Wie viel Kontakt ist erlaubt?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Lucinda
Helferlein
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weiblich/female, 34
Beiträge: 120

Beitrag Sa., 28.06.2008, 09:08

Hallo,
bei uns gibts keinen Körperkontakt, auch kein Händeschütteln. Da bin ich aber auch ganz froh drum...

Ich hab ein großes Problem mit Nähe. Das ist auch immer wieder Thema in der Therapie. Zwischendurch gibts auch schon mal "Näheübungen". Sie sitzt dann mit dem Stuhl gaaaanz zufällig näher als sonst, oder muß mal kurz an mir vorbeirauschen um ein Fenster zu schließen. Solche Dinge waren für mich früher der Horror. Wenn sie zu nah kam, hab ich immer die Luft angehalten. Ist aber inzwischen schon besser.

Sie hat auch schon mal angeboten sich neben mich zu setzen. Aber das war mir zu nah...
Lieben Gruß,
Lucinda
Vertrauen ist das Gefühl, einem Menschen sogar dann glauben zu können, wenn man weiß, daß man an seiner Stelle lügen würde.

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Thread-EröffnerIn
BL19
neu an Bo(a)rd!
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weiblich/female, 27
Beiträge: 2

Beitrag Sa., 28.06.2008, 12:44

Vielen Dank erst einmal für eure zahlreichen Antworten...die Erfahrungen die ihr so macht bzw. gemacht habt, sind ja doch sehr unterschiedlich, wobei es bei den meisten von euch doch nur bei dem Händeschütteln bleibt. Wie ich bereits oben geschrieben habe, befinde ich (w) mich z.Z. in einer tiefenpsychologisch fundierten Therapie bei einem männlichen Therapeuten. Es ist halt so, dass ich einen sehr großen Wunsch danach habe, mal von ihm gedrückt oder gehalten zu werden, weil ich mir das ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen geben würde. Habe aber dieses Thema innerhalb der Therapie noch nie zur Sprache gebracht und in der Therapie verhalte ich mich genau gegensätzlich, sprich ich rücke meinen Sessel absichtlich weiter von ihm weg und habe im Gespräch eine ganz starke Abwehrhaltung, obwohl ich mir nichts sehnlicher wünsche, als die emotionale Nähe zuzulassen und darüberhinaus würde ich mir auch die körperliche Nähe wünschen. Ich stelle es mir auch etwas schwierig vor in der Hinsicht, weil er als männlicher Thera natürlich mit soetwas umso mehr "aufpassen" man, dass ich als Frau eben nicht mehr darein interpretiere. Naja, ich weiß z.Z. nicht wie ich damit umgehen soll.

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Gärtnerin
[nicht mehr wegzudenken]
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weiblich/female, 41
Beiträge: 1162

Beitrag Sa., 28.06.2008, 17:16

Hallo BL19,

es ist schwer, ich weiß, aber wenn du kannst, dann sprich deinen Wunsch nach Gehaltenwerden in der Therapie an. Es geht nicht darum, das dann auch in die Realität umzusetzen. Aber es kann interessant sein, sich damit näher auseinanderzusetzen und zu sehen, was es in dir auslöst, wenn du den Wunsch aussprichst. Ich glaube, Nähe und Distanz spielen in den meisten Psychotherapien eine wichtige Rolle.

Die Gärtnerin
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

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Vetiver
Helferlein
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weiblich/female, 42
Beiträge: 38

Beitrag Mo., 21.07.2008, 13:08

Hallo,

mal vorweg gesagt: Ich hatte im Alltag immer ein totales Problem mit körperlicher Nähe, d.h. habe sie vermieden, selbst mit guten Freunden und Freundinnen.

In meiner ersten Therapie war nix außer dem Handschlag am Anfang und am Ende der Stunde (war Tiefenpsychologisch fundierte Gesprächstherapie). Darunter habe ich irgendwann sehr gelitten, weil ich den Eindruck hatte, dass ich diesen "Problembereich" nur mit Reden nicht verändern kann. D.h. wir hatten in allen meinen Seelen-Ecken gemeinsam herumgestöbert und alles von rechts und links betrachtet und es hat sich dadurch viel verändert für mich. Aber dieses sehr körperliche Thema der Berührungsängste verschloss sich der Art von Außenbetrachtung. So war mein Eindruck...
Ich hatte irgendwie den Wunsch, auch das mit ihr üben zu wollen.

Bin jetzt in einer Therapie, in der Körperkontakt möglich ist, sowohl von meiner Therapeutin mir gegenüber als auch von mir aus. Diesen Prozess haben wir gemeinsam sehr intensiv und langsam erforscht und ich habe das immer wieder skeptisch beäugt.
Und ich muss sagen, dass ich mittlerweile sehr glücklich und erleichtert darüber bin, dass ich (neben anderen Themen, die weiterhin im Gespräch ihren Platz haben) meine Berührungsängste mit ihr im wahrsten Sinne des Wortes DIREKT bearbeiten kann.

Viele Grüße
Vetiver

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pinguin
Helferlein
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weiblich/female, 38
Beiträge: 62

Beitrag Do., 28.08.2008, 20:43

Hallo,

ich beschäftige mich auch grad mit dem Thema und finde es spannend, wie viele unetrschiedliche Erfahrungen es dazu gibt.
Gärtnerin hat geschrieben: es ist schwer, ich weiß, aber wenn du kannst, dann sprich deinen Wunsch nach Gehaltenwerden in der Therapie an. Es geht nicht darum, das dann auch in die Realität umzusetzen. Aber es kann interessant sein, sich damit näher auseinanderzusetzen und zu sehen, was es in dir auslöst, wenn du den Wunsch aussprichst. Ich glaube, Nähe und Distanz spielen in den meisten Psychotherapien eine wichtige Rolle.

Die Gärtnerin
Es hat in den vergangenen Stunden immer wieder Situationen (Tränenausbrüche) gegeben, wo ich mir gewünscht hätte, dass er mich in den Arm nimmt und mich tröstet.

Und dann habe ich mir ein Herz genommen und das angesprochen... natürlich nicht persönlich sondern in einer email (ich alter Schisshase)
heute in der Stunde hat er das Thema angesprochen und wir haben lange und ausführlich darüber geredet.
Auch über meine Vaterübertragung, die ich auf ihn habe. Er ist halt der wohlwollende verständnisvolle Mann, der mir gegenüber sitzt und mich annimmt, ohne wenn und aber.

Unser heutiges Gespräch hat mir in vielerlei Hinsicht die Augen geöffnet, ich habe einiges begriffen...
Und er hat mir angeboten, dass er mich in den Arm nimmt, wenn ich wieder diesen Wunsch verspüre, aber ich müsste schon die INitiative ergreifen, oder ein Zeichen senden, welches wir vorher vereinbaren...

Ich bin total erstaunt, dass er diesen Weg mitgeht.. ich bin tief berührt.. und fühle mich angenommen..

so wie penthesilealein schreibt
penthesilealein hat geschrieben: mit allem was zu mir dazugehört, auch meine "kranken" Anteile und das tut mir einfach gut, dieses Angenommensein...
ich habe es noch nicht ausprobiert, aber allein der Gedanke daran gibt mir Trost und Kraft....
ich bin natürlich unsicher, ob ich wirklich den mumm haben werde, es darauf ankommen zu lassen, aber die "Erlaubnis" zu haben macht die Hemmschwelle schonmal etwas kleiner

Viele Grüße
pinguin
Für den, der keinen Hafen hat, weht der Wind immer aus der falschen Richtung.
(Seneca)

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Phoenixtraene
neu an Bo(a)rd!
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weiblich/female, 20
Beiträge: 2

Beitrag Sa., 30.08.2008, 09:24

das ist echt interessant mal die erfahrungen von anderen zu lesen...habe auch einen männlichen therapeuten, der erst 28 ist und ich bin 20. noch dazu sieht er sehr gut aus, was mich schon das eine oder andere mal zweifeln lassen hat, ob ich mich in der thera auf mich selbst konzentrieren könnte. doch es klappt ganz gut, könnte eine umarmung von ihm sowieso nicht ertragen, da ich mich mit Männern sowieso schwer tue und ich glaub, dass weiß er auch....

aber vor meiner einzeltherapie habe ich 8 wochen eine tagesklinik besucht und da hatten wir auch gruppentherapie. eine meiner mitstreiterin hat versucht mich wachzurütteln bzw. versucht mir ihre ängste mitzuteilen, dass ich bald das erleben würde, was sie schon durchhatte....daraufhin hab ich nen ziemlichen heulkrampf bekommen und einer der gruppentherapeutinnen (2 oder 3 waren anwesend) hat mich dann richtig in den Arm genommen und gedrückt bis der Heulkrampf vorbei war...das tat richtig gut,a ber ging nur weil sie weiblich war...hinterher war mir das alles total peinlich, aber sie hatte eine sehr nette art an sich, sodass es zu ertragen war....

aber im einzel beschränkt es sich bei mir auch nur auf händelschütteln und sanfte, einfühlsame blicke, um mir das gefühl von akzeptanz usf. zu vermitteln....das reicht mir auch völlig...die frage ist nur, ob es mir reicht, weil ich vor mehr angst hätte und das wär ja laut therapeut schon wieder vermeidungsverhalten...nun gut, so viel zu meinen erfahrungen....

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Gärtnerin
[nicht mehr wegzudenken]
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weiblich/female, 41
Beiträge: 1162

Beitrag Sa., 30.08.2008, 09:59

Ich habe einmal vorübergehend eine Körperpsychotherapie gemacht - auf meinen eigenen Wunsch ganz ohne körperliche Berührung. (Ich musste trotzdem nach einem halben Jahr wieder aufhören, weil es mir nicht gut tat.) Aber es gibt wohl auch Körpertherapieformen, bei denen mit Berührung gearbeitet wird. Natürlich geht es da weniger um ein freundschaftliches, tröstendes In-den-Arm-nehmen, aber ich könnte mir schon vorstellen, dass es für jemanden, der mit Körperkontakt experimentieren will, eine interessante Möglichkeit sein könnte. Die Kassen (in Deutschland) übernehmen die Kosten dafür leider nicht.
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

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Nikita
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 27
Beiträge: 23

Beitrag So., 31.08.2008, 09:50

Bei meinem Therapeut gibt es keinen Handschlag, nur ein nettes Willkommen Lächeln. Warum das so ist, keine Ahnung.

Für mich persönlich finde ich es aber gut.

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pinguin
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 38
Beiträge: 62

Beitrag Di., 14.10.2008, 15:16

pinguin hat geschrieben:
ich habe es noch nicht ausprobiert, aber allein der Gedanke daran gibt mir Trost und Kraft....
ich bin natürlich unsicher, ob ich wirklich den mumm haben werde, es darauf ankommen zu lassen, aber die "Erlaubnis" zu haben macht die Hemmschwelle schonmal etwas kleiner
ich nehm das Thema nochmal auf....
Im Moment gehts mir so schlecht, dass ich immer kurz davor bin,ihn zu fragen, ob er mich mal in den Arm nimmt... aber ich trau mich einfach nicht.
Und das obwohl wir lange darüber geredet haben, obwohl wir zeichen verabredet haben, die ich geben soll wenn ich in den Arm genommen werden will. beim Abschied gibt er mir immer die Hand und legt die andere auf meinen Rücken. Ermacht es mir wirklich einfach. Aber ich kommnicht über diese unsichtbare Hemmschwelle.. und ich weiss nicht warum...

Ja mir fehlt Körperkontakt. Ich habe nur wenige Freunde, mit denen ich mich umarme.
Mir fehlt geborgenheit, gehalten werden....
Aber woher nehmen?
Für den, der keinen Hafen hat, weht der Wind immer aus der falschen Richtung.
(Seneca)

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Karola
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weiblich/female, 33
Beiträge: 40

Beitrag Di., 14.10.2008, 17:48

Liebe pinguin,

mir geht es genauso mit fehlendem Körperkontakt. In der alten Therapie habe ich es bekommen (aber immer nur, wenn es die Therapeutin wollte ) und das hat mich auf Dauer fertig gemacht. Jetzt fange ich eine neue Therapie an und habe Angst vor erneuter Abhängigkeit....

Karola

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Messina
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weiblich/female, 29
Beiträge: 375

Beitrag Sa., 08.08.2009, 13:30

Darf ich fragen, wie es Euch weiter ergangen ist?
Manchmal muss man einem Menschen den man liebt loslassen, damit er glücklich sein kann auch wenn man selbst daran zerbricht.

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lovely25
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weiblich/female, 25
Beiträge: 270

Beitrag Sa., 08.08.2009, 14:38

also ich bekomme am anfang und am ende der stunde die hand
Hoffnung ist nicht die Gewissheit, dass etwas gut ausgeht, sondern das alles Sinn macht egal wie es ausgeht!

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lovely25
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weiblich/female, 25
Beiträge: 270

Beitrag Sa., 08.08.2009, 14:39

und als ich längere zeit nicht bei ihr war, war in einer tk, da hat sie mich beim wiedersehen einmal umarmt.
generell finde ich es aber auch ehr merkwürdig, wenn der thera den patienten umarmt.
Hoffnung ist nicht die Gewissheit, dass etwas gut ausgeht, sondern das alles Sinn macht egal wie es ausgeht!

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Aneurysm
Helferlein
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weiblich/female, 22
Beiträge: 85

Beitrag Sa., 08.08.2009, 15:13

Meine jetzige Therapeutin schüttelt mir zum Abschied die Hand.

Meine letzte Therapeutin hat mich auch oft umarmt, aber unser Verhältnis ging sowieso zu weit (Treffen auch in der Freizeit usw.) und die Umarmungen haben sicher dazu beigetragen.

Daher würde ich das auch gar nie mehr wollen. Bin froh, dass meine jetzige Thera auf einer rein professionellen Ebene arbeitet (und da ist meiner Meinung nach nicht mehra als Hände-schütteln drin!).
Wenn die Seele weint, sieht man die Tränen nicht.

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lovely25
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weiblich/female, 25
Beiträge: 270

Beitrag Sa., 08.08.2009, 15:28

Aneurysm hat geschrieben:Thera auf einer rein professionellen Ebene arbeitet (und da ist meiner Meinung nach nicht mehra als Hände-schütteln drin!).
sehe ich genauso
und treffen in der freizeit gehen einfach garnicht.
Hoffnung ist nicht die Gewissheit, dass etwas gut ausgeht, sondern das alles Sinn macht egal wie es ausgeht!

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