Therapeuten dürfen Dinge auch vergessen?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Emily_Erdbeer
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Beitrag So., 22.03.2020, 09:52

Also wenn du mich fragst, so kommt diese Abhängig etc. doch wie gerufen. Wenn du es schaffst das alles in der Therapie aufzuarbeiten und deine Gefühle und Gedanken akzeptieren und ansprechen lernst, dann dürften dir deine privaten Kontakte auch besser gelingen.

Ist bestimmt mit viel Angst und Scham verbunden aber ich denke der Weg da durch und die Auflösung am Ende werden ein Gewinn für dich sein!

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Sonnenblumenkern
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Beitrag So., 22.03.2020, 14:44

Denkst du dass ich deshalb in diese Abhängigkeit verfalle? Hattest du das auch?

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Vivy
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Beitrag So., 22.03.2020, 15:04

Liebe Sonnenblumenkern!

Mein Therapeut vergisst auch ab und an mal was.
Manchmal krieg ich das gleich mit und manchmal auch erst hinterher.
Aber ich bin im Grunde viel mehr erstaunt darüber, was er sich alles merkt. Auch Dinge, die ewig her sind.
Ich hab keine Ahnung, ob und was er sich aufschreibt, in der Stunde macht er das nicht.
Aber eigentlich ist mir das auch egal.
Und weil ich weiß, dass er Anteil nimmt und dass ich ankomme mit dem, wie ich bin und was schwer ist oder weh tut, macht es auch nichts, wenn er mal was vergisst.

Was die Abhängigkeit angeht: herzlich willkommen im Club.
Ziemlich am Anfang hab ich ihm erzählt, wie schlimm ich das in anderen Therapien fand und dass ich das nie nie nie mehr so will.
Und ein paar Wochen später ... war es wieder passiert.

Aber er ist der erste, der das einfach so akzeptiert, wie es eben ist und der mit mir auch darüber spricht und mit mir dran arbeitet.
Ich bin noch weit davon entfernt, ohne ihn klar zu kommen und durch die momentan unsichere Situation ist es wieder viel mehr geworden, aber ich bin mir inzwischen sicher, dass das irgendwann aufhört, weil ich ihn so verinnerlicht habe, dass er einfach in meinem Herzen bei mir bleibt.
Und dass ich dann irgendwann nach der Therapie mit Dankbarkeit an ihn denken kann, ohne mich so heftig wie jetzt nach ihm zu sehnen.
»Man versteht nur die Dinge, die man zähmt«, sagte der Fuchs.
aus: Der kleine Prinz, Antoine de Saint-Exupéry

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Sonnenblumenkern
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Beitrag So., 22.03.2020, 15:21

Liebe vivy!

Danke auch für deine Nachricht :) wie lange bist du dort und welche Form von therapie ist das? Was sagt er zur Abhängigkeit und ist es bei dir eher ein Gefühl von Stunde zu Stunde zu denken oder generell immer einen inneren Dialog mit ihm zu führen? Den inneren Dialog habe ich immer wieder und irgendwie komme ich so auf ziemlich vieles drauf!
Ich bin ihm ja nicht böse dass er Dinge vergisst es kam echt selten vor, das positive überwiegt. Ich glaube ich suche einfach wirklich nach Fehlern. Ich hab auch ein großes Problem mit Nähe und Distanz und finde einfach keinen Mittelweg und kann das ganze nicht entspannt sehen. Ich kann nicht ohne ihn, aber mit ihm ists anstrengend, es fühlt sich an wie eine Hassliebe 🙄

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Emily_Erdbeer
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Beitrag So., 22.03.2020, 16:13

Sonnenblumenkern hat geschrieben: So., 22.03.2020, 14:44 Denkst du dass ich deshalb in diese Abhängigkeit verfalle? Hattest du das auch?
Ich denke schon, ja. Abhängigkeit per se ist ja erst einmal gar nichts schlimmes. Wir alle sind abhängig von einander.

Was diese Abhängigkeit als ungut erscheinen lässt ist deine Abwehr dagegen. Ist sicher eine Angst die dahinter steckt und die kommt wahrscheinlich aus der Vergangenheit. Negative Bindungserfahrungen etc.

Ja, ich hatte sowas auch.

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matrjoschka05
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Beitrag So., 22.03.2020, 18:10

Sonnenblumenkern hat geschrieben: Sa., 21.03.2020, 12:18 wie seht ihr das und wie ist das bei euch so? fragen eure theras manchmal auch dinge doppelt und gibt euch das ein komisches gefühl?
Also meine Thera vergisst auch öfter Mal Sachen. Ganz am Anfang ist es auch gleich passiert und da war das sehr schlimm für mich, weil es ein Thema war das damals noch schwierig für mich war und wir auch in der Stunde davor noch darüber geredet haben, dass es mich sehr stört wenn ein Elternteil von mir ständig Sachen vergisst die ich erzähle.

Der Vorteil war, dass ich mich gleich am Anfang fragen konnte, ob ich bei ihr eine Therapie anfangen möchte, wenn sie möglicherweise auch in Zukunft Sachen vergisst die für mich wichtig sind. Ich hab mich dafür entschieden und in den letzten Jahren ist es auch wieder passiert, dass sie Sachen vergessen hat. Sie ist eben auch nur ein Mensch und die wichtigen Sachen hat sie sich zumindest meistens gemerkt. Mittlerweile nehm ich es größtenteils mit Humor, aber wenn es was wichtiges war und es mich stört dass sies vergessen hat, dann sag ich ihr das auch.
Was Namen betrifft hat sie zB ein ganz furchtbares Gedächstnis XD ich verwende deswegen auch eher selten Namen, weil sie sich die eh selten merkt (was zum Lernen vermutlich auch nicht so einfach ist, wenn ich die Namen nie verwend). Immerhin weiß sie nach einigen Jahren mittlerweile den Namen meiner Schwester ;)

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Vivy
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Beitrag Mo., 23.03.2020, 08:49

Sonnenblumenkern hat geschrieben: So., 22.03.2020, 15:21 wie lange bist du dort und welche Form von therapie ist das?
ich bin 2 Jahre bei ihm. Er ist Gestalttherapeut, ist aber sehr breit aufgestellt, was Therapiemethoden angeht.
Ich hoffe, ich erschrecke dich jetzt nicht .... "angedockt" habe ich schon ziemlich bald, so ungefähr nach 3 Monaten oder so, d.h. das geht schon ein bisschen länger.
Sonnenblumenkern hat geschrieben: So., 22.03.2020, 15:21 Was sagt er zur Abhängigkeit und ist es bei dir eher ein Gefühl von Stunde zu Stunde zu denken oder generell immer einen inneren Dialog mit ihm zu führen? Den inneren Dialog habe ich immer wieder und irgendwie komme ich so auf ziemlich vieles drauf!
Hmm ....

Ich denke seit fast 2 Jahren von Stunde zu Stunde. Und ich schaffe es noch nicht von Stunde zu Stunde ohne mit ihm Kontakt aufzunehmen. Und das ist vollkommen in Ordnung.

Ich kann nicht finden, dass die "Abhängigkeit" was grundsätzlich schlimmes ist, auch wenn es tierisch anstrengend ist.
Eigentlich ist es so, dass es notwendig ist, damit sich bei mir was verändern kann.

Ich hab ne Bindungsstörung und wie soll ich denn das mit der sicheren Bindung lernen, ohne eine feste und vertrauensvolle Bindung an ihn. Und dann sehne ich mich auch sehr. Das ist nicht erst seit ihm so, sondern das kenne ich schon immer und macht sich schon immer an irgendwelchen Vaterfiguren (Frauen bei mir nicht) fest. Lehrer, Trainer, Physiotherapeuten ... ach die ganze Bandbreite ... schlimm!
Bevor ich wusste, woher das kommt, war das für mich immer schon furchtbar, weil ich nie verstanden habe, warum das bei mir so schlimm ist. Und ich wollte ja denjenigen nicht verlieren und hab immer sehr aufgepasst, dass er das in dieser Wucht nicht mitbekommt, damit ich nicht "nerve" und deswegen verlassen werde.

Mein Therapeut ist der zweite Therapeut, der cool und entspannt damit umgeht, aber der erste zu dem ich zwischen den Stunden stabil Kontakt aufnehmen darf.
Irgendwann hat er mal gesagt, ich soll das bitte tun, bevor ich ausgeflippt bin, das wäre für uns beide weniger anstrengend.


Ich hab/hatte außerdem keine Objektkonstanz.
Das heißt, was/wer "weg" ist, existiert(e) nicht mehr. Oder ich hatte angst, dass sich rausstellen könnte, dass es denjenigen nie gegeben hat.
Ich hab meinen Therapeuten am anfang zwischen den Stunden immer innerlich komplett verloren (und hatte auch angst, dass ich hinkomme und das Haus einfach weg ist und nie exstiert hat) und das war der Grund für die Kontaktaufnahme zwischen den Stunden.
Das ist tatsächlich viel besser geworden, auch im Alltag, ist nur momentan durch die schlimm unsichere Situation wieder schwieriger.

irgendwann bin ich mal ziemlich ausgeflippt in einer Stunde und hab rumgeschrien, u.a. wie scheiße es ist, dass ich ihn so brauche, er mich aber nicht.
Als ich mich wieder eingekriegt hatte, hat er mir gesagt, dass das halt manchmal leider so ist, nicht nur bei Kindern und ihren Eltern, sondern auch bei Klienten zum Therapeuten und dass das jetzt einfach nicht so schnell geändert werden kann.

Und dass das aber sein darf und nichts schlimmes ist und ich mich nicht deswegen schämen muss.


Was die inneren Dialoge angeht:
Das ist doch eigentlich genau das Ziel des ganzen.
Ich hatte keine stabile Bezugsperson, die mir geholfen hat, zu lernen, mich selbst zu beruhigen.
Und jetzt ist er die stabile Bezugsperson, die mir hilft, das zu lernen, was ich in der Kindheit nicht gelernt habe.
Wenn ich es schaffe, innere Dialoge mit ihm zu führen und mich so selbst zu beruhigen, statt real mit ihm Kontakt aufzunehmen, damit er mich beruhigt, ist das ein riesen Ding.
Genau so geht das.
Manchmal geht das inzwischen. Nicht ohne Hilfsmittel (also diverse Übergangsobjekte), aber das ist total egal. Hauptsache, ich schaffe es.

Und wenn die Therapie irgendwann vorbei ist und ich hab ihn in meinem Herzen immer mit dabei und kann mit ihm reden, weil ich ihn verinnerlicht habe, dann: Klassenziel erreicht ,-) :cool:
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helgak62
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Beitrag Mo., 23.03.2020, 11:51

Also mein Therapeut vergisst auch immer wieder einmal was, obwohl er ganz viel aufschreibt - auch keine Wunder bei der Menge an Klienten. Am Anfang war das für mich irritierend. Mittlerweile sagt er es, wenn er etwas nicht mehr weiß und fragt nach. Das macht ihn sehr menschlich. Aber die gerade aktuell für die Therapie wichtigen Dinge hat er eigentlich auf dem Schirm. Außerdem hab ich den Eindruck je länger wir miteinander arbeiten, desto gefestigter werden für ihn die für mich "wichtigen" Dinge.
Und ja, ich finde es auch erstaunlich, wieviel an Wissen er über mich schon abgespeichert hat.

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Sonnenblumenkern
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Beitrag Mo., 23.03.2020, 13:54

danke für eure antworten!

ich habe einen anruf bekommen mit der frage ob ich die woche wieder kommen will!

es fiel mir sehr schwer diese antwort mit ja zu beantworten! ich sagte "wenns für sie passt"
dann hat mich gleich wieder gestresst dass ich letzte woche 2 mal dort war und morgen auch wieder hingehe (ich will ja unbedingt weils so schlimm ist grad) und dann denke ich gleich wieder ich gehe ihm auf die nerven oder ich bin zu oft dort oder oder oder
ich fühle mich schrecklich sodass ich dann gleich wieder gefressen und gekotzt habe. ich weiß das passt irgendwie gar nicht mehr zum thema. aber habt ihr euch da auch so schwer getan?

es ist mir jetzt wieder richtig peinlich morgen hinzugehen obwohl es ja ok ist.
:kopfschuettel: :kopfschuettel: :kopfschuettel:
ich habe ständig das gefühl ich verhalte mich falsch und werde dadurch dann abgelehnt
hmm.... ich glaube ich sollte vl nen anderen thread starten :lol:

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Hasenmaus123
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Beitrag Mo., 23.03.2020, 14:10

Das kann ich gut verstehen. Ich schäme mich auch seit Monaten vor meiner Thera und meinem Freund wegen der Häufigkeit meiner Sitzungen. Dies ist mal mehr und mal weniger. Ich denke immer, dass ich jemand anderen den Platz wegnehme... Wenn ich das anspreche, sagen beide, dass ich nichts dafür kann und dies schon in Ordnung sei...
Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ich meine Thera total nerven muss und ich schäme mich auch für meine Abhängigkeit.

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Hasenmaus123
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Beitrag Mo., 23.03.2020, 14:11

Hasenmaus123 hat geschrieben: Mo., 23.03.2020, 14:10 Das kann ich gut verstehen. Ich schäme mich auch seit Monaten vor meiner Thera und meinem Freund wegen der Häufigkeit meiner Sitzungen. Dies ist mal mehr und mal weniger. Ich denke immer, dass ich jemand anderen den Platz wegnehme... Wenn ich das anspreche, sagen beide, dass ich nichts dafür kann und dies schon in Ordnung sei...
Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ich meine Thera total nerven muss und ich schäme mich auch für meine Abhängigkeit. Ich fresse auch, aber kotze nicht, verletze mich aber auf andere Art und Weise.

Du siehst, du bist nicht alleine.

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Philosophia
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Beitrag Mo., 23.03.2020, 16:24

Leute, die Therapeuten bekommen ihr Geld, wenn ihr aufkreuzt - also kein Grund für Scham. Und es ist auch eine Tatsache, dass sie wenn sie nicht mit euch arbeiten wollen/können, mit euch einfach die Therapie beenden können. - Nur um mal die objektive Sicht reinzubringen. Aber das Schamgefühl hat sicher einen Grund, den es zu besprechen gilt.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Hasenmaus123
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Beitrag Mo., 23.03.2020, 16:41

Philosophia, vom Kopf her ist mir das alles klar.

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Philosophia
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anderes/other, 39
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Beitrag Mo., 23.03.2020, 17:25

Ja, dachte ich mir, nur ich finds wichtig, sich die Seite bewusst zu machen, um nicht völlig im eigenen Film zu versinken - aber trotzdem nach innen spüren, was da ist.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer


Waldschratin
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Beitrag Mo., 23.03.2020, 17:36

Sonnenblumenkern hat geschrieben:und dann denke ich gleich wieder ich gehe ihm auf die nerven oder ich bin zu oft dort oder oder oder[...]aber habt ihr euch da auch so schwer getan?
Ja, in jeder Therapie wieder... :roll:
Ich habs da auch so gemacht, wie Philo es empfiehlt : Sich den "Kopf" immer wieder klarmachen, vor Augen halten. Die Gefühle nicht wegschieben, sondern mit der Scham dann aber trotzdem dem "Kopf" folgen und dann halt : Aushalten und sich damit auseinandersetzen.

Es steht einem mit der Zeit nicht mehr gleich immer so massiv im Wege dann.

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