Bindungstrauma und mehr...

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Broken Wing
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Beitrag So., 11.02.2018, 14:54

mio hat geschrieben: So., 11.02.2018, 14:12 Kinder die von ihren Eltern nicht ausreichend geliebt werden neigen dazu sich selbst dafür die Schuld zu geben. Dh. Du als Kind wirst wahrscheinlich fälschlicherweise gedacht haben, dass mit Dir was nicht stimmen kann, wenn Deine Eltern Dich nicht so lieben können wie Du Dir das gewünscht hast/bräuchtest. Dh. das Kind in Dir sieht sich selbst als "Mangelwesen" weil es einen Mangel erfahren musste. Fakt ist jedoch dass dieser Mangel ein Mangel Deiner Eltern war und nichts mit Dir zu tun hatte.
Das ist aber eine ganz dicke und völlig unbelegte behauptung, wie bei dir leider üblich.
Schon mal was von Ursache und Wirkung gehört? Außerdem übliches Psychogeschwätz und Gefühlsduselei bis zum Umkippen.
Ich heiße diese Mechanismen keineswegs gut, aber der Mensch ist auch nur ein Tier.
Kinder, die von ihren eltern abgelehnt werden, liefern meistens selbst den Grund. Da der Mensch intelligent ist und zudem ein soziales Wesen, ist er sich dessen bewusst. In der Natur werden missliebige Nachkommen einfach über den Jordan gejagt, wobei die Erkennungsquote einigermaßen zuverlässig sein muss, da sich das Nachkommen zeugende Individuum sonst selbst schaden würde.
Beim Menschen geht das zum Glück nicht. Aber das bedeutet auch, dass man sich auf Einsamkeit einstellen kann, andere Eltern bzw. Freundeskreis machen die Sache im besten Fall nicht besser, wenn es sie gibt. Im schlimmsten Fall kommt man vom Regen in die Traufe, da bei diesen jegliche Hemmungen fehlen, die Eltern ihren Kindern gegenüber mehr oder weniger aufweisen.
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Scout
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Beitrag So., 11.02.2018, 15:07

Broken Wing hat geschrieben: So., 11.02.2018, 14:54 Kinder, die von ihren eltern abgelehnt werden, liefern meistens selbst den Grund.
Hast du denn Belege für diese Behauptung? Oder geht es dabei um sogenannte "unattraktive" Kinder, die z.b. viel schreien, von vorneherein unerwünscht waren oder ähnliches?
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Broken Wing
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Beitrag So., 11.02.2018, 15:38

Dafür lassen sich jedenfalls eher Belege finden als für die Theorie, dass Kinder hauptsächlich Opfer liebloser Eltern seien. Googeln kannst du sicher auch selbst. Nicht zuletzt kommt es aber auch auf die Interpretation der Ergebnisse an.

Beispielsweise wird beobachtet, dass glücklichere Menschen länger leben und gesünder sind. Folglich wird bei den Unglücklichen das Selbstvertrauen gestärkt und vielleicht auch die eine oder andere Kabarettveranstaltung empfohlen.

Es lässt sich statistisch nachweisen, dass kürzere Haare ein besseres Gehalt bedeuten. Nur wird sich für eine Putzfrau der Gang zum Friseur nicht auszahlen.
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Scout
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Beitrag So., 11.02.2018, 15:50

Broken Wing hat geschrieben: So., 11.02.2018, 15:38 Dafür lassen sich jedenfalls eher Belege finden als für die Theorie, dass Kinder hauptsächlich Opfer liebloser Eltern seien.
Das sind sie deiner Meinung nach nicht?
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montagne
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Beitrag So., 11.02.2018, 16:05

Mio schreibt:
Kinder die von ihren Eltern nicht ausreichend geliebt werden neigen dazu sich selbst dafür die Schuld zu geben. Dh. Du als Kind wirst wahrscheinlich fälschlicherweise gedacht haben, dass mit Dir was nicht stimmen kann, wenn Deine Eltern Dich nicht so lieben können wie Du Dir das gewünscht hast/bräuchtest. Dh. das Kind in Dir sieht sich selbst als "Mangelwesen" weil es einen Mangel erfahren musste.
Broken Wing schreibt:
Ich heiße diese Mechanismen keineswegs gut, aber der Mensch ist auch nur ein Tier.
Kinder, die von ihren eltern abgelehnt werden, liefern meistens selbst den Grund. Da der Mensch intelligent ist und zudem ein soziales Wesen, ist er sich dessen bewusst. In der Natur werden missliebige Nachkommen einfach über den Jordan gejagt,
@Broken:
Du beweist praktisch, was Mio schreibt: Das KInd gibt sich selbst die Schuld für den Mangel an Zuwendung, den es erfährt.
Es ist zwar empirisch absolut richtig, dass Kinder, die ein unausgeglichenes Temperament haben, nicht hübsch sind, Behinderungen aufweisen von den Eltern und der Umwelt weniger Zuwendung und Liebe erfahren, eher Opfer von Vernachlässigung werden, aber was sagt das aus? Ist das Kind "schuld", weil es defekt ist? Hat es daher nichts besseres Verdient? Ja in der freien Wildbahn und im Mittelalter wurde es so gesehen. Aber sind wir Tiere? Leben wir im Mittelalter?
Soll jeder für sich entscheiden!

Ich persönlich denke, dasgerade ein Kind, welches mit Schwierigkeiten zur Welt kam, besondere Pflege braucht undverdient und Liebe wie jedes andere KInd auch. Denn dieses KInd, muss von Anfang an stärker sein, als seine gesunden und hübschen Altersgenossen, um den "Defekt" zu überwinden oder um zu lernen mit dem Defekt zu lebe, trotzdem erfolgreich zu sein, trotzdem Selbstwert aufzubauen.
Dem Kind das zu geben, was es braucht um später im Leben bestehen zu können, war schon immer die Aufgabe von Elternschaft. Nur im Dschungel und im Mittelalter waren es halt andere Fertigkeit, die da gebraucht wurden.
amor fati

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Broken Wing
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Beitrag So., 11.02.2018, 16:05

Uff. Das, glaube ich, habe ich oben schon deutlich zum Ausdruck gebracht. Aus menschlicher Sicht ist sowas natürlich verwerflich. Aber ein wirklich effektives Mittel dagegen gibt es nicht.
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montagne
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Beitrag So., 11.02.2018, 16:10

Doch gibt es... den zwischen Reiz und Reaktion liegt eine Zeitspanne, in der wir entscheiden, wie wir reagieren. Dem ersten (tierischen) Impuls zu folgen ist auch eine Entscheidung.... für die man früher oder später die Konsequenzen zu tragen hat.
Und zum Glück gibt es genug und immer mehr Eltern, die ihre Elternschaft liebevoll und reflekiert wahrnehmen, auch und gerade unter schwierigen Bedingungen.

Wir können nicht ändern, was uns geschehen ist, aber das heißt nicht, dass wir die KInder in unserer Umgebung so behandeln müssen und die nächste Generation genau das gleiche durchmachen muss, wie wir. Wäre das so, säßen wir auch noch in Höhlen, ist aber offenbar nicht so.
amor fati

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Henryette
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Beitrag So., 11.02.2018, 16:31

Offenbar kann man aber einen Teil der Nicht bekommenen Liebe „nachholen“ in einer Therapie. Ich hab letztens über „reparenting“ gelesen. Kennt das jemand bzw. hat vielleicht sogar Erfahrung damit gemacht?
Ich habe übrigens selbst ein Kind welches teilweise sehr viel Aufmerksamkeit in Dingen fordert in denen „hübsche“ Kinder vielleicht keine fordern würden. Deswegen lehne ich es aber nicht ab oder Strafe es mit Liebesentzug. ICH habe dieses Kind gewollt, also habe ich auch eine Verantwortung. Natürlich ist es nicht immer einfach und ich stoße oft an meine Grenzen, aber ich kann mich ja wohl soweit reflektieren das ich weiß, dass es dumm ist meinem Kind das gleiche (nicht) zu geben wie meine Eltern mir.
Dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füße.
Martin Johannes Walser

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Broken Wing
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Beitrag So., 11.02.2018, 16:37

Ich finde schon, dass ein Unterschied zwischen dem von Mio geschriebenen und dem von mir ist.
Die hochgeschätzte Liebe, das vermeintliche Markenzeichen des Menschen, hat den Nachteil, dass sie nicht vom Verstand gesteuert werden kann, somit also eher dem Tier als dem Menschen in uns zuzurechnen ist. Folglich ist da mit Ethik und Gesetz nicht viel zu machen. Für gute Worte und gute Taten hat ein Mensch in der wichtigsten Phase ohnehin keine Antennen, das kommt daher erst einmal nicht an. Gute Eltern können sich also dazu zwingen, einem unattraktiven Kind gegenüber nachsichtig zu sein und ihn zu fördern, aber die Zweifel und das eigentliche ungeliebtsein wird das Kind spüren. Im Übrigen hat jedes Kind ein Anrecht auf eine gute und gewaltfreie Erziehung, da fährt der Zug drüber. Das haben Eltern nämlich in der Hand, ob sie ihr Kind verbal oder physisch verletzen. Aber auf Liebe? Das lässt sich nicht machen.
Der Unterschied liegt auch darin, dass ich einen Mangel sehe, der in Zukunft mit techschnischen Verfahren behoben werden könnte, während der elterliche Zuneigungsmangel für mich nur die Reaktion darstellt.
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isabe
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Beitrag So., 11.02.2018, 16:38

Reparenting ist das, was ein guter Therapeut seinen Patienten gibt, ohne dass das so genannt werden muss: Zuverlässigkeit, Interesse, Wertschätzung, Mitgefühl, Vorbildsein. Alles das, was ein Kind normalerweise von den Eltern bekommt und all das, was du von deinem Therapeuten bekommst.

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Henryette
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Beitrag So., 11.02.2018, 16:56

Ja das stimmt, ich hätte es aber noch in einem anderen Zusammenhang gelesen. Das Nähren und Halten in der Körpertherapie.
Dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füße.
Martin Johannes Walser

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Scout
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Beitrag So., 11.02.2018, 17:04

Broken Wing hat geschrieben: So., 11.02.2018, 16:37 Ich finde schon, dass ein Unterschied zwischen dem von Mio geschriebenen und dem von mir ist.
Die hochgeschätzte Liebe, das vermeintliche Markenzeichen des Menschen, hat den Nachteil, dass sie nicht vom Verstand gesteuert werden kann, somit also eher dem Tier als dem Menschen in uns zuzurechnen ist. Folglich ist da mit Ethik und Gesetz nicht viel zu machen. Für gute Worte und gute Taten hat ein Mensch in der wichtigsten Phase ohnehin keine Antennen, das kommt daher erst einmal nicht an. Gute Eltern können sich also dazu zwingen, einem unattraktiven Kind gegenüber nachsichtig zu sein und ihn zu fördern, aber die Zweifel und das eigentliche ungeliebtsein wird das Kind spüren. Im Übrigen hat jedes Kind ein Anrecht auf eine gute und gewaltfreie Erziehung, da fährt der Zug drüber. Das haben Eltern nämlich in der Hand, ob sie ihr Kind verbal oder physisch verletzen. Aber auf Liebe? Das lässt sich nicht machen.
Der Unterschied liegt auch darin, dass ich einen Mangel sehe, der in Zukunft mit techschnischen Verfahren behoben werden könnte, während der elterliche Zuneigungsmangel für mich nur die Reaktion darstellt.
Liebe ist für mich schon eher etwas menschliches. Tierisch ist da eher der Mutterinstinkt. Eine Mutter kann sich ja instinktiv um ihr Kind kümmern, es ernähren, sauber und sicher halten. Aber geliebt fühl es sich dadurch nicht, wenn die emotionale Nähe, die Liebe fehlt. Was leider auch nicht verstandmäßig reguliert werden kann wie du schon sagst.
Henryette hat geschrieben: So., 11.02.2018, 16:56 Ja das stimmt, ich hätte es aber noch in einem anderen Zusammenhang gelesen. Das Nähren und Halten in der Körpertherapie.
Da ich diesen Wunsch von mir selbst zur Genüge kenne klingeln da bei mir immer gleich irgendwelche Alarmglocken. Stichwort (Zuneigungs-) ausgehungerte Patienten mit großem Abhängigkeitspotenzial...
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Philosophia
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Beitrag So., 11.02.2018, 17:56

Danke Scout - ich denke, es ist sicher gut, sich etwas zu nehmen, was sich gut anfühlt und wenn es jemand anderes freiwillig anbietet - aber explizit versuchen, den Hunger auf Teufel komm raus zu stillen... das halte ich für schwierig. Wie soll das denn aussehen...
Ich krieg zum Beispiel genug Zuwendung jetzt - das Loch von früher bleibt aber. Die primäre emotionale Wärme kann so nicht ersetzt werden - zumindest nicht auf Druck. Und da muss ich Brokenwing Recht geben - Liebe lässt sich nicht erzwingen oder künstlich herstellen. Dieses Halten in der Körpertherapie...halte ich für äußerst gefährlich und sehe darin großes Missbrauchspotenzial - von beiden Seiten.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Scout
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Beitrag So., 11.02.2018, 18:02

Philosophia hat geschrieben: So., 11.02.2018, 17:56 Danke Scout - ich denke, es ist sicher gut, sich etwas zu nehmen, was sich gut anfühlt und wenn es jemand anderes freiwillig anbietet - aber explizit versuchen, den Hunger auf Teufel komm raus zu stillen... das halte ich für schwierig. Wie soll das denn aussehen...
Darin sehe ich aber oft genau das Problem in einer Therapie. Therapeuten die selbst vermeintlich etwas gutes geben wollen, Nähe, auch körperliche, und der ausgehungerte Patient nimmt das natürlich gern an, weil es fühlt sich ja in dem Moment so gut an. Auf lange Sicht kann das aber gerade sehr zerstörerisch sein. Nur wie soll man als Patient dieser Versuchung widerstehen
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isabe
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Beitrag So., 11.02.2018, 18:02

Dieses Halten in der Körpertherapie...halte ich für äußerst gefährlich und sehe darin großes Missbrauchspotenzial - von beiden Seiten.
Warum eigentlich genau?

Im Grunde betrifft das ja die Psychoanalyse auch: Da kann auch so viel Missbrauch betrieben werden. Mich fasziniert körperliches Halten noch immer, vorausgesetzt, der Eine weiß, was er tut, und der Andere weiß, warum er das tut. Ich frag mich, wo genau der Unterschied ist zwischen körperlicher und seelischer Behandlung, also in Bezug auf die Bedeutung, die das für den Patienten hat und in Bezug auf den therapeutischen Hintergrund. Körperliche Reaktionen können ja in beiden Therapien vorkommen.

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