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Mi., 12.06.2024, 07:57
Ich habe lange darüber nachgedacht was Du geschrieben hast. Ich kann nicht sicher sagen, ob Autismus bei mir ein Thema sein könnte, was aber sicher stimmt, ist, dass ich mich nirgendwo dazugehörig fühlen kann/will. Ich lebe nach meinen eigenen Regeln und gestalte meine eigene Welt, soweit es mir gelingt. Ich habe mich noch nie einer Gruppe angeschlossen oder dort integriert. Im Gegenteil, ich habe stets eigene Gruppen begründet in der ich versucht habe die Welt nach meiner Vorstellung zu gestalten. Du hast Recht, die Welt da draußen stößt mich ab. Ich suche nach tiefen, wertvollen, ehrlichen, starken Verbindungen, gepaart mit meinen stark ausgeprägten Werten. Ich erkenne in vielem und auf multiblen Ebenen eine enorme Komplexität und Dynamik. Z.B. auf sozialer, politischer, philosophischer und gesellschaftlicher Ebene. Ich bin ein Beobachter und Analyst. Auf rationaler Ebene. Habe extrem feinfühlige Antennen für Veränderungen und Situationen. Kann die Realität oft extrapolieren und somit häufig Situationen kommen "sehen". Im kleinen Rahmen, wie im großen. Überhaupt ist das viele Sehen oft eines der größten Probleme die ich habe. Ich habe oft das Gefühl, ich kann Menschen lesen und sehe sie nackt. Aber auch Situationen in unterschiedlichem Kontext. Ich fühle menschliche Verbindungen nicht so wie die breite Masse, weiß aber was tiefe Verbundenheit, Liebe und Loyalität bedeutet. Besonders im Bezug auf meine Kinder und meine Frau. Und trotzdem verstehe ich nicht, was ich bei oft unbekannten Menschen sehe, weil mir die emotionale Komponente dazu fehlt, bzw. widerstrebt, mich darauf einzulassen. Klingt das autistisch? Ich sehe die Welt und den Alltag oft mit anderen Augen als mein Umfeld. Nein eigentlich immer. Sehe Dinge, die kaum einer bemerkt, erkenne Strukturen, die viele übersehen. Nein, ich bin auf keiner Eben des Lebens ein Teil von irgendwas. Meine Frau kann das nicht wirklich verstehen. Ich erwarte es aber auch nicht von ihr. Habe früher versucht Menschen in meine Welt zu ziehen und ihnen zu zeigen was ich sehe. Es hat ihnen meistens Angst gemacht, teilweise verstört und zugleich fasziniert. Es geht über die "normale" Wahrnehmung hinaus und es waren auch oft bewusssteinerweiternde Substanzen bei Ihnen im Spiel, um überhaupt einen Hauch einer Ahnung zu erhaschen. Es gibt die Sorte Menschen, die mich aufgrund meiner "Fähigkeit" oder auch "Bürde" respektieren, achten, manchmal sogar bewundern und den größeren Teil, der nicht ansatzweise versteht was in mir vorgeht und eher abgeschreckt ist. Ich finde das gut, denn es beruht oft auf Gegenseitigkeit. Klingt das authistisch?
Ja, ich habe einen großen Hass und eine Wut auf diese Welt. Ich fühle mich hier fremd, allein. Das menschlich Verhalten ließt sich glasklar und bleibt mir trotzdem suspekt. Ich bin kein Teil davon und werde es nie werden. Manchmal hasse ich es. Hasse mich dafür, dass ich so bin. Manchmal bin aber auch nur müde, depressiv und dem ganzen überdrüssig. Mein Hirn feuert permanent Neuronen und ist niemals ruhig. Ständig analysiert, bewertet, kategorisiert und formt es Modelle, das zu verstehen, was um mich rum passiert. Gleichzeitig erarbeitet mein Kopf auch permanent Lösungen. Selbstverständlich Schlaf... Da ist es oft sogar noch schlimmer, weil mein Unterbewusstsein offen mit mir spricht, mir Dinge zeigt, mir den Spiegel vorhält, die Vergangenheit reflektiert, die Zukunft zeigt.. Es ist anstrengend. Ich habe meine Antidepressiva abgesetzt. Vor einer Woche. Mein Kopf ist jetzt noch lauter. Aber ich will klar sehen. Ich halte das nur aus, weil ich 6 Mal die Woche Sport treibe. Dazu kommt ja noch der Alltag mit vier Kinder und als Unternehmer in verdammt schwierigen Zeiten. Aber ich will es so. Ich werde wohl erst aufgeben, wenn sich da draußen die Welt biegt, bis sie für mich passt. Klingt irre. Ich weiß. Aber ich werde mich niemals anpassen. Nicht in diesem Leben. Halte von mir was Du willst. Es ist alles wesentlich komplexer.