Stellenwert der therapeutischen Beziehung

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candle.
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Beitrag So., 27.05.2018, 21:01

Losemyself hat geschrieben: So., 27.05.2018, 20:53 Vor allem weil ich mich gerade erst aus einer schwierigen Abhängigkeit gelöst habe.
Super! :thumbsup: Vielleicht unterschätzt du da einfach auch deine Fähigkeiten?
Da würden die es nicht verstehen, wie ich erneut in einer Abhängigkeit hinein rutsche.
Ich sehe da keine Abhängigkeit. Kommt die nicht erst mit dem Vertrauen und sich dann anvertrauen können? Mir gab man mal mit auf dem Weg was das Schlimmste wäre was passieren könnte um mich damit auseinander zu setzen. Vielleicht bringt dir das ja was? Kopfkino hast du ja genug, also könntest du das im Kopf konsequent durchspielen. :->
Ist es so, wie sie sagt, dass es mit mir überall bei allen Therapeuten gleich enden würde, das ich keine Nähe zu lassen möchte, ich deshalb genau so gut bei ihr bleiben kann?
Ja, denke ich schon.

candle
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Philosophia
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Beitrag Mo., 28.05.2018, 08:01

Die Abhängigkeit entsteht erst dann, wenn du von ihr nicht mehr fort willst, weil du darauf bestehst, dass sie dir deine alten Wünsche nach Nähe erfüllt. Nicht, wenn du diese Nähewünsche hast. Es ist aber verdammt eklig, dieses Gefühl - ich musste da auch durch, hab mich in meinem Kopf ewig damit auseinandergesetzt, mich dagegen gewehrt - gleichzeitig war die Analytikerin von mir da auch wirklich gut im "Verführen", so dass ich zu ihren Kontaktangeboten gar nicht wirklich nein sagen konnte (wollte). Mir hat dabei geholfen, die analytische Beziehung eine analytische Beziehung sein zu lassen - und wenn die Wünsche von früher aufkamen, die ich natürlich automatisch in mir an die Analytikerin richtete (à la jetzt kommt endlich die Mutter, die ich immer gebraucht habe), dann habe ich angefangen zu trauern, damit es endlich aufhört - aber das ging nur, weil die Analytikerin mich diese Wünsche hat spüren lassen (und auch dann hörts nicht auf wehzutun, aber es geht mir insgesamt viel besser). Und in der ein oder anderen Hinsicht hat sie mir sogar sehr viel erfüllt - und jeden dieser Momente habe ich mir im Herzen verwahrt. Sie hatte übrigens nicht den Anspruch, dass nur sie allein jetzt meine Retterin ist - ich finde das sehr unschön, wenn jemand so tut, als könne er/sie der/die Einzige sein, der/die hilfreich sein kann. Quark. Hast du ihr mal gesagt, wie das bei dir ankommt?
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Losemyself
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Beitrag Mo., 28.05.2018, 11:29

Ja, was würde passieren wenn ich mich darauf einlassen würde? Irgendwann wäre das Ganze zu Ende und ich würde sie nie wieder sehen. Also, so zumindest mein Gedanke, umso weniger ich mich hingebe um so kleiner bleibt der Verlustschmerz.

Ja, ich empfinde meine Therapeutin als verführerin. Sie greift meine heimlichen Wünsche und zeigt auf sich. Sie her, habe keine Angst, traue dich nur. Ich bin nicht wie die Anderen.
Da ist meine Übertragung, samt meines Misstrauens, riesig.
Ich will ihr nahe sein und in dieser Sehnsucht nach Nähe zu ihr, möchte ich wegrennen, aus Angst darin zu ertrinken.
Sie lächelt mich an, sie ist einfühlsam und sehr aufmerksam, genau das was ich möchte. Aber ich kann damit nicht umgehen. Ich interpretiere da viel zu viel hinein. Und um mich vor mir selbst und meinen Gefühlen zu schützen, kann ich sie nicht an mich ran lassen.
Doch sie ist so verlockend.

Ich habe mal gefragt ob nicht eine andere Therapieform besser geeignet wäre. Da hat sie sehr abwertend reagiert.
Sie und die Therapieform scheinen das Beste für mich zu sein. Da fühlte ich mich dann so undankbar.

Ich kann mit ihr darüber nicht reden. Ich habe ihr bisher nicht gesagt, was es mit mir macht. Davor habe ich zu grosse Angst. Angst das ihre Reaktion mir weh tun würde.
Ich bleibe auf ewig eine Marionette, nur die Puppenspieler wechseln von Zeit zu Zeit... :kopfschuettel:

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Philosophia
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Beitrag Mo., 28.05.2018, 12:15

Die Analytikerin von mir hat von vornherein zu mir gesagt, dass sie mir wehtun würde. Das hat sie auch. Aber es war nicht traumatisch. Eine Analyse kann aber auch eben echt wehtun. Und natürlich gibts das Ende eines Tages: Es ist und bleibt eine Analyse, d.h. eine Auflösung. Versuch mit ihr zu sprechen. Alles, was da in dir ist, ist wichtig. Es geht nicht darum, dass du ihr gefallen musst. Das ist übrigens der Vorteil, wenns mal vorbei ist: Du kannst es hinter dir lassen und die Tür schließen.
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Losemyself
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Beitrag Mo., 28.05.2018, 12:32

Das ist ja so schwierig. Von mir wurde immer erwartet taff und stark zu sein. Und jetzt liege ich da bei meiner Therapeutin und die fordert ein, dass ich ihr sage, dass ich sie brauche, mir ihre Nähe wünsche.
Ich fühle mich da wie eine Bittstellerin. So klein und unbedeutend.
Was wenn sie dann sieht wo groß meine Sehnsucht nach ihr, wirklich ist?
So auf Abstand ist es für mich gerade noch kontrollierbar.
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Philosophia
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Beitrag Mo., 28.05.2018, 12:41

Du sehnst dich ja nicht (nur) nach ihr oder?...du sehnst dich vermutlich nach einem haltgebenden Wesen. Vielleicht hilft dir der Gedanke. Sie selbst tritt gerade all diese Wünsche in dir los. Und du selbst darfst alles wünschen, was du willst. Nur es wird darauf hinauslaufen, dass sie dir nur in der Analyse Mögliches erfüllen wird (wenn sie es für richtig hält und will) und vieles eben nicht erfüllt werden kann. Aber all deine Wünsche sollen trotzdem willkommen sein. Das geht. Und dann kannst du auch wütend und traurig sein über das, was nicht geht - das ist sehr wichtig, um nicht mehr auf der Stelle zu treten. Mal davon abgesehen, der einfache Wunsch nach Nähe - der ist an sich doch sehr schön. Vermutlich arbeitet sie auch gern mit dir und ist auch dir gern nah (als Patientin), sonst hätte sie nicht ja zur Behandlung gesagt.
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Losemyself
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Beitrag Mo., 28.05.2018, 13:07

Ja, ich suche nach einem halt gebenden Wesen. Und genau das verkörpert sie gerade. Und ich glaube, das macht sie bewusst.
Aber ihr Angebot ist mir zu viel. Denn ich glaube, wenn ich mich gehen lassen würde, wäre ich unersättlich.

Ich glaube schon, dass sie gerne mit mir arbeitet.
Zumindest scheint sie sich immer zu freuen mich zu sehen. Auch hat sie mir schon mal gesagt, dass sie aus unserer gemeinsamen Arbeit, schon viel für sich daraus mitnehmen konnte.
Mir ist zwar schleierhaft was, aber ich traue mich da auch nicht nachzufragen.

Wenn ich da liege und sie hinter mir sitzt, ist es als wären wir in einer eigenen Welt.
Obwohl ich es nicht bin, fühle ich mich bei ihr besonders.
Ich will das nicht mit meinen Wünschen nach "mehr" zerstören.
Sie spürt es, aber ich kann nicht darüber reden.

Ich finde es beängstigend, denn ich kann dadurch nur noch an sie denken und stehe mir selbst im Weg.
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Philosophia
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Beitrag Mo., 28.05.2018, 13:18

Du darfst auch unersättlich sein, nachdem dir früher viel gefehlt hat. Wie soll das auch anders sein? Aber ich rede hier so locker rum...du ahnst vermutlich, wie schambehaftet das auch bei mir war, als es hochkam.
Und natürlich bist du in dem Moment, wenn du bei ihr bist, was Besonderes. Sie lässt sich auch voll und ganz auf dich ein, wendet sich dir zu. Insofern gibt sie ja gerade auch schon: ungeteilte Aufmerksamkeit. Das setzt natürlich die alten Wünsche frei. Und es ist auch ihre Aufgabe, sich von dir nicht zerstören zu lassen. Du darfst dich ihr ruhig zumuten. Und sie wird dir dann auch zumuten, was sie kann und was nicht. Das ist ein sehr heilsamer Prozess, weil er auch Grenzen vermittelt.
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Losemyself
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Beitrag Mo., 28.05.2018, 13:24

Ich danke dir für deine Worte. Sie beruhigen etwas.

Ich glaube es liegt vielleicht auch daran, dass ich für eine Frau noch nie so tiefe Zuneigung empfunden habe.
Zwar habe ich viele Freundinnen aber die berühren mich nicht auf diese Art und Weise.
Ich habe Angst das meine Gefühle falsch sind und nicht sein dürfen.
Frage mich sogar ob ich plötzlich auf Frauen stehe. Dabei fand ich bisher nur Männer attraktiv.
Sie bewegt so viel in mir. Und ich will mich nur noch von ihr abgrenzen.
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Philosophia
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Beitrag Mo., 28.05.2018, 13:33

Oh, na, da kann ich dich vielleicht auch noch beruhigen (und ich bin sogar wirklich lesbisch). Dieser Wunsch nach Gehaltenwerden ist kein Wunsch nach Erwachsenenliebe, es ist der Wunsch eines Kindes nach einer Mutter. Und der Wunsch kann auch noch da sein, wenn das Kind körperlich erwachsen ist, aber seelisch nicht reifen konnte. Es ist gut, dass deine Freundinnen dich nicht auf diese Art und Weise berühren - sie sollen ja nicht nur deine Geberinnen sein, richtig? Und nichts anderes ist deine Analytikerin gerade: Sie gibt, du nimmst. Deine Gefühle sind nicht falsch. Es ist ganz, ganz wichtig, dass sie jetzt Raum bekommen.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer


montagne
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Beitrag Mo., 28.05.2018, 14:43

Ja, ich empfinde meine Therapeutin als verführerin. Sie greift meine heimlichen Wünsche und zeigt auf sich.
Und DAS finde ich problematisch.
Sicher entsteht eine gewisse (temporäre) Abhängigkeit, die trotzdem schon schwer für manche zu ertragen ist.

Meiner Meinung nach sollte aber eine Therapeutin die unbewussten Wünsche aufgreifen, um sie einem bewusst zu machen UND einem zu helfen, wie man sie in sein Leben integrieren kann, was aus meiner Sicht eine komplexe Mischung aus Fertigkeiten und reiferer Entwicklung bedarf.
Aber wenn eine Therapeutin so offensichtlich das erfüllt, was man selbst noch nichtmal richtig verbalisiert hat, dann passiert ja so eine ungute Abhängigkeit.

Ich fidne es nicht falsch, wenn in einer Therapie Bedürfnisse erfüllt werden, im Gegenteil. Aber es ist die Frage, wie konotiert es die Therapeutin und damit wie integriert man es selbst? Heißt es, nur ich kann dir das geben, ja das muss einen wohl von anderen Menschen in seinem Leben entfernen. Oder heißt es, ich kann (und werde) Ihnen das ein oder andere geben, aber ich bin nur ein Beispiel für ein menschliches Wesen. Dann kann man sich nämlich überlegen, wie man es geschafft hat, für seine Bedürfnisse in der Beziehung zu sorgen und es widerholen (Fertigkeit) und man kann eine korrigierende Beziehungserfahrung machen und sich so dem Leben öffnen (Reife).

Just my 2 cents.
amor fati

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Philosophia
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Beitrag Mo., 28.05.2018, 14:51

Ja, ich gebe dir Recht, montagne. Aber womöglich zeigt die Thera gar nicht auf sich, sondern losemyself hat das Gefühl, dass es so ist.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Sehr
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Beitrag Mo., 28.05.2018, 15:03

Keine Angst, alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei.

außer du hast vor ewig von Therapeutin zu Therapeutin zu gehen.
[wegzudenken, mehr nicht]


montagne
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Beiträge: 4600

Beitrag Mo., 28.05.2018, 15:03

Das kann natürlich sein. Dann wäre es zumindest aus meiner Sicht die Aufgabe der Therapeutin sehr, sehr behutsam vorzugehen. Offenbar ist bekannt, dass losemyself zur Abhängigkeit neigt. da sind kurzfristige entgegenkommen, was Termine angeht und offensichtlich emotionale Dreingaben in den Stunden, Abwertung anderer potentieller Therapieformen und Therapeuten... hm.. klingt nicht behutsam. Klingt in meinen Ohren, genau so wie die TE es wahrnimmt (aber gut, ich habe an einer sehr ähnlichen Stelle eine Schraube locker), ungut verführend.

I
amor fati

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Rainer-JGS
Helferlein
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männlich/male, 68
Beiträge: 142

Beitrag Mo., 28.05.2018, 15:04

Hallo, liebe L.,

ich glaube nicht, daß die Therapeutin Dich am Haken hat, sondern vielmehr hast Du Dich an ihr festgehakt!

Denn genau dies ist ja doch Dein eigentliches Problem, denn Du schreibst ja auch, daß Du gerade aus einer abhängigen Beziehung kommst und es ist ja nur zu bekannt, wie leicht man in die alten Fehler wieder zurück fällt!

Solange Du gegenüber Deiner Therapeutin aus Deinem Herzen eine Mördergrube machst und gerade diesen, absolut wichtigsten Punkt nicht absolut wahrhaftig ansprichst, wirst Du keinen Schritt weiter kommen und kannst Dir im Grund die ganze Therapie auch sparen, denn ohne Offenheit von seiten des Klienten, ist ja bekanntlich alle Mühe des Therapeuten nur verlorene Liebesmühe!
Liebe Grüße vom Rainer-JGS,
der immer gerne das aufhebt, was ihm der liebe Gott vor die Haustüre legt.

Wegen der besseren Lesbarkeit und aus Liebe zur deutschen Sprache benütze ich gerne die traditionelle Rechtschreibung und das generische Maskulinum.

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