieder mit ihr redest.
Ich will nicht wütend sein. Aber du schneidest mich in meinen berechtigen Bedürfnisse nach einer grundlegenden Sicherheit ein. Obwohl ich dir nichts getan habe. Warum? Dazu hast du kein Recht. Womit habe ich das verdient? Wenn du mir sagst, was ich falsch gemacht habe, dann können wir darüber reden. Das Problem lösen. Aber die Chance gibst du mir ja gar nicht! Bedeuten ich und die Beziehung die etwa gar nichts? Und das soll ich nicht persönlich nehmen?
Und nachdem du erst nicht auf die Verunsicherung eingegangen bist und jetzt nicht mal auf die Wut - die sogar eine Gefahr für unsere Beziehung ist und unter der ich leide, weil ich sie gar nicht will - verletzt mich wiederum. Nimmst mich überhaupt nicht wahr. Und ich weiß nicht mal, ob oder was ich getan habe? Und dass mich das verletzt, macht mich noch wütender. Wie ein verwundetetes Raubtier. Dabei will ich doch gar nicht wütend sein. Und das macht mich wiederum verzweifelt, dass ich etwas fühle, was ich gar nicht will und doch nichts daran ändern kann. Dann weine ich wieder, weil ich doch nur will, dass wir wieder in Kommunikation zueinander treten und damit ich mit dieser Unsicherheit, die dein Schweigen verursacht, umgehen kann. Und dann beginnt der ganze Teufelskreislauf von vorne..."

Was meint Ihr? Trifft es das Muster? Ich zumindest will, dass mein "ER" einsieht, dass ich ein RECHT auf all diese Gefühle habe. Ich weiß es. Aber er offenbar nicht. Denn sonst würde er es doch nicht tun?

Und jetzt mal ganz ehrlich, welche Sätze helfen uns Schweigeopfern es leichter zu nehmen und aus dem Schweige-Teufelskreis herauszukommen?

"Es ist nicht persönlich gemeint, es hat nichts mit dir zu tun, aber ich brauch jetzt erst mal meine Ruhe und muss mich zurückziehen."

oder

"Ich verstehe ja, dass du verunsichert / wütend bist, aber..."

Allein wenn das voran gestellt werden würde! "Ich verstehe ja , dass..." ... Wäre das nicht bereits eine Riesenerleichterung?

Aber warum ist es so schwer? Mir gefällt dieser sehr konstruktive Thread hier sehr. Was mir jedoch noch fehlt wäre mal ein Statement seitens der Schweiger? Ihre Sicht der Dinge? Das wäre mal ganz interessant.

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