Machtmissbrauch in der Therapie und die heilsame Trennung

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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sunny87
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Beitrag Do., 12.01.2023, 12:31

Das ist ja schon im "normalen" Leben unpassend, finde ich. Und in einer Therapiesituation gerade recht.

Bei meiner Therapeutin habe ich das einmal gesehen dass sie aufgestanden ist, der untere Rücken frei lag und ein Teil ihrer Spitzen-Unterwäsche zu sehen war. Das war mir schon etwas unangenehm aber das kann ja mal passieren. Angesprochen hab ich das nicht, aber es war schon komisch, sie als "sexuelles Wesen" wahr zu nehmen.

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Charlie Foxtrott
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Beitrag Do., 12.01.2023, 12:36

Danke, dass es schon 2 Meinungen gibt. Ich war auch mal paar Stunden bei einer mit solch knappem Röckchen und sichtbarer Unterhose. Auch noch genau auf Blickhöhe. Und ja, sinnigerweise hatte auch sie ein völlig verqueres Verständnis von Grenzen. Fühlte mich angeflirtet, habe aber gedacht, das ist mein Problem weil ich ja auf dem Gebiet vorbelastet bin. Ansonsten bin ich eher der "jede*r kann sich kleiden wie er/sie will und niemand hat das Recht, auf sexistische Gedanken zu kommen"-Typ.
Und gedacht, vielleicht wollte sie mir ja damit zeigen, dass sich Frauen wie auch immer kleiden können und doch sexuell integer sind. Jetzt fühle ich mich in meiner Wahrnehmung bestätigt, dass es mir zu Recht unangenehm war. Ihr habt Recht, man stelle sich mal so jemanden in der Bauberatung vor oder als Richterin. In der Freizeit ist das ja was anderes.
Hier mal ein Link, was sich Patienten so als Kleidungsstil wünschen: https://www.aerzteblatt.de/archiv/67365 ... tscheidend

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Charlie Foxtrott
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Beitrag Do., 12.01.2023, 12:53

Ergänzung: Bin dann bei jemandem gelandet, mit dem ich auch Rollenspiele, kleine Körperübungen oder Beklopfen im Rahmen von EMDR gemacht habe und der IMMER vorher gefragt hat, ob das so okay ist. Ohne großes Gewese, aber mit Respekt. Und dezenten, neutralen Klamotten. So muss dass ein.

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Nutriaa
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Beitrag Do., 12.01.2023, 13:08

Hallo verzweigt-verliebt,

dass dich das befremdet, finde ich nur nachvollziehbar. Stellt sich prompt die Frage, warum sich deine Thera derart zur Schau stellen muss...

In meiner Therapie ist es mal passiert, dass ich bei meinem Thera einen Po-Blitzer zu sehen bekam. Ich halte mich nicht für prüde und wäre das in einem privaten Kontext passiert, hätte ich das auch sexy gefunden, aber in so einem Setting hat das mMn nichts zu suchen. Nachdem ich es angesprochen hatte, ist es noch ein weiteres Mal vorgekommen, aber da war ich bereits davon überzeugt, dass er einfach etwas verpeilt ist, und habe nichts mehr gesagt. Seitdem ist es auch nicht mehr passiert.
und dass es mir überhaupt so aufgefallen ist.
Das wäre JEDEM, der offenen Blickes in die Welt schaut, aufgefallen. Sei es aus sexuellem Interesse, sei es, weil Patienten ihre Theras sowieso genauer im Blick haben.
Ich schäme mich furchtbar, dass ich das mitgemacht habe
Aber meinst du nicht, wenn du es besser gewusst hättest, du anders mit der Situation umgegangen wärst? Oder gibt es vielleicht doch einen Anteil in dir, der entgegen deiner moralischen Vorstellung ihren Anblick erregend fand?

Hast du schon mal überlegt, deine Erfahrungen (auch die aus dem anderen Thread) dem Ethikverein zu melden?
"A slave is one who waits for someone to come and free him." Ezra Pound

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Sydney-b
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Beitrag Do., 12.01.2023, 13:09

Hast du mal daran gedacht, dich beim Ethikverein zu melden?
Es ist total gruselig, was du über diese Therapeutin alles zu berichten hast.
Wie gut, dass du den Absprung geschafft hast!

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Sydney-b
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Beitrag Do., 12.01.2023, 13:11

Oh, Nutriaa, da hatten wir den gleichen Gedanken zur gleichen Zeit. :->

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Nutriaa
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Beitrag Do., 12.01.2023, 13:17

Oh, Nutriaa, da hatten wir den gleichen Gedanken zur gleichen Zeit. :->
:) Ja, denn bei so vielen untragbaren Vorkommnissen wäre das doch wirklich zu überlegen.
"A slave is one who waits for someone to come and free him." Ezra Pound

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verzweigt_verliebt
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Beitrag Do., 12.01.2023, 13:24

Hey Leute, vielen Dank für eure Rückmeldungen. Auf die Anregungen zum Ethikverein gehe ich sofort ein: Mich darum zu kümmern war das Erste, was ich direkt nach Therapieende (im Dezember) gemacht habe. Ich habe einen Termin nächste Woche Donnerstag! Darüber bin ich sehr froh, auch dass es diese Stelle überhaupt gibt.

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Nutriaa
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Beitrag Do., 12.01.2023, 13:32

Darüber bin ich sehr froh, auch dass es diese Stelle überhaupt gibt.
Sich während einer Therapie nicht immer adäquat wehren zu können, hat unterschiedliche Gründe (Ängste, Zweifel, Scham, Abhängigkeit), aber dieser Termin jetzt ist super, denn er bringt dich ins Handeln und somit aus der gefühlten Hilflosigkeit heraus.
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candle.
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Beitrag Do., 12.01.2023, 14:15

verzweigt_verliebt hat geschrieben: Do., 12.01.2023, 13:24 Hey Leute, vielen Dank für eure Rückmeldungen. Auf die Anregungen zum Ethikverein gehe ich sofort ein: Mich darum zu kümmern war das Erste, was ich direkt nach Therapieende (im Dezember) gemacht habe. Ich habe einen Termin nächste Woche Donnerstag! Darüber bin ich sehr froh, auch dass es diese Stelle überhaupt gibt.
Ich dachte schon, dass die dir geraten haben, dass hier zu schreiben. Solche Threads würde ich jetzt aber vorerst lassen und erstmal vom Ethikverein "prüfen" lassen.

candle
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StillesMeer
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Beitrag Do., 12.01.2023, 19:07

Hier meine Erfahrungen aus zwei Perspektiven zu diesem Thema:

1. Ich habe vor einigen Jahren eine pflegerische Ausbildung in einer Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie gemacht. War damals in meinen Dreißigern und auch der Altersschnitt der Auszubildenden lag bei etwa 30, also kein Kurs junger Hüpfer im Disco-Outfit. ;) Wir wurden dennoch von den Praxislehrern vorab und einzelne Kollegen auch vor Ort auf den Stationen regelmäßig darauf hingewiesen (da wir abgesehen von Akutstationen und in der Geronto mit Privatkleidung herumlaufen), auf eine angemessene und neutrale Kleidung zu achten. Darunter verstanden unsere Mentoren beispielsweise keine aufreizenden und zu privaten Kleidungsstücke wie z.B. enge, bauchfreie Shirts, aber auch Metalshirts o.ä. Dies wurde auch explizit benannt. Wir sollten als Fachpersonal und nicht als Privatpersonen wahrgenommen werden, keine visuellen Statements mit zu privater Note setzen, die den Fokus von unserer Fachlichkeit nehmen. Anders als in anderen Kliniken wurde das Pflegepersonal auch mit „Herr/ Frau..“ angesprochen, was - dies wurde uns so vermittelt- auch unserem Schutz dient, da wir in sehr engem und vertraulichem Kontakt mit sehr bedürftigen Menschen stehen. Diese Maßnahmen reduzieren insgesamt auch die Gefahr von Verliebtheit/ Stalking durch Patienten (am Rande auch mal Thema gewesen).

2. Ich bin bei einer älteren Therapeutin (fast 60) in Therapie. Letzten Sommer trug sie einmal einen Rock mit Seitenschlitzen. In ihren Sesseln sitzt man recht tief und leicht nach hinten geneigt. Einmal rutschte ihr der Rock ungünstig zur Seite und da sie mir direkt gegenübersitzt, konnte ich ihr auch direkt zwischen die Beine auf ihren weißen Slip gucken. Sie hat dies noch im Augenblick bemerkt und während sich unsere Blicke noch trafen (es war ihr deutlich unangenehm), rückte sie bereits ihren Rock wieder zurecht. Alles andere hätte ich auch als verstörend empfunden. Mir kann keiner erzählen, dass man es als Frau nicht im Hinterkopf hat. Ich (w) trage in den Therapiestunden auch Röcke und achte darauf, dass ich mich nicht ungünstig zur Schau stelle.

Daher, lieber Themenersteller, mein ganz klares Fazit:
Deine Therapeutin wirkt - wie du sie schilderst- unprofessionell, zumindest in Teilbereichen mangelt es ihr an Selbstreflexion. Vielleicht steckt aufmerksamkeitsheischendes Verhalten dahinter, also dass sie als Frau bewundert werden möchte. Das wäre ziemlich übel. Denn dann sitzt du einer Therapeutin gegenüber, die dich zur Selbstwertstabilisierung braucht. Ja, das wäre dann eine Art von Missbrauch. Aber bis hier nur Spekulation.

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Candykills
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Beitrag Do., 12.01.2023, 19:30

Ich habe tatsächlich Ähnliches erlebt, teilweise in therapeutischem Kontext, aber auch mit einer Dozentin in der Uni.
Im therapeutischen Kontext war ich damals grade mal 19 und ich machte einen Termin bei einer Therapeutin in Frankfurt aus. Bei ihr, weil sie die einzige Therapeutin war, die mir überhaupt zeitnah einen Termin gab. Und ich ging dann dahin und diese Dame - damals vielleicht so um die 55 rum - öffnete mir dann in mega knappen Rock und ziemlich aufreizend angezogen (in meinen Augen) die Türe. Und ich dachte wirklich für einen Moment, dass sie sich wegen mir (weil ja männlich) so aufreizend angezogen hat und vielleicht auch nicht mit so einem jungen Burschen gerechnet hatte. Aber den Gedanken verwarf ich dann auch schnell, weil ich mir nicht wirklich vorstellen konnte, dass eine Therapeutin (mit ihrem therapeutischen Lebenslauf laut Homepage) derart ticken könnte. Ich ging auch nur zweimal zu ihr, weil sie extrem schräg war in vielerlei Hinsicht.
Ich hatte auch vor nicht allzu langer Zeit geschaut, ob sie noch praktiziert und sah dann, dass sie auch viele sehr schlechte Bewertung hatte, die in vielem dem entsprachen, wie ich sie wahrgenommen hatte. Auf der anderen Seite gab es dann aber auch so extrem gute Bewertungen, die ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Vielleicht ja gekauft, ob der vielen schlechten Bewertungen.

Dann hatte ich eine Dozentin an der Uni, die schon angehend kachektisch war und immer vorne am Tisch saß, aber nie die Beine übereinander schlug. Und dadurch, dass sie halt so dünn war (ich wusste damals nicht mal, dass sie Krebs hatte, was vermutlich der Grund dafür war) konnte man immer zwischen ihren Beinen durchsehen direkt auf die Unterhose. Sie trug immer sehr vornehm solche Damen-Anzüge mit kurzem (nicht zu kurzem) Rock. Ich glaube wirklich, dass sie das nicht gewusst hat, aber jeder von uns Studenten hat's halt gesehen und war darüber ziemlich beschämt. Ich überlegte sogar mal ihr anonym einen Brief zu schreiben, um sie darauf hinzuweisen, aber irgendwie war mir das dann auch zu blöd.

Und bei meiner alten Therapeutin passierte mal unabsichtlich ein Malheur, als der große Ventilator so blöd sich drehte, dass er ihren Rock hochbließ und ich saß halt gegenüber und war schlagartig mit ihrer Unterwäsche konfrontiert. Ich glaube, dass sie gar nicht gemerkt hat, wie viel ich sehen konnte, auch wenn ich damals das Gefühl hatte schlagartig rot zu werden.

Naja, beim ersten Fall glaube ich schon, dass die Therapeutin sehr bewusst sich so anzog/anzieht, ob das jetzt dann konkret mit mir zu tun hatte, weil sie sich von einem männlichen Klienten etwas versprach, weiß ich natürlich nicht. Aber dahinter stand eine Strategie, da bin ich mir sicher.

Die anderen Beiden hatten aber in meinen Augen keine Ahnung, was da passierte.

Trotzdem haben natürlich alle drei Fälle bei mir zu teilweise großer Beschämung geführt und das jetzt völlig unabhängig von meiner Vergangenheit. Und ich kann auch etwas nachvollziehen, dass du dich "beschmutzt" fühlst, denn so habe ich mich bei der Therapeutin im ersten Fall auch gefühlt, auch wenn ihre Kleidung vielleicht nicht mal konkret mit mir zu tun hatte, sondern an alle Patienten ging.

Ich finde gut, dass du dich dazu "geoutet" hast. Es ist nicht normal, du hast das erkannt und dich gerettet. Das ist gut!
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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StillesMeer
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Beitrag Do., 12.01.2023, 23:10

Unfassbar, welch gestörte Persönlichkeiten die Erlaubnis erteilt ist, seelisch kranke Menschen zu behandeln.

Ich bin geschockt von den Schilderungen.
Und glaube dir jedes Wort.

Ich selbst bin einer psychisch (narzisstisch) völlig gestörten Gutachterin (Psychotherapeutin/ Traumatherapeutin) in einem Kölner Institut ausgeliefert gewesen. Also nicht im therapeutischen Kontext, sondern im Rahmen eines Gerichtsverfahrens (Sorgerechts).
Auch ich habe sie überführt und sie hat mich ihre niederträchtigste Fratze sehen lassen. Ich bin durch dieses sekundäre Trauma noch immer so geschockt, dass ich noch immer nicht die Beschwerde an die Psychotherapeutenkammer verfassen konnte. Mündlich hatte ich ihre volle Bestätigung, dass ein völliges Fehlverhalten sowie Unprofessionalität vorlagen. Sie hat meine und die Not meines Kindes missbraucht, um sich finanziell zu bereichern.

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StillesMeer
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Beitrag Fr., 13.01.2023, 00:53

@candykills: Was deine Unidozentin betrifft. Mag sein, dass es tatsächlich Frauen gibt, die vielleicht so verkopft-verpeilt sind, dass sie es nicht bemerken. So der Typ Physikerin/Mathematikerin mit leicht autistischen Zügen. Solche Personen machen sich dann auch tatsächlich weniger Gedanken um ihre Außenwirkung. So ähnlich ist es ja wohl auch unserer alten Bundeskanzlerin mal ergangen, als sie mit zu tiefem Ausschnitt in der Oper gesichtet wurde. Das hat dem Bundeskanzleramtspressesprecher am Tag danach ziemlich viel Stress bereitet. :kopfschuettel: :lol:

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diesoderdas
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Beitrag Fr., 13.01.2023, 01:24

verzweigt_verliebt hat geschrieben: Do., 05.01.2023, 17:10 Ich habe mich gesetzt und dann verkündet, dass die heutige Sitzung sehr kurz sein würde: ich sage alle weiteren Termine ab, und die Therapie sei hiermit beendet. Die Th. war völlig baff, wusste nichts zu erwidern. Es herrschte einen Moment Stille, dann bin ich aufgestanden, habe das Behandlungszimmer verlassen, meinen Mantel angezogen und bin gegangen. Die Th. ist mir bis ins Treppenhaus nachgeeilt und hat eine Erklärung gefordert. Ich bin gegangen ohne mich umzudrehen und war um 5 nach Punkt schon wieder in der U-Bahn.
Hammer. Ich habe unglaublichen Respekt für das, was du da geschafft hast.
(ernst gemeint, nicht ironisch! Nur für den Fall, dass es nicht klar ist)

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