Zu nett

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Kaonashi
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Beitrag Mo., 22.10.2018, 00:01

Zynismo hat geschrieben: So., 21.10.2018, 22:52Es wäre schön zu erfahren, ob vielleicht auch andere ähnliche Erfahrungen gemacht haben und vielleicht einige Anregungen hätten.
Bei mir ist ähnlich, dass ich auch meistens den Druck verspüre, es anderen recht zu machen und mich ärgere, wenn andere hingegen überhaupt keine Rücksicht auf mich nehmen.
Anders ist bei mir, dass ich nicht grundsätzlich die Menschen verachte. Das wechselt bei mir, oft mag ich sie, finde sie liebenswert, manchmal finde ich sie nervig und rücksichtslos, manchmal auch dumm.

Ich habe leider nicht so die ganz tolle Anregung für das Problem.
Ich denke in Bezug auf mich, dass ich lernen sollte, besser für meine Bedürfnisse einzutreten. Das könnte meine Zufriedenheit steigern, und dann müsste ich mich vielleicht nicht so oft über andere ärgern.
Außerdem wäre es vermutlich hilfreich, wenn ich mir selber weniger Druck machen würde, immer alles richtig zu machen bzw. es anderen recht zu machen. Es auszuhalten, wenn potenziell jemand ärgerlich über mich werden könnte. Das würde mich freier machen.

Vielleicht passt etwas davon auch für dich.

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Zynismo
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Beitrag Mo., 22.10.2018, 00:30

spirit-cologne hat geschrieben: So., 21.10.2018, 23:52 sozusagen kostenlos online und anonym die Aufgabe eines Therapeuten zu übernehmen
Ich erwarte keine kostenlose Psychotherapie. Ich erhoffe mir einfach nur Anregungen und vielleicht einen Erfahrungsaustausch. Wenn mir jemand nicht schreiben möchte, dann muss er das nicht tun. Anonym ist für mich persönlich halt wichtig, weil ich persönlichen Kontakt schwierig finde.

Im Übrigen habe ich nicht nur "mal" schlechte Erfahrungen gemacht. Es war lediglich ein Beispiel. Ich möchte das hier auch nicht so breit treten, wieso ich keine Therapie möchte. Ich habe meine Gründe dafür. Und ich habe auch meine Gründe, weshalb ich die meisten Menschen erst mal pauschal verachte. Dass es darunter Leute gibt, die das theoretisch nicht verdient haben, weiß ich sehr wohl. Aber das ändert an meinen Gefühlen leider nichts, die ich meistens habe. Ich bin mit den Jahren leider extrem verbittert und habe oft die Erfahrung gemacht, dass jeglicher Versuch, mich irgendwie doch noch in die Gesellschaft zu integrieren, fehlschlägt. Also habe ich es irgendwann aufgegeben. Ich möchte einfach nur noch in Frieden leben, aber eben gerne für mich einstehen können, ohne ständig diesen Zwang zu haben, nett zu Menschen zu sein, die mir eigentlich gerade massiv auf den Geist gehen.
Kaonashi hat geschrieben: Mo., 22.10.2018, 00:01 Das wechselt bei mir, oft mag ich sie, finde sie liebenswert, manchmal finde ich sie nervig und rücksichtslos, manchmal auch dumm.
Geht mir prinzipiell ähnlich. Ich habe unterschwellig immer noch irgendwo ein Bedürfnis danach, einfach gute und nette Kontakte zu haben und Verbindungen zu lieben Menschen aufzubauen. Nur machte ich bisher immer eher gegenteilige Erfahrungen und mittlerweile habe ich eine eher negative Einstellung zu anderen Leuten entwickelt. Das Ding ist ja auch, dass man, wenn man erst mal so grießgrämig auf die Welt blickt, auch ständig darin bestätigt wird, dass alle Menschen böse Absichten hegen. So wie in der "Der Hammer"-Geschichte von Watzlawik.
Ich habe auch manchmal gute Tage, an denen ich etwas entspannter bin. Und dann auch wieder nicht. So im Schnitt ist es aber doch schon ein chronisches Genervtsein von jedem Menschen, der mir über den Weg läuft. Ich empfinde es mittlerweile schon als störend, wenn Leute lediglich meinen Weg kreuzen und mich mit ihrer Anwesenheit belästigen. (Was jetzt nicht zwingend was mit meinem Problem zu tun hat)
Kaonashi hat geschrieben: Mo., 22.10.2018, 00:01 Ich denke in Bezug auf mich, dass ich lernen sollte, besser für meine Bedürfnisse einzutreten. Das könnte meine Zufriedenheit steigern, und dann müsste ich mich vielleicht nicht so oft über andere ärgern.
Außerdem wäre es vermutlich hilfreich, wenn ich mir selber weniger Druck machen würde, immer alles richtig zu machen bzw. es anderen recht zu machen. Es auszuhalten, wenn potenziell jemand ärgerlich über mich werden könnte. Das würde mich freier machen.

Vielleicht passt etwas davon auch für dich.
Ja, all diese Dinge sind in der Theorie auf jeden Fall richtig, denke ich. Ich denke das auch sehr oft und ich weiß auch eigentlich, dass mir dieser permanente Zwang, bloß nirgendwo anzuecken, eigentlich überhaupt nicht nutzt. Und dass es auch okay wäre, nicht immer überall jedem alles recht zu machen. Nur bringt mir das alles nichts, weil ich es automatisch immer anders mache.
Heute habe ich wieder mal jemanden darauf hinweisen wollen, dass er sich rücksichtslos verhält. Sein unangeleinter Hund lief uns permanent hinterher und bedrängte meinen, der das gar nicht lustig fand. Ich habe das dem Halter schon so gesagt, relativ nett, während ich schüchtern auf den Boden sah und vermutlich auch ziemlich verkrampft aussah. Seine Reaktion war ... nicht vorhanden. Der Hund lief uns halt weiter nach, bis wir irgendwann so weit gegangen war, dass er von selbst abzischte. Ich verstehe schon, dass es an mir liegt. Ich müsste einfach deutlicher und energischer auftreten. Aber wie gesagt - im Eifer des Gefechts bin ich dann immer nur klein mit Hut. :kopfschuettel:

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Zynismo
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Beitrag Mo., 22.10.2018, 00:50

Ich denke ja, dass diese "Verachtung" zum einen dadurch begründet ist, dass ich permanent das Gefühl habe, mich gegen andere Menschen nicht zur Wehr setzen zu können. Ich fühle mich ständig von allem und jedem bedroht, selbst von Kindern. Ständig glaube ich, berfürchten zu müssen, dass sie mich belästigen, bedrohen oder über mich lachen. Ich sehe überall nur hämische Gesichter oder unsympathische Gestalten. Und noch dazu habe ich sehr oft die Erfahrung gemacht, dass Menschen gern auf meinen Gefühlen herum trampeln und dass ich dem völlig machtlos gegenüber stehe.
Und zum anderen bin ich eben sehr gewissenhaft und vorausschauend. Ich bin immer pünklich, meistens zu früh, grundsätzlich zuverlässig, würde nie jemanden vor den Kopf stoßen und ein Treffen ausfallen lassen, ich achte sehr darauf, keine sozialen Gepflogenheiten zu missachten, auf Textnachrichten sehr zeitnah zu antworten und Menschen das Gefühl zu geben, dass ich sie ernst nehme. Im Gegenzug dazu habe ich aber das Gefühl, dass man mich überhaupt nicht ernst nimmt. Dass ich ständig übergangen werde. Dass man mich, auch von behördlicher Seite, ignoriert und/oder Ewigkeiten warten lässt. Und das frustriert mich natürlich. Da dieser Zustand sich über die Jahre zu einem chronischen, eigenbrötlerischen Lebensstil entwickelt hat, schreibe ich auch, dass ich Menschen pauschal verachte. Denn meistens tue ich das, eben aufgrund dieser Erfahrungen, die ich einfach immer wieder mache.

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spirit-cologne
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Beitrag Mo., 22.10.2018, 01:58

Na ja, aber das hat ja auch was mit dir zu tun, welche Erfahrungen du machst. Z.B. dein Entrée hier im Forum. Wenn man im Eingangsposting schreibt, dass man alle Menschen in Prinzip verachtet, erhöht man damit nicht gerade seine Chance auf ein positives Erlebnis mit anderen Usern, dass das eigene negative Bild verändern könnte... Und mit deiner Überschrift "zu nett" hat das, was du da schreibst auch nicht allzu viel zu tun. Das, wie du dein Verhalten und deine Gedanken/Gefühle beschreibst, klingt überhaupt nicht "nett", sondern eher konfliktscheu und leicht zwanghaft bis paranoid. Es mag ja sein, dass es Gründe dafür gibt, aber wenn du was ändern willst, musst du lernen, dich abzugrenzen und das geht nun mal nur durch Übung im Kontakt mit Menschen und das wird schwierig, wenn du niemandem vertrauen willst. Den Menschen, die du noch nicht kennst, schon mal vorsorglich vor's Schienbein zu treten, weil sie sich ja als genauso fies oder ignorant erweisen könnten, wie die Menschen, die du in deinem Umfeld so erlebst, halte ich jedenfalls für keine besonders erfolgversprechende Strategie zur Lösung deines Problems...
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Kaonashi
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Beitrag Mo., 22.10.2018, 07:34

Vielleicht fehlen dir auch die Methoden, wie man andere kritisieren kann, ohne dass die Situation eskaliert?
Manche Leute können das ja sehr gut, sie werden ihr Anliegen los und trotzdem ist keiner danach sauer. Aber bei mir selbst ist es auch eher so, dass wenn ich mich beschwere, die Leute dann eingeschnappt sind, weil ich irgendwas nicht richtig mache. Oder denkst du, dass es rein ein Problem des Selbstvertrauens ist? Das könnte auch sein.

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Zynismo
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Beitrag Mo., 22.10.2018, 10:00

spirit-cologne hat geschrieben: Mo., 22.10.2018, 01:58 Z.B. dein Entrée hier im Forum
Ja, vielleicht hätte ich dazu schreiben sollen, dass ich diesen Hass auf Menschen in der Regel dann fühle, wenn ich das Haus verlassen muss.
Ansonsten fand ich meinen Eingangspost eigentlich ganz nett formuliert und so sollte er auch rüber kommen.
Für mich besteht im Kontakt zwischen schriftlich und persönlich ein ganz großer Unterschied. Im Schriftlichen bin ich deutlich sicherer und nehme Sachen auch nicht so schnell persönlich. Im Persönlichen habe ich oftmals Probleme, mich richtig auszudrücken. Dann entschuldige ich mich dafür, dass ich eventuell etwas zu forsch rüber gekommen bin!
spirit-cologne hat geschrieben: Mo., 22.10.2018, 01:58 Und mit deiner Überschrift "zu nett" hat das, was du da schreibst auch nicht allzu viel zu tun
Doch, es hat damit zu tun, dass ich im konkreten Umgang mit Leuten "zu nett" bin, wenn ich es eigentlich gar nicht sein will. Ich finde das schon passend gewählt. Aber es stimmt. ich "bin" nicht nett, ich verhalte mich nur so. Ich will auch gar nicht nett sein, das ist ja der Knackpunkt. Ich will mir die Leute effektiv vom Leib halten können, wenn sie mich belästigen und nicht noch den Zwang verspüren, mich nett mit ihnen zu unterhalten, damit ich sie nicht unhöflich behandle. Obwohl ich ihnen dabei gerade den Tod wünsche. Ich finde das selber völlig absurd.
spirit-cologne hat geschrieben: Mo., 22.10.2018, 01:58 Es mag ja sein, dass es Gründe dafür gibt, aber wenn du was ändern willst, musst du lernen, dich abzugrenzen und das geht nun mal nur durch Übung im Kontakt mit Menschen und das wird schwierig, wenn du niemandem vertrauen willst.
Wie sähe das denn konkret aus? Dieser Abgrenzungsprozess? Ich habe ja eigentlich das Gefühl, mich emotional und gedanklich von anderen relativ gut abgrenzen zukönnen, mir fehlt es nur in der Situation einfach an der Fähigkeit, das auch umzusetzen. Oder meinst du, ich müsste das einfach "üben", den Leuten meine Meinung gerade heraus zu sagen? Wäre dann nicht so etwas, wie "Ich nehme mir heute vor, jedem zu sagen, dass ich mich jetzt nicht unterhalten möchte und ihm dabei in die Augen zu schauen". So als eine Art Hausaufgabe? Nicht, dass ich das nicht schon versucht hätte und jedes Mal gescheitert wäre, aber ich denke, dass man das sicher auch noch mal versuchen könnte.
spirit-cologne hat geschrieben: Mo., 22.10.2018, 01:58 Den Menschen, die du noch nicht kennst, schon mal vorsorglich vor's Schienbein zu treten, weil sie sich ja als genauso fies oder ignorant erweisen könnten, wie die Menschen, die du in deinem Umfeld so erlebst, halte ich jedenfalls für keine besonders erfolgversprechende Strategie zur Lösung deines Problems
Ich trete ihnen ja nicht vors Schienbein, ich bin ja nett zu ihnen. Und zum Teil werden Leute dann auch anhänglich und quatschen mich jedes Mal voll, wenn sie mich sehen, obwohl mir das total unangenehm ist. Ich schaffe es aber auch nicht, ihnen zu sagen, dass sie das lassen sollen.
Oder beziehst du dich mit dem Satz jetzt nur auf das Forum? Wenn ja, dann tut es mir leid, wie gesagt. Ich wollte euch nicht vors Schienbein treten.

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Zynismo
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Beitrag Mo., 22.10.2018, 10:07

Kaonashi hat geschrieben: Mo., 22.10.2018, 07:34 Vielleicht fehlen dir auch die Methoden, wie man andere kritisieren kann, ohne dass die Situation eskaliert?
Hm, ich weiß es nicht. Ich weiß mich ja durchaus auszudrücken, so in der Theorie. Eskaliert ist bei mir auch bisher noch nicht viel, außer einem Mal, als ich jemanden auf eine Ordnungswidrigkeit hinwies, die mich in diesem Moment störte und dabei tatsächlich etwas ruppiger war als sonst. Aber ob man bei ein bisschen Geschrei und Kraftausdrücken von Eskalation sprechen kann? Mir ist jedenfalls bisher noch nie etwas existenziell bedrohliches passiert auf der Straße, weshalb es mich selbst verwundert, weswegen ich in jeder Gestalt, die mir am Horizont begegnet, erst mal einen potenziellen Feind erkenne. Es ist dann wirklich so, dass ich versuche, diese Person irgendwie einzuschätzen und meist gelingt mir das nur unzufriedenstellend, sodass ich sie verdächtig finde. Ich kann dann auch erst wieder aufatmen, wenn diese Person aus meinem Blickfeld verschwunden ist. Deswegen gehe ich mit dem Hund vorzugsweise zu unchristlichen Zeiten und/oder im tiefsten Wald, damit ich mich auch mal erholen kann. Sonst rege ich mich nur auf und bin am Abend völlig erschöpft.
Kaonashi hat geschrieben: Mo., 22.10.2018, 07:34 Oder denkst du, dass es rein ein Problem des Selbstvertrauens ist? Das könnte auch sein.
Vielleicht schon eher. Ich habe, glaube ich, nie gelernt, mich zu behaupten. Ich war halt auch schon immer irgendwo der Fußabtreter, sei es Zuhause oder in der Schule. Und irgendwie hat man sich dann mit der Zeit in diese Rolle gefügt, weil ein Aufbäumen daran ja eh nichts geändert hat. Heute bin ich erwachsen und im "besten" Alter und schleppe diese Muster mit mir herum, kann sie aber gar nicht mehr gebrauchen. Ich wäre gern jemand, der fest im Leben steht und sich behaupten kann. Aber das geht leider ständig in die Hose.

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stern
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Beitrag Mo., 22.10.2018, 10:32

Zynismo hat geschrieben: So., 21.10.2018, 22:52 Stattdessen hebe ich mitten im Wald die sch*** meines Hundes auf, weil ja jemand im Gebüsch stehen könnte, der mich beobachten und beim Ordnungsamt melden könnte. Und jedes Mal denke ich mir, dass ich doch bescheuert bin. Was sollte denn schon passieren? Selbst wenn mich jemand anschnauzen würde – ich will ja gar nicht, dass die Leute mich mögen. Ich mag die Leute ja selbst nicht. Aber irgendetwas scheint in mir zu sein, das mich in dieser Hinsicht total blockiert.
Kann es sein, dass dich Angst (evtl.vor Strafe im weiteren Sinne) und eine hohe Regeltreue blockieren? Gepaart damit keinen guten Umgang mit deinen Aggressionen zu haben, die man ja auch dafür einsetzen kann, etwas zu verbessern? Du scheinst eher darauf sitzen zu bleiben und signalisierst nach außen meist das Gegenteil?
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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Beitrag Mo., 22.10.2018, 11:01

stern hat geschrieben: Mo., 22.10.2018, 10:32 Kann es sein, dass dich Angst (evtl.vor Strafe im weiteren Sinne) und eine hohe Regeltreue blockieren?
Ja, ich denke das könnte man schon so sagen. Zumindest ist es definitiv ein Aspekt davon. Ich träume ja z.B. auch sehr oft davon, mal Regeln zu brechen oder verbotene Dinge zu tun, aber ich weiß, dass ich das im realen Leben nicht könnte.
Die Sache ist ja, dass ich mir aus meiner Vergangenheit eigentlich sehr gut herleiten kann, wieso das alles so gekommen ist, nur bringt es mir irgendwie nichts, darüber zu reden oder zu schreiben, weil sich dadurch an meinem jetzigen Verhalten ja nichts ändert. Ich denke, dass das so eine Art Fehlprogrammierung ist, die halt damals notwendig war, mich heute aber nur noch in allem behindert.
stern hat geschrieben: Mo., 22.10.2018, 10:32 Gepaart damit keinen guten Umgang mit deinen Aggressionen zu haben, die man ja auch dafür einsetzen kann, etwas zu verbessern?
Kann auch sein. Ich neige dazu, meine Aggressionen grundsätzlich in mich hinein zu fressen. Habe auch keine guten Erfahrungen damit gemacht, sie rauszulassen, weil es dann sofort sehr harte Sanktionen hagelte, auch wenn ich "berechtigt" wütend war. Meine Gefühle spielten lange Zeit keine Rolle, es war meine "Aufgabe" sie im Griff zu haben und nicht aufzumucken. Dementsprechend habe ich deshalb, denke ich zumindest, auch irgendwann Selbstverletzung betrieben.
Heute mache ich das nicht mehr, aber einen Weg nach draußen finden meine Aggressionen immer noch nicht. Wenn ich mich gestresst fühle, mache ich Sport, das hilft mir dann ganz gut und ich finde es sinnvoller als Selbstverletzung.

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Beitrag Mo., 22.10.2018, 13:31

Zynismo hat geschrieben: Mo., 22.10.2018, 10:00 Wie sähe das denn konkret aus? Dieser Abgrenzungsprozess? Ich habe ja eigentlich das Gefühl, mich emotional und gedanklich von anderen relativ gut abgrenzen zukönnen, mir fehlt es nur in der Situation einfach an der Fähigkeit, das auch umzusetzen. Oder meinst du, ich müsste das einfach "üben", den Leuten meine Meinung gerade heraus zu sagen? Wäre dann nicht so etwas, wie "Ich nehme mir heute vor, jedem zu sagen, dass ich mich jetzt nicht unterhalten möchte und ihm dabei in die Augen zu schauen". So als eine Art Hausaufgabe? Nicht, dass ich das nicht schon versucht hätte und jedes Mal gescheitert wäre, aber ich denke, dass man das sicher auch noch mal versuchen könnte.
Ja, letztendlich geht das nur durch Übung. Wichtig ist, dass du dir am Anfang leichte Aufgaben setzt, die du auch gut bewältigen kannst, damit du nicht wieder Misserfolge erlebst. Am besten geht das natürlich in einer Therapie, aber die willst du ja nicht machen. Du könntest alternativ z.B. mal jemand der dir wohl gesonnen ist (Freund, Familienmitglied o.ä.) einweihen und ihn oder sie bitten, dich im Laufe des Tages um etwas zu bitten, aber du sagst ihnen vorher schon, dass du das dann ablehnen wirst, er oder sie also nur als "Übungsobjekt" dient. Wenn das klappt, kannst du mit kleinen Übungen im Alltag anfangen, z.B. jemanden an der Kasse nicht vorlassen und sagen: "Nein, ich bin selbst in Eile". Üben, üben, üben und den Schwierigkeitsgrad dann langsam steigern.
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Zynismo
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Beitrag Mo., 22.10.2018, 16:24

Ok, danke! Ich denke ich kann damit etwas anfangen. Hoffe ich.

Ich hab zwar niemanden, mit dem ich das so direkt üben könnte, aber ich könnte mir ja mal vornehmen, in Zukunft weniger verbissen sämtliche Regeln zu befolgen. Also nicht immer nur auf der richtigen Seite zu gehen, nicht immer direkt jedem auszuweichen, etc. Oder meinst du, dass das schon zu anspruchsvoll wäre? Ich bin ja mit dem Hund leider immer doppelt belastet in dieser Hinsicht - ich muss immer schauen, dass ich weder mit dem Hund andere Fußgänger störe und gleichzeitig muss ich gucken, dass andere Hundehalter uns bzw. meinen Hund nicht belästigen. Und es gibt da leider so viele, die nicht mal ansatzweise auf die Idee kommen, ihren Hund an die Seite zu nehmen und selbst etwas an die Seite zu gehen, damit man entspannt aneinander vorbei laufen kann. Nein, die rennen frontal auf uns zu, am besten noch mit Flexileine dran, Hund schon drohend und mir bleibt letztlich nichts anderes übrig als auf die Straße auszuweichen oder in die Konfrontation zu gehen. Und bei letzterem mache ich meist die Erfahrung, dass die Leute gar nicht kapieren, was ich von ihnen will. Und dann rege ich mich wieder den ganzen Tag darüber auf.

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Pinguin Pit
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Beitrag Mo., 22.10.2018, 23:56

Hallo Zynismo,

ich kann Dir sehr empfehlen, ein Selbstsicherheitstraining oder Training sozialer Kompetenzen zu absolvieren.
Ich habe bei der VHS zwei solche Kurse gemacht, das war richtig gut. In einer Gruppe mit Menschen, die die gleichen Probleme haben. Es gab ein bisschen Theorie, reichlich Rollenspiele, viele Hausaufgaben und hat richtig Spaß gemacht.

Ansonsten mal googeln, da kannst Du auch einige nette Übungen finden.

Viel Erfolg wünscht Dir Pingu
Die Vergangenheit ist nicht tot - sie ist nicht einmal vorbei. (William Faulkner)

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Zynismo
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Beitrag Di., 23.10.2018, 22:49

@Pinguin Pit

Oh, vielen Dank! An so etwas hatte ich bisher tatsächlich noch gar nicht gedacht, aber das klingt ehrlich gesagt ziemlich vielversprechend. Ich werde mal schauen, ob so etwas hier in meiner Region angeboten wird. Ob es mir persönlich etwas bringen wird, weiß ich natürlich nicht, aber ich würde es auf jeden Fall mal ausprobieren wollen. Ich hatte auch schon überlegt, vielleicht in einen Verein einzutreten und z.B. eine Kampfkunst zu lernen. Um ehrlich zu sein, hätte ich auf die ganzen Leute keinen Bock und müsste mich wirklich überwinden, aber ich habe schon oft von Leuten gelesen, dass sie dadurch selbstbewusster wurden.


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Beitrag Mi., 24.10.2018, 12:52

Ich kann Jiu Jitsu wärmstens empfehlen.

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