Darksheep, mir geht es ähnlich. Ich empfinde diese Corona-Situation als immense Belastung, die mich wiederholt ans Limit bringt und mich in akute suizidale Zustände zurückkatapultiert hat. Absurderweise hat sich mein Alltag nicht besonders stark verändert, weil ich zurzeit AU bin. Aber trotzdem. Alle Versuche, das irgendwie zu rationalisieren, an meinen "vernünftigen" Teil zu appellieren schlagen immer wieder fehl. Und wenn andere mir sowas sagen von wegen "wir müssen jetzt alle Opfer bringen/einschränken/vernünftig sein/blablabla" dann krieg ich sonen Hals. Vor allem wenn dann angeführt wird, dass es darum geht, Leben zu schützen. Dass mein Leben grad genauso aber anders auf der Kippe steht, ist dabei scheinbar komplett egal und wird auch nicht gesehen. Ich mag dem Gegenüber in dem Moment auch nicht direkt sagen, dass für mich grad alles auf Messers Schneide steht, denn damit wären die wiederum überfordert... Ich kriegs gerade auch für mich nicht sortiert, was genau an dieser Gemengelage für mich so schwierig ist. Ist einfach so
Ja, die Therapie hat sich auch verändert, aber wir reden immer wieder darüber, die Analytikerin und ich. Mal selbstironisch (jetzt wollte ich Ihnen zum Abschied schon fast die Hand geben, hab mich grade noch erwischt..) mal ganz ernst. Für mich ist das wichtig, dass das auch Raum hat, diese ganze Situation und was das mit mir macht. Das darüber reden hilft dann auch, dass ich bestimmte Dinge die die Analytikerin im Setting verändert hat (Sessel stehen weiter auseinander, kein Handgeben, sie erwartet mich nicht mehr an der Tür weil zu eng, es steht kein Wasser/Gläser mehr da...) nicht so persönlich nehme (hab schon den Hang dazu solche Dinge dann ganz stark auf mich zu beziehen, was natürlich auch nicht hilft...). Die Analytikerin ist bei diesen Fragen auch ziemlich transparent, lässt manchmal auch ihre eigenen Fragen und ihre eigene Ratlosigkeit anklingen, finde ich auch hilfreich. Weil es deutlich macht, dass sie in dieser Situation sich genauso vorantasten muss wie alle anderen auch.
Ich versuche die Dinge die mich im Therapiekontext irritieren wirklich anzusprechen. Momentan schiebt sie zB Termine ziemlich viel hin und her. Weil sie Schulkinder hat, die jetzt zuhause sitzen und Betreuung brauchen (die sie zwar mit ihrem Mann teilt, aber ja, das macht Anpassungen in der Terminplanung erforderlich...). Ich verstehe das alles, vom Kopf her. Und emotional macht das aber mit mir ganz viel, dass "mein" gewohnter Termin nicht stattfindet. Sondern zu einer anderen Uhrzeit (die Straßen sind anders, das Licht im Praxisraum ist anders, ich komme komplett aus meinem Rhythmus raus...) manchmal sogar anderer Tag. Und auch wenn ich die Notwendigkeit nachvollziehen kann, ich merke grade wie wichtig es ist, trotzdem über diese Dinge zu sprechen und was sie mit mir machen und welche emotionalen Reaktionen das in Gang setzt. Das darf alles sein, diese komischen Reaktionen. Auch von ihr aus. Sie ist da überhaupt nicht wertend, sondern eher unterstützend. Schwierig wird es vor allem dann, wenn ich versuche, mir selbst meine Reaktionen auszureden oder zu versagen... Also dieser innere Dialog à la "stell dich nicht so an!"
Darksheep hat geschrieben: ↑Di., 28.04.2020, 18:50
Egal wie ichs mache. Gehe ich hin, gehts mir schlecht, gehe ich nicht, gehts mir schlecht...
Kannst du nicht mit dem Therapeuten zusammen überlegen, wie ihr das Setting unter den aktuellen Bedingungen so gestalten könnt, dass es sich nicht ganz so "verkehrt" anfühlt? Das kann dann auch eine "gute" Erfahrung sein, in dem Sinne, dass du gesehen wirst und Unterstützung bekommst... Das macht natürlich etwas Experimentieren erforderlich und setzt auf beiden Seiten die Bereitschaft voraus, sich auf solche Experimente ein Stückweit einzulassen...
Zum Video: Ich hatte vor Ostern 2 Wochen lang Videostunden weil ich in Selbstisolation war. Fand den Gedanken auch ganz furchtbar. Aber Telefon ging für mich gar nicht. Und komplett absagen war auch keine Option. Ich hab es also ausprobiert - und es war besser als befürchtet. Es kommt an eine "normale" Stunde nicht ran, manches geht unterwegs verloren. Aber es war teilweise auch interessant zu sehen, dass sowohl die Analytikerin als auch ich selbst in unserer Kommunikation viel direkter waren als wenn wir zusammen in einem Raum sitzen. Ist uns beiden auch aufgefallen... Wäre es eine Möglichkeit für dich, das nicht doch mal auszuprobieren? Wenn es gar nix ist, kannst du es ja auch wieder lassen. Der Therapeut sieht ja auch nciht deine ganze Wohnung. Und notfalls räumst du eine Ecke an deinem Küchentisch so frei, dass sie halbwegs neutral aussieht, da lässt sich mit wenig Aufwand viel Wirkung erzielen...
Alles Gute!