Falsches Verhalten gegen Therapeut, Schuldgefühle

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

GuterGeist2019
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Beitrag Sa., 11.07.2020, 12:19

Das Aushandeln und Besprechen finde ich auch sehr wichtig.

Natürlich ist es verwirrend für Patienten, wenn der Therapeut zuerst ständige Erreichbarkeit signalisiert und dann zurückrudert. Dennoch finde ich, dass ein Patient trotz seiner Probleme die Grenzen des Therapeuten achten sollte, wenn die Zusammenarbeit funktionieren soll. Gerade auch, wenn die persönlichen Grenzen für das Empfinden des Therapeuten überschritten sind und er dies auch äußert.

Ich sehe das auch als Lern- und Übungsfeld. Und wie Shukria geschrieben hat: Wichtig ist auch, dass es sich im Laufe der Zeit verändert. Im Idealfall zum Positiven und zur Eigenständigkeit - auch wenn das Brauchen zwischendurch mal wieder stärker sein sollte.

Ob Mails nicht beachtet oder gelesen werden können, finde ich dabei nicht entscheidend. Es ist ihm zuviel - und das hat er geäußert. Für mein Empfinden spielt es dann keine Rolle, was von außen vielleicht als logisch, nicht so schlimm usw. empfunden wird. Jeder hat seine Grenzen woanders - auch Therapeuten.

Liebe malerin, sag doch deinem Therapeuten einfach, wie verunsichert du bist und dass du nicht mehr weißt, was okay ist und was nicht. Aber nicht aus der Position des kleinen Kindes heraus, das um Erlaubnis fragt. Sondern sag ihm, dass du seine Grenzen achten willst, aber dazu Strategien brauchst, wie du manches auch alleine aushalten kannst. Und mach doch auch zum Thema, dass es dich verwirrt, dass etwas nicht mehr geht, was erlaubt war.

Ich hoffe, er erklärt dir dann seinen Standpunkt und geht auf deine Unsicherheiten ein. Erarbeitet mit dir Möglichkeiten und Ventile. Wie es eigentlich sein sollte. Und du kannst dabei lernen, Verantwortung für dich und deine Gefühlszustände zu übernehmen. Schritt für Schritt.

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Montana
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Beitrag Sa., 11.07.2020, 12:28

Klar, sie müssen es aushandeln, aber im Berufsleben ist es doch oft so, dass Emails (als asynchrones Medium) eher dann geschrieben werden, wenn keine prompte Antwort erforderlich ist oder erwartet wird. Dringendes macht man per Telefon. Und wenn dieser Therapeut sein Handy angeschaltet neben dem Kopfkissen liegen hat, damit er auch nachts den Empfang von dringenden Notfall-Emails mitbekommt, dann muss ER das so kommunizieren. Denn das ist nicht der Normalfall. Ansonsten kann man ihm nur wünschen, dass ihm das nicht auf die Füße fällt. Denn 24/7 erreichbar zu sein, das tut keinem gut. Wer kleine Kinder hat, weiß das nur zu gut; und ist froh, dass die immer größer werden und aus der 24/7-Phase rauswachsen.

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Fairness
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Beitrag Sa., 11.07.2020, 13:13

Montana, du und ich wissen doch gar nicht im Detail, was der Therapeut der TE in seiner Arbeits- und Freizeit wie handhabt, auch TE weiß das vermutlich nicht so genau. Der Ausdruck "Tag und Nacht" könnte wortwörtlich ernst gemeint sein, oder auch nicht.
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malerin
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Beitrag Sa., 11.07.2020, 17:57

Danke für eure Rückmeldungen!

(Dass er Tag und vor allem Nachts für seine Patienten erreichbar sein möchte bezieht sich eher auf ganz besondere Fälle, wo z.B. jemand einen Schlußstrich unter seinem Leben ziehen möchte, also auf keine Fall für Bagatellfälle.)

Es stellt sich für mich nicht die Frage, wer hier richtig gehandelt hat und wer falsch. Mir ist ganz klar, dass MEIN Verhalten falsch ist (das kann natürlich jeder so sehen, wie er es möchte). Mein Therapeut ist wirklich sehr fair und Rücksichtsvoll gegenüber seinen Patienten, macht alles was in seiner Macht liegt,für seine Patienten. Wenn mal einer ein Problem hat und ihn anschreibt, ruft er auch zurück und nicht passiert weiter. Aber hier in diesem Fall ist es ganz klar mein Verschulden.

Mein Problem ist eher, wie kläre ich mit ihm dieses Problem. Wie kann ich ihm versichern, dass ich davon überzeugt bin, dass er keinen Fehler gemacht hat, dass es mein Fehler war.

Wie kann ich ihm glaubhaft klar machen (wir hatten das Thema ja schon mal), dass ich das gern ändern möchte, nur nicht genau weiß wie, weil es eher aus einem eher verunsicherten kindlichen Modus (und nicht erwachsensen Modus) entsteht.

Ich hab ein schweres Kindheitstrauma, wurde von meiner Mutter ständig misshandelt und wußte nie woran ich war, war ständig verunsichert, weil ich nie wußte, was von einer Minute auf die ander passiert, nie wußte, wie ich mich verhalten muss, dass nichts passiert. Ich denke, dass dies hier bei meinem Verhalten eine Rolle spielt.

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malerin
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Beitrag Sa., 11.07.2020, 18:19

@ Guter Geist, Zitat: .....sag doch deinem Therapeuten einfach....

Ja,ich werd ihm wohl erklären müssen, was in mir vorgeht, hoffe nur er glaubt mir und ist nicht mehr so verärgert. Ich rutsche leider automatisch in die Kinderrolle, hab darauf keinen Einfluß..., merke es oft nicht einmal.

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chrysokoll
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Beitrag Sa., 11.07.2020, 18:37

malerin hat geschrieben: Sa., 11.07.2020, 17:57
Wie kann ich ihm glaubhaft klar machen (wir hatten das Thema ja schon mal), dass ich das gern ändern möchte, nur nicht genau weiß wie, weil es eher aus einem eher verunsicherten kindlichen Modus (und nicht erwachsensen Modus) entsteht.

Ich hab ein schweres Kindheitstrauma, wurde von meiner Mutter ständig misshandelt und wußte nie woran ich war, war ständig verunsichert, weil ich nie wußte, was von einer Minute auf die ander passiert, nie wußte, wie ich mich verhalten muss, dass nichts passiert. Ich denke, dass dies hier bei meinem Verhalten eine Rolle spielt.
du hast das doch nun sehr klar für dich heraus gefunden und kannst es benennen.
Weiss der Therapeut das so in dieser Genauigkeit?
Denn genau DAS solltest du ihm auch sagen, was das bei dir auslöst, warum dich das so verwirrt


GuterGeist2019
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Beitrag Sa., 11.07.2020, 18:43

Ja, ich finde das auch viel zielführender - die Situation und deine Gefühle zu erklären, anstatt demütig und kindlich-klein die Schuld bei dir zu suchen.

Mit "sag einfach" meine ich natürlich nicht, dass es einfach IST.

Wie oft schreibst du ihm denn insgesamt? Du hast hier nur erwähnt, dass es nie so extrem war wie in der Situation mit dem Antrag. Wenn er so für seine Patienten da ist wie du es beschreibst, verstehe ich nicht, warum er offensichtlich derart verärgert ist. Oder gibt es da eine Vorgeschichte dazu?

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malerin
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Beitrag Sa., 11.07.2020, 19:07

chrysokoll hat geschrieben: Sa., 11.07.2020, 18:37
malerin hat geschrieben: Sa., 11.07.2020, 17:57

Weiss der Therapeut das so in dieser Genauigkeit?
Nein, nicht in diesem Zusammenhang. Aber du hast recht, das sollte ich ihm so erklären.

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malerin
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Beitrag Sa., 11.07.2020, 19:16

Zitat von Guter Geist: Wie oft schreibst du ihm denn insgesamt?

Vor dem ersten Gespräch mit ihm wg. diesem Thema, war es manchmal 2-3 Wochen gar nicht aber Danach habe ich eine Zeit lang gar nicht mehr geschrieben. Es hat eigentlich jetzt erst wieder in der Coronazeit angefangen, weil es viele Pausen gab, es auch ein paar besondere Probleme gab (viele habe ich aber auch nur zur Info geschrieben), es waren so 1 in der Woche aber auch mal lange keine.

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Pianolullaby
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Beitrag Sa., 11.07.2020, 19:50

Nun, er ist für absolute NOTFÄLLE jederzeit erreichbar,
nun, dann sollte man das auch nur im absoluten Notfall tun!!!
Und ein Antrag ist einfach kein Notfall.
Für mich ist ein Notfall, wenn ich gerade vgw. werde, oder akute Suizidgedanken habe, und bereits vorkehrungen getroffen habe. Alles andere ist für mich kein Notfall.
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

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Beitrag Sa., 11.07.2020, 19:54

Liebe malerin, wenn er solche Handlung nicht möchte, weil er sich davon gestresst fühlt, dann wird er sich vermutlich so lange ärgern, wie lange du diese Handlung aufrecht erhältst.

Ich schätze ein, dass er sich weniger über dich als Menschen ärgert, als eher über diese eine Verhaltensweise, welche er so nicht möchte, welcher er in seinem Angebot an dich keinen Raum geben möchte. Dass du in kindlichem Modus bist, wird nichts daran verändern, dass es ihm unangenehm ist, der Handlung ausgesetzt zu sein.

Es könnte möglicher Schritt sein, zu akzeptieren, dass ihr das an der Stelle unterschiedlich sieht und seinen allgemeinen Rahmen anzunehmen. Wenn das für dich nicht möglich ist, vielleicht ist er nicht mehr passender Therapeut für dich, weil eure Erwartungen unterschiedlich sind und entweder bist du gestresst, weil du nicht schreiben kannst, oder er, weil du doch schreibst, obwohl er nicht will.

Ich könnte mir vorstellen, dass wenn du versuchst, das zu lassen, wirst du erleben können, dass er weiter für dich da ist und dass es auch so gut gehen kann. Vielleicht wird das mit der Zeit klappen, dass du nichts mehr nach Hause mitnehmen und dann schreiben musst, weil ihr das bereits in der Sitzung ausreichend besprochen habt und du die Möglichkeit genutzt hast, im "Hier und Jetzt" der Sitzungen die Themen zu klären.

Ihr könntet versuchen herauszufinden, wo in eurer Kommunikation es hackt und ob ihr etwas machen könnt, um ihre Form zu verbessern, damit ihr erfolgreich die Sitzungen abschließt und du zufriedener, ohne offene "Therapeutenthemen" nach Hause gehen kannst. Vielleicht wird euch beiden etwas einfallen.

Alles Liebe.
"Hubero kororo, ororok orebuh"
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malerin
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Beitrag Sa., 11.07.2020, 19:55

Pianolullaby hat geschrieben: Sa., 11.07.2020, 19:50 Nun, er ist für absolute NOTFÄLLE jederzeit erreichbar,
nun, dann sollte man das auch nur im absoluten Notfall tun!!!
Und ein Antrag ist einfach kein Notfall.
Für mich ist ein Notfall, wenn ich gerade vgw. werde, oder akute Suizidgedanken habe, und bereits vorkehrungen getroffen habe. Alles andere ist für mich kein Notfall.
Ich glaube, dazu hab ich genug erklärt.


GuterGeist2019
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Beitrag Sa., 11.07.2020, 20:34

Zur Häufigkeit: Ich hätte gedacht, du schreibst öfter. Denn aus deinen Beiträgen klingt für mich schon heraus, dass das schon öfter Thema war und nicht erst 2x. Kann natürlich auch sein, dass du Hinweise nicht wirklich wahrgenommen hast und er letztendlich nun deutlicher geworden ist.

Ich hoffe, er hat Verständnis, wenn du deine Gefühle und die Unsicherheit erklärst. Vielleicht könnt ihr gemeinsam erarbeiten, wie du dich selbst besser halten kannst zwischen den Stunden.

Alles Liebe!

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Beitrag Sa., 11.07.2020, 21:41

malerin hat geschrieben: Fr., 10.07.2020, 20:32 ich habe schon einige Jahre hier nicht mehr geschrieben und habe jetzt aktuell ein Problem in der Therapiesitzung.
(...)

Wie würdet ihr damit umgehen? Ich denke, mich einfach entschuldigen, reicht diesmal nicht aus.
Ich würde den Therapeuten überhaupt nicht so in den Fokus nehmen. Sondern mich.
Ehrlich gesagt, würde ich mich noch nicht mal so direkt entschuldigen. Das wäre mir zu kindisch oder ich bin dafür zu stolz, keine Ahnung.
Ich denke halt, es geht ja um mich und das ich was aus der Therapie lerne.
Der Therapeut hat ne Grenze gesetzt, was ja absolut sein gutes Recht ist.

Aber viel spannender ist doch die Frage, was du damit kompensieren willst.
Welcher Kernelemente werde da getriggert? Zum Beispiel Sehnsuch nach Aufmerksamkeit, Sehnsucht, Liebe... oder irgendwas anderes. Vernatwortung abgeben, gesehen werden... etc. pp
Irgendwas wir da ja getriggert.

Ich würde denken, dass mich da ja wohl irgendwas unglücklich macht und dass es dann ja nicht die Lösung sein kann immer bis an mein Lebensende einen Therapeuten zuzuspamen.
Dann hätte ich wahrscheinlich irgendeine wirre abstruse Idee, warum ich das mache.
Und da ich mir immer intelligente Therapeuten aussuche :lol: ist er oder sie mir dann gedanklich voraus und kann mir zum einen helfen Hintergründe zu verstehen und mit mir einen besseren Umgang erarbeiten.
Allerdings muss man sich dazu manchmal auch Dinge wie "Krankheitsgewinn" und andere unbequeme Dinge eingestehen usw.

Also es geht ja nicht um den Therapeuten. Sich Entschuldigen oder Besserung geloben ust ja Quatsch.
Er setzt dir ja auch Grenzen damit du was für dich mitnimmst für dein reales Leben (und weil das wahrscheinlich wirklich sein Zeitpensum überschreitet, wenn jetzt alle Patienten sehr viele Mails schreiben). So what.
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf

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malerin
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Beitrag Sa., 11.07.2020, 21:43

@ Fairness
Er hat nichts gegen mich persönlich, das ist richtig, es geht nur um mein Verhalten ihm gegenüber. Er kennt mich schon sehr lange. Hätte er was gegen mich, hätte er keine 2 Therapie mit mir begonnen, denke ich.
Ja, ich werde mit ihm in der nächsten Sitzung ausführlich sprechen (selbst wenn ich nicht wollte, er würde es von sich aus ansprechen ; ) ) und hoffen, dass wir zu einer Lösung kommen.

Ich werde in Zukunft keine Mails mehr an ihn schreiben, es sei denn, es ist wirklich ein Notfall (Terminänderungen zählen auch dazu).

@ all
Danke für eure ehrliche Reflektion meines Themas. Jeder einzelne Rat von euch hat mir geholfen, mehr Klarheit in meinen Kopf zu bekommen.

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