Ohne Diagnose Behandlung möglich?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

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MariJane
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Beitrag Mo., 15.01.2018, 12:05

Hast du denn auch so, dass du das Gefühl hast, dir werden Gedanken eingegeben oder du wirst von jemand anderem im Denken gesteuert? Oder deine Gedanken werden geklaut?
Oder, dass die eben im Radio oder Fernsehen alle von dir sprechen?
Das sind so ganz typische Symptome bei Schizophrenie, die die meisten haben. Kann sich nur halt schon verschieden äußern.
Nee, ich hab mich immer als Herr im eigenen Haus gefühlt, dachte einfach nur, ich werde verfolgt. Von wem hat sich von Tag zu Tag geändert; ich hab eben überall Anhaltspunkte gefunden, die ich nachdem ich die Nacht überlebt habe, verwerfen musste und so war jeden Tag jemand anders verdächtig. Für mich war die Stromrechnung zum Beispiel mit meinem Todesdatum versehen- eigentlich sollte ich einfach bis dahin bezahlen... Naja, bezahlen kann man halt auch interpretieren. Und ich hab mir die gesamte Zeit darüber Gedanken gemacht, ob ich mir Hilfe holen darf bei meinen Freunden- und fand, ich bringe sie so in Gefahr. Daraus resultierte eine lange innerliche Reflexion über Menschen brauchen und missbrauchen. In jedem Fall fühlte ich mich einerseits wie ein Kind, dass im Dunkeln den Lichtschalter sucht und andererseits total verantwortlich dafür, dass niemandem was passiert, ich niemanden in Gefahr bringe und dachte, ich hab mir das selber eingebrockt und muss es auch alleine ausbaden. Das ist so ungefähr meine Psychose gewesen. Dabei hab ich sehr eklektisch Signale aus der Umwelt wahrgenommen; wenn mir jemand sympathisch war, saß er auch wie ich in der Sch.eiße und alle anderen steckten in der großen Verschwörung gegen uns und ich hörte denen sehr genau zu. Ziemlich blöd, weil ich mich in der Psychiatrie tatsächlich mit Männern (mein Thema halt) unterhalten habe, die ich widerlich fand, um zu erfahren, wie die Spielregeln sind und ich mein Überleben sichere.
Ich finde halt, dass Depression mit psychotischem Denken was ganz anderes ist wie ne Schizophrenie. Ich wurde auch schon durch schwere Depressionen psychotisch und das war ganz anders. Da dachte ich sowas wie, dass ich nicht existiere und so Zeug.
Du scheinst da sehr philosophische Themen zu haben. So hab ich das gar nicht erlebt. Eben nur Grundfragen dazu, wie man mit Menschen umgeht.
Ich würde schon auf eine Diagnose drängen. Ich mein, es scheint ja irgendwas Psychotisches zu sein. Da ist sowieso die erste Therapie immer Neuroleptika (naja, fast immer. Auf Soteria Stationen nicht). Aber ne Schizophrenie ist ja was anderes, wie ne Depression mit psychotischem Denken, allein schon vom Verlauf her.
Ja, ich werde den Psychologen wohl weiter traktieren. Ich denke auch, ich brauch eine Diagnose.
Hattest du schon mal Negativsymptome nach der Psychose? Das ist auch sehr typisch für Schizophrenie. Tritt aber glaube ich auch nicht immer auf?! Ich weiß es nicht sicher.
Puh, schwer zu sagen. Ich bekomme vor lauter Nachdenken gerade zum Beispiel nicht sehr viel auf die Reihe. Aber ich bin dabei nicht wirklich depressiv. Ich weiß nicht recht, ob das ein Negativsymptom sein könnte. Ich hab das Gefühl, ich muss einfach echt mal einiges sortieren. Also nicht nur die Frage nach der Diagnose, sondern auch Vergangenes. Ich würde das jetzt aber nicht im eigentlichen Sinne für ne Erkrankung halten, sondern eher für einen Teil meiner Persönlichkeit- eben wirklich mal verstehen wollen und dabei den Rest schleifen lassen. Aber ich kenn mich letztlich damit nicht gut genug aus, um sagen zu können, dass das keine Negativsymptomatik darstellen könnte...

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shesmovedon
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Beitrag Mo., 15.01.2018, 12:20

Ich weiß gar nicht, wie viele Aspekte erfüllt sein müssen, bis man von Schizophrenie spricht, aber deine Paranoia klingt schon sehr danach. Es hat nicht jeder Schizophrene akustische oder visuelle Halluzinationen. Ich habe schon viele gelesen, die gar keine Stimmen hören.
Es gibt natürlich auch leichtere und schwerere Schizophrenien.
Negativsymptomatik ist zum Beispiel sowas wie fehlender Antrieb, Depressionen können es auch sein (oft postpsychotische Depression), Spracharmut (dass es dir schwer fällt einen längeren Satz als Antwort zu bilden und zu sprechen), Affektverflachung, sowas halt, es gibt sicher noch mehr, aber dass sind die, die ich habe.
Ich meine aber mal gehört zu haben, dass es nicht auftreten muss, aber halt meistens auftritt. Ich kenne eigentlich nur Schizos mit Negativsymptomatik.

Wie auch immer es heißt "paranoid halluzinatorische Schizophrenie, wobei das "halluzinatorische) oft weggelassen wird, weil's glaube ich echt nicht bei jedem auftritt.
Ich würde das so, wie du das mir erzählt hast, nochmal beim Arzt erzählen (Psychologen können die Diagnose normal nicht stellen, weil es eine psychiatrische Diagnose ist). Im Nachhinein ist es sicher schwer so eine Diagnose zu stellen, aber - ohne Arzt zu sein - Schizo kommt da wohl deutlich eher hin als Depressionen mit psychotischem Denken. Und ich würde auch nochmal da sagen, dass du dich nicht depressiv fühlst und normal ist man ja schwer depressiv bis es zusätzlich zu psychotischen Symptomen kommt bei ner Depression.

Ändern würde sich sicher dadurch nicht viel für dich, wenn du eine sichere Diagnose hast. Aber man nimmt die Medis bei Schizo sicher länger und sie ist eine tiefgreifender Krankheit. Es macht schon Sinn sich damit richtig auseinanderzusetzen, zumal du ja auch Krankheitseinsicht zu haben scheinst. Das hatte ich die ersten Jahre überhaupt nicht, das kam bei mir erst vor 2 Jahren etwa.

In der Therapie kann man aber deine Themen sicher sehr gut bearbeiten. Gerade wo du schon weißt, was oder wer dich da besonders triggert.

Alles Gute!


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MariJane
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Beitrag Mo., 15.01.2018, 12:30

Ich mein ja auch, dass Depression es nicht trifft. Meine Psychiaterin meint allerdings auch immer, dass sie bei mir keine Schizophrenie sieht, war sehr interessiert an der Diagnose aus der Klinik. Keine Ahnung, vielleicht wollen die mich auch nur vor der Diagnose beschützen, weil ich so ein Sensibelchen bin?

Danke in jedem Fall für deine Antwort. Ich werde da also nochmal detailliert den Quatsch, den ich gedacht habe, erzählen- bei meiner Psychiaterin. Da muss sie halt durch. :-)

Dir auch alles Gute!


montagne
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Beitrag Mo., 15.01.2018, 16:17

Was ist mit der etwas überstrapazierten, aber doch sinnvollen Diagnose PTSB?

Das ist ja keineswegs immer so "klassisch", mit Flashbacks und merklichen Dissoziationen wie Derealisierung und Depersonalisierung.

Bei nicht wenigen ergibt ein Sammelsurium von Symptomen, die jedes für sich nicht gravierend genug sind, um die entsprechende Diagnose zu geben, aber in Summe führen sie halt schon zu starken Belastungen.
Die Verbindung zu traumatischem Stress (in der Kindheit) ist dem Klienten nicht imemr offensichtlich und manchmal dem Behandler auch nicht gleich. Selbst dan nicht, wenn man einige Fakten doch kennt aus der Kindheit. das ist eben auch eine Dissoziation. man weiß eigentlich was passiert ist, aber man empfindet nichts dafür und kann es nichtmal kognitiv begreifen, dass es traumatisch war und Auswirkungen in der Gegenwart hat.


Ich denke im übrigen schon, dass man auch ohne Diagnose behandeln kann, so prinzipiell. Wie genau kommt sicher auf die Symptomatik an und auf die bevorzugte Arbeitsweise von Klient und Therapeut.


Und letzlich äußert sich auch nicht jede Depression in Antriebsarmut und Gefühlen wie Trauer, Einsamkeit. Gibt auch agitierte Depression, deren Symptome dann eher affektarmut und oftmals psychosomatische, bzw. schlicht körperliche Symptome sind.
amor fati

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MariJane
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Beitrag Mo., 15.01.2018, 20:21

montagne hat geschrieben: Mo., 15.01.2018, 16:17
Ich denke im übrigen schon, dass man auch ohne Diagnose behandeln kann, so prinzipiell. Wie genau kommt sicher auf die Symptomatik an und auf die bevorzugte Arbeitsweise von Klient und Therapeut.

Hallo Montagne,

vielen Dank für deine Antwort. Auf die ganze Diagnosesache gehe ich jetzt mal nicht ein, da ich hoffe, dass das die Fachleute noch eigenständig hinbekommen. Natürlich nervts mich, aber ich sollte mich nicht anfangen selbst zu diagnostizieren. Wobei ich Google ja auch bemühe, aber das sollte ich mir untersagen.

Nun zu deinem Zitat. Mein eigentlicher Therapeut hat auch nicht diagnostiziert- zumindest hat er mir nie ne Diagnose mitgeteilt. Das wäre für mich also nicht dramatisch, wenn man mir einfach eine Diagnose verschweigen würde. Aber ich glaube, dass für eine sinnvolle Behandlung eben klar sein sollte, was ich überhaupt habe. Wenigstens dem Behandler. Weil er ja wahrscheinlich dahin gehend Therapie mit mir macht. Oder, und das ist, glaube ich die Frage, die ich nicht richtig formuliert habe: Ist es so, dass Therapeuten eben nicht eine Diagnose behandeln, sondern die Probleme im einzelnen? Ich glaube, da fühl ich mich momentan ganz gut verstanden. Und das würde ja auch irgendwie Sinn machen, eben nicht nach Schema F vorzugehen, sondern eben zu schauen, welche Probleme bei Patient X eben seine Symptome verursachen.

Das ist eben, je länger ich drüber nachdenke, meine eigentliche Frage. Brauch ich die Diagnose für eine sinnvolle Therapie oder reichen einfach grundlegende Probleme, die der Therapeut erkennt?


montagne
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Beitrag Mo., 15.01.2018, 22:10

Kann man wohl nicht allgemein sagen.
Manch ein Therapeut wird für seine eigene Arbeit eine ICD Diagnose brauchen. Ein anderer braucht vielleicht "nur" Symptome und Störungen, um sich ein Bild dessen zu machen, wo es lang gehen könnte. Bzw. macht sich ein ganzheitliches Bild und ob man dazu nun eine Diagnose nach ICD braucht, finde ich sogar fraglich. Würde sogar sagen, es ist nicht immer hilfreich.
Aber irgendwie sollte es wohl in Worten fassbar sein, klar.
Ganz ahnungslos scheint man bei dir ja nicht zu sein. Du bekommst Neuroleptika, die wirken.
amor fati


mio
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Beitrag Mo., 15.01.2018, 22:47

MariJane hat geschrieben: Mo., 15.01.2018, 20:21 Das ist eben, je länger ich drüber nachdenke, meine eigentliche Frage. Brauch ich die Diagnose für eine sinnvolle Therapie oder reichen einfach grundlegende Probleme, die der Therapeut erkennt?
Hmmm? Woraus setzt sich eine Diagnose denn zusammen, wenn nicht aus dem grundlegenden (individuellen) Problemmix?

Ich denke je mehr Schubladen (ICD Diagnosen) vorschnell bemüht werden, desto höher das Risiko falsch zu therapieren.

Ich glaube, was es wirklich braucht ist ein ehrlicher Kontakt und das aufrichtige Bedürfnis verstehen und so gut wie eben möglich helfen zu wollen. Jenseits aller Diagnosen. Das kann alles mögliche beinhalten, es sollte nur eines sein: Wandelbar und ergebnisoffen.


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MariJane
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Beitrag Mo., 15.01.2018, 23:41

Hallo Ihr Beiden, vielen Dank!

Ich glaube, für mich war der Austausch wichtig, um auch selbst zu erkennen, dass es eben nicht darum geht, welche genaue Erkrankung ich nun habe, sondern eben um die zugrunde liegenden Probleme. Dafür war es wichtig, hier mal meine Irritation auszudrücken und zu diskutieren. Bei mir hat das eine Unsicherheit hinterlassen: Wissen die eigentlich wirklich, was sie tun? Aber gerade das sie versuchen den Menschen zu sehen, mich nicht mit Diagnosen vollballern, ist ja eigentlich positiv, denn sie sehen scheinbar den Menschen und pressen mich nicht einfach in irgendeine Diagnose. Ich habe sicher grundsätzlich was psychotisches, sonst würden die Neuroleptika nicht wirken. Also gibt es, wie du montagne geschrieben hast, Ansatzpunkte, an denen sie sich wohl orientieren und die funktionieren. Und statt mich jetzt darauf zu fokussieren, dass die womöglich gar nicht wissen, was sie tun, sollte ich besser davon ausgehen, dass die Klinikmenschen recht aufgeräumt sind und einfach nicht mit Diagnosen um sich schmeißen, lieber die zugrunde liegenden Probleme betrachten und verstehen wollen und versuchen mich als ganzen Menschen zu sehen und nicht als eine Diagnose auf zwei Beinen. Ich glaube, für mich war einfach auch irritierend, dass der Psychologe so offen gesagt hat, dass es schwierig ist mir ne Diagnose zu geben, weil er nicht richtig weiß, welche. Das hat quasi die Allwissenheit von Medizinmenschen entzaubert. Ich bin bei meinem eigentlichen Therapeuten immer davon ausgegangen, dass er genau weiß, was ich habe, es mir einfach nicht sagt, weil das ja nichts ändert. Damit konnte ich einfach besser umgehen als damit, dass jemand mir offen sagt, ist kompliziert. Und vielleicht ists halt ne Schizophrenie und niemand will mir die Diagnose antun. Wäre ja auch eigentlich nett. (Wobei, ich würde es überleben, mich nicht freuen, aber es überleben.Und halt doch wissen wollen... Ich glaube am Ende liegt da der Hund begraben; ich hab Angst vor dieser Diagnose und frag mich die gesamte Zeit, ob ich da geschützt werden soll... )

Fazit: Zugrunde liegende Probleme angehen und den Diagnosewahnsinn vergessen.

Also nochmal, vielen Dank für eure Anregungen!


Alyssa
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Beitrag Di., 16.01.2018, 16:52

MariJane hat geschrieben: Mo., 15.01.2018, 23:41 Fazit: Zugrunde liegende Probleme angehen und den Diagnosewahnsinn vergessen.
Das nenn ich mal eine Aussage!

Habe hier still mitgelesen und festgestellt, dass ich sehr froh bin, dass mein damaliger Therapeut mir meine Diagnose nicht gesagt hat bis ich irgendwann selber danach gefragt habe. Und das war erst sehr spät. Denn für mich war so eine Diagnose nie wichtig. Irgendwann war ich mal neugierig, dachte, wenn ich den Leuten in meinem Umfeld einen Fachbegriff, einen Namen nennen kann, wäre es einfacher. Auch für mich. Im Nachinein denke ich, dass das Wissen um die Diagnose eher hinderlich ist. Weil man sich selber in seinem Verhalten und seiner Lebensgestaltung viel mehr einschränkt. Und weil die Umwelt auf eine solche Fachdiagnose eher mit Unwillen/Ablehnung als mit Verständnins reagiert. Irgendwie so, als würde einem ein grosser böser Affe im Nacken sitzen, der seinen Schatten weit vorauswirft und einen die Welt nur noch so erleben lässt wie er es zulässt. Ich habe dann hart daran gearbeitet, mich von dieser "Gefangenschaft in der Diagnose" wieder zu befreien.


Jenny Doe
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Beitrag Di., 16.01.2018, 17:48

Hallo MariJane
Zugrunde liegende Probleme angehen und den Diagnosewahnsinn vergessen.
Diagnosewahnsinn würde ich es nicht nennen. Das ist in der Medizin ja nicht anders. Wenn du mit Bauchschmerzen zum Arzt gehst, dann ist es ja auch wichtig zu erfahren, ob Du Magenkrebs hast, eine Gastritis hast, Liebeskummer hast, der durch den Magen geht, eine Lebensmittelvegiftung hast, ... Je nachdem was Du hast wirst Du entsprechend behandelt. Eine Chemotherapie würde bei Liebenskummer nicht helfen.
Mit der Psyche ist das nicht anders. Symptome können auf alle möglichen Störungen und zugrundeliegende Probleme hinweisen. Um eine richtige Behandlung zu erfahren ist es wie in der Medizin wichig, dass die richtige Diagnose gefunden wird. Wenn du von "zugrundleliegende Probleme angehen" ausgehst, dann bedeutet das nichts anders als die richtige Diagnose suchen und finden. Wenn das Problem z.B. "Stimmen hören" lautet, wie willst Du das Problem ohne Diagnose, ohne wissen über das zugrundeliegende Problem, angehen, also wenn Du z.B.nicht weißt, ob Du Stimmen hörst, weil Du eine Psychose hast oder eine DIS hast oder Du Stimmen hörst weil du Stress/Burnout hast, ...oder die Stimmen normal sind? Nur wenn du weißt "ich habe ein Burn out", "ich habe eine Psychose" oder "ich habe eine DIS", ... kannst Du das Problem richtig angehen, ...
Die Medizin hat es da gewiss einfacher als die Psychotherapie. Der Arzt kann Dir Blut abnehmen, Dich in die Röhre schicken, ... Der Psychotherapeut kann Dir nur Fragen stellen und nur aus dem was er an dir beobachtet Schlussfolgerungen darauf ziehen, was bei Dir im Kopf los ist. Wenn du mal mehrere Therapeuten kennengelernt hast wirst du feststellen, dass jeder Therapeut das, was er sieht, unterschiedlich interpretiert. Während medizinische bildgebende Verfahren deutlich zeigen, dass man einen Tumor im Magen hat, kann die Psychotherapie nur Vermutungen anstellen, aus dem was Du erzählst und aus dem, was der Therapeut bei Dir zu beobachten glaubt.
Diagnosewahnsinn ist das nicht. Es ist vielmehr die Unfähigkeit der Psychotherapie die Psyche so diagnostizieren zu können wie einen Tumor im Magen.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


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MariJane
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Beitrag Do., 18.01.2018, 12:12

Alyssa, ja, wahrscheinlich ist man ohne Diagnose "freier". Ich bin sehr kontrolliert; der Kliniktherapeut meinte, ich bin extrem professionell, was auch immer das in einer Therapie zu bedeuten hat. Und ich hab mich da schon sehr geöffnet, mehr als wohl sonst, erzählt, wie ich erlebe, denke und ja, mein Handeln kann ich kontrollieren, sogar wenn ich psychotisch bin. Ich hab in der Klinik allerdings auch mal einen Nervenzusammenbruch hingelegt, wollte nicht mehr kontrolliert sein; mir ist einfach alles egal gewesen und ich hab rausgelassen, wollte das, was wohl doch heißt, dass es eine bewusste Entscheidung war und in einem gewissen Sinne kontrolliert. Ich denke, dass macht die Schwierigkeit in der Diagnosefindung aus. Ich bin sehr reflektiert, kann in Situationen eben noch normales Verhalten zeigen, obwohl es in mir anders aussieht, die Gefühle und Gedanken nicht mehr so normal sind. Wahrscheinlich würde mich eine Diagnose eher dazu führen, dass ich eben genau den Eindruck nicht hinterlassen wollen würde.

Jenny, du hast sicher recht. In meinem Fall wirken die Neuroleptika allerdings, weshalb psychotisch schon passt. Ansonsten wäre das wirklich ein großes Tappen im Dunkeln und gar nicht gut. Ich denke, ich passe vielleicht einfach wenig in die Kategorisierungen und psychische Erkrankungen sind ja immer auch eine Ausprägungssache. Vielleicht ist es einfach zu milde bei mir ausgeprägt, um da Knallerdiagnosen zu vergeben.

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Koboldmaki
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Beitrag Do., 18.01.2018, 20:06

Hallo MariJane,

ich finde mich in deinen Berichten teilweise wieder.
Auch ich habe viele verschiedenen Diagnosen(ca 10) im Laufe bekommen. Darunter auch Schizophrenie.
Und die Ärzte in der Klinik haben das auch viel mehr mitbekommen, was ich alles tat und dachte als z.b meine Psychotherapeutin oder Psychiaterin. Jeder sagt was anderes. Neuroleptika haben mir auch geholfen. Ich hatte auch Paranoia und dachte man will mich töten u nd vergiften . Und viele andere Sachen.
Ich will oft eine Erklärung für alles was war haben, nicht nur auf das psychotische bezogen. Aber es kann mir niemand erklären.
Es scheint wohl ich habe von allem etwas. Abhängigkeiten, irgendeine Störung der Persönlichkeit, dissoziatives und psychotisches.
Immer wenn ich psychotisch war z.b kamen auch teilweise Anteile heraus. Aber nach stabilisierung eben nicht mehr.
Ich versuche mich da nicht mehr verrückt zu machen, auch wenn ich öfters denke niemand kann mir helfen.


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Beitrag Do., 18.01.2018, 20:23

Koboldmaki, man kann auch Schizophrenie und DIS zusammen haben. Ist bei mir so. Allerdings sind meine Anteile immer da.

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Koboldmaki
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Beitrag Do., 18.01.2018, 20:33

Ja, ich habe neben der Schizophrenie noch eine Ddnos Diagnose.
Aber dann frage ich mich immer warum die sonst nicht rauskommen.
Das kann mir auch keiner sagen.
Wie so vieles.
Ich meine ich bin froh das es so ist, dass sie sich nicht zeigen im Alltag ...Nur verstehen tu ich es eben nicht.


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Beitrag Do., 18.01.2018, 20:38

Naja bei DDNOS ist es ja wohl so, dass es einen Hauptanteil gibt und viele Nebenanteile. Und vielleicht hast du sonst einfach alles unter Kontrolle als Hauptanteil, verlierst aber in der Psychose die Kontrolle.

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