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Do., 20.08.2020, 06:52
Liebe Somnia!
Wir beschäftigen uns in den Stunden aktuell mit einem meiner „rosa Flamingos“.
Mein Therapeut sagte letzte Woche, dass es keinen Sinn machen würde, wenn ich mich jetzt immer und immer wieder mit dem Flamingo konfrontiere.
Und dass es auch keinen Sinn macht, wenn er mich mit dem kompletten Flamingo in den Stunden konfrontiert.
Das würde nur die alte Überforderungssituation wiederholen und es eher immer schlimmer machen.
Stattdessen versuchen wir herauszufinden, wo mein Punkt ist, an dem ich mir in winzigen Schritten den blöden Vogel anschauen kann, aber noch so entspannt bin, dass ich weder Panik bekomme, noch dissoziiere, sondern ansprechbar bleibe, und das sowohl IN der Stunde, als auch danach.
Das erfordert so winzige Schritte, dass ich mich letzte Woche gefragt habe, wie lange das so wohl dauert. Also wieviel Jahre.
Als ich ihn das gefragt habe, sagte er, manchmal wären kleine Schritte die größeren. Wenn man versucht, größere Schritte zu gehen und die überfordern, bringt das letztlich gar nichts.
Ich kann ganz viel von dem unterschreiben, was die anderen auch schon geschrieben haben.
Es ist wichtig, ihm klar zu machen, was da in dir abgeht. Vielleicht bekommt er es gar nicht mit, wenn du gut gelernt hast, das nicht nach außen zu zeigen.
Schwierige Gefühle NACH Stunden kenne ich auch, eigentlich ist das die Regel. Inzwischen weiß ich, dasS sie wieder vorbei gehen. Meistens hilft inzwischen erst mal abzuwarten. Wenn abwarten nichts bringt, habe ich aber inzwischen eine Menge an Dingen, die ich selbst tun kann, als Liste.
Die haben wir zusammen nach und nach erarbeitet. Dinge überlegt, umgeschrieben, ausprobiert, wieder verworfen, in eine anderen Reihenfolge gebracht usw ..... auch das war ein Prozess und kommt nicht von heute auf morgen.
Und auch jetzt mache ich es immer noch so, bzw er fordert mich dazu auf, es immer aufzuschreiben, wenn ich was neues gefunden habe.
Aufschreiben ist immer gut, weil ich mich in schwierigen Situationen ganz oft nicht mehr erinnern kann, was ich tun kann, auch wenn ich das vor 5 Minuten noch wusste.
Und was das „normal“ angeht. Was ist schon normal?
Was für den einen „normal“ ist, kann für den anderen ganz anders sein. Mein Therapeut hat keine Angst vor dem aktuellen Flamingo. Das sagt er auch, er sagt aber auch, dass es einen Grund gibt, warum der für mich so schwierig ist. Und das werden wir zusammen rausfinden.
Er wird ja dafür bezahlt, dass er dir hilft, mit dem Flamingo klar zu kommen. Und nicht dafür, dass er dir zusätzlich Druck macht.
»Man versteht nur die Dinge, die man zähmt«, sagte der Fuchs.
aus: Der kleine Prinz, Antoine de Saint-Exupéry