Der Therapeut als Vaterfigur

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Philosophia
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Beitrag Do., 04.08.2022, 17:33

Natusik hat geschrieben: Do., 04.08.2022, 15:58 du schreibst "Zwischen der Analytikerin und mir". Heißt das, sie sieht in dir die Tochter?
Mein Therapeut sagte zu mir, dass er in mir die Patientin sieht. Und er meinte noch, falls er nicht mein Therapeut wäre, dann sähe er in mir eine Frau und keine Tochter 😞
Also, natürlich bleiben wir Patientin und Analytikerin - und das ist auch ganz wichtig, denn sonst könnte das andere nicht sein. Die Rollen müssen so bleiben, damit es nicht zu schadhaften Grenzverletzungen kommt. Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Es ist so ein "als ob". Aber ja, wir beide haben das schon klar so benannt. Mehr möchte ich hier nicht schreiben.
Ich könnte mir vorstellen, dein Therapeut wollte dir damit auch sagen, dass er in seiner Rolle bleiben wird - und dich damit auch schützt. Vielleicht ist er auch jemand, der solche Gefühle nicht gegenüber seinen Patienten entwickelt. Er kann doch trotzdem so was für dich sein - vielleicht eine Art Mentor?
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Natusik
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Beitrag Do., 04.08.2022, 17:42

Philosophia,
ein Mentor war er auch, auf jeden Fall. Eben nicht nur, irgendwann kam auch der Wunsch, ihn als Vater zu haben.
Ich weiß, dass es eine Übertragung ist, dass wir vielleicht doch nicht als Vater-Tochter passen würden, dass ich ihn viel zu sehr idealisiere.
Aber: meine Psyche blendet diese Tatsachen einfach aus...
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Natusik
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Beitrag Do., 04.08.2022, 17:45

Philosophia,
wir hatten mal tatsächlich ein Gespräch genau über sein Verhältnis den Patienten gegenüber, also ging es nicht nur um mich. Er sagte, er bleibt, so gut es geht, immer in einer Mitte. Das heißt, er interessiert sich für seine Patienten, freut sich über ihre Erfolge, aber mehr lässt er nicht zu. Ich denke, das war die Wahrheit. Er kommt auch so rüber
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Philosophia
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Beitrag Do., 04.08.2022, 17:52

Also, mir war/ist klar, dass die Analytikerin in echt nie meine Mutter sein wird - und das ist sogar sehr wichtig für mich. Aber in dem Raum, da sind wir unter anderem auch Mutter und Tochter - wie gesagt, sie hat mich wirklich groß gezogen. Liegt vielleicht aber auch an meiner Geschichte, dass das so passiert ist. Soll heißen, ich habe nicht den Wunsch danach, dass sie in Echt meine Mutter wird - ich will, dass sie die Analytikerin bleibt. Und ich will auch die Patientin bleiben. Und besten Fall spaziere ich irgendwann innerlich erwachsen genug in die Welt und trage sie als innere Mutter in mir. Es ist jetzt ja schon so. Darum gehts mir auch viel besser. Ich hatte eine ganz furchtbare Mutter, die mich fast zerstört hätte - vielleicht war es deswegen auch nötig, um die innere böse Mutter zu verdrängen. Ach ja, und ich idealisiere die Analytikerin nicht, wie sie letztens auch festgestellt hat.
Was du über ihn schreibst, scheint er wirklich sehr abgegrenzt zu sein - das ist grundsätzlich was Gutes!
Wie ists denn - willst du ihn denn in Echt als Vater haben? Weil wenn ja - stell dir mal vor in welche Richtung das gehen würde, wenn er nicht so abgegrenzt wäre... er könnte dir gar nicht mehr helfen, weil er dann kein Therapeut mehr sein könnte.
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Natusik
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Beitrag Do., 04.08.2022, 18:07

Philosophia,
findest du es wirklich gut, dass mein Therapeut so wie du schreibst "abgegrenzt" ist? Ich überhaupt nicht.
Und ja, ich wünschte mir, dass er in Echt mich als Tochter sähe. Es wäre vielleicht auch etwas schönes, denn als Mann käme er für mich nicht infrage, umso mehr als Vater. Aber wie vorhin schon geschrieben: Es kann sehr gut sein, dass ich ihn viel zu sehr idealisiere
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Candykills
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Beitrag Do., 04.08.2022, 18:23

Ich habe es so erlebt, wie Philosophia es auch beschrieb.
Ich wurde nachbeeltert und nach und nach ließ das nach. Ich bin auf dem Weg dabei aus dem Nest zu fallen oder gar zu hüpfen? Oder doch noch nicht ganz…
Aber es war sehr heilsam in vielerlei Hinsicht.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Philosophia
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Beitrag Do., 04.08.2022, 18:36

Natusik hat geschrieben: Do., 04.08.2022, 18:07 Philosophia, findest du es wirklich gut, dass mein Therapeut so wie du schreibst "abgegrenzt" ist? Ich überhaupt nicht.
Und ja, ich wünschte mir, dass er in Echt mich als Tochter sähe.
Ja, ich finde es gut, vor allem, weil du ihn dir in Echt als Vater wünscht. Das ist übrigens ganz und gar nicht verwerflich, dass du dir das wünscht. Aber er muss dein Therapeut bleiben. Es ist seine Aufgabe. Es wäre Verrat am Patienten, dies nicht zu beachten. Du hast doch auch einen Behandlungsauftrag an ihn gestellt - also mit einem bestimmten Anliegen an ihn rangetreten. Er erfüllt seinen Auftrag. Und ganz real könnte er nicht all diese Wünsche erfüllen, die da an ihn als realen Vaterersatz gestellt würden. Aber in der Stunde kann er dir sicher Väterliches geben und dich auch nachnähren. Das ist natürlich begrenzt. Aber das ist wichtig. Denn es ist ja auch wichtig, die alten Bedürfnisse von früher anzuschauen und zu betrauern, wütend darüber zu sein etc. Niemand, aber wirklich niemand kann dir all das geben, was dir früher fehlte. Aber, es kann möglich sein in der Therapie gute Nahrung zu bekommen, worauf man selbst viel wachsen lassen kann. Aber es ist viiiel Eigenarbeit gefragt.
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Natusik
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Beitrag Do., 04.08.2022, 18:42

Philosophia,
danke für den Beitrag, er schmerzt zwar ein wenig, ist aber sehr nah an der Wahrheit dran.
Und ich muss gestehen, er ist während der Sitzungen schon wie ein Vater, Mentor, Teilnehmer. Aber mir ist irgendwie alles zu wenig 🤔
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Philosophia
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Beitrag Do., 04.08.2022, 19:04

Und das ist ok, dass das so ist. Wirklich. Aber weil er ein guter Therapeut ist, wird er seine Rolle nicht verlassen. Er muss solchen Wünschen widerstehen - auch wenn er in den Stunden dir durchaus auch was geben kann. Vielleicht wäre es gut, ihm mal zu sagen, wie viel du dir eigentlich wünscht, und er dir dann sagt, dass das nicht geht - vielleicht kannst du dies dann mal mit ihm betrauern - das ist ja auch wahnsinnig schmerzhaft so eine Sehnsucht, so ein Wunsch, der nie so erfüllt werden kann.
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Natusik
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Beitrag Do., 04.08.2022, 19:13

Philosophia,
es wird auf jeden Fall thematisiert, er weiß aber auch bereits schon, dass ich ihn als Vater liebe. Und ich habe ihm kurz nach der Therapie gesagt, dass ich ihn vermisse.
Er meinte, ich soll mir Zeit geben um den Verlustschmerz zu verarbeiten, denn ich soll lernen, dass auch Trennungen zum Leben gehören (ich hasse das Thema "Trennung"). Außerdem ist er weiterhin für mich da, falls ich ihn brauche.
Finde ich ein wenig gefühlslos von ihm, aber so ist er nun einmal
LG
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Beitrag Do., 04.08.2022, 19:36

Klingt schon ein wenig arg abgeklärt. Da versteh ich, dass sich das nicht so toll für dich anfühlt...
Ich meine, natürlich hat er Recht. Aber er könnte auch euren Kontakt etwas mehr wertschätzen - er hat sicher auch von dir was gelernt und dich bestimmt auch geschätzt. Hätte er dir ja auch vermitteln können. Dafür muss man keine Liebesschwüre ausgießen als Therapeut.
Aber hey, das wäre dann schon mal ein Punkt, wo der werte Herr nicht ideal ist ;-)
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Natusik
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Beitrag Do., 04.08.2022, 19:43

Hihi, eben.
Er sieht das nach meiner Meinung so: "Ich habe meine Arbeit gemacht, den Rest muss sie selber meistern."
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Beitrag Do., 04.08.2022, 19:49

Ja, und das ist ja irgendwie auch so. Mal davon abgesehen, warste/biste ja auch nicht 24/7 bei ihm, du meisterst eh den Großteil deines Lebens erfolgreich ohne ihn ;-). Na ja, vielleicht könntest du ja auch mal ein bissl sauer sein, dass er so kühl war. Das hilft gegen die Idealisierung.
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Natusik
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Beitrag Do., 04.08.2022, 19:53

Ich bin mir aber auch nicht sicher, dass er wie du schreibst, was von mir gelernt hat und mich wertgeschätzt hat. Oder ihm fehlt es schwer, sowas zu offenbaren.
Hab mal vor einiger Zeit seine Bewertungen im Internet gelesen, einige schrieben folgende Äußerungen: "Nichts konstruktives, war Zeitverschwendung" oder "Er war viel zu distanziert", usw. Ich mag ihn trotzdem, immer noch 🙈
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Natusik
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Beitrag Do., 04.08.2022, 19:55

Philosophia,
auch wenn er mit der Übertragung durchgefallen ist, mag ich ihn trotzdem sehr. Ich bin einfach hoffnungslos))) Und: er ist immer noch tausend mal besser zu mir, als mein Vater es je gewesen ist
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