Terrorisiert vom süchtigen Bruder

Dieser Bereich dient zum Austausch über Entzug, Entwöhnung und Therapie von substanzbezogenen Abhängigkeiten (wie Alkohol, Heroin, Psychedelische Drogen, Kokain, Nikotin, Cannabis, Zucker,..)
Benutzeravatar

leuchtturm
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 49
Beiträge: 2003

Beitrag Sa., 04.08.2018, 14:16

Lieselotte hat geschrieben: Sa., 04.08.2018, 13:45 Ich kann nicht immer meinen Mund halten und zu allem nur ja und amen sagen.
du kannst seinen Anruf nicht annehmen.

Werbung


Widow
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 2240

Beitrag Sa., 04.08.2018, 14:50

Zweierlei Maß ...

@ Liselotte: Du hast geschrieben, dass Dein Bruder eine bipolare Störung hat. Die zählt neben den Psychosen zu den "schwersten" (und schwerst behandelbaren) psychischen Erkrankungen.
Da ich selbst ein psychosekrankes Geschwister habe (und den Kontakt abgebrochen habe), weiß ich, wie schlimm die Situation auch für die Angehörigen ist - und wie schwer es fällt, den das eigene (wohl nicht nur psychische) Überleben sichernden äußersten Schritt eines Kontaktabbruchs zu tun.

Wenn er vollzogen ist (und ich rate Dir wie alle meine VorschreiberInnen ebenfalls dazu), dann kann es aber sein, dass Du dafür kritisiert werden wirst (das ist mir sowohl im realen Leben als auch hier im ptf passiert mit Leuten, die fordern, dass man als "Familie" zu Schwerstpsychischkranken möglichst fest halten solle; wie ich nun sehe, schreiben sie hier anderes. Und es wird mir weiterhin passieren.)
Das zusammen mit den eigenen Gewissensbissen (ich habe sie bis heute und bei mir ist der Kontaktabbruch nun sieben Jahre her) ist manchmal schwer zu ertragen.

Alles Gute (und ein schöne Hochzeit) wünscht Dir
Widow

Benutzeravatar

leuchtturm
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 49
Beiträge: 2003

Beitrag Sa., 04.08.2018, 16:42

Widow hat geschrieben: Sa., 04.08.2018, 14:50
Wenn er vollzogen ist (und ich rate Dir wie alle meine VorschreiberInnen ebenfalls dazu), dann kann es aber sein, dass Du dafür kritisiert werden wirst (das ist mir sowohl im realen Leben als auch hier im ptf passiert mit Leuten, die fordern, dass man als "Familie" zu Schwerstpsychischkranken möglichst fest halten solle; wie ich nun sehe, schreiben sie hier anderes. Und es wird mir weiterhin passieren.)
Das zusammen mit den eigenen Gewissensbissen (ich habe sie bis heute und bei mir ist der Kontaktabbruch nun sieben Jahre her) ist manchmal schwer zu ertragen.

So erging es mir auch, und anfangs hatte mich das auch schwer belastet, triggerte es doch mein eh schon schlechtes Gewissen à la "das macht man nicht".

Ich habe mir dann immer gesagt, dass diejenigen, die mir solche Vorwürfenmachen, einfach nicht wissen können, um was es wirklich geht. Keinen wirklichen Einblick haben.

Und selbst wenn sie ihn haben und anders handeln würden:
ich für mich habe den Kontaktabbruch beschlossen.

Um mich selbst zu schützen.
denn wer macht das, wenn nicht ich selbst?

Übrigens bin ich nicht die Einzige in unserer Familie.


shesmovedon
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 25
Beiträge: 2203

Beitrag Sa., 04.08.2018, 16:55

Also ich leide unter Psychose und ich fände es sehr schlimm, wenn meine Angehörigen oder Freunde deshalb den Kontakt zu mir abbrechen würden.
Man bricht ja auch nicht zu einem Krebskranken den Kontakt ab, obwohl einige davon sogar etwas für ihre Erkrankung können, während ein Psychotiker gar nix dafür kann.

Und ich empfahl den Kontaktabbruch erstmal, weil es sich um Co Abhöngigkeit handelt und nicht, weil der Bruder unter einer Psychose leidet.

Werbung


Widow
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 2240

Beitrag Sa., 04.08.2018, 17:28

Schlendrian hat geschrieben: einige davon sogar etwas für ihre Erkrankung können, während ein Psychotiker gar nix dafür kann.
Im Falle einer Krebserkrankung wird kein Mediziner es wagen, die Ursache(n) eindeutig festzulegen.
Im Falle einer Psychose kann zumindest nach der ersten diagnostizierten Episode (also nach Bekanntwerden der Erkrankung) durch das eigene Verhalten des Kranken viel dazu beigetragen werden, dass es zu keiner weiteren Episode mehr kommt bzw. dass diese rasch einer Akutbehandlung zugeführt wird, welche einen schweren Krankenheitsverlauf oft verhindern kann.

Und ich wiederhole nochmals, da hier alle so sehr auf das "Säufertum" des Bruders abheben (interessant übrigens, dass Alkoholsüchtige, die genauso psychisch krank sind wie z.B. Magersüchtige und Psychotiker, mit solchen Schimpfworten tituliert werden von Menschen, die selbst psychisch krank sind): Dieser Mensch hat lt. Mitteilung der TE eine bipolare Störung. Vermutlich war die zuerst da. Jedenfalls hat sie eine deutlich schlechtere Prognose.

Bei den einen Angehörigen von "Co-Abhängigkeit" zu sprechen und von den anderen (nämlich den eigenen) Angehörigen zu verlangen, einen nicht im Stich zu lassen (so fühlt sich mein Kontaktabbruch für mich bis heute an und so denken viele Menschen darüber), finde ich bestenfalls bigott.
_______________________

Ja, leuchtturm, so ähnlich versuche ich das auch zu handhaben.

Aber ich habe trotzdem immer noch Schuldgefühle und kann mit denen sowie mit Kritik von außen an meinem Kontaktabbruch mitunter schlecht umgehen.

Ich bin der Auffassung, dass man darauf vorbereitet sein sollte, wenn man sich zu diesem Schritt entschließt.


shesmovedon
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 25
Beiträge: 2203

Beitrag Sa., 04.08.2018, 17:36

Du hast leicht reden, du musst die Medikamente ja nicht nehmen.
Und nein, meine Angehörigen und Freunde sind nicht Co Abhängig. Die geben mir auch kein Geld, was ich verspiele.
Außerdem bin ich nicht der Meinung, dass sie dauerhaft den Kontakt zu ihrem Bruder abbrechen sollte, sondern bis er sich in seiner jetzigen Situation professionelle Hilfe gesucht hat. Das kann er noch, denn er scheint ja keinen Schub zu haben.

Wie gesagt, ich bin dankbar, dass mein Umfeld zu mir hält und ich wünsche es jedem Kranken, der andere nicht nur ausnutzt.

Benutzeravatar

leuchtturm
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 49
Beiträge: 2003

Beitrag Sa., 04.08.2018, 17:38

Ich bin der Auffassung, dass man darauf vorbereitet sein sollte, wenn man sich zu diesem Schritt entschließt.
ja, das ist ein wichtiger Hinweis


Widow
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 2240

Beitrag Sa., 04.08.2018, 17:41

Schlendrian, ein letztes Wort hier von mir zu Dir: Du hast doch auch schon mehrfach Einkäufe getätigt, die Du hinterher völlig überflüssig gefunden hast und mit nichts an Vernunft rechtfertigen konntest - und soweit ich weiß, hast Du Dich dann aufgrund früherer Erfahrungen darauf verlassen, im Notfall Geld von Angehörigen zu erhalten.

EDIT: Ich rede übrigens weniger von Medikamenten als von Psychohygiene.
Mein Geschwister hat jahrzehntelang vor der ersten Episode systematisch die Isolation vorangetrieben, weil alle anderen Menschen immer irgenwie "blöd" waren.
Dass damit nach Bekanntwerden der Krankheit nicht aufgehört wurde (auch lange danach nicht, ganz im Gegenteil), obwohl da noch ein, zwei Menschen - Freunde - Interesse am Geschwister hatten, muss ich nicht verstehen.

Sich bewusst, willentlich und jahrzehntelang immer mehr der "Sozialkontrolle" (ja, auch diese Funktion hat ja der Kontakt zu Menschen - und ich denke, dass das nicht die unwesentlichste Funktion ist!) entzogen zu haben, hat bei meinem Geschwister mit großer Wahrscheinlichkeit dazu geführt, dass es überhaupt zum "Ausbruch" der Psychose kam.
Zuletzt geändert von Widow am Sa., 04.08.2018, 17:48, insgesamt 1-mal geändert.


shesmovedon
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 25
Beiträge: 2203

Beitrag Sa., 04.08.2018, 17:46

Von meiner Mutter, ja. Die schränkt mich da aber sehr ein und lässt mich durchaus auch ohne Geld sitzen und mich beim Food Sharing Nahrung holen. Und nein, sie ist nicht Co-abhängig. Du kannst die Situation auch überhaupt nicht beurteilen und als sie mir Geld gab, war ich in einer Medikamentenumstellung und teils hypoman ohne mein eigenes Verschulden.

Ich glaub dein Problem ist einfach, dass du nur böse Psychotiker siehst, weil du nicht zwischen deiner Schwester und anderen differenzieren kannst.

Ich werde jetzt auch nichts weiteres mehr von dir lesen, weil ich vieles einfach extrem verletzend von dir finde und mir das schon lange nicht mehr gebe.


Widow
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 2240

Beitrag Sa., 04.08.2018, 17:50

Zu Deinem letzten Absatz: Dito.

PS: Ich bin mir übrigens recht sicher, dass auch der Bruder der TE "Entschuldigungen" für sein Verhalten vorbringen kann (und das tut).

Benutzeravatar

leuchtturm
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 49
Beiträge: 2003

Beitrag Sa., 04.08.2018, 18:09

Krank werden kann jeder. Unverschuldet oder selbst verschuldet, spielt eigentlich keine Rolle. Wer will da richten?
Soll ich einem Raucher mit Lungenkrebs sagen: Selbst schuld?
Nein, darum geht es nicht.

es geht darum, dass Süchtige meist keine Einsicht in ihre Krankheit haben. Sie leugnen.
Und sich weigern, sich aufrichtig behandeln zu lassen.
Statt dessen die Familie und Freunde terrorisieren.

es ist ja nicht so, dass die TE nicht schon lange versucht hat, dem Bruder zu helfen. Dabei verweise ich nur ma dezent auf den Thread-Titel-
Wenn der sich aber nicht helfen lassen WILL (egal, ob wegen Psychose oder Sucht oder xyz),
dann kann man wirklich nur zum Kontaktabbruch raten. S.o.


Eremit
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 80
Beiträge: 8876

Beitrag So., 05.08.2018, 13:24

Schlendrian hat geschrieben:Also ich leide unter Psychose und ich fände es sehr schlimm, wenn meine Angehörigen oder Freunde deshalb den Kontakt zu mir abbrechen würden.
Na ja, es kommt schon darauf an, wie man mit der eigenen Krankheit umgeht.

Es ist eben nicht alles Krankheit, der Charakter ist auch wichtig. Menschen können schwer krank sein und sich aufgrund ihrer Charakterstärke trotzdem (halbwegs) zusammen reißen, während Menschen mit einem schlechten Charakter auch ohne Krankheit unausstehlich sind.

Der Bruder hat vielleicht eben auch einen schlechten Charakter. Nur so ein Gedanke.

Benutzeravatar

Sehr
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 27
Beiträge: 1693

Beitrag So., 05.08.2018, 13:32

Wenn man mit Selbstmord droht, ist das sehr wahrscheinlich, bezgl. Charakter.
[wegzudenken, mehr nicht]


shesmovedon
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 25
Beiträge: 2203

Beitrag So., 05.08.2018, 16:06

Ja klar, es kommt immer auch auf den Charakter an. Aber wenn jemand zum Beispiel im Wahn ist, verschwindet der eigentliche Charakter teils völlig und da bleibt nur noch dieser Wahn und die Paranoia. Und so jemanden sollte man nicht hängen lassen. Auch psychisch Kranke sind Menschen, die Hilfe und Zuneigung brauchen, auch Psychotiker, gegen die ja hier wieder gewettert wurde.


Eremit
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 80
Beiträge: 8876

Beitrag So., 05.08.2018, 16:22

Schlendrian hat geschrieben:Aber wenn jemand zum Beispiel im Wahn ist, verschwindet der eigentliche Charakter teils völlig und da bleibt nur noch dieser Wahn und die Paranoia.
Da habe ich andere Erfahrungen gemacht.
Schlendrian hat geschrieben:Auch psychisch Kranke sind Menschen, die Hilfe und Zuneigung brauchen, auch Psychotiker, gegen die ja hier wieder gewettert wurde.
Richtig. Aber ab einem gewissen Punkt muss eben Schluß sein, spätestens dann, wenn durch die Zuwendung die Lage nur verschlimmert wird (was bei Suchtkranken immer der Fall ist). Spätestens dann muss man die jeweilige Person komplett fallen lassen, nur dann hat sie (zumindest theoretisch) die Möglichkeit, sich selbst zu hinterfragen: Mit der Sucht untergehen oder ohne Sucht weitergehen?

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag