seraiina hat geschrieben: ↑Mi., 22.05.2024, 20:32
Hei
Vielen Dank für deine lange und ausführliche Antwort.
Ja, ich habe auch schon einige Videos zu dem Thema geschaut, auch von ihr. Das trifft sehr auf mein Problem zu. Und ist auch der Grund warum ich in Therapie gegangen bin. Weil ich Gefühle für jemanden hatte und mich da auch so reingesteigert habe, er hatte auch Interesse an mir gezeigt, aber ich kann einfach Nähe nicht zulassen. Ich hasse es, wenn mir jemand zu Nahe kommt (wünsche es mir aber) und verbaue mir so sämtliche Beziehungen zu Mitmenschen. Als derjenige dann weggegangen ist, ist für mich wie eine Welt zusammengebrochen und das war dann auch der Auslöser, dass ich mir Hilfe gesucht habe und an mir arbeiten wollte.
Ey, das ist aber richtig gut. Du weißt also, dass das ein Muster ist, das bei dir häufiger auftritt, und hast dir genau dafür gedacht "Hey, ich probier mal ne Therapie, das könnte helfen". Vielleicht wirkt das jetzt ganz selbstverständlich für dich, aber sowohl Schritt 1 als auch Schritt 2 gehen viele Menschen schon mal nicht.
Ich hab mit Sicherheit nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen, merke aber bei mir, dass ich aktuell die meisten Fortschritte mache, wenn ich mich selbst ernst nehme, mir mit Wärme, Verständnis und Mitgefühl begegne, und dann ganz konkret überlege, hey, was passiert hier eigentlich gerade, was könnte ich machen, damit es mir besser geht, was brauche ich da gerade. Und das ist schwer. Bei dem Menschen, von dem ich da berichtet hatte, hatte es Jahre gedauert, bis ich von ihm loskam. Ganze, beschissene Jahre, in denen ich gelitten hatte wie ein Hund, und echt nicht vom Fleck kam. Es hat mir da nicht besonders geholfen, weiter über ihn zu reden, aber es hatte mir auch nicht geholfen, mich krampfhaft von ihm ablenken zu wollen. Geholfen hatte auch nicht, wenn mir jemand erzählt hatte, wie panne meine Gedanken waren. Fein, danke, weiß ich selbst, und dann wusste ich es manchmal auch einfach nicht, weil ich es nicht wahrhaben und weiter schwärmen wollte, und dann fühlte ich mich schuldig, aber auch trotzig, und traurig, und verwirrt, und es tat alles einfach rasend weh.
Therapie ist nicht gleich Therapie, und wenn in der alten Therapie kaum über dieses Muster geredet wurde, und dir in der neuen Therapie "nur" gesagt wird, dass du aufhören sollst und ja gar nichts war, dann hilft dir das nicht wirklich. Und das heißt nicht, dass das schlechte Therapeuten sind, es heißt einfach, dass du grad was anderes brauchst. Wurd ja schon angesprochen, ne tiefenpsychologische Therapie könnte helfen. Therapie ist auch nicht das Nonplusultra, es führen viele Wege nach Rom.
Dass du dir eine Beziehung wünschst, aber dann bei anderen Menschen entweder in dieses Extrem fällst oder es noch nicht mal ok findest, wenn dir die Person zu nahe kommt, lässt sich ändern. Schau dir weiterhin die Fairy an, wenn es dir hilft, such am besten nach einer neuen Therapie, wo dir gleich von Anfang gesagt werden kann "Alles klar, wir können daran arbeiten", und wie gesagt, geh kleine Schritte. Eine romantische Beziehung erfüllt zum Beispiel so manche Bedürfnisse, die woanders nicht so schnell erfüllt werden können, aber Nähe so ganz allgemein lässt sich auf viele Arten üben. Ich hab zum Beispiel gerade echt Glück mit den Kollegen auf Arbeit, und kann dort wirklich dosiert einfach nur üben und genießen, Menschen nahe zu sein, aber gleichzeitig gar nicht so wirklich. Wie kommst du denn mit den Leuten bei Sport und Yoga klar?
Und nochmal zum Thema sich selbst ernst nehmen: Ich glaub, es wird generell zu wenig darüber geredet, dass Gefühle und Gedanken, und vor allem Schlussfolgerungen aus den beiden verschiedene Dinge sein können. Was du fühlst, ist echt. Das ist es immer. Du fühlst es schließlich, und so einfach ist das. Was
genau das aber jetzt für Gefühle sind, und was für
Konsequenzen diese haben sollten, für deine Gedanken und für dein Handeln, das ist eine komplett andere Geschichte. Wenn sich so ein Augenbrauen hochziehen und zu dir hinlehnen für dich wie ein Flirt anfühlt, dann ist das so. Aber, und das ist eben die Sache, das muss von der anderen Person nicht so gemeint gewesen sein. Und wie es jetzt bis ins letzte Detail bei der anderen Person aussieht, ist gar nicht so wichtig, wie es sich anfühlt. Egal, was er dir zum Beispiel sagen würde, es könnten noch tausend Dinge hinter diesen Worten stecken, die er nicht aussprechen will oder selbst nicht wirklich weiß. Wichtig ist, was genau du damit machst.
Also, was mir dann hilft: Einerseits ernst nehmen, was ich da fühle, und mir nicht einreden, dass das jetzt falsch sei und gar nicht sein dürfe. Es ist. Punkt. Andererseits ist ein Gefühl eine Information, aber keine Handlunsanweisung, und keine Erklärung. Was in einem anderen Menschen vorgeht, werde ich nie mit letzter Sicherheit wissen.