8 Jahre Psychoanalyse - Fehlbehandlung ?

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RoboCat
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Beitrag Fr., 29.06.2018, 14:19

Die kurze Dauer eine VT sehe ich persönlich auch kritisch. Käme für mich nicht in Frage, ich brauchte bereits rund 50 Stunden, bis ich die wirklich wichtigen Themen auf den Tisch legte.

Das Verfahren scheint mir tatsächlich aber eher nebensächlich zu sein, lässt man die unterschiedliche Therapiedauer mal außen vor. Was wirklich zählt, ist doch zu allererst die gute Beziehung zum Therapeuten. Danach ist entscheidend, was man denn sonst noch so neben der Therapie macht, um gesund zu werden oder zu einem besseren Lebensgefühl zu finden (Begriffe sind jetzt mal austauschbar).

Es hat bei mir lange, lange Jahre gedauert bis ich eingesehen habe, dass mir kein Sport zu treiben schadet. Dass mich das runterzieht und depressiv macht. Das gleiche gilt für die Ernährung. Früher habe ich fast nur Pizza und Pommes gefressen, heute ist mir klar, dass das nicht gesund ist. Was nicht gesund ist, schadet auch dem Befinden und der Psyche.

Ich denke, jeder muss da echt seinen eigenen Weg finden. Therapie, das ist immer nur Hilfe zur Selbsthilfe und man sollte vielleicht am ehesten noch darauf achten, nicht das größte A*loch vor dem Herrn zu erwischen. Angeblich wählen Therapeuten ihren Beruf, weil sie menschenliebend sind, also sollte man da theoretisch schon jemanden finden, sofern man denn bereit ist sich mehr als einen anzugucken und nicht nur darauf schaut, ob er oder sie eine "echte Korifäe" auf ihrem / seinem Gebiet ist.
:axt:

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Broken Wing
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 03:29

Lass dich mal beraten. Jemand vom Fach kann dir besser erklären, warum es zu dieser krassen Fehleinschätzung gekommen ist. Dein Therapeut trägt eine größere Verantwortung, aber niemand kann dich vor dir selbst schützen. Warum hast du dich einem Menschen überlassen, der dir nicht hilft, ja deiner Meinung nach sogar geschadet hat? Irgendwann hats ja auch funktioniert, dass du dich da rausholen konntest. Ist natürlich wenig, wenn durch die Therapie nur so viel bewirkt worden sein sollte, dass du dich genau ihr entziehen konntest. Sie hat gerade angefangen zu wirken, könnten zynische Zungen behaupten.
Andere Menschen geben sich einem schlechten Partner oder einem Psychosektierer hin und haben keine Möglichkeit, für ihr Unglück jemanden verantwortlich zu machen, obwohl dahinter derselbe Mechanismus am Werk sein dürfte.

In einem Beratungsgespräch kannst du dir mal alles von der seele reden, aber diesmal ganz ohne Rumdeuterei, und dir klar werden, was du überhaupt anstrebst. Ich meine wirklich, dass Therapie hauptsächlich Plazebo bedeutet, ein wirklich hochwirksames Medikament, und dass man damit sämtliche Krankheiten heilen kann. Ein Therapeut, gleich welcher Schule, kennt auch für jedes körperliche Symptom eine Erklärung und der Beweis für die Richtigkeit seiner These ist, dass bei der Körperuntersuchung nichts gefunden wurde. Fehlbehandlungen kann es daher nicht geben, nur Glück oder Pech. Du hättest leider auch sinnlos in einer VT sitzen können, die auch in zahlreiche Schulen zersplittert ist wie ein Fenster nach einem beeindruckenden Kick. Es ist ein Try&Error, mehr nicht. Hier im Forum habe ich schon mehrere Berichte von gescheiterten Therapien gelesen, wo dann bei der Konkurrenz beeindruckende Ergebnisse erzielt werden konnten. Ehrlich, das kann ich mir nur so erklären, dass die gescheiterte Therapie den Plazebofaktor um ein Vielfaches potenziert. Solche Wunderwirkungen kenne ich sonst nur aus den Werken der Therapiegründer selbst oder aus zweckgeleiteten Studien.

Darum glaube ich auch, dass nur selten wirklich egoistische Interessen oder Größenwahn dahinter stehen. Ein Therapeut, der zB seine Methode nicht für Wirkungsvoller hielte als andere Methoden, wäre mindestens schizophren oder äußerst abgebrüht, wenn er andererseits eine lange Ausbildung über sich ergehen ließe und den Patienten tagtäglich was vormachte. Noch dazu eine Analyse, wo er die Show viele Stunden lang durchhalten müsste. Und wie viel würden Patienten von einem solchen Zweifler und Pessimisten halten? Sicher nicht viel. es sind also auch die Patienten selbst, die diese mega überzeugten Therapeuten heranzüchten.
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spirit-cologne
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 05:21

Broken Wing hat geschrieben: Sa., 30.06.2018, 03:29 Ich meine wirklich, dass Therapie hauptsächlich Plazebo bedeutet, ein wirklich hochwirksames Medikament, und dass man damit sämtliche Krankheiten heilen kann. Ein Therapeut, gleich welcher Schule, kennt auch für jedes körperliche Symptom eine Erklärung und der Beweis für die Richtigkeit seiner These ist, dass bei der Körperuntersuchung nichts gefunden wurde. Fehlbehandlungen kann es daher nicht geben, nur Glück oder Pech. Du hättest leider auch sinnlos in einer VT sitzen können, die auch in zahlreiche Schulen zersplittert ist wie ein Fenster nach einem beeindruckenden Kick. Es ist ein Try&Error, mehr nicht. Hier im Forum habe ich schon mehrere Berichte von gescheiterten Therapien gelesen, wo dann bei der Konkurrenz beeindruckende Ergebnisse erzielt werden konnten. Ehrlich, das kann ich mir nur so erklären, dass die gescheiterte Therapie den Plazebofaktor um ein Vielfaches potenziert. Solche Wunderwirkungen kenne ich sonst nur aus den Werken der Therapiegründer selbst oder aus zweckgeleiteten Studien.
Du erzählst mal wieder die gleiche Leier wie in dem anderen Thread, aber davon wird's nicht wahrer. Die Wirkung von Therapie ist nur Einbildung, die Therapeuten sind überbezahlte Scharlatane bla, bla bla… :roll:

Bleib doch einfach bei deinen eigenen Erfahrungen. schreib' welche schlechten Erfahrungen du oder Bekannten von dir gemacht haben und dass die Therapien bei euch nicht gewirkt haben, und gut is'; das ist sicherlich für viele interessant und hilfreich, aber triff keine verallgemeinernden Aussagen über Dinge, von denen du offensichtlich nicht viel Ahnung hast. Die Studienlage in der Psychotherapieforschung ist eindeutig und kann durch Studien, die internationalen wissenschaftlichen Standards entsprechen, nachweisen, dass Psychotherapie bei vielen weit verbreiteten psychischen Erkrankungen (z.B. Depression und Angsterkrankungen) der Pharmakotherapie überlegen ist. Wenn dem nicht so wäre würden die Krankenkassen auch sicherlich nicht in Zeiten knapper Kassen soviel Geld dafür ausgeben. Aber ich vergaß, das sind ja nur leichtgläubige Idioten, die einfach nicht soviel Durchblick haben wie du. :kopfschuettel: Und es gibt sehr wohl eindeutige Therapieleitlinien. Für Zwangshandlungen empfehlen diese kongnitive Verhaltenstherapie. Konkrete Methode: Exposition mit Reaktionsverhinderung, bei Bedarf zusätzlich medikamentöse Behandlung mit SSRI. Muss man als Patient nicht unbedingt wissen, aber dann soll man auch nicht darüber schreiben, wenn man's nicht weiß.

Davon abgesehen, dass deine Aussagen falsch sind, sind sie auch für den TE wenig hilfreich. Er scheint doch offensichtlich mit seiner neuen VT gute Erfolge zu erzielen. Was hast du davon, ihn vom Gegenteil überzeugen und diese Erfolge "kaputt reden" zu wollen? Wenn es wirklich, wie von dir behauptet, nur ein Placebo-Effekt wäre, dann würdest du ihm ja gerade diesen Therapieeffekt zerstören. Nicht wirklich hilfreich, oder? ;)
Broken Wing hat geschrieben: Sa., 30.06.2018, 03:29 Ein Therapeut, der zB seine Methode nicht für Wirkungsvoller hielte als andere Methoden, wäre mindestens schizophren oder äußerst abgebrüht, wenn er andererseits eine lange Ausbildung über sich ergehen ließe und den Patienten tagtäglich was vormachte. Noch dazu eine Analyse, wo er die Show viele Stunden lang durchhalten müsste. Und wie viel würden Patienten von einem solchen Zweifler und Pessimisten halten? Sicher nicht viel. es sind also auch die Patienten selbst, die diese mega überzeugten Therapeuten heranzüchten.
Auch das ist wieder falsch. Gute Therapeuten kennen die Stärken und Schwächen ihrer Therapieform und beraten ihre Patienten dahingehend. Sie haben keinerlei Interesse daran, jemanden zu behandeln, bei dem die Methode wenig Erfolg verspricht. Das frustriert nur und die Wartelisten sind so voll, dass die lieber den nächsten auf der Liste nehmen, der bessere Erfolgschancen verspricht. Das ist deutlich besser, sowohl für die Arbeitsatmosphäre in der Therapie als auch für das Ego des Therapeuten :-D Dass es vielleicht einzelne Therapeuten gibt, die sich für allmächtig halten, mag sein, die gibt es schließlich in jedem Beruf. Warum nun gerade dieser Analytiker sich so an einer offensichtlich nicht gut laufenden Therapie festgebissen hat, können wir hier alle nur spekulieren und das sollte der TE wirklich entweder im direkten Gespräch mit dem Therapeuten klären oder falls er die Nerven dazu hat, im Rahmen einer Beschwerde.

Du wirst deine Gründe haben, warum du dich hier jedesmal so pauschal abwertend über Psychotherapie äußerst, aber mich macht das ärgerlich, weil es da draußen viele Menschen gibt, die von einer Therapie profitieren würden, aber sich nicht trauen, weil sie von solchen falschen Darstellungen abgeschreckt werden. Natürlich kann eine Therapie auch mal schief laufen, aber es gibt weitaus mehr positive Verläufe als negative.
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Broken Wing
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 09:34

Man, wir sind hier in einem Forum. Ich habe schon geschrieben, dass er sich beraten lassen soll und dass ich keinen Anspruch auf Sachlichkeit erhebe. Studien zu PT ignoriere ich gerne. Hier habe ich wenig Ahnung und alles ist meine Meinung.
Die Beziehung zum Therapeuten ist leider ein Faktor, der meinen Eindruck noch verstärkt. Die beste Therapie wirkt nichts, wenn sie gut ist, nur weil die Beziehung nicht passt.

Falls es dir entgangen sein sollte, ich halte PT für wichtig, ich habe selbst mehrere gemacht und bin dankbar für meine letzte Analyse.
In der Tat halte ich es auch für wichtig, die aktuelle Therapie nicht zu idealisieren.
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diesoderdas
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 10:34

Das kann ich bestätigen, dass es unter gewissen Umständen passieren kann, dass man viel zu lang in unguten Situationen bleibt.

Ich finde, es geht gar nicht, wenn Therapeuten die eigene Methode als das non plus ultra hinstellen und nur die könne helfen. Das ist unseriös. Inzwischen würde ich vor jedem reißaus nehmen, der sowas auch nur andeutet. Ein Therapeut kann ja gern sagen, dass er der Meinung ist, diese oder jene Methode könne für dieses oder jenes Problem besser oder schlechter geeignet sein. Aber er sollte das nicht als die ultimative so-ist-es-Wahrheit hinstellen. Kein Mensch wird mit Sicherheit VORHER sagen können, wie es werden wird.
Wenn die Therapie dann schief geht, besteht die Gefahr,dass man keinen wirklichen Glauben und keine Hoffnung mehr hat, dass anderes noch helfen kann - und bleibt dann evtl. in einer unguten Situation (wofür man dann laut Therapeut natürlich auch die Schuld trägt).

Meine Therapie ging schief. Bei mir waren es "nur" über 3 Jahre aber auch das ist mehr als genug. 8 Jahre sind eine lange Zeit. Das stelle ich mir sehr sehr bitter vor.
Ziemlich am Anfang wurde mir gesagt:"Ich glaube, wenn ihnen etwas hilft, dann diese Methode - aber... wenn überhaupt..." Ob tatsächlich ein "ich glaube" davor gestellt war, weiß ich nicht mehr. Kann auch sein, es wurde als pure Tatsache hingestellt.
Ich habe mich schon damals über die Aussage aufgeregt und das auch angesprochen. Habe gesagt, dass das nicht gerade die Hoffnung hebt und ich das einfach auch von ihm persönlich nicht gut finde. Dass so eine Aussage schlicht und ergreifend nicht geht! Der Anfangsteil mit "ich glaube, dass..." (falls es so war, ich weiß es echt nicht mehr) der geht von mir aus so gerade noch. Der Teil mit "wenn überhaupt" geht gar nicht.

Und wer ist Schuld daran, wenn man zu lang etwas ungutes weiter macht?
Der Therapeut wird die Schuld dem Patienten geben. Der war dann zu krank. Oder hat nicht genug Verantwortung für sich übernommen, nämlich abzubrechen, als er gemerkt hat, dass die Therapie keinen Erfolg bringt oder vielleicht sogar schadet.
Bei mir hieß es am Schluss, dass, wenn er mir überhaupt die Hoffnung zerschossen hätte, dann wäre ja ich diejenige gewesen, die es zugelassen hätte.

Bei mir wurde 100% Vertrauen eingefordert (was nicht gegeben war). Gleichzeitg wird totales Einlassen gefordert. Gleichzeitg heißt es aber, dass man ja nicht blind alles hinnehmen soll, was gesagt wird. Gleichzeitig wird Kritik kritisch angesehen. Ich soll zulassen, aber wenn ich zulassen würde, dass mir Hoffnung zerschossen wird bei solchen Aussagen, bin ich natürlich selbst Schuld.

Meiner Meinung nach lässt man nicht bewusst zu, dass man keine Hoffnung mehr hat, sondern es passiert einfach. Genauso wie vertrauen. Echtes Vertrauen passiert ganz einfach, ohne dass man es zulassen muss.
Klar, wir alle sind durch unsere Erfahrungen anders gepolt, was den Einfluss der Aussagen von anderen Menschen angeht und für diese Erfahrungen und unsere entprechenden Reaktionen kann erstmal auch der Therapeut nichts.
Allerdings ist es doch auch Job der Therapeuten, einen Patienten zu kennen, um auch wissen zu können, auf welche Worte welcher Patient wie reagiert? Wenn das nicht so wäre - wozu gäbe es dann Therapie? Auch Therapeuten tragen Verantwortung und können nicht jedes Schieflaufen dem miesen kranken unfähigen Patienten hinschieben.
Worte haben Macht. Und manche Therapeuten sollten lieber einmal mehr nachdenken, bevor sie etwas sagen.

Irgendwo hakt da bei mir alles.
Ich sehe es inzwischen so: Kaum ein Therapeut wird Fehler in der Behandlung zugeben. Schuld bleibt der Patient. Wo welche Verantwortlichkeiten liegen - da prallt Arzt-/und Patientensicht aufeinander.

Ruli: Falls du tatsächlich rechtliche Schritte einleiten willst, würde ich auch eher zum Ethikverein oder zur Patientenberatung, wie oben schonmal angegeben, raten. Oder zumindest parallel zur Ärztekammer. NUR Ärztekammer würde ich nicht machen ohne anderweitige Beratung/Unterstützung. Das sage ich aber nicht aus eigener Erfahrung sondern nur vom Hörensagen her. Ärztekammer scheint doch eher oft erstmal auf Arztseite zu stehen.


Jenny Doe
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 11:04

Hallo diesoderdas
Ziemlich am Anfang wurde mir gesagt:"Ich glaube, wenn ihnen etwas hilft, dann diese Methode (...)"
Ich finde den "Placebo-Effekt" Einwand von Broken Wing gar nicht so ungerechtfertigt. Mir sind die Studien zur Wirksamkeit von Psychotherapie zu fehlerbehaftet. Es bleibt unerkannt, was wirklich gemessen wurde. Sie lassen viel zu viele mögliche Einflussfaktoren unberücksichtigt. Ich habe mehrere solcher Therapiebewertungsfragebögen ausfüllen müssen und so manches mal gedacht, "Da schmücken sich die Therapeuten mit fremden Federn". Denn so manche Verbesserungen in meinem Leben waren nicht der Verdienst der Psychotherapie, sondern resultierten aus anderen Umständen. Aber nach anderen Umständen wirde nicht gefragt. Es wird nur der Vorher-Nachher Vergleich erfragt, nicht aber was genau wirkte.
Aber jetzt bin ich etwas von dem abgekommen, was ich sagen wollte:
Jeder kennt das Phänomen persönlich oder hat schon mal davon gehört: Da liest man den Beipackzettel eines Medikaments und entwickelt plötzlich die aufgelisteten Nebenwirkung-Symptome (Nocebo-Effekt). Umgekehrt kann man aber auch eine Placebo-Effekt erzielen, wenn man dem Patienten sagt "Das Medikament wirkt" bzw. dem Klienten in der Psychotherapie sagt "Die Methode hilft". Wenn es dem Klienten dann tatsächlich besser geht, dann wird dies als Wirksamkeit der Methode bewertet. Es wird nicht nachgefragt, ob es vielleicht andere Faktoren gibt (wie den Placebo-Effekt infolge der Suggestion, dass die Methode wirksam ist), die die scheinbare Wirksamkeit der Methode belegen. Hilft die Methode hingegen nicht, dann wird zuweilen dem Klienten die Schuld für die Unwirksamkeit in die Schuhe geschoben.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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RoboCat
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 12:03

Könnte man statt von einer Placebowirkung zu sprechen nicht auch meinen, dass hier schlicht Selbstheilungskräfte durch (gute) Therapeuten im Patienten aktiviert werden?

Also gut im Sinne von: Verlässlich in der Beziehung, Sympathie, Ansprechpartner für Sorgen und Nöte, "ernst genommen werden"...
:axt:


Jenny Doe
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 13:20

Hallo RoboCat,
Verlässlich in der Beziehung, Sympathie, Ansprechpartner für Sorgen und Nöte, "ernst genommen werden"...
Das würde ich ausschließen, wenn der Satz gleich zu Beginn der Therapie geäußert wird.
Könnte man statt von einer Placebowirkung zu sprechen nicht auch meinen, dass hier schlicht Selbstheilungskräfte durch (gute) Therapeuten im Patienten aktiviert werden?
Das ist eine sehr interessante Frage. Irgendwas wirkt an einem unwirksamen Placebo-Medikament / einer Placebo-Methode. Wäre spannend herauszukriegen was genau.
Aber das ist ein andere Fragestellung, die am Thema von Ruli vorbeigeht.
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mio
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 13:29

Letztlich ist es der Patient der "sich selbst helfen wollen" muss. Und wenn ich an etwas festhalte das nachweislich NICHTS VERBESSERT dann fehlt es meiner Meinung nach vor allem an Eigenverantwortung.

Eine verschriebene Pille die nichts an der Symptomatik verbessert würde ja auch niemand 8 Jahre lang ohne Hinterfragen oder "Boykott" der Einnahme schlucken nur weil der behandelnde Arzt sagt: Sie müssen Geduld haben...

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Sehr
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 13:38

Ist das eigentlich üblich dass man Jahrelang Therapie macht? Ich meine 8 Jahre ist schon heftig. Psychoanalyse oder sonstiges - so lange? Macht man dann auch weiter wenn es einem besser geht bspw. Oder wie ist das?
[wegzudenken, mehr nicht]


mio
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 13:46

Therapien können schon sehr lang dauern, je nach Problematik und Methodik. Nur sollte sich halt zumindest IRGENDWAS spürbar verbessern in der Zeit meiner Meinung nach.

Wenn da echt gar nix ist dann wäre es für meine Begriffe auch die Aufgabe des Patienten dass dann zu kommunizieren und gegebenenfalls unabhängige Beratung in Anspruch zu nehmen wenn der Therapeut darauf nicht eingeht. Geschieht dies nicht liest sich das für mich "als Problem" "an sich", denn durch reines "Abwarten" und "auf ein Wunder hoffen" geschieht nunmal meist Recht wenig im Leben.

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Sehr
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 13:54

Ja, Eigenverantwortung. Also geben diese manche sozusagen ab. Und der Therapeut merkt das ja auch, wahrscheinlich schon nach ein paar Monaten und der wartet drauf, dass der Patient 'es' anspricht obwohl er sieht, dass es nicht (und weiss) geschehen wird, dann könnte er ja nach helfen, eingreifen, wofür er ja eigentlich bezahlt wird. Oder?
[wegzudenken, mehr nicht]


isabe
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 14:30

Sehr hat geschrieben: Sa., 30.06.2018, 13:38 Ist das eigentlich üblich dass man Jahrelang Therapie macht? Ich meine 8 Jahre ist schon heftig. Psychoanalyse oder sonstiges - so lange? Macht man dann auch weiter wenn es einem besser geht bspw. Oder wie ist das?
Das kann man nicht verallgemeinern. Und es bringt auch nichts, bei anderen zu schauen. Die acht Jahre sind nicht das Entscheidende, sondern wie sie verbracht werden. Wenn so lange Therapien nötig sind, dann ist das so. Es geht nicht mal ausschließlich um die reine Symptomverbesserung. Manchmal setzt die erst nach dem Therapieende ein. Es geht darum, dass der Therapeut und der Patient merken sollten, dass sich etwas bewegt im Fühlen und Denken und Handeln.

Es gibt weder einen Preis für besonders kurze noch für besonders lange Therapien. So lange wie nötig, so kurz wie möglich. Aber das ist äußerst relativ zu betrachten. Wichtig wäre noch, dass Therapeut und Patient sich in etwa einig sind über ihr Verständnis von Therapie.

Hier konkret scheint das ja nicht der Fall zu sein, sodass der Eindruck ensteht, dass am Patienten vorbeianalysiert wurde. Komisch, dass der Analytiker das nicht gemerkt hat.

Dass eine VT zunächst (?) schneller hilft, ist nicht unüblich, denn eine PA hat tatsächlich keine schnelle Symptomverbesserung im Sinn, sondern eine Veränderung der Persönlichkeit, nach der die Symptome nicht mehr nötig erscheinen. Der Patient sollte wissen, worauf er sich einlässt, spätestens bei der Frage nach der ersten Verlängerung. Man kann nicht sagen, dass eine PA besser oder schlechter ist als eine VT; man kann sich nur fragen, was man selbst möchte.

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lisbeth
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 14:38

Boah ey. Mir kommt es hier echt hoch!

Es ist eine Sache (und legitim in meinen Augen), demjenigen der das Problem hat, zu sagen: Schau doch mal genauer hin, was deine Anteile daran sind, oder was dich so lange in dieser Situation festgehalten hat - eine Situation, die dir zudem geschadet hat .... Und da gibt es sicherlich Faktoren, die auch mit deiner Biografie und deiner Persönlichkeit etc. zu tun haben. So weit so gut.

Aber zu sagen: Selbst schuld, hättest ja mal googeln können? Wo blieb deine Eigenverantwortung? Das geht in meinen Augen echt zu weit und ist übergriffig. Klassische Schuldumkehr - in anderen Zusammenhängen würdet ihr noch nichtmal über so eine Verdrehung nachdenken.

Es gibt Problemkonstellationen, da ist das auch nicht möglich, oder da ist die Abhängigkeit auch Teil der Problemkonstellation. Vor allem wenn der Analytiker vorher suggeriert: Lieber Patient, deine Probleme sind echt gravierend, aber du hast Glück, denn mit meiner Methode hast du eine Chance. Allerdings: wenn das hier nicht klappt, dann ist Hopfen und Malz wirklich endgültig verloren, dann wars das.... Wenn diese "Alternativlosigkeit" immer wieder in den Raum gestellt wird und sowas auf "ungünstige" Voraussetzungen beim Patienten trifft, dann bleibt der in Abhängigkeit. Weil jenseits dieser Therapie nur noch der Abgrund wartet. Dann ist es ver.dammt schwer sich aus so einer Lage zu lösen. Und Hut ab @Ruli, dass du dich dann am Ende daraus befreit hast.

Und an alle, deren Vorstellungskraft nicht dafür ausreicht, um sich vorzustellen, wie man in so eine Situation/Konstellation geraten kann: googelt mal einfach Stockholm-Syndrom oder Identifikation mit dem Aggressor.

Klar wird das Thema "Eigenverantwortung" auch bei einer möglichen Beschwerde auf den Tisch kommen. Daher ist das hier schon mal ein kleiner Vorgeschmack auf das, was dich dann evtl. erwarten dürfte, Ruli.

Dir wünsche ich, Ruli, dass du deinen Weg findest, um mit dieser Erfahrung irgendwann abschließen zu können. Falls nötig, suche dir Unterstützung dafür oder sprich auch mit deinem VT darüber, obwohl ich verstehen kann, dass du da jetzt sicherlich auch gebranntes Kind bist.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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Sehr
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Beitrag Sa., 30.06.2018, 14:40

Hmm. Ok danke. Ich denke dieser Analytiker ist ein wahres Genie oder Manipulations-Künstler, wie könnte ihm das entgehen.
[wegzudenken, mehr nicht]

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