Wie reagiert Therapeut auf Weinen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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tympano
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Beitrag Fr., 14.09.2018, 15:25

_Marie_ hat geschrieben: Fr., 14.09.2018, 10:10 Ich kann auch nur ganz schwer Emotionen zeigen in der Therapie, ähnlich wie Schnuckmuck beschreibt, fange ich dann eher an mich zu kneifen oder irgendwas aufzukratzen.. :neutral:
Die wenigen Male die ich geweint habe in der Therapie kam sie aber neben mich, hat meine Hand genommen und mich gehalten.
Die vorherige, bei der ich viel und oft geweint habe, ist immer ganz ruhig geworden, war bestätigend mitfühlend, hat Taschentücher angeboten..
Denke die Reaktionen sind da sehr unterschiedlich, aber die können auf jeden Fall damit umgehen
wie war das für dich, als sie dich gehalten hat? das kann ich mir nämlich gar nicht vorstellen

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Schnuckmuck
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Fr., 14.09.2018, 16:06

Anfassen geht bei mir nicht. Auch wenn eine Seite sich Trost wünscht, würde ich nach einer Berührung nie wieder dort hin können. Wenn ich mich gehen liesse, auch....

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Le_na
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Beitrag Fr., 14.09.2018, 16:26

Hmm, also wenn mir Tränen kommen fragt meine Therapeutin meistens, was mich jetzt traurig macht. Wenn ich das dann versuche zu erklären (was dann ja gar nicht so leicht ist) gibt sie mir die Zeit die ich brauche, lässt mich aber auch nicht ganz in dem Gefühl absaufen. Also wenn ich länger gar nichts mehr sage und nur vor mich hinweine, dann bittet sie mich wenigstens Schlagworte zu sagen bzw. "den Tränen Überschriften zu geben" wie sie das genannt hat, wird dabei aber nicht ungeduldig. Sie ist dann auch sehr empathisch, schaut mich mitfühlend an, behandelt mich aber nicht unnötig vorsichtig. Als ich unter Tränen zu etwas sagte, dass ich das ja sowieso nicht kann und nie schaffen werde, meinte sie: "Warum sind Sie dann überhaupt in Therapie?" Das klingt zwar schroff, aber ich hab schon gewusst wie sie das meint. Sie sagt immer, sie glaubt eben schon, dass ich das kann, sonst würde sie ja gar keine Therapie mit mir machen. Und das hat sie mir in diesem Moment eben auch vermittelt.

Als ich noch nicht so viel Vertrauen hatte und fast angefangen hätte zu weinen, hab ich beim Versuch das zu unterdrücken eine sehr seltsame Grimasse geschnitten. Das muss wirklich schräg ausgesehen haben. DAS, also diesen Versuch die Tränen zwanghaft zu unterdrücken, fand ich viel unangenehmer als dann wirklich zu weinen.

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Seerose47
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Beitrag Fr., 14.09.2018, 17:09

_Marie_ hat geschrieben: Fr., 14.09.2018, 10:10 Ich kann auch nur ganz schwer Emotionen zeigen in der Therapie, ähnlich wie Schnuckmuck beschreibt, fange ich dann eher an mich zu kneifen oder irgendwas aufzukratzen.. :neutral:
Das kenne ich auch... Wenn ich Gespräche habe vor denen ich sehr nervös und aufgeregt war, dann kratz ich mich im Gespräch bis kleine Stellen entstehen. Das kommt dann irgendwie automatisch, wahrscheinlich um die Nervosität irgendwie zu verarbeiten, zu bewältigen.

Zum weinen in der Therapie: Bisher wenn ich geweint habe, haben mir meine Therapeutinnen immer Taschentücher gegeben. Manchmal wurde weitergefragt, aber oft war es auch kurz ruhig und dann wurde meistens auf das eingegangen was davor Thema war.

Aber negative Erfahrungen hab ich noch nie gemacht wenn ich in der Therapie geweint habe. Eher das Gegenteil.

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_Marie_
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Beitrag Fr., 14.09.2018, 17:34

Seerose47 hat geschrieben: Fr., 14.09.2018, 17:09
Das kenne ich auch... Wenn ich Gespräche habe vor denen ich sehr nervös und aufgeregt war, dann kratz ich mich im Gespräch bis kleine Stellen entstehen. Das kommt dann irgendwie automatisch, wahrscheinlich um die Nervosität irgendwie zu verarbeiten, zu bewältigen.
Ja.. ich krieg das auch erstmal gar nicht so mit, bis sie dann anfängt zu schimpfen oder meine Hände festhält.
Merke aber auch inzwischen daheim dass ich ständig irgendwie an mir rumknibbeln muss, wenn ich unruhig bin.

tympano hat geschrieben: Fr., 14.09.2018, 15:25
wie war das für dich, als sie dich gehalten hat? das kann ich mir nämlich gar nicht vorstellen
Ich konnte erst nach nachdem wir uns lange kannten zum ersten Mal richtig weinen, beide Male in Extremsituationen und da es auch vorher in der Therapie schon Umarmungen/Körperkontakt gab hat es einfach nur beruhigt und getröstet.
Vorstellen konnte ich es mir vorher auch nicht, kann und will mich sonst nicht trösten lassen...
Ist aber vermutlich auch nicht die übliche Reaktion eines Therapeuten und er/sie wird dich nicht berühren, wenn du es nicht willst.

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IntoDust
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Beitrag Fr., 14.09.2018, 18:06

Mir fällt es auch immer schwer - auch nach fast 2 Jahren Therapie - das Weinen zuzulassen. Tränen kommen recht schnell bei manchen Themen, aber ich kämpfe immer dagegen an und versuche, mich möglichst schnell wieder im Griff zu haben. Mein Therapeut hätte kein Problem damit, wenn ich das Weinen auch länger zulassen würde, das hat er schon mehrfach gesagt. "Es ist vollkommen in Ordnung, lassen Sie es einfach geschehen", sagt er manchmal. Und er bietet immer ein Taschentuch an. Oft fragt er, wenn ich mich wieder ein wenig gefangen habe, was da gerade so wehtut. Und dann sprechen wir über das, was mich beschäftigt. Oft geht er dabei allerdings auch über die Körperwahrnehmung, also eher ein: "Was tut gerade so weh? Wo im Körper spüren Sie das? Was genau nehmen Sie wahr? Wie fühlt sich das an?"

Er bleibt immer vollkommen gelassen, egal, wie aufgelöst ich bin. Das ist sehr beruhigend und ich bin ihm dankbar dafür. Berührungen gibt es nie, er ist stets klar abgegrenzt, und auch das finde ich für mich passend.

Ich denke, dass Therapeuten wissen, wie sie mit weinenden Patienten umgehen müssen. Es ist wahrscheinlich eher Alltag als Ausnahme in der Praxis, und ich glaube, du musst absolut keine Angst davor haben, in der Therapie weinen zu müssen. Wenn nicht dort, wo jemand weiß, wie zu handeln ist, wo dann?

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Lia.
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Beitrag Fr., 14.09.2018, 18:17

Also wenn es bei mir richtig schlimm ist und ich aus dem weinen nicht raus komme, darf ich meine Analytikerin umarmen. Ich bitte sie dann auch sich mit ihrem Stuhl neben mich zu setzten. Das tut unheimlich gut und gibt mir Nähe die ich dann sehr brauche. Wenn ich möchte kann ich auch ihre Hand halten. Das tut mir auch gut wenns garnicht mehr geht
Es gibt nichts schlechtes das nicht auch für irgendwas gut ist

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Seerose47
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Beitrag Fr., 14.09.2018, 18:31

_Marie_ hat geschrieben: Fr., 14.09.2018, 17:34 ich krieg das auch erstmal gar nicht so mit
Ich hab das halt in Gesprächen, da passiert es wirklich automatisch, aber ich kriege es schon mit. Es passiert halt so schnell und ohne dass ich drüber nachdenke. Scham ist dafür auch ein Grund.
_Marie_ hat geschrieben: Fr., 14.09.2018, 17:34 Merke aber auch inzwischen daheim dass ich ständig irgendwie an mir rumknibbeln muss, wenn ich unruhig bin.
Zuhause schneide ich mich nur, dieses kratzen tritt nur auf wenn ich in Gesprächen bin und nervös bin oder / und mich schäme. (Meist beides.)

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_Marie_
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Beitrag Fr., 14.09.2018, 19:45

Sorry, Off-Topic..

@Seerose
Hast du dann in der Therapie/in solchen Gesprächen auch manchmal den Gedanken daran, den Drang dich zu schneiden?
Ich hab das in ganz schwierigen Stunden und es vor kurzem danach auch erstmals getan

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Seerose47
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Beitrag Fr., 14.09.2018, 22:59

_Marie_ hat geschrieben: Fr., 14.09.2018, 19:45 Hast du dann in der Therapie/in solchen Gesprächen auch manchmal den Gedanken daran, den Drang dich zu schneiden?
In der Therapie eigentlich nicht. Es sei denn, ein Thema triggert mich.

Eher kommt es in einer Therapiesitzung vor dass ich mich kneife oder kratze, aber das ist dann wenn ich merke dass ich wegdrifte, um mich zurückzuholen.
_Marie_ hat geschrieben: Fr., 14.09.2018, 19:45 Ich hab das in ganz schwierigen Stunden und es vor kurzem danach auch erstmals getan
Das ist bei mir auch so. Selbstverletzung ist für mich ein Mittel um schwierige, aufwühlende, schmerzhafte Gespräche zu bewältigen. Kam schon Mal vor, dass ich mich nach einem Gespräch vier Mal selbst verletzt habe. Weil es einfach aufwühlend war.

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tympano
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Beitrag Sa., 15.09.2018, 09:01

Lia. hat geschrieben: Fr., 14.09.2018, 18:17 Also wenn es bei mir richtig schlimm ist und ich aus dem weinen nicht raus komme, darf ich meine Analytikerin umarmen. Ich bitte sie dann auch sich mit ihrem Stuhl neben mich zu setzten. Das tut unheimlich gut und gibt mir Nähe die ich dann sehr brauche. Wenn ich möchte kann ich auch ihre Hand halten. Das tut mir auch gut wenns garnicht mehr geht
wie schaffst du es deinen Wunsch in dem Moment zu äußern? kam das Angebot zuerst von ihr?

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_Marie_
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Beiträge: 183

Beitrag Sa., 15.09.2018, 10:13

@tympano
Klingt als würdest du dir eine Umarmung oder die Nähe deines Therapeuten in solchen Momenten wünschen?
Da bleibt nur selbst zu fragen.. da hat jeder Therapeut seine eigens gesetzten Grenzen.
Aber der Wunsch danach und das Patienten danach fragen ist auch sicher nichts Neues für deinen Therapeuten.

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Philosophia
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Beitrag Sa., 15.09.2018, 12:52

Nicht nur eigens gesetzte Grenzen...zuweilen ist Körperkontakt schlichtweg verboten, manche nehmen es da nicht so genau, aber grundsätzlich gehört das nicht zu einer "normalen" Psychotherapie, aus guten Gründen.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Lia.
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Beitrag Sa., 15.09.2018, 13:18

Hallo timpano,
Nein der Wunsch ging von mir aus, weil es mir unglaublich hilft in so Momenten. Ich habe aber auch schwerere psychische Sachen.
Ich schaffe es den Wunsch zu äußern indem ich Sie einfach Frage.

Und ja es sind einfach nur Umarmungen, auch mal Hand halten. Nicht mehr und nicht weniger; )
Und ja ich habe davon schon unglaublich profitiert. Die Therapie generell läuft gut, auch mit Umarmungen, die mir schon viel geholfen haben runter zu kommen und über mich zu lernen
Es gibt nichts schlechtes das nicht auch für irgendwas gut ist

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tympano
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Beitrag So., 16.09.2018, 19:17

_Marie_ hat geschrieben: Sa., 15.09.2018, 10:13 @tympano
Klingt als würdest du dir eine Umarmung oder die Nähe deines Therapeuten in solchen Momenten wünschen?
Da bleibt nur selbst zu fragen.. da hat jeder Therapeut seine eigens gesetzten Grenzen.
Aber der Wunsch danach und das Patienten danach fragen ist auch sicher nichts Neues für deinen Therapeuten.
ich weiß nicht... das würde mir dann doch etwas befremdlich vorkommen... generell weiß ich nicht was ich tun soll wenn ich das gefühl habe weinen zu müssen

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