Therapeut als Vaterfigur

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Mimmy
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Beitrag So., 13.06.2021, 18:38

Ich habe mich bei meiner Therapiestunde am Freitag natürlich doch nicht getraut...
Ich bin ziemlich sauer auf mich und überlege, mal eine Pause einzulegen oder gar ganz abzubrechen. Das kann doch nicht gut gehen. Ich mache mir große Sorgen, dass das in einer riesen Enttäuschung endet und ich durch die ganze Therapie noch verletzlicher werde. Ich will auch diese blöde Abhängigkeit nicht mehr und dass das so einen großen Teil in meinem Leben einnimmt.

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 14.06.2021, 09:39

sei doch ein wenig nachsichtiger und liebevoller mit dir selber.
Du hast es am Freitag nicht geschafft das anzusprechen: Ja, dann ist das so.
Es braucht da oft mehrere Anläufe, das ist doch ein schwieriges Thema.
Vielleicht kannst du dir für das nächstemal Stichpunkte machen oder vorab einen Brief oder eine Mail schreiben.
Überleg einfach was für dich passen könnte.

Abbrechen ist die schlechteste Lösung!
Nutz die Chance der Therapie, gerade an einem schwierigen Punkt.

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Mimmy
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Beitrag So., 01.08.2021, 06:34

Ich krame mal wieder mein altes Thema hervor...
Mein Therapeut hat nun vier Wochen Urlaub, direkt im Anschluss habe ich zwei Wochen Urlaub und bin nicht da. Folglich habe ich sechs Wochen Therapiepause.
Für diese Zeit hat er mir einige Hausaufgaben aufgegeben, u.a. soll ich eine Art Tagebuch führen, damit WIR einen besseren Einblick bekommen.
Heißt das, er möchte das dann auch alles lesen ? Die Vorstellung, dass ich in sechs Wochen vor ihm sitze, während er durch meine Gedanken blättert, ist total komisch. Andererseits ist es für mich einfacher, Sachen aufzuschreiben, als es ihm zu sagen. Es sind schon so viele Dinge untergegangen, weil ich mich nicht getraut habe, darüber zu reden.

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Montana
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Beitrag So., 01.08.2021, 08:01

Sicher wird er das nicht durchblättern. Es sei denn, du möchtest das. Ich verstehe das so, dass er davon ausgeht, dass du ihn an neuen Erkenntnissen auf irgendeinem Weg teilhaben lässt. Indem du ihm davon erzählst, zum Beispiel. Wenn schreiben besser geht, dann kannst du auch vor der ersten neuen Stunde eine Zusammenfassung schreiben, die er dann lesen darf. Die ist dann quasi "zensiert".

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MisterZett
Helferlein
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Beitrag So., 01.08.2021, 11:44

Hallo, liebe Mimmy!

Mimmy hat geschrieben: So., 06.06.2021, 13:36 Er sagte mir einmal, dass ich mich in der Therapie sicher fühlen darf und es keine falschen Gefühle gibt, aber es kann doch nicht gut sein, solche Wünsche an den Therapeuten zu haben ?
Ein Therapeut ist zwar nicht Vater, aber Väterliches kann von ihm ausgehen. Hat man keinen richtigen Vater gehabt und ist man mittlerweile erwachsen geworden, ist aber der Wunsch nach einem Vater geblieben, so wird es dem Schicksal geschuldet sein, einen solchen Vater noch finden zu können, was ja durchaus auf manch' unvorhergesehenen Wegen möglich ist. Was sich aber in jedem Fall um sich herum finden lässt, ist das, was das Väterliche ausmacht, woran man aufsehen, ihm Respekt zollen und Ehrerbietung schenken kann.

Heißt das, er möchte das dann auch alles lesen ? Die Vorstellung, dass ich in sechs Wochen vor ihm sitze, während er durch meine Gedanken blättert, ist total komisch.
Ich schätze nicht, denn wie ein richtiger Vater nicht die intimen Gedanken im Tagebuch seiner Tochter inspiziert und sie als "Geheimsache" respektiert, so auch nicht der Therapeut. Andernfalls sag's ihm eben, welche Gedanken und Gefühle du damit verbindest.

Andererseits ist es für mich einfacher, Sachen aufzuschreiben, als es ihm zu sagen.
Ein Tagebuch zu führen, heißt auch, Gedanken besser nachhalten und mit ihnen besser umgehen zu können, weil man sich durch das Aufschreiben innerlich mit ihnen auseinandersetzt. Das wird vermutlich die Absicht des Therapeuten gewesen sein. Auf diese Weise können Gedanken und ihre Gefühle weniger verloren gehen und können der Therapie besser dienlich sein.


Viele liebe Grüße von
MisterZett
Der Weise äußert sich vorsichtig, der Narr mit Bestimmtheit über das kommende Wetter.
Wilhelm Busch

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Mimmy
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Beitrag So., 01.08.2021, 16:57

Danke für Eure Ratschläge.
Momentan ist es so, dass ich öfter mal das Gefühl hatte, dass er genervt ist, weil ich auf viele Dinge die er fragt, keine Antworten habe oder das was ich denke, nicht ausdrücken kann.
Ich sitze da und habe einen Knoten im Hirn und schweige viel. Ich weiß, dass er meine Gedanken nicht lesen kann und dass ich mehr reden muss.
Deshalb hoffe ich, dass uns die Pause ganz gut tut und wir danach beide etwas gestärkt wieder den Faden aufnehmen können.
Bei unserem letzten Termin habe ich mich so richtig unwohl gefühlt und auch geweint, da hätte ich mir schon ein paar warme Worte seinerseits gewünscht, aber er ist irgendwie ziemlich "hart" geblieben und hat immer weiter gestochert.
Ich verstehe ja, dass das anstrengend ist mit mir, vielleicht bringt ihn das auch echt auf die Palme, immerhin bin ich jetzt schon 10 Monate bei ihm, aber der Druck setzt mir schon etwas zu.

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Montana
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Beitrag So., 01.08.2021, 20:46

Na ja, in einer Therapie ist Weinen eher normal und kein Grund für warme Worte oder irgendwas anderes. Und wenn das bei dir auch noch ein seltenes Ereignis ist, dann vielleicht erst recht nicht. Unwohl fühlen ist auch normal, denke ich.

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kaputt
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Beitrag So., 01.08.2021, 20:49

Ein guter Therapeut unterbricht den Prozess nicht, wenn aller Schmerz hoch kommt. Das wirkt auf Dauer heilsam. Nach diesem Schmerz geht es einem besser

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Fairness
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Beitrag Mo., 02.08.2021, 07:42

Liebe Mimmy,

du wünschst dir warme Worte, das kann ich irgendwie nachvollziehen, doch diese werden dir weniger dabei helfen, deinen eigenen Gedanken Ausdruck zu geben. Für mich liest sich das schön, dass dein Therapeut da am Ball bleibt und sich weniger auf die emotionale Ebene begibt... Vielleicht ist das weniger die Härte, und mehr eher zielgerichtete ehrliche Neugier, welche er dir mit Ausdauer entgegen bringt. Das kann sich für dich unangenehm anfühlen, falls du das von früher anders kennst.

Alles Liebe dir,
Fairness
Sometimes your heart needs more time to accept what your mind already knows.


Waldschratin
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Beitrag Mo., 02.08.2021, 08:05

Hallo Mimmy,
das sind alles deine Gedanken und Interpretationen dazu, was dein Thera denken-fühlen-meinen wird etc.
Und auf die reagierst du grade. Also auf dein Eigenes. ;-)

Frag ihn doch mal nach, was er tatsächlich denkt und meint und wie er dich erlebt und drauf reagiert.
Und wenns via reden nicht geht, dann schreib z.B. was auf und gibs ihm zu lesen etc.

Dann könntest du ihn auch wissen lassen, was du von ihm vermisst hast, als du geweint hast. Was du dir wünschen würdest von ihm. Und erfahren, was in ihm tatsächlich vorging, warum er nicht so auf dich reagiert hat, wie du es dir erwartet hattest.

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Mimmy
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Beitrag Mo., 02.08.2021, 19:27

Vielleicht habt ihr Recht und ich sehe das falsch.
Mir kam es nur so vor, als würde er langsam die Geduld verlieren, aber vielleicht ist das wirklich nur meine verkorkste Interpretation.

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Montana
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Beitrag Mo., 02.08.2021, 22:07

Wir waren doch alle nicht dabei und können nur Anregungen geben, über die du mal nachdenken kannst. Du kannst selbstverständlich zu dem Ergebnis kommen, dass du von Anfang an das richtige Gefühl hattest.
Mir fällt übrigens noch etwas ein, was auch sein könnte: wenn du sonst nicht weinst, aber bei dieser Gelegenheit ist es passiert, dann kann der Therapeut plötzlich sehr motiviert gewesen sein, genau an der Stelle weiterzumachen. Nicht, um dich zu quälen, sondern weil ihr da an einem ganz wichtigen Thema wart. Eins, das dich viel stärker berührt als alle früheren. Und damit eines, das aus Sicht des Therapeuten vielversprechend ist, dich voranzubringen. Aber Weinen ist natürlich nur ein sehr vager Hinweis, so dass Nachfragen irgendwie folgerichtig erscheint.


Waldschratin
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Beitrag Di., 03.08.2021, 08:10

Mimmy hat geschrieben:Vielleicht habt ihr Recht und ich sehe das falsch.
Mir kam es nur so vor, als würde er langsam die Geduld verlieren, aber vielleicht ist das wirklich nur meine verkorkste Interpretation.
Wieso denn "verkorkst"?

Es ist eine mögliche Interpretation von vielen.
Und das machen wir Menschen nunmal so : Wir interpretieren, wir deuten, wir checken ab und machen uns unsere Gedanken zu etwas, sortieren unsere Eindrücke nach "gefährlich oder nicht".
War zu Säbelzahntiger`s Zeiten sehr wichtig, um "Essbares" bis "Fressfeind" unterscheiden lernen zu können.

In einer Therapie kriegt man die tolle Gelegenheit, seine Interpretationen mal direkt am Gegenüber überprüfen zu können.
Letztlich lernt man dann weit mehr über sich selber, als über den Thera an sich.

Und darum gehts ja auch in der Therapie : Man soll sich selber begegnen, sich besser kennenlernen, sich bewusst machen getrauen, was bisher unbewusst in einem rumwerkelt.

Mimmy, es geht kein bissl drum, etwas "richtig" oder "falsch" zu machen, auch wenn es dir grade so vorkommt, als seist du auf den Prüfstand (wie das Auto beim TÜV...) und der "Prüfer" leuchtet grade deine dunkelsten Ecken aus und schüttelt ständig missbilligend den Kopf.

Getrau dich und überprüfs einfach mal direkt am und mit dem Thera, hör dir an, was er dazu zu sagen hat, wie er das erlebt, wie er dich erlebt und dann guck, wie es dir damit geht - und wende dich damit auch wieder an den Thera.
Weil das einem ganz schön den Boden wegziehen kann.

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