Psychotherapie, große Probleme mit den Fragebögen

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Bluemoon123
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Beitrag Fr., 12.02.2021, 10:39

Eine Biografische Anamnese hat nichts mit Esoterik zu tun. Psychotherapie funktioniert eben nur auf der Beziehungsebene, da ist es schon wichtig biografische Hintergrunddaten zu erfassen. Ob die letztendlich für das Problem eine Rolle spielen oder nicht, wird sich dann im Laufe der Therapie herausstellen. Aber so ein Fragebogen ist halt am Anfang eine gute Möglichkeit die Hintergründe zu erfragen, ohne dafür mehrere wertvolle Therapiestunden zu verbrauchen. Das unterstützt also eher das "schnell zum Thema kommen".

Außerdem gibt es tatsächlich dem Therapeuten die Möglichkeit genau da einzusteigen, wenn bei gewissen Fragen Probleme auftauchen. Es wurde ja bereits schon mehrmals geschrieben, dass diese Fragebögen absolut keine Pflicht zur Beantwortung beinhalten. Wenn jemand überhaupt nicht damit kann, kann man das ja auch sagen.

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Sadako
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Beitrag Fr., 12.02.2021, 10:49

Charlie Foxtrott hat geschrieben: Fr., 12.02.2021, 10:18 Auf einer HP für Angehörige von Gewaltopfern habe ich auch mal gelesen, dass die erst mal Fragebogen bekommen haben, wo ellenlang nach der Kindheit gefragt wurde. Auch ich wurde (nach Gewalt) erst mal gefragt, ob die Mutter auch immer Essen gekocht hat und ob ich auch verheiratet bin (was sagt das über die Beziehungsqualität?).
Ich denke, man kann das nicht so pauschal für alle sehen. Zu Beginn meiner Therapie hat die Therapeutin den üblichen Amnamesefragebogen ganz gestrichen, weil von Beginn an klar war, dass ich extreme Gewalt erlebt habe und sie nicht alle möglichen Dinge aufrühren wollte, in einer Phase, wo noch kein Halt in der therapeutischen Beziehung ist. Ich musste den Bogen dann ausfüllen für das Gutachten zur Umwandlung von Kurz- in Langzeittherapie und auch da sollte ich die Fragen, wo es schwierig wurde nicht allein, sondern mit ihr zusammen bearbeiten.
Ich weiß, dass meine Erfahrung nicht repräsentativ ist, es gibt ganz unterschiedliche Wege mit diesen leidigen Bögen umzugehen...
Letztlich kann ich nur jeden ermutigen, bei Schwierigkeiten dem Therapeuten das zurückzumelden. Gerade am Anfang der Therapie ist das auch ein guter Weg zu gucken, ob der Therapeut den Patienten wahrnimmt und ernst nimmt. Alles wichtige Hinweise, ob es passt in der Therapie.

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saffiatou
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Beitrag Fr., 12.02.2021, 11:32

Ich denke wichtig ist erstmal den Fragebogen nicht als Test zu betrachten, das nimmt viel Druck, es gibt kein Richtig oder Falsch bei der Beantwortung, sondern dient einer Einschätzung und um einen Bericht für den Gutachter zu schreiben und als ersten Eindruck für die Thera, sie kann schon da sehen, wo Deine Problematik ist.

Meine Thera hat gesagt, ich muss nicht jede Frage beantworten, das nicht-Beantworten sagt ihr auch viel und ich kann dazu schreiben, was mir SChwierigkeiten mit der Beantwortung macht und wir haben einige Fragen gemeinsam angeschaut.
never know better than the natives. Kofi Annan

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Montana
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Beitrag Fr., 12.02.2021, 11:51

Mein jetziger Therapeut hat mich ebenfalls keine Fragebögen ausfüllen lassen. Ich war aber auch schon in Therapien und konnte klar formulieren, "was bisher geschah". Ansonsten war ich überrascht, dass ich absolut nichts "beweisen" musste. Weder was die Therapie-Vorgeschichte angeht, noch was körperliche Erkrankungen betrifft. Er glaubt mir einfach.

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Bluemoon123
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Beitrag Fr., 12.02.2021, 13:14

Montana hat geschrieben: Fr., 12.02.2021, 11:51 Ansonsten war ich überrascht, dass ich absolut nichts "beweisen" musste. Weder was die Therapie-Vorgeschichte angeht, noch was körperliche Erkrankungen betrifft. Er glaubt mir einfach.
Wieso hat Dich das überrascht? Ich finde das relativ normal, dass geglaubt wird, was man erzählt. Ich hab meinem Therapeuten auch noch nie etwas "beweisen" müssen. Er hat zwar schon abgefragt, was es noch für andere Erkrankungen gibt, und ob ich Medikamente nehme. Aber das ist ja normal, dass er das bei der Anamnese mit aufnehmen muss um beurteilen zu können, was evtl. auch noch Einfluss haben könnte.
Aber es ist doch auch normal, dass einem diese Angaben ohne irgendwelche zusätzlichen Beweise geglaubt werden. Ich hab ihm noch nie irgendwelche Arzt- oder Rehaberichte gegeben. Anfangs, weil mir das gar nicht in den Sinn kam. Irgendwann mal, als wir über meine Reha gesprochen haben, hab ich dann gefragt, ob er da eigentlich den Bericht braucht. Da hat er gesagt, nein, nur wenn ich unbedingt will, dass er das liest. Ansonsten ist ihm nur wichtig, was ich ihm erzähle und nicht was andere über mich schreiben.
Für die Verlängerung von Kurzeit- auf Langzeittherapie hat er dann den Konsiliarbericht vom Hausarzt gebraucht. Das war der einzige "Beweis" den er jemals von mir wollte. Aber eben auch nur für den Gutachter-Antrag.

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Lady Nightmare
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Beitrag Fr., 12.02.2021, 14:07

Hallo Tobe,

wichtiger als das vollumfängliche Ausfüllen irgendwelcher Fragebögen fände ich in deiner Krisensituation, dass du weiter auf dein Bauchgefühl achtest (ist Vertrauen bei diesem Therapeut möglich) und dass du abklärst, ob er dir tatsächlich zeitnah zur Verfügung steht und in welchem Umfang.

Viel Kraft in dieser schwierigen Zeit für dich!

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alatan
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Beitrag Fr., 12.02.2021, 15:34

In der Psychotherapie geht es nicht um "Hintergrunddaten"-Erfassung, sondern vor allem darum, szenisch zu verstehen. Das gelingt leider überhaupt nicht durch Fragebögen, sondern durch gemeinsame (Beziehungs)Arbeit.


Bluemoon123
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Beitrag Fr., 12.02.2021, 16:13

Das eine schließt ja das andere nicht aus. Natürlich geht es um ein szenisches Verstehen. Aber zum Gesamten gehört eben auch eine Biografie-Datenerfassung. Eine Therapie besteht ja nicht nur aus den Fragebögen am Anfang. Niemand behauptet, dass damit schon alles getan ist.

Also, auch wenn ich, wie anfangs schon geschrieben, mit dem Fragebogen meine Schwierigkeiten hatte, so fand ich doch z.B. den Biografiedaten-Teil im Fragebogen sehr entlastend für meinen Therapiebeginn. Ich musste nicht mehr stundenlang erzählen wie meine Ursprungsfamilienverhältnisse sind, wer mit wem zusammen hängt. Das meiste ist meiner Meinung nach nicht relevant. Aber trotzdem ist es als Hintergrund-Info für meinen Therapeuten wichtig um Erzählungen aus meiner Vergangenheit besser einordnen zu können, ohne jedes mal nachfragen zu müssen, wer jetzt mit wem und warum. Das würde meiner Meinung nach den Prozess stören.

Und nochmal. Es gibt keine Pflicht alles auszufüllen und anzugeben. Wenn Sachen gefragt sind, wo man der Meinung ist, das geht den Therapeuten nichts an, dann schreibt man da auch nichts rein. Ist ja genauso eine freie Entscheidung, wie die Entscheidung was man erzählt und was nicht.

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chrysokoll
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Beitrag Fr., 12.02.2021, 16:32

nicht jede Therapie besteht vorwiegend aus szenischem Verstehen.
Wie schon gesagt gibt es keine Pflicht die Fragebögen ganz auszufüllen und der Umgang des Therapeuten damit sagt ja auch schon viel aus.

Ich hab am Anfang der aktuellen Therapie verschiedene Fragebögen ausgefüllt, teils zur Diagnostik.
Das fand ich sowohl gut als auch wichtig. Vor allem da damit schnell vieles klar wird bzw. ausgeschlossen werden kann und damit nicht viel Zeit vergeudet wird.
Auch die biographischen Angaben sind so leicht zu erheben.

Meine Therapeutin sagte aber gleich ich soll das ausfüllen was ich kann und möchte und wenn ich Fragen habe besprechen wir das.

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Montana
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Beitrag Fr., 12.02.2021, 17:07

Nun, ich wurde NICHT gefragt, ob ich weitere Erkrankungen habe oder ob ich Medikamente nehme.
Und Berichte von anderen sind für manche Therapeuten tatsächlich wichtig. Der letzte Therapeut wollte einen Bericht des vorletzten, ich stimmte dem zu, aber dann weigerten sich beide, mich den lesen zu lassen. Fazit für mich: dem würde ich nie wieder zustimmen. Wenn ich nichtmal weiß, was drinsteht, dann kann ich Fehler nicht richtig stellen. Und erfahrungsgemäß gibt es keine fehlerfreien Berichte. Das kriegen ja Kliniken und somatische Ärzte auch nicht hin. (Und bevor das Totschlagargument kommt: nein, es bestand nicht die Gefahr, dass mich das Lesen des Berichts so umhaut, dass ich etwas dummes gemacht hätte.)

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Tobe
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Beitrag Sa., 13.02.2021, 04:26

Hallo,

zuerst möchte ich mich nochmals ganz herzlich für eure zahlreichen und mutmachenden Antworten bedanken.

Generell denke ich schon, daß auch die eigene Biograpie eine große Rolle spielt in der eigenen Entwicklung. Welche Fähigkeiten man später entwickeln kann und wie man mit bestimmten Situationen später umgehen kann. Und auch meiner Meinung nach wird schon vieles grundlegendes in der Kindheit entwickelt.

Somit können die Fragebögen schon vieles an Informationen für den Therapeuten beinhalten, wo das eigentliche Grundproblem vermutlich seinen Ursprung hat. Sehr wahrscheinlich auch Ursachen die dazu beigetragen haben, daß ich nun solche Probleme habe und ich mir aber dessen noch nicht bewusst bin.

Sicher ersetzen die Fragebögen niemals das persönliche Gespräch, aber sie können einen guten Ansatz für den Therapeuten bieten, was er näher "abklopfen" sollte.
Gerade deshalb ist es mir persönlich auch so wichtig ihm möglichst bald soviele Informationen wie es mir möglich ist zu geben. Dies erhöht für mich deutlich die Chance möglichst bald an meinen Grundproblemen anzukommen und somit möglichst bald auch zumindest an einer Lösung arbeiten zu können.
Charlie Foxtrott hat geschrieben: Fr., 12.02.2021, 10:18 Ein idealer Therapeut ist einer, der schnell zum Thema kommt, dabei bleibt, nicht immer abschweift und alles auf die Kindheit schiebt. Und der den Patienten respektiert,...
Sicher, nur ist es ein Problem das Grund-Thema zu finden, wenn selbst der Patient sich dessen nicht bewusst ist. Dann stochert der Therapeut nämlich unter Umständen wochenlang ohne Erfolg im Nebel. Ich bin mir nämlich selber nicht bewusst darüber, wo der Ursprung zu meinen Problemen liegt.
Doch je länger ich über die eigene Biographie, besonders die in meiner Kindheit nachdenke, desto wahrscheinlicher wird in meinem Fall tatsächlich der "Grundstein" in meiner Kindheit liegen.
Auch in den ersten Gesprächen mit meinem Therapeuten deutete schon einiges glaubhaft darauf hin.
Lady Nightmare hat geschrieben: Fr., 12.02.2021, 14:07 ...wichtiger als das vollumfängliche Ausfüllen irgendwelcher Fragebögen fände ich in deiner Krisensituation, dass du weiter auf dein Bauchgefühl achtest (ist Vertrauen bei diesem Therapeut möglich) und dass du abklärst, ob er dir tatsächlich zeitnah zur Verfügung steht und in welchem Umfang.
Ich denke schon, daß es mir möglich sein wird meinem Therapeuten zu vertrauen. Ich muß ihm halt auch eine Chance geben. Vertrauen ist bei mir auch so eine "gestörte" Sache, da ich sehr früh schon mehrfach damit schlechte Erfahrungen machen musste. Es hat sich dadurch ein deutlich verstärktes Grundmisstrauen jedem gegenüber entwickelt, welches auch nur sehr schwer von mir abzulegen ist.
Mir ist aber auch bewusst, wenn ich meinem Therapeuten nicht ein gewisses Maß an Vertrauen schenke, daß das Alles keinen Sinn macht, weil er mir dann nicht helfen kann.

Ich habe noch nicht eruieren können, ob mein Therapeut in "Notfällen" zeitnah zur Verfügung stünde. Ich bin ja schon froh darüber, daß er mich überhaupt noch als seine Patientin aufgenommen hat, da er eigentlich ausgelastet ist.

L.G. Tobe
Haltet die Welt an, ich will aussteigen.
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weisst du, wie sich meiner einer fühlt.


No Twist
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Beitrag Sa., 13.02.2021, 09:22

Hallo Tobe, eine solche Menge an Papier kann einen schon überfordern - gerade wenn du momentan akute Probleme hast, die dich ebenfalls sicher mehr als auslasten, rate ich dir, dass du erstmal nur das ausfüllst, was dir leicht von der Hand geht und mit dem Therapeuten absprichst, dass der Rest folgt. Ich erinnere mich mit Schrecken daran, wie mich die Fragebögen damals noch zusäztlich aus dem Gleichgewicht gebracht haben und das wünsche ich dir nicht. Wenn es momentan zu viel ist, rede mit dem Therapeuten darüber - da gibt es sicher eine Lösung. Alles Gute von mir! Und viel Kraft!
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Und für einen Augenblick leb ich im Jetzt

von: Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen

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diesoderdas
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Beitrag Sa., 13.02.2021, 10:27

Es wundert mich, dass scheinbar viele solche Fragebögen bekommen. Ich bekam nie einen, außer 1 x in einer Klinik.
Und das lief ziemlich komisch. Ich füllte aus - und der Inhalt wurde nie besprochen. Keine Ahnung, ob die Therapeutin ihn überhaupt gelesen hatte. Mir wurde mitkeinem Wort erklärt, wie Therapie dort läuft, was erwartet wird. Ich ging ganz selbstverständlich von meinem Wissen aus. Und das war: beim Therapeuten redet man über seine Probleme und über die Kindheit und dann wird es besser. Oder soll es zumindest. Zweifel bekam ich daran sehr schnell. Weil ich die Bögen ausgefüllt hatte, dachte ich damals, ich müsse den Inhalt nun nicht mehr extra erwähnen - es stand ja erwähnt auf dem Papier.
Als ich dann nach Wochen freudig erzählte, ich hätte es ein bisschen aus der Klinik raus geschafft(Agoraphobie) kam von Theraseite aus: Ach, Sie haben also Probleme das Haus zu verlassen?
Da kam ich mir ziemlich verarscht vor. Dachte, super, mein Hauptproblem wieso es in die Klinik ging, ist nicht bekannt.
Ich sagte dann auch leicht angesäuert, dass ich schon erwarte, dass Bögen von mir gelesen werden... dass ich es vor Wochen da rein geschrieben hatte.

Aber grundsätzlich finde ich so Bögen gut und fand es eher schade, dass danach keiner mehr welche verteilte. Ich finde es gut, wenn der Thera schon gleich von Anfang an einen Grobumriss bekommt. Das dauert sonst ja ewig, bis man das erzählt hat. Und auf Papier kann man ungestört und in Ruhe nachdenken und alles wichtige zusammenkramen.
Dann sollten sie aber gelesen und halbwegs parat bleiben.

Finde es aber nicht schlimm, wenn man da einzelne Fragen nicht beantworten kann. Oder will. Sollte ein Thera deshalb Stress machen, wäre das für mich ein Grund da nicht mehr hinzugehen. Weil, niemand kann verlangen, dass ich etwas erzähle, das ich nicht oder noch nicht erzählen will. Das sollte respektiert werden.

Montana hat geschrieben: Fr., 12.02.2021, 17:07 Fazit für mich: dem würde ich nie wieder zustimmen. Wenn ich nichtmal weiß, was drinsteht, dann kann ich Fehler nicht richtig stellen. Und erfahrungsgemäß gibt es keine fehlerfreien Berichte. Das kriegen ja Kliniken und somatische Ärzte auch nicht hin. (Und bevor das Totschlagargument kommt: nein, es bestand nicht die Gefahr, dass mich das Lesen des Berichts so umhaut, dass ich etwas dummes gemacht hätte.)
Habe zum Glück nie Berichteaustausch erlaubt. Würde ich auch nicht. Generell würde ich Berichte nur weiterreichen nach vorherigem Lesen.
Ich habe einen Klinikbericht hier rumliegen und einen Thera-Bericht. Der Klinikbericht ist halbwegs okay, der Thera-Bericht....meiner Ansicht nach ziemlich aussagelos bzw mir den schwarzen Peter zuschieben wollend.

Im Klinikbereicht war es schon sehr beeidruckend, wie Therapeutenwahrnehmungen total falsch sein können und was für abstruse Sachen da rein kommen.
Ich wurde z.B. als "materiell verwöhnt, aber emotional vernachlässigt" bezeichnet.
Verwöhnt finde ich schon einen heftigen Ausdruck. Und ich war es halt einfach auch nicht. Ich war diejenige, die immer das wenigste Taschengeld bekommen hatte.
Ich bekam aber alles nötige bezahlt, also Kleidung, Schulsachen usw, aber sowas ist ja völlig normal.
Ebenso bekam ich extra Geld, da meine Schule zu weit weg war und ich mir dort ein Mittagessen besorgen musste. Wenn von diesem Essensgeld am Ende des Monats etwas übrig war, durfte ich den Rest behalten.
Bei Klinikbesuchen meiner Mutter überschüttete sie mich mit Süßigkeiten, tütenweise. Und das war es auch schon.
Fazit: ich bin materell verwöhnt :kopfschuettel: So Sachen regen mich echt auf.

Im Therabericht wurde erwähnt, ich hätte als Kind Albträume gehabt (stimmt). Obwohl das ein Miniteil meiner Kindheit war und viele Kinder ein paar Wochen so eine Phase haben. Mehr war es bei mir auch nicht. Aber es wurde in einem Abschlussbericht Jahrzehnte danach erwähnt. Hatte eher das Gefühl, in dem Bericht wurde noch so Unwichtiges aufgefahren, nur um zu zeigen, wie bekloppt ich doch sei.

Also, mit Berichten wäre ich auch sehr vorsichtig.

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Thread-EröffnerIn
Tobe
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Beitrag Sa., 13.02.2021, 19:07

Hallo No Twist,
No Twist hat geschrieben: Sa., 13.02.2021, 09:22 ...Ich erinnere mich mit Schrecken daran, wie mich die Fragebögen damals noch zusäztlich aus dem Gleichgewicht gebracht haben und das wünsche ich dir nicht. Wenn es momentan zu viel ist, rede mit dem Therapeuten darüber...
Genau das ist es was ich spüre...
Ich merke das bestimmte Ereignisse in meinem Leben mir wieder zu sehr present werden, sobald ich mich näher damit befassen muss um diese Fragen zu beantworten. Ich habe dabei das Gefühl "abzudriften".
Ich befinde mich dann in einem Zustand, der einem Tagtraum ähnelt, aber auf belastende Art und Weise.
Ich werde dabei von Gefühlen überrannt, die ich dann auch nicht in Worte fassen kann.

Ich werde wohl diese Ereignisse auslassen müssen, obwohl sie mit Sicherheit für ihn relevant sein könnten.

L.G. Tobe
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Sadako
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Beitrag Sa., 13.02.2021, 19:37

Tobe hat geschrieben: Sa., 13.02.2021, 19:07 Ich befinde mich dann in einem Zustand, der einem Tagtraum ähnelt, aber auf belastende Art und Weise.
Ich werde dabei von Gefühlen überrannt, die ich dann auch nicht in Worte fassen kann.

Ich werde wohl diese Ereignisse auslassen müssen, obwohl sie mit Sicherheit für ihn relevant sein könnten.

L.G. Tobe
So wie du deine Lebenssituation schilderst, ist es im Moment vielleicht nicht sinnvoll, diese Themen anzugehen.
Das bedeutet ja nicht, dass sie auf Dauer ausgespart werden müssen. Vielleicht ist es möglich, dem Therapeuten einen kurzen Hinweis zu geben, dass da Themen sind, die wichtig werden könnten, aber im Moment zu belastend sind ( so wie man früher auf Seekarten vermerkt hat: Hier sind Monster)
So mache ich das oft, dass ich kurz andeute, ja da ist etwas, was angeguckt werden muss, aber ist jetzt zu viel. Dann habe ich dass Gefühl, es geht nicht verloren und gleichzeitig die Erlaubnis, es erstmal wieder in die Kiste zu packen, gerade in Zeiten, wo viel innere und äußere Belastungen sind.

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