Derealisation in der Therapiestunde?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Montana
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Beitrag Di., 30.06.2020, 22:26

@münchnerkindl: Wir scheinen da ähnlich zu ticken. Ich kann auch allerhöchstens den Absturz zeitlich hinauszögern. Das reicht im besten Fall, um mich an einen ruhigeren Ort zurückzuziehen. Wenn mir einer mit Skills als Lösungsvorschlag kommt, werd ich inzwischen eher aggressiv. Jeder, der einen Effekt hat, hat den nur zwei bis drei Mal, dann nicht mehr. Ich habe einer Ärztin mal gesagt, dass ich ihre Maßnahmen (Ammoniak) als Körperverletzung empfinde, und sie das unterlassen möge.
Bestimmte Tätigkeiten waren mir schon immer unmöglich und sind es heute immer noch. Nur dass ich heute weiß, warum. Ich habe SO viele Male zu Schulzeiten versucht, z.B. französische Vokabeln zu lernen. Und bin immer erst Stunden später wieder zu mir gekommen. Was soll man denn bei so einem Problem anderes machen, als die schlechte Note halt hinzunehmen? Mit Wollen hat das mal gar nichts zu tun. Gab ja auch noch andere Fächer zum Ausgleichen, Mathe war super dafür, kein Auswendiglernen, alles über Logik zu erschließen.
Ich wollte auch mal eine Kiste Tetra-Packs in ein Regalfach hieven, weil ich zu faul war, die Packs einzeln reinzustellen. Nachdem meine Arme zum dritten Mal einfach weggeknickt sind und das Ganze auf dem Staubsauger landete, hab ichs gelassen. Und erkannt, dass man nicht alles schafft, nur weil man es will.

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chrysokoll
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Beitrag Di., 30.06.2020, 22:32

also nicht alles was hinkt ist auch ein Vergleich.
Natürlich geben Muskeln nach wenn man ihnen zu viel zumutet.
Das hat doch aber rein gar keine Gemeinsamkeit mit Dissoziation.

Doch, ich bleib dabei, man muss zuallererst lernen WOLLEN da rauszukommen, sie zu unterbrechen, was anders zu machen. Sonst wird das natürlich nix.
Und Ammoniak ist harter Tobak und keinesfalls für jeden und alles geeignet, dagegen würde ich mich auch wehren

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Montana
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Beitrag Di., 30.06.2020, 22:57

Doch, natürlich hat das etwas damit zu tun. Muskeln sind bis zu einem gewissen Grad trainierbar und das Gehirn selbstverständlich auch. Aber es gibt Grenzen. Und manchmal ist es ok, die einfach für sich abzustecken und damit aufzuhören, gegen Windmühlen zu kämpfen.
Ich war in mehreren Kliniken mit Traumastation und bin eine bessere Expertin für mich als die ganzen jungen Psychologinnen frisch von der Uni, die da rumlaufen. Jeder, der nicht auf Schema F ansprach, brachte nur den Ablauf durcheinander. Und ich bin raus, mich wollen die jeweils kein zweites Mal. Nicht, weil ich dumm oder unverschämt wäre, sondern weil Schema F nicht funktioniert.
Ammoniak ist auch kein harter Tobak. In einer Klinik wurde das viel und gerne gegen Dissoziationen angewendet. War ja schließlich ne Reha-Klinik, da mussten die Patienten funktionieren. Meine ambulante Ärztin hat sich meine Kritik zu Herzen genommen und das nie wieder gemacht.

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Montana
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Beitrag Di., 30.06.2020, 23:00

PS: Wenn man Dissoziation als eine Krücke verstehen mag, dann hilft deren Unterdrückung genauso wenig wie das Wegtreten der realen Krücken bei einem Menschen mit Gipsbein.

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Sinarellas
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Beitrag Mi., 01.07.2020, 08:49

Für mich beschreibst du eine Depersonalisierungs / derealisierungsstörung im Eingangspost.
Beides hat mit hohem Streßlevel zu tun.
Das was du beschreibst ist keineswegs ein "milder verlauf", sondern wirkt sich extrem auf deinen Alltag aus.
Durch die ständige DP/DR bist du anhaltend im Hochstreß, weil du ja trotzdem den Alltag meisterst und das mit sehr viel mehr Ansträngung als Menschen ohne diese Problematik. Das führt wieder zu mehr stress und dies wiederum zu mehr DP/DR.

Es gibt keine gezielte Behandlung davon, da die Wurzel des Problems angegangen werden muss. Letztlich ist es eine fantastische Schutzreaktion des Hirns um dich zu schützen, leider aus dem Gleichgewicht geraten.

Selbsthilfe:
- stressreduktion
- skills bei sich haben (es ist alber beim thema skills aggressiv zu werden, ganz ehrlich, das sind nur Hilfsdinge die einen erden sollen und in die Gegenwart zurückholen oder eine Empfindungsschleife zu unterbrechen, wer so denkt hat eindeutig nicht seine Methoden zur Unterbrechung gefunden)
- erden lernen
- mit betroffenen austauschen

Ansonsten muss die Wurzel in der Psychotherapie behandelt werden, aber wie schon einige sagten, der Therapeut muss das grundlegend "kennen", kein Profi sein, aber er muss wissen was DP und DR ist und wie man individuelle SKills erarbeitet und dich bei der Selbsthilfe unterstützen kann
..:..

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Arakakadu
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Beitrag Mi., 01.07.2020, 09:28

Sinarellas danke f die Antwort. Ja mein Therapeut meinte eben, dass das Derealisationen sind. Aber ich dachte mir eben, dass es vl nicht wirkich welche sind, weil andere ja beschreiben, dass sie dann so heftig wegtreten, dass sie nichts mehr tun können, aber das sind dann ja schon richtige Dissoziationen, da gibt's ja scheinbar auch unterschiede.
Und ich habe das alleine ja kaum, immer nur wenn meine Kinder zb Schulkinder mitnehmen, oder ich in längeren Gesprächen bin. Ich dachte früher immer es sind Panikattacken. Aber ja, das ist nicht lustig. und nervt. Ich habe so Ammoniakampullen die auch gegen den Kotzdrang helfen sollen, aber das fühlt sich dann so an, als würde mir jemand auf die Nase hauen.
Was ich auch merke ist, dass ich oft das Gefühl habe nicht durchatmen zu können. Habe einen Lungenfunktionstest gemacht, weil ich dachte, es ist etwas körperliches, aber da passt alles. Habt ihr das auch, wenn ihr angespannt seid?

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Montana
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Beitrag Mi., 01.07.2020, 10:07

Ich finde es nicht albern, wenn mir nach Jahren immer noch Leute, die selber KEINE Erfahrungen mit Dissoziationen haben (sehr junge Psychologinnen in Kliniken z.B.) sagen, dass ich doch "einfach nur lernen muss, Skills richtig anzuwenden". Genauso, wenn mir eine Ärztin sagt, ich müsse es doch inzwischen echt mal gelernt haben, in Kliniken würden einem doch Skills beigebracht.
Ich habe im Gegenteil festgestellt, dass ich im Alltag viele unterschiedliche "Skills" schon selbst erfunden hatte, um überhaupt klar zu kommen. Hilfe gesucht habe ich erst, als es sich quasi "ausgeskillt" hatte, denn Skills lösen keine Probleme, sie verschieben den Zusammenbruch lediglich zeitlich nach hinten. Das hilft, um z.B. kurze Termine überstehen zu können, aber nicht den ganzen Tag.

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chrysokoll
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Beitrag Mi., 01.07.2020, 10:22

Montana hat geschrieben: Di., 30.06.2020, 22:57
Ich war in mehreren Kliniken mit Traumastation und bin eine bessere Expertin für mich als die ganzen jungen Psychologinnen frisch von der Uni, die da rumlaufen. Jeder, der nicht auf Schema F ansprach, brachte nur den Ablauf durcheinander. Und ich bin raus, mich wollen die jeweils kein zweites Mal. Nicht, weil ich dumm oder unverschämt wäre, sondern weil Schema F nicht funktioniert.
Ammoniak ist auch kein harter Tobak. In einer Klinik wurde das viel und gerne gegen Dissoziationen angewendet.
Es ist vollkommen klar dass Schema F nicht läuft und nicht einfach so jedem übergestülpt werden kann!

Es tut mir leid dass du da so negative Erfahrungen in Traumakliniken gemacht hast.

Ich bin da auch nicht so wahnsinnig begeistert von jungen, unerfahrenen Therapeutinnen die grade mal ein Manual gelesen haben und sich dran festklammern. So kann das natürlich nicht funktionieren.

Aber ich hab, mit durchaus noch junger, aber sehr engagierter Traumatherapeutin die Erfahrung gemacht dass es möglich ist an Dissoziationen zu arbeiten. Vorsichtig, genau auf mich angepasst. Das ging und dafür bin ich sehr dankbar!

Und doch, ich finde Ammoniak ist harter Tobak. Ja, ich weiss dass das gerne angewendet wird, ich mag das aber auch nicht

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Montana
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Beitrag Mi., 01.07.2020, 10:25

Gebe dir da uneingeschränkt Recht. Ich möchte an den Dissoziationen arbeiten und mache das auch in ambulanter Therapie, aber nicht mit Schema F. Kliniken scheinen aus strukturellen Gründen kein passendes Setting bieten zu können, was sehr schade ist.

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chrysokoll
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Beitrag Mi., 01.07.2020, 10:31

das kenn ich leider zu gut, und ich verstehe natürlich dass Kliniken nicht für jeden ein total individuelles Programm stricken können, aber so wie ich das in Kliniken erlebt habe bringt es leider gar nichts.

Ich kann z.B. so gar nicht mit Gruppentherapie, ich kanns einfach nicht, es geht nicht.
Und Kliniken bestehen zu 90 Prozent oder mehr aus Gruppen. Und da interessiert es keine S.au wenn man damit nicht kann oder kein Wort in den Sitzungen sagt oder wegdriftet.

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Montana
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Beitrag Mi., 01.07.2020, 11:18

So ist es. Es haben sich mal mehrere bitterböse darüber beschwert, dass ich aufgrund von Dissoziation eine Gruppenstunde verlassen musste und dann offensichtlich alleine die Straße überquert habe um mich (wie angewiesen!) im Hauptgebäude bei der Pflege zu melden, die mich dann ins Zimmer schickte. Ich habe mich nicht beschwert, aber andere Teilnehmer der Gruppe haben die Situation als gefährlich wahrgenommen und dann selber Angst bekommen.

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chrysokoll
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Beitrag Mi., 01.07.2020, 11:52

sowas ist übel!
Meine Klinikerfahrungen sind schon bisschen her, keine Ahnung ob sich da gravierend was geändert hat.
Bei mir wurde einfach hingenommen dass ich von Gruppentherapien nicht profitiere, nicht wirklich anwesend bin, mich nicht beteilige.
Ab und an hat ein Gruppentherapeut gefragt ob ich auch was sagen möchte und wenn ich den Kopf geschüttelt oder auch gar nicht reagiert habe wars auch gut.
Damals wusste man wohl noch nichts von Dissoziation (ich ja auch nicht!) und natürlich ist Gruppentherapie ein billiges, für viele auch passendes Verfahren in Kliniken.
Nur nicht für Leute wie uns.

@ Marlena bitte entschuldige, jetzt schreddere ich deinen thread mit meinen Erfahrungen.

Ich denke wenn dein Therapeut bei dir Derealisation wahr nimmt dann sollte er dir das erstens genauer erklären, die Ursachen mit dir anschauen und vor allem mehr auf Lager haben als "atmen Sie mal bisschen"

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Arakakadu
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Beitrag Mi., 01.07.2020, 12:17

Chrysokoll kein Problem! Das stört mich nicht!
In der Therapie meinte er ich soll durchatmen weil er eben dachte ich habe bei dem Thema die Luft unabsichtlich angehalten. Er hat mich dann noch befragt wie es sich genau angefühlt hat. Er meinte es kann sein dass mir das Unbewusste zuviel wird. Zur Derealisation meinte er dass es das ist was ich im Alltag beschreibe, siehe meinen ersten Post. Mal schaun ob das wieder vorkommen wird. Mein ganzer Körper war extrem schwach dann und als ich daheim war hätte ich einschlafen können ich war so müde wahrscheinlich die Anspannung

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_Leo_
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Beitrag Mi., 01.07.2020, 12:19

Das mit dem Atmen kann daran liegen das dein Herzschlag in dissoziativen Zuständen schneller sein könnte und dadurch kriegt man dann auch schlechter Luft.

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Arakakadu
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Beitrag Mi., 01.07.2020, 12:28

_Leo_ hat geschrieben: Mi., 01.07.2020, 12:19 Das mit dem Atmen kann daran liegen das dein Herzschlag in dissoziativen Zuständen schneller sein könnte und dadurch kriegt man dann auch schlechter Luft.
Ich krieg nicht schlechter Luft. Ich sagte während dem Reden dass mir ganz arg schwindelig ist. Er fragt dann, ob ich aufgehört habe zu atmen und sagt ich soll tief einatmen und macht das Fenster auf. Ich kenne das Gefühl eben nicht. Es ist wie ein Blitz. Aber vermutlich ist es eine leichte Derealisation oder so.

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