Liebe Community,
ich möchte mal einen aktuellen Stand meiner Gruppentherapie geben. Jetzt sind 5 Monate durch und ich habe wirkliche Vertrautheit erfahren. Die Themen haben teilweise Schnittstellen, so dass ich mich bei einigen in der Arbeit mit dranhängen konnte, und sie bei mir. Anfangs hatte ich richtig viel Aggression abgeladen - auf die Psychologen geschimpft, die mich in die Trigger reinrennen lassen, auf meine Kollegen und die Eltern geschimpft, das Setting kritisiert... in der 5. SItzung sagte die Thera: Ohne den obligatorischen Eimer Scheisse geht's bei Ihnen wohl nicht?
Das hat dafür gesorgt, dass ich das Muster aufgeben konnte. Ich habe dann etliche traumatische Erlebnisse und Alpträume durchgearbeitet, was von den anderen immer ganz gut aufgenommen wurde - bis letzte Woche. Da gab es einen Knacks, der jetzt wieder repariert ist; ist vielleicht ganz interessant.
Letzte Woche kam von zweien aus der Gruppe der dezente Hinweis, dass sie von meinen Storys genervt sind und dass ich mich ständig als Opfer präsentiere. Die Therapeutin meinte auch, ich würde mich in der Geschichte suhlen. Ich müsste mal Verantwortung übernehmen für meine Täterschaft, was ich mit meinem Verhalten anderen antat/antue. Außerdem hat sie eine faustdicke negative Übertragung festgestellt (ich hatte mehrfach geträumt, dass mich die Thera umbringen will).Und als ich die Frage, wie ich mich fühle, wenn ich das in der Gruppe erzähle und wie ich ihr gegenüber empfinde, nicht beantworten konnte (weil ich nix spürte), wurde mir glatt noch Arbeitsverweigerung unterstellt.
Davon war ich echt geplättet und hab mich unverstanden gefühlt. Ich hab den Rest der Stunde wie in Trance erlebt und mich ausgeschlossen und abgehängt gefühlt wie seinerzeit in der Schule, als ich gemobbt worden war.
Nach der Stunde ging es mir dreckig wie sonstwas, und ich schrieb per Mail, dass ich kündigen möchte, weil ich nicht das Gefühl hab, verstanden zu werden und dass ich keinen weiter nerven möchte, wenn ich den Anforderungen nicht entspreche. Naja, sie lud mich postwendend zum Einzelgespräch ein, und wir haben geklärt, dass die negative Übertragung schleunigst aufgelöst werden muss. Und wenn es mit ihrer Person zusammenhängt, weil sie mich u.U. zu stark an die dunklen Seiten meiner Mutter erinnert, dann müssten wir tatsächlich abbrechen und ich müsste mir jemand anderes suchen. Das macht mir emotional zwar Panik, aber vom Kopf her verstehe ich die Logik natürlich. Als Aufgabe bekam ich, genau nachzudenken, was mich an ihr an meine Mutter erinnert.
Ich kam drauf, dass es wohl doch nicht ihre Person ist, sondern die Situation (Kontrollverlust, Angst vor emotionaler Nähe, Angst vor dem Fallenlassen). Und durch ein Gespräch mit einer Freundin bin ich auf die Idee gekommen, mal die Perspektive zu ändern und meinen Fokus auf die positiven Erinnerungen mit meiner Mutter zu lenken. Also habe ich eine Liste von schönen Erinnerungen gemacht, und die ist echt lang geworden und hat mir gezeigt, wie nah ich meiner Mutter stehe und wie liebevoll sie in ihrem Kern ist. Das hat einiges relativiert, und ich war geradezu gelöst, als ich heute in die Therapie ging. Es war auch wieder eine gute Stimmung, alles wie früher, und die Therapeutin fand die Idee mit der Liste ganz gut. Ich hab jetzt das Gefühl, meiner Mutter und ihr gegenüber nicht mehr so negativ eingestellt zu sein. Zudem hatte eine andere Patientin ihre negative Übertragung heute durchgearbeitet, und das half mir auch gleich mit. Ich hoffe, die negative Übertragung ist damit gelöst (weiß jemand, ob sich so was tatsächlich so schnell auflösen lässt?) Ich weiß aber auch, dass ich das Thema Fallenlassen demnächst mal auf den Tisch packen muss. Ein ganz heißes Eisen, denn da habe ich immer gleich das Gefühl sterben zu müssen, wenn ich nicht 1000% Vertrauen habe.
Und alles, was ich bräuchte, um mich fallen lassen zu können, wäre mehr emotionale Nähe, mehr sanfte Blicke und weniger Strenge. Aber die Therapeutin verschenkt ihre sanfte Art eher als "Belohnung" denn als Vorschuss und kann in der Gruppe da ja auch keine Zweiklassenmedizin machen. Naja, dass ich die Sanftheit brauche, um mich fallen lassen zu können, sieht sie nicht so und meint, das kriege ich auch anders hin. Mal sehen. Zu den anderen hab ich ein echt gutes Verhältnis, aber diesen sanften Blick, der mich aus den Angeln hebt, den haben die halt nicht drauf. Insofern wird es spannend bleiben.
Also: ich bin angekommen in der Gruppentherapie und find es hochinteressant, der Thera von der Seite quasi bei der Arbeit zuzusehen.
viele Grüße an euch alle!