Hallo Naylanu,
gibt es denn die Möglichkeit für Dich, das im Therapiegespräch, gerade in Bezug auf die schrecklichen Erlebnisse durch Deinen Vater, zu besprechen? Ich finde, das klingt so, als könnte das zumindest *ein* Ansatzpunkt sein! Und natürlich ist es genauso schlimm, als Kind vor einem anderen Geschwisterkind ständig zurückstecken zu müssen.
Selbst, wenn es von den Eltern nicht so beabsichtigt war, entsteht doch indirekt das Gefühl, einen weniger bedeutenden Platz in der Familie zu haben, als ihn dann beispielsweise die Schwester vermeintlich(!) hatte. Das muss ja so tatsächlich nicht der Realität entsprochen haben, aber es wird durch dieses Gefühl irgendwann zu einer eigenen Wahrheit, die man immer mit in andere Beziehungen trägt.
Vielleicht kannst Du es (mithilfe der Therapeutin) für Dich so annehmen, dass nicht DU die Belastung für Deine Mutter bist oder warst, sondern einfach die Gesamtsituation, die es erforderte, dass Deine Mutter sich intensiv um Deine Schwester kümmern musste und vielleicht keine Ressourcen mehr für ihre übrigen Kinder hatte bzw. nicht wusste, wie sie die hätte besser verteilen können. Nicht DU warst das Problem, sondern der Umstand, in dem ihr euch da als Familie befunden habt.
So wie es klingt, konnte Deine Mutter wohl auch auf wenig Unterstützung vom Vater hoffen? Aber, das ist jetzt von meiner Seite natürlich etwas vorgegriffen...
Ich wüsste, für mich würde sich daraus eine sehr interessante Therapiestunde ergeben - mein Therapeut hilft mir da oft sehr gut in Richtung Selbstreflexion und darin, bestimmte Zusammenhänge zu erkennen. Ich kann mir vorstellen, dass Deine Therapeutin Dir auf eine ähnliche Art und Weise helfen könnte, unabhängig von diesen Gefühlen, die Du gerade für sie empfindest.
Ehrlich gesagt weiß ich manchmal nicht einmal, wie es sich so anfühlt, wenn man einfach als Mensch geliebt wird...
Und, ehrlich gesagt, ist es bei mir auch so, dass ich gar kein Gefühl mehr für Erniedrigungen, Gewalt o.ä. habe. Das prallt einfach so ab und ich fühle dabei absolut nichts.
So, wie ich Dein letztes Posting verstanden habe, bist Du in dieser Welt der Gewalt gegen Deine Psyche und Deinen Körper aufgewachsen. Du hast es nie anders kennengelernt, das war Deine Normalität, schrecklicherweise! Selbstverständlich "stumpft" man da mit der Zeit ab.
Aber, da Du in Therapie bist, versuchst Du diesen Kreis jetzt zu durchbrechen und Du hast es ja schon in Teilen geschafft, indem Du Dich von zumindest einer Person hast abgrenzen können, die Dich schlecht behandelt hat.