Neid - auf 'gesunde' Menschen
Liebes Schnütchen,
das, was Du an Gefühlsgemengelage zu beschreiben und auf den Begriff "Neid" zu bringen versuchst, ist auch für mich ein 'Lebensthema' jetzt da in meinem Leben #2 geworden (da sag ich Dir nichts Neues).
Ich frage mich so oft, warum jener den Krebs überlebt und dieser ihn (noch) gar nicht hat, warum bei fast allen Menschen in meiner Alterskohorte, die ich persönlich kenne, Leben "gelingt" (mit privatem und beruflichem Glücklichsein inklusive all der auch in einem gelingenden Leben üblichen schlimmen Situationen und Probleme) - und warum das bei meinem Lebensmenschen und mir anders war und ist.
Der Mann meiner besten Freundin - gleicher Jahrgang wie mein Lebensmensch, für mich schon immer ein Mann, den ich nie als Partner gewählt hätte: Er lebt. Und mir tut es weh zu wissen, dass mein Lebensmensch nicht mehr lebt, jener Mann aber lebt und sich bester Gesundheit erfreut.
Meine Schwester - drei Jahre älter als mein Lebensmensch, am gleichen Krebs erkrankt und mir heute so fremd wie niemand, den ich jemals persönlich kannte: Sie lebt. Und es tut mir weh, zu wissen, dass mein Lebensmensch nicht mehr lebt, diese Frau aber lebt und sich ziemlich guter Gesundheit erfreut.
Mir tut das weh.
Mir tut auch nur allein der Tod und die Art des Sterbens von meinem Lebensmenschen weh. - Aber wenn ich dann von diesen Menschen höre (wie im Falle des Ehemannes meiner Freundin) oder sie mir vorstelle (wie im Falle meiner Schwester, zu der ich keinen Kontakt mehr habe - und das ist gut so), dann tut mir sein Fehlen noch stärker weh.
- Den zugrundeliegenden Mechanismus kennen vermutlich alle Menschen: Angesichts eines relativ frühen Todes, dessen Zeuge man persönlich wurde, fragt man sich, warum der Tote tot ist, aber beispielsweise Donald Trump oder Wladimir Putin noch immer leben.
Ich wünsche keinem Menschen außer mir den Tod. Aber ich bin "neidisch" darauf, dass z.B. der Mann meiner besten Freundin und meine Schwester noch leben, während mein Lebensmensch das nicht mehr kann. (Und ich fühle mich schuldig daran, selbst immer noch zu leben, aber das ist ein anderes Thema.)
Ähnlicher "Neid" durchströmt mich, wenn ich von ehemaligen KollegInnen höre, die es jetzt (fast alle) "zu etwas gebracht" haben.
- Was tun mit diesem vollkommen ungehörigen, vollkommen ungeheuerlichen Gefühl?! Denn: Dieses Gefühl ist in unserer Kultur absolut tabuisiert als vollkommen inakzeptabel und monströs.
Was tun? Wenn man es fühlt und ja gleichzeitig auch immer sofort seine vollkommene Monstrosität fühlt? - Was tun?
Ich habe jahrelang versucht, mich zu verbrennen. Mich auszulöschen. Auch wegen dieses vollkommen monströsen und unsagbaren Gefühls.
Das hat mir bis heute nicht geholfen: Immer noch bin ich nicht zu Asche geworden und immer noch glimmt dieses Gefühl in mir. Nie habe ich es angefacht. Aber ich weiß mittlerweile, dass ich es nicht durch emotionale Erziehungsmaßnahmen löschen kann. Und auch, dass ich darin vermutlich nicht verbrennen werde (dass ich also wohl doch keine Hexe bin, die wegen ihrer Gefühlsperversionen verbrannt gehört ...).
Ich habe vor, es zu dulden. So, wie man das Entzündungsaufflackern einer Autoimmunkrankheit (trotz Medikation) dulden muss oder auch einen Phantomschmerz: Es ansehen (also nicht verleugnen, und erst recht nicht mehr auszulöschen versuchen), aber es einhegen, weil es nichts Gutes ist, nichts Willkommenes, sondern nur aus einer Not heraus geduldet und mithin auch erduldet (werden muss). Und es einhegen zum Beispiel, indem ich es ansehe, also mir bewusst mache.
Ich sende Dir einen sehr herzlichen Gruß (mit einem großen Prüfungsangst-Kleinknuddler)
Widow
das, was Du an Gefühlsgemengelage zu beschreiben und auf den Begriff "Neid" zu bringen versuchst, ist auch für mich ein 'Lebensthema' jetzt da in meinem Leben #2 geworden (da sag ich Dir nichts Neues).
Ich frage mich so oft, warum jener den Krebs überlebt und dieser ihn (noch) gar nicht hat, warum bei fast allen Menschen in meiner Alterskohorte, die ich persönlich kenne, Leben "gelingt" (mit privatem und beruflichem Glücklichsein inklusive all der auch in einem gelingenden Leben üblichen schlimmen Situationen und Probleme) - und warum das bei meinem Lebensmenschen und mir anders war und ist.
Der Mann meiner besten Freundin - gleicher Jahrgang wie mein Lebensmensch, für mich schon immer ein Mann, den ich nie als Partner gewählt hätte: Er lebt. Und mir tut es weh zu wissen, dass mein Lebensmensch nicht mehr lebt, jener Mann aber lebt und sich bester Gesundheit erfreut.
Meine Schwester - drei Jahre älter als mein Lebensmensch, am gleichen Krebs erkrankt und mir heute so fremd wie niemand, den ich jemals persönlich kannte: Sie lebt. Und es tut mir weh, zu wissen, dass mein Lebensmensch nicht mehr lebt, diese Frau aber lebt und sich ziemlich guter Gesundheit erfreut.
Mir tut das weh.
Mir tut auch nur allein der Tod und die Art des Sterbens von meinem Lebensmenschen weh. - Aber wenn ich dann von diesen Menschen höre (wie im Falle des Ehemannes meiner Freundin) oder sie mir vorstelle (wie im Falle meiner Schwester, zu der ich keinen Kontakt mehr habe - und das ist gut so), dann tut mir sein Fehlen noch stärker weh.
- Den zugrundeliegenden Mechanismus kennen vermutlich alle Menschen: Angesichts eines relativ frühen Todes, dessen Zeuge man persönlich wurde, fragt man sich, warum der Tote tot ist, aber beispielsweise Donald Trump oder Wladimir Putin noch immer leben.
Ich wünsche keinem Menschen außer mir den Tod. Aber ich bin "neidisch" darauf, dass z.B. der Mann meiner besten Freundin und meine Schwester noch leben, während mein Lebensmensch das nicht mehr kann. (Und ich fühle mich schuldig daran, selbst immer noch zu leben, aber das ist ein anderes Thema.)
Ähnlicher "Neid" durchströmt mich, wenn ich von ehemaligen KollegInnen höre, die es jetzt (fast alle) "zu etwas gebracht" haben.
- Was tun mit diesem vollkommen ungehörigen, vollkommen ungeheuerlichen Gefühl?! Denn: Dieses Gefühl ist in unserer Kultur absolut tabuisiert als vollkommen inakzeptabel und monströs.
Was tun? Wenn man es fühlt und ja gleichzeitig auch immer sofort seine vollkommene Monstrosität fühlt? - Was tun?
Ich habe jahrelang versucht, mich zu verbrennen. Mich auszulöschen. Auch wegen dieses vollkommen monströsen und unsagbaren Gefühls.
Das hat mir bis heute nicht geholfen: Immer noch bin ich nicht zu Asche geworden und immer noch glimmt dieses Gefühl in mir. Nie habe ich es angefacht. Aber ich weiß mittlerweile, dass ich es nicht durch emotionale Erziehungsmaßnahmen löschen kann. Und auch, dass ich darin vermutlich nicht verbrennen werde (dass ich also wohl doch keine Hexe bin, die wegen ihrer Gefühlsperversionen verbrannt gehört ...).
Ich habe vor, es zu dulden. So, wie man das Entzündungsaufflackern einer Autoimmunkrankheit (trotz Medikation) dulden muss oder auch einen Phantomschmerz: Es ansehen (also nicht verleugnen, und erst recht nicht mehr auszulöschen versuchen), aber es einhegen, weil es nichts Gutes ist, nichts Willkommenes, sondern nur aus einer Not heraus geduldet und mithin auch erduldet (werden muss). Und es einhegen zum Beispiel, indem ich es ansehe, also mir bewusst mache.
Ich sende Dir einen sehr herzlichen Gruß (mit einem großen Prüfungsangst-Kleinknuddler)
Widow
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Neid ist der dunkle BRUDER der Gerechtigkeit. Sagen manche. Ich auch. Aber man muss es nicht so sehen.
Er ist also nicht durch und durch schlecht und böse. (falls man dieses Modell erwägen möchte)
sondern eher "verdunkelt"
das eigentlich destruktive ist der Schmerz, denn der nimmt die Kraft und den Willen, dort Unterschiede sehen und machen zu können, wo sie wirklich zählen würden.
wie man Schmerz umwandelt, das habe ich selbst nicht herausfinden können, vielleicht geht es nicht, aber meist vergeht er. wir sagen dann von selbst (darin steckt vielleicht mehr Bedeutung als wir sehen, wenn man "von Selbst" wörtlich nimmt, durch das Selbst, durch das noch unbewusste Selbst, könnte man es bewusst, dann könnte man sich viel Leid ersparen, dann könnte man entscheiden und sagen: Aua. Okay Signalfunktion erfolgt. Und jetzt ist erst mal Schluss mit Aua. Bis ich wieder eine Aktualisierung für notwendig erachte. Dann schalte ich den Schmerz noch mal frei, je nach Intensität und Aussagekraft für eine Sekunde bis länger)
Schmerz bewirkt aber eine imperative Abwendung. Abwendung von dem was schmerzt.
Eventuell greift man den Schmerz auch an oder das was schmerzt, denn diese Unterscheidung wird aber einer gewissen Schmerzschwell fast unmöglich.
Ich habe mich früher selbst angegriffen. Das war mir nicht bewusst. Ich habe meine Wut auf mein eigenes Herz gerichtet.
Ob das falsch war?
Gesund war es sicher nicht, aber hätte ich es nicht getan, wäre mein Tod vermutlich eine Gnade gewesen, was aber wenn man weiterlebt, was würde dann aus mir geworden sein?
Er ist also nicht durch und durch schlecht und böse. (falls man dieses Modell erwägen möchte)
sondern eher "verdunkelt"
das eigentlich destruktive ist der Schmerz, denn der nimmt die Kraft und den Willen, dort Unterschiede sehen und machen zu können, wo sie wirklich zählen würden.
wie man Schmerz umwandelt, das habe ich selbst nicht herausfinden können, vielleicht geht es nicht, aber meist vergeht er. wir sagen dann von selbst (darin steckt vielleicht mehr Bedeutung als wir sehen, wenn man "von Selbst" wörtlich nimmt, durch das Selbst, durch das noch unbewusste Selbst, könnte man es bewusst, dann könnte man sich viel Leid ersparen, dann könnte man entscheiden und sagen: Aua. Okay Signalfunktion erfolgt. Und jetzt ist erst mal Schluss mit Aua. Bis ich wieder eine Aktualisierung für notwendig erachte. Dann schalte ich den Schmerz noch mal frei, je nach Intensität und Aussagekraft für eine Sekunde bis länger)
Schmerz bewirkt aber eine imperative Abwendung. Abwendung von dem was schmerzt.
Eventuell greift man den Schmerz auch an oder das was schmerzt, denn diese Unterscheidung wird aber einer gewissen Schmerzschwell fast unmöglich.
Ich habe mich früher selbst angegriffen. Das war mir nicht bewusst. Ich habe meine Wut auf mein eigenes Herz gerichtet.
Ob das falsch war?
Gesund war es sicher nicht, aber hätte ich es nicht getan, wäre mein Tod vermutlich eine Gnade gewesen, was aber wenn man weiterlebt, was würde dann aus mir geworden sein?
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Ich kann diesen Neid nicht wirklich nachvollziehen, weil ich in dieser Hinsicht komplett anders ticke. Aber vielleicht hilft dir ja der Gedanke, dass es genauso viele Menschen gibt, denen es deutlich schlechter als dir geht und die es wesentlich schwerer im Leben haben, wie jene, denen es besser ergeht.
Ich schätze das ist wie mit dem halb leeren und halb vollen Glas. Du kannst dich ansehen und sagen: mein Leben ist scheiße, die andere hat viel mehr. Oder du kannst dich ansehen und sagen: ich hab verdammt viel, was sich der Großteil der Menschheit nicht mal erträumen könnte.
Die Realität ist wohl letzteres. Ich muss sagen, ich finde - so schwer es sich auch manchmal für mich anfühlt - ich habe es noch ziemlich gut getroffen im Vergleich zur Weltbevölkerung, auch wenn mir so einiges nicht vergönnt ist und ich so einigen Kram mit mir herumschleppe.
Ich denke, wenn man schon vergleichen muss. Dann sollte man auch nach unten vergleichen und nicht nur nach oben. Ich denke, wenn man sich das bewusst macht, ist Neid kein großes Thema mehr.
Ich schätze das ist wie mit dem halb leeren und halb vollen Glas. Du kannst dich ansehen und sagen: mein Leben ist scheiße, die andere hat viel mehr. Oder du kannst dich ansehen und sagen: ich hab verdammt viel, was sich der Großteil der Menschheit nicht mal erträumen könnte.
Die Realität ist wohl letzteres. Ich muss sagen, ich finde - so schwer es sich auch manchmal für mich anfühlt - ich habe es noch ziemlich gut getroffen im Vergleich zur Weltbevölkerung, auch wenn mir so einiges nicht vergönnt ist und ich so einigen Kram mit mir herumschleppe.
Ich denke, wenn man schon vergleichen muss. Dann sollte man auch nach unten vergleichen und nicht nur nach oben. Ich denke, wenn man sich das bewusst macht, ist Neid kein großes Thema mehr.
Na ja, das läuft auf einen moralischen Diskurs hinaus, à la: "Stell dich nicht so an, denk an die armen Kinder in Afrika". Das ist inhaltlich zweifellos richtig, und das würde und das DARF (daher der moralische Zeigefinger) niemand bestreiten, nur hilft es dem nicht, der den Neid spürt. Dein Beitrag ist sozusagen die Bestätigung dafür, dass der Neid so tabuisiert ist. Ist sozial sicher angesehen, aber die menschlichen Gefühle - wenn sie aufrichtig sind - richten sich nicht nach der Moral. Das ist so, und um das zu erkennen, gibt es Therapie.wenn man sich das bewusst macht, ist Neid kein großes Thema mehr
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therapie gibt es nicht nur zum erkennen und aushalten, sondern auch zum einhegen lernen von gefühlen. teil eins und zwei sind die einfachen anfängerübungen.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.
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Naja, ich will nicht abstreiten, dass sie vielleicht eine Therapie braucht, um ihren Neid zu bearbeiten. Mir geht's auch nicht drum, dass der Neid nicht sein darf. Jeder darf fühlen, was er fühlen möchte und muss. Letztendlich geht's bei Neid einfach darum, dass man sich und sein Leben nicht annehmen und akzeptieren kann. Wenn man das kann, dann braucht's keinen destruktiven Neid mehr.
Ich würde sagen, das kann auf einen moralischen Diskurs hinauslaufen. Es kann aber auch einfach sein, dass jemand die Fähigkeit besitzt, nicht immer nur nach oben zu schauen und somit dankbar zu sein. Das schließt ja nicht aus, dass man beim Blick nach oben auch Neidgefühle hat.
Ich kenne diese Neidgefühle vor allem aus meiner Studienzeit. Da waren so unendliche viele Gestalten, die dem Leben mit einer so selbstverständlichen Zuversicht entgegen blickten, die das Studium komplett von den Eltern gesponsert bekommen hatten, und die einfach ganz automatisch davon ausgingen, dass die Dinge schon so funktionieren werden wie sie es sich wünschen und vorstellen. Und es kam dann oft auch so. Da war eine Unbeschwertheit spürbar, die ich in meinem Leben so nie erlebt hatte. Und die mich auch immer wieder verwundert zurückließ. Ich hab mich zwischen diesen Leuten immer nur fremd gefühlt.
Ich hatte mich dagegen regelrecht durchs Studium gekämpft, stand öfters kurz vorm Abbruch, nicht weil ich es kopfmäßig nicht geschafft hätte, sondern weil das alles so extrem sinnlos erschien. Ich hab neben dem Studium halbtags gearbeitet, jeden Tag, um mich zu finanzieren, was einfach auch insgesamt anstrengend war und es war oft ein riesiger Kampf, alles kräftemäßig unter einen Hut zu bekommen und die Arbeiten trotzdem pünktlich abzugeben. Ich habe attraktive Praktikumsangebote ausgeschlagen, weil ich ja meinen Lebensunterhalt verdienen musste, während andere ganz selbstverständlich genau solche und andere Praktikumsstellen angetreten haben...
Ich habe mir selbst diese Gedanken und Gefühle damals immer "verboten". Weil das ja nicht sein darf. Neid und sowas. Und es hat mich phasenweise zerfressen und blockiert. Von daher finde ich es schon mal gut, wenn du dir eingestehen kannst, dass es so ist.
Dann ist für mich (später) dann auch die Frage gewesen, was für mich dahinter steckt, hinter diesen Gefühlen. Und bei mir war das vor allem Trauer und Traurigkeit. Um das was vielleicht hätte sein können, aber noch nicht mal die Chance hatte, das Licht der Welt zu erblicken. Die ungelebten Möglichkeiten. Weil das Überleben wichtiger war. Und ich glaube auch, dass es wichtig ist, sowas auch mal auszusprechen und zu betrauern.
Bei mir ist das im Laufe der Zeit "besser" geworden mit den Gefühlen. Ich glaube zum einen, weil ich mich selbst und meine Stärken besser kenne und akzeptieren kann. Weil ich inzwischen auch weiß, was ich erreicht habe, trotz allem. Weil ich auch ein bisschen stolz darauf bin, manchmal zumindest. Weil das Überleben an sich auch schon eine Leistung ist, von der "die anderen" zum Teil gar keine Ahnung haben. Weil ich durch den Überlebenskampf und den Kampf nicht unterzugehen mir auch viele Fähigkeiten angeeignet habe, die mir an anderer Stelle wiederum nützlich sind.
Wenn ich heute mal solche Anwandlungen habe, dann hilft mir oft der Satz "es könnte schlimmer sein". Hört sich platt an, ich weiß, so nach Kalenderweisheit. Und ich meine damit auch nicht die hungernden Menschen in Afrika. Sondern mein eigenes Wissen und Bewusstsein, was ich alles schon durchlebt habe und wo ich mich überall durchgekämpft habe. Und wenn ich den Vergleich ziehe zu meinen "tiefsten Löchern", dann muss ich mir hier und heute in 99.7 Prozent aller Fälle eingestehen, dass es tatsächlich "schlimmer" sein könnte. Für mich ganz persönlich. Das hilft dann auch wieder dabei, eine "Perspektive" zu finden, ganz individuell.
Ich hatte mich dagegen regelrecht durchs Studium gekämpft, stand öfters kurz vorm Abbruch, nicht weil ich es kopfmäßig nicht geschafft hätte, sondern weil das alles so extrem sinnlos erschien. Ich hab neben dem Studium halbtags gearbeitet, jeden Tag, um mich zu finanzieren, was einfach auch insgesamt anstrengend war und es war oft ein riesiger Kampf, alles kräftemäßig unter einen Hut zu bekommen und die Arbeiten trotzdem pünktlich abzugeben. Ich habe attraktive Praktikumsangebote ausgeschlagen, weil ich ja meinen Lebensunterhalt verdienen musste, während andere ganz selbstverständlich genau solche und andere Praktikumsstellen angetreten haben...
Ich habe mir selbst diese Gedanken und Gefühle damals immer "verboten". Weil das ja nicht sein darf. Neid und sowas. Und es hat mich phasenweise zerfressen und blockiert. Von daher finde ich es schon mal gut, wenn du dir eingestehen kannst, dass es so ist.
Dann ist für mich (später) dann auch die Frage gewesen, was für mich dahinter steckt, hinter diesen Gefühlen. Und bei mir war das vor allem Trauer und Traurigkeit. Um das was vielleicht hätte sein können, aber noch nicht mal die Chance hatte, das Licht der Welt zu erblicken. Die ungelebten Möglichkeiten. Weil das Überleben wichtiger war. Und ich glaube auch, dass es wichtig ist, sowas auch mal auszusprechen und zu betrauern.
Bei mir ist das im Laufe der Zeit "besser" geworden mit den Gefühlen. Ich glaube zum einen, weil ich mich selbst und meine Stärken besser kenne und akzeptieren kann. Weil ich inzwischen auch weiß, was ich erreicht habe, trotz allem. Weil ich auch ein bisschen stolz darauf bin, manchmal zumindest. Weil das Überleben an sich auch schon eine Leistung ist, von der "die anderen" zum Teil gar keine Ahnung haben. Weil ich durch den Überlebenskampf und den Kampf nicht unterzugehen mir auch viele Fähigkeiten angeeignet habe, die mir an anderer Stelle wiederum nützlich sind.
Wenn ich heute mal solche Anwandlungen habe, dann hilft mir oft der Satz "es könnte schlimmer sein". Hört sich platt an, ich weiß, so nach Kalenderweisheit. Und ich meine damit auch nicht die hungernden Menschen in Afrika. Sondern mein eigenes Wissen und Bewusstsein, was ich alles schon durchlebt habe und wo ich mich überall durchgekämpft habe. Und wenn ich den Vergleich ziehe zu meinen "tiefsten Löchern", dann muss ich mir hier und heute in 99.7 Prozent aller Fälle eingestehen, dass es tatsächlich "schlimmer" sein könnte. Für mich ganz persönlich. Das hilft dann auch wieder dabei, eine "Perspektive" zu finden, ganz individuell.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott
― Anne Lamott
Tristezza:
Gefühle sind ja immer subjektiv und nie "richtig" oder "falsch" oder "gut" oder "schlecht" - es sei denn, wie gesagt, man möchte sie moralisch bewerten. Und diese Subjektivität bringt es mit sich, dass es immer Menschen gibt, denen es schlechter geht oder die mit ähnlichen Startbedingungen besser zurechtkommen. Das liegt in der Natur von Gefühlen und vom Menschen.
Insofern "nützt" eine Aussage wie "Anderen geht es schlechter, also bin ich zufrieden" nichts, weil das auch bedeuten würde: "Nur der Mensch, dem es am schlechtesten auf der Welt geht, darf neidisch sein". Und es würde auch bedeuten, dass jemand, der glücklich ist, sagen "müsste": "Ich kann ja nicht glücklich sein, denn Anderen geht es noch besser als mir".
Gefühle sind ja immer subjektiv und nie "richtig" oder "falsch" oder "gut" oder "schlecht" - es sei denn, wie gesagt, man möchte sie moralisch bewerten. Und diese Subjektivität bringt es mit sich, dass es immer Menschen gibt, denen es schlechter geht oder die mit ähnlichen Startbedingungen besser zurechtkommen. Das liegt in der Natur von Gefühlen und vom Menschen.
Insofern "nützt" eine Aussage wie "Anderen geht es schlechter, also bin ich zufrieden" nichts, weil das auch bedeuten würde: "Nur der Mensch, dem es am schlechtesten auf der Welt geht, darf neidisch sein". Und es würde auch bedeuten, dass jemand, der glücklich ist, sagen "müsste": "Ich kann ja nicht glücklich sein, denn Anderen geht es noch besser als mir".
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- [nicht mehr wegzudenken]
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- Beiträge: 3514
vielleicht geht es nicht um die frage, wer die "erlaubnis" hat, neidisch zu sein, sondern darum, wie man FÜR SICH gut mit einem gefühl umzugehen lernt, das sehr, sehr quälend sein kann ohne auf die auf lange sicht wirkungslose strategie zu verfallen, das gefühl zu verdrängen oder zu verleugnen.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.
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- Forums-Gruftie
- , 33
- Beiträge: 761
Hallo Marzipanschnute,
zum Teil kenne ich das auch. Ich war und bin neidisch auf intelligente Menschen, weil ich nicht so begabt bin.
Und natürlich auf körperlich Gesunde, weil ich schwer krank bin.
Aber: Ich habe durch meine schwere Krankheit/Behinderung viel Demut gelernt. Ich finde, man sollte auf das gucken, was man hat und nicht immer irgendwelchen utopischen Dingen hinterherlaufen.
Ich kann froh sein, wenn ich noch lange lebe, wenn ich genug zu essen habe und sozial nicht völlig vereinsame.
Ich finde, im Vergleich zu manchen anderen haben wir es noch relativ gut.
Ich lebe nach dem Motto "Ich gucke mal, wie weit ich komme und wenn es nicht mehr geht, dann sehe ich dann weiter."
Im Leben hat man nunmal keine Garantie auf irgendwas.
Ich habe ein wirklich schlimmes Erlebnis gehabt (darüber habe ich hier im Forum nicht geschrieben und werde es auch nicht) und bin froh, dass ich es überlebt habe. Während dieser Zeit war ich mehrere Jahre dem Tod sehr nahe. Jahrenlange berechtigte Todesangst verändert einen Menschen. Ich habe auch heute noch Albträume davon.
Aber was solls: Es ist eben wie es ist.
Dass ich das überlebt habe, hat mir viel Demut gelehrt. Dadurch bin ich mit anderen Menschen nicht mehr so auf einer Ebene, was bedeutet, dass sich die Gesprächsgrundlagen verändert haben und ich sowieso in anderen Dimensionen denke.
Ich rate dir: Versuch mal zu sehen, dass du es relativ gut hast.
zum Teil kenne ich das auch. Ich war und bin neidisch auf intelligente Menschen, weil ich nicht so begabt bin.
Und natürlich auf körperlich Gesunde, weil ich schwer krank bin.
Aber: Ich habe durch meine schwere Krankheit/Behinderung viel Demut gelernt. Ich finde, man sollte auf das gucken, was man hat und nicht immer irgendwelchen utopischen Dingen hinterherlaufen.
Ich kann froh sein, wenn ich noch lange lebe, wenn ich genug zu essen habe und sozial nicht völlig vereinsame.
Ich finde, im Vergleich zu manchen anderen haben wir es noch relativ gut.
Ich lebe nach dem Motto "Ich gucke mal, wie weit ich komme und wenn es nicht mehr geht, dann sehe ich dann weiter."
Im Leben hat man nunmal keine Garantie auf irgendwas.
Ich habe ein wirklich schlimmes Erlebnis gehabt (darüber habe ich hier im Forum nicht geschrieben und werde es auch nicht) und bin froh, dass ich es überlebt habe. Während dieser Zeit war ich mehrere Jahre dem Tod sehr nahe. Jahrenlange berechtigte Todesangst verändert einen Menschen. Ich habe auch heute noch Albträume davon.
Aber was solls: Es ist eben wie es ist.
Dass ich das überlebt habe, hat mir viel Demut gelehrt. Dadurch bin ich mit anderen Menschen nicht mehr so auf einer Ebene, was bedeutet, dass sich die Gesprächsgrundlagen verändert haben und ich sowieso in anderen Dimensionen denke.
Ich rate dir: Versuch mal zu sehen, dass du es relativ gut hast.
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Thread-EröffnerIn - Forums-Gruftie
- , 26
- Beiträge: 729
Ich frage mich gerade ernsthaft ob einige von euch mein Eingangsposting gar nicht gelesen haben. Denn da stehen viele Sichtweisen bereits drin dir mir angepriesen werden. Vielleicht habe ich mich aber auch nicht gut ausgedrückt, das kann auch gut sein.
Bevor jetzt alle auf mich los gehen: Ich weiß, dass ihr nicht hier schreibt um meine Probleme zu lösen. Aber es wäre halt irgendwie schöner gewesen zu sehen, dass Leute sich wirklich mit meinem Beitrag auseinander setzen und nicht einfach drauf los schreiben "Hey, hast du schon mal daran gedacht, dass es anderen viel schlechter geht als dir." - Ja, habe ich. Das macht die Traurigkeit aber nicht weniger schlimm.
Und ich bin zufrieden mit meinem Leben und weiß, dass es viele wundervolle Dinge und Menschen in meinem Leben gibt. Vielleicht ist es das auch das erschütternde für mich. Das ich an einem Punkt bin an dem ich "alles" habe auf das ich in den letzten Jahren hingearbeitet habe: ein Studium und damit ab Sommer einen Beruf den ich sehr liebe und in dem ich viel Bestätigung meiner Fähigkeiten erhalte, der mir aber auch davon abgesehen unglaublich viel Freude bringt. Freunde, mit denen ich sowohl sehr schlechte als auch jetzt die eher guten Zeiten durchgemacht habe und von denen ich weiß, dass sie immer an meiner Seite sind wenn ich sie brauche (und ich weiß, dass ich jetzt auch wieder an ihrer Seite sein kann, wenn es sie mich brauchen sollten), ich hab eine Wohnung in der ich mich sehr wohl fühle. Ich hab einen ganz tollen Mann kennen gelernt, mit dem ich mich unglaublich sicher fühle, der nicht nur mein "Geliebter" ist sondern eben auch ein wahnsinnig guter Freund mit dem man über Gott und die Welt reden und im nächsten Moment den größten Unsinn anstellen kann. Ich akzeptiere mich immer mehr mit meinen Makeln und Fehlern und finde die sogar inzwischen spannend und besonders an mir. Und trotzdem fühle ich so.
Durch meine Tätigkeit im Krankenhaus weiß ich wie viel Unglück Menschen widerfahren kann.
Ich weiß um alles was ich habe und um alles was mir erspart bleibt, ich bin kein undankbares Gör.
Und deshalb erschüttert mich dieses Gefühl das hin und wieder hochkommt wenn ich diese Freundin sehe um so mehr.
dein Beitrag hat den Nagel auf Kopf getroffen und du hast viele Dinge besser ausgedrückt als ich es getan habe. Herzlichen Dank. Vielleicht ist jetzt, wo es mir so gut geht und es eigentlich nicht mal mehr einen realistischen Grund gibt jemanden zu "beneiden" mein Zeitpunkt um eben diese Dinge zu betrauern. Weil es nicht mehr nur ums Überleben geht. Weil ich in den letzten Jahren immer mehr die Fäden meines Lebens in die Hand genommen habe und anfangen konnte zu gestalten.
Marzipanschnute hat geschrieben: ↑Do., 18.01.2018, 14:02
Klar, so habe ich ja auch viel gelernt, über das Leben und mich.
Marzipanschnute hat geschrieben: ↑Do., 18.01.2018, 14:02
Und ich weiß, dass man das alles relativieren kann.
Das es Leute gibt die mich ansehen und denken: sie hat im Leben alles geschenkt bekommen wofür ich hart arbeiten musste. Das ist wohl alles eine Frage des Standpunktes.
Bevor jetzt alle auf mich los gehen: Ich weiß, dass ihr nicht hier schreibt um meine Probleme zu lösen. Aber es wäre halt irgendwie schöner gewesen zu sehen, dass Leute sich wirklich mit meinem Beitrag auseinander setzen und nicht einfach drauf los schreiben "Hey, hast du schon mal daran gedacht, dass es anderen viel schlechter geht als dir." - Ja, habe ich. Das macht die Traurigkeit aber nicht weniger schlimm.
Und ich bin zufrieden mit meinem Leben und weiß, dass es viele wundervolle Dinge und Menschen in meinem Leben gibt. Vielleicht ist es das auch das erschütternde für mich. Das ich an einem Punkt bin an dem ich "alles" habe auf das ich in den letzten Jahren hingearbeitet habe: ein Studium und damit ab Sommer einen Beruf den ich sehr liebe und in dem ich viel Bestätigung meiner Fähigkeiten erhalte, der mir aber auch davon abgesehen unglaublich viel Freude bringt. Freunde, mit denen ich sowohl sehr schlechte als auch jetzt die eher guten Zeiten durchgemacht habe und von denen ich weiß, dass sie immer an meiner Seite sind wenn ich sie brauche (und ich weiß, dass ich jetzt auch wieder an ihrer Seite sein kann, wenn es sie mich brauchen sollten), ich hab eine Wohnung in der ich mich sehr wohl fühle. Ich hab einen ganz tollen Mann kennen gelernt, mit dem ich mich unglaublich sicher fühle, der nicht nur mein "Geliebter" ist sondern eben auch ein wahnsinnig guter Freund mit dem man über Gott und die Welt reden und im nächsten Moment den größten Unsinn anstellen kann. Ich akzeptiere mich immer mehr mit meinen Makeln und Fehlern und finde die sogar inzwischen spannend und besonders an mir. Und trotzdem fühle ich so.
Durch meine Tätigkeit im Krankenhaus weiß ich wie viel Unglück Menschen widerfahren kann.
Ich weiß um alles was ich habe und um alles was mir erspart bleibt, ich bin kein undankbares Gör.
Und deshalb erschüttert mich dieses Gefühl das hin und wieder hochkommt wenn ich diese Freundin sehe um so mehr.
Liebe lisbeth,lisbeth hat geschrieben: ↑Fr., 19.01.2018, 09:23
Ich kenne diese Neidgefühle vor allem aus meiner Studienzeit. Da waren so unendliche viele Gestalten, die dem Leben mit einer so selbstverständlichen Zuversicht entgegen blickten, die das Studium komplett von den Eltern gesponsert bekommen hatten, und die einfach ganz automatisch davon ausgingen, dass die Dinge schon so funktionieren werden wie sie es sich wünschen und vorstellen. Und es kam dann oft auch so. Da war eine Unbeschwertheit spürbar, die ich in meinem Leben so nie erlebt hatte. Und die mich auch immer wieder verwundert zurückließ. Ich hab mich zwischen diesen Leuten immer nur fremd gefühlt.
Ich hatte mich dagegen regelrecht durchs Studium gekämpft, stand öfters kurz vorm Abbruch, nicht weil ich es kopfmäßig nicht geschafft hätte, sondern weil das alles so extrem sinnlos erschien. Ich hab neben dem Studium halbtags gearbeitet, jeden Tag, um mich zu finanzieren, was einfach auch insgesamt anstrengend war und es war oft ein riesiger Kampf, alles kräftemäßig unter einen Hut zu bekommen und die Arbeiten trotzdem pünktlich abzugeben. Ich habe attraktive Praktikumsangebote ausgeschlagen, weil ich ja meinen Lebensunterhalt verdienen musste, während andere ganz selbstverständlich genau solche und andere Praktikumsstellen angetreten haben...
(...)
Dann ist für mich (später) dann auch die Frage gewesen, was für mich dahinter steckt, hinter diesen Gefühlen. Und bei mir war das vor allem Trauer und Traurigkeit. Um das was vielleicht hätte sein können, aber noch nicht mal die Chance hatte, das Licht der Welt zu erblicken. Die ungelebten Möglichkeiten. Weil das Überleben wichtiger war. Und ich glaube auch, dass es wichtig ist, sowas auch mal auszusprechen und zu betrauern.
dein Beitrag hat den Nagel auf Kopf getroffen und du hast viele Dinge besser ausgedrückt als ich es getan habe. Herzlichen Dank. Vielleicht ist jetzt, wo es mir so gut geht und es eigentlich nicht mal mehr einen realistischen Grund gibt jemanden zu "beneiden" mein Zeitpunkt um eben diese Dinge zu betrauern. Weil es nicht mehr nur ums Überleben geht. Weil ich in den letzten Jahren immer mehr die Fäden meines Lebens in die Hand genommen habe und anfangen konnte zu gestalten.
“Das Schöne an der Zeit ist, das sie ohne Hilfestellung vergeht und sich nicht an dem stört, was in ihr geschieht.” Juli Zeh
Liebes Schnütchen,
Deine aktuellen Erfahrungen hier mit dem Thread kenne ich (leider; deshalb mal wieder viel Ichigkeit im Folgenden - braucht niemand zu lesen!).
Mir persönlich geht es jedesmal so (dass ich den Eindruck habe, die Menschen würden völlig an mir vorbei sprechen bzw. - und das trifft es wohl genauer ... - nur sich selbst sagen), wenn man mir 'rät'. doch gefälligst vornehmlich an 'die schönen Erinnerungen zu denken', an 'all das Schöne aus der Vergangenheit' mit meinem Lebensmenschen, anstatt daran, wie das Krepieren war und was danach kam und bis jetzt andauert.
Oder wenn jemand sagt, dass meine Finanzierung aus Witwenrente und Mieterlös von jenem Drittel der Wohnung (die wir ein Jahr und drei Monate vor dem Tod gekauft hatten), das ich als 1-Zimmerwhg. vermietet habe, doch "toll" oder gar "super" sei. Und sogar den Satz, dass ich "da ja ausgesorgt" hätte, weil ich damit knapp über HartzIV-Niveau liege, habe ich schon gehört.
So etwas kann nur vor sich hin plappern, wer nicht weiß, wovon er spricht. - Anders jedenfalls kann ich mir dergleichen nicht erklären. (Übrigens gilt das für den Analytiker auch: Auch der plapppert sowas manchmal.)
Ob meine Kindheits- und Jugenderfahrungen (mir erinnerlich: die Suizidgedanken als Kind, die Anorexie als Teenager, der Kampf ums Studium: ich musste gegen den Willen meines Vaters anstudieren, der mich in eine Lehre stecken und überhaupt eigentlich nur Nachkommen von meinem Geschwister und mir haben wollte, bin fast sofort nach dem Abi ausgezogen [natürlich nicht in eine WG!] und habe ab dem 4. Semester finanziell autark gelebt) mich "härter" (oder neudeutsch: "resilienter") gemacht haben, wie es hier manche behaupten, weiß ich nicht. Definitiv haben sie mich einsamer, nachdenklicher (um nicht zu sagen "verkopft") und distanzierter gemacht, 'unweiblich' und meinem Körper gegenüber weitgehend interesselos, weil die schweren Krankheiten immer die anderen bekamen und mein Körper dann zu funktionieren hatte (schon seit meinem 5. Lebensjahr).
Vermutlich hätte ich von den Erfahrungen aus meinen frühen Jahren aber tatsächlich profitieren können, wenn die zweite Hälfte meines Lebens, die bei mir mit 29 Jahren einsetzte, noch andauern würde, aber sie war nach 13 Jahren vorbei. In dieser Zeit (die genau genommen schon drei Jahre früher begonnen hatte) jedoch war ich imstande, Dinge zu leisten, die mich wirklich glücklich machten und die viele um mich herum (auch KollegInnen) oft außergewöhnlich fanden; und ich bin bis heute sicher, dass ich das nur konnte, weil ich diese Erfahrungen gemacht hatte.
Die Probe aufs Exempel kann ich nun aber bekanntlich nicht mehr machen (vielleicht waren's damals auch einfach "die Sterne" oder "Miasmen in der Luft" ... - außerdem: Es ist nichts draus "geworden".)
Ich wünsche Dir, dass Deine 'zweite Lebenshälfte' (die nicht nach Jahren, sondern nach Qualität zählt) lange dauern und mit Deinem Tod enden möge.
Während ich in ihr lebte, nahm jener Neid übrigens die Form eines kleinen, kalten Kloßes im Rachen an, der dort manchmal hing und den ich aber schnell runterschlucken konnte; soweit ich mich erinnere, war er sogar geschmacklos. (Jetzt ist das ganz anders.)
LG
w
Deine aktuellen Erfahrungen hier mit dem Thread kenne ich (leider; deshalb mal wieder viel Ichigkeit im Folgenden - braucht niemand zu lesen!).
Mir persönlich geht es jedesmal so (dass ich den Eindruck habe, die Menschen würden völlig an mir vorbei sprechen bzw. - und das trifft es wohl genauer ... - nur sich selbst sagen), wenn man mir 'rät'. doch gefälligst vornehmlich an 'die schönen Erinnerungen zu denken', an 'all das Schöne aus der Vergangenheit' mit meinem Lebensmenschen, anstatt daran, wie das Krepieren war und was danach kam und bis jetzt andauert.
Oder wenn jemand sagt, dass meine Finanzierung aus Witwenrente und Mieterlös von jenem Drittel der Wohnung (die wir ein Jahr und drei Monate vor dem Tod gekauft hatten), das ich als 1-Zimmerwhg. vermietet habe, doch "toll" oder gar "super" sei. Und sogar den Satz, dass ich "da ja ausgesorgt" hätte, weil ich damit knapp über HartzIV-Niveau liege, habe ich schon gehört.
So etwas kann nur vor sich hin plappern, wer nicht weiß, wovon er spricht. - Anders jedenfalls kann ich mir dergleichen nicht erklären. (Übrigens gilt das für den Analytiker auch: Auch der plapppert sowas manchmal.)
Ob meine Kindheits- und Jugenderfahrungen (mir erinnerlich: die Suizidgedanken als Kind, die Anorexie als Teenager, der Kampf ums Studium: ich musste gegen den Willen meines Vaters anstudieren, der mich in eine Lehre stecken und überhaupt eigentlich nur Nachkommen von meinem Geschwister und mir haben wollte, bin fast sofort nach dem Abi ausgezogen [natürlich nicht in eine WG!] und habe ab dem 4. Semester finanziell autark gelebt) mich "härter" (oder neudeutsch: "resilienter") gemacht haben, wie es hier manche behaupten, weiß ich nicht. Definitiv haben sie mich einsamer, nachdenklicher (um nicht zu sagen "verkopft") und distanzierter gemacht, 'unweiblich' und meinem Körper gegenüber weitgehend interesselos, weil die schweren Krankheiten immer die anderen bekamen und mein Körper dann zu funktionieren hatte (schon seit meinem 5. Lebensjahr).
Vermutlich hätte ich von den Erfahrungen aus meinen frühen Jahren aber tatsächlich profitieren können, wenn die zweite Hälfte meines Lebens, die bei mir mit 29 Jahren einsetzte, noch andauern würde, aber sie war nach 13 Jahren vorbei. In dieser Zeit (die genau genommen schon drei Jahre früher begonnen hatte) jedoch war ich imstande, Dinge zu leisten, die mich wirklich glücklich machten und die viele um mich herum (auch KollegInnen) oft außergewöhnlich fanden; und ich bin bis heute sicher, dass ich das nur konnte, weil ich diese Erfahrungen gemacht hatte.
Die Probe aufs Exempel kann ich nun aber bekanntlich nicht mehr machen (vielleicht waren's damals auch einfach "die Sterne" oder "Miasmen in der Luft" ... - außerdem: Es ist nichts draus "geworden".)
Ich wünsche Dir, dass Deine 'zweite Lebenshälfte' (die nicht nach Jahren, sondern nach Qualität zählt) lange dauern und mit Deinem Tod enden möge.
Während ich in ihr lebte, nahm jener Neid übrigens die Form eines kleinen, kalten Kloßes im Rachen an, der dort manchmal hing und den ich aber schnell runterschlucken konnte; soweit ich mich erinnere, war er sogar geschmacklos. (Jetzt ist das ganz anders.)
LG
w
Ich glaube, da ist was dran. War bei mir zumindest teilweise so. Dass es für mich erst zu dem Zeitpunkt, wo äußerlich Ruhe eingekehrt war, möglich war, mich diesen Gefühlen und dem was dahinter steht zu "widmen". Ich setze widmen in Anführungsstriche, weil solche Neidgefühle ja nicht wirklich was sind, dem man sich gerne widmet. Und doch glaube ich, ist es wichtig, dem mal die Aufmerksamkeit zu schenken, die nötig ist. Vielleicht ist der Zeitpunkt jetzt da, wo das für dich möglich sein könnte.Marzipanschnute hat geschrieben: ↑Sa., 20.01.2018, 11:15 Vielleicht ist jetzt, wo es mir so gut geht und es eigentlich nicht mal mehr einen realistischen Grund gibt jemanden zu "beneiden" mein Zeitpunkt um eben diese Dinge zu betrauern. Weil es nicht mehr nur ums Überleben geht. Weil ich in den letzten Jahren immer mehr die Fäden meines Lebens in die Hand genommen habe und anfangen konnte zu gestalten.
LG
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott
― Anne Lamott
eigentlich hat man es nur gut, wenn man das auch so sieht.
sonst eigentlich eher nicht.
hat man recht, wenn man die dinge so sieht wie man sie sieht?
wenn nicht, was dann?
übernimmt dann wer statt einem, so wie beim wrestling?
PS: an anderen stellen wird "die Wahrnehmung absprechen" schon gleichgesetzt mit?? ja was ..nichts wünschenswertes jedenfalls
sonst eigentlich eher nicht.
hat man recht, wenn man die dinge so sieht wie man sie sieht?
wenn nicht, was dann?
übernimmt dann wer statt einem, so wie beim wrestling?
PS: an anderen stellen wird "die Wahrnehmung absprechen" schon gleichgesetzt mit?? ja was ..nichts wünschenswertes jedenfalls
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