Suizid Bruder

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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AngenaehtePommes
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Beitrag Mi., 27.12.2017, 18:33

Lemons Aussage hat meiner Meinung nach einen Gedankenfehler: Nämlich die Grundannahme, dass man noch Herr seiner Sinne ist. Ich denke bei vielen Menschen, die diesen Weg wählen, ist dies eben nicht mehr der Fall. Ich kann dies zumindest bei meinem Bruder mit großer Gewissheit sagen.

Da man es im Nachhinein als Außenstehender nicht mehr beurteilen kann, sollte man auch grundsätzlich davon Abstand nehmen darüber zu urteilen. Aber Lemon meinte es sicher nicht böse.

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Broken Wing
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Beitrag Mi., 27.12.2017, 18:37

@ AngenaehtePommes: Cooler Nick.
Ich kann dir als ehemals akut Betroffene leider (oder zum Glück!) nur von der anderen Seite des Leidens berichten. Ich gehörte im RL diesbezüglich zu den Schweigenden, weil andere leider wirklich nicht helfen können. Die Therapieangebote kannte ich ja besser als die Verwandtschaft und geredet hatte ich schon mehr als genug.
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Broken Wing
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Beitrag Mi., 27.12.2017, 18:47

@ Lemon: Danke. Du brauchst mir die Story nicht nachzuerzählen, ich kann selbst lesen. Ändert halt auch nichts an meiner Meinung zu deinem Topfen.
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Broken Wing
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Beitrag Mi., 27.12.2017, 19:34

@ AngenaehtePommes: Du könntest Recht haben, je nachdem, was unter Verstand alles subsumiert wird. Die Menschen können planen und die Folgen ihrer Handlung einschätzen, aber das Stadium der Zweifel, der inneren Kämpfe u.ä. wurde überwunden und eine Entscheidung gefällt. Für solche Themen besteht daher tatsächlich kein Raum mehr.
Die früheren Äußerungen deines Bruders müssen nicht zwangsläufig mit seiner tatsächlichen Einstellung zu diesem Thema übereinstimmen. Oder vielleicht war er der Meinung, dass er auf diese Weise kein Leid anrichten würde. Warum äußerte er sich überhaupt zu diesem Thema? Wenn er nicht gerade (psychisch) belastet war, betraf ihn das Thema nicht. Diese Intoleranz kenne ich nur von ehemals Betroffenen. Und wer hat schon Lust auf eine neurologisch ungünstig verlaufende Erkrankung mit Schmerzen? Ich weiß nicht. Ein Bisschen realistischer kann man schon an die Sache herangehen.
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Broken Wing
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Beitrag Mi., 27.12.2017, 20:04

Und zum Thema Egoismus: Das Thema hatten wir hier schon öfter, wobei unklar war, welche Seite egoistischer ist. Zum einen kommt niemand mit dem verbrieften Recht auf die Welt, seinen Partner bis zum optimalen Zeitpunkt um sich zu haben. Was für ein Anspruchsdenken! Er hätte genauso gut auch bei einem Unfall, einem Herzinfarkt oder von Krebs getötet werden können. Zum anderen geht die Wissenschaft davon aus, dass Suizid zumeist die Folge einer psychischen Störung ist.Ich bin nicht dieser Meinung, aber die wissenschaftliche Betrachtung spricht schon einmal sehr gegen die Egoismus-Theorie.
Auch ein leidender, von Schmerzen geplagter Mensch könnte am Ende anderen auf die Nerven gehen und verlassen werden, weil er viel Pflege benötigt und womöglich noch aggressiv ist. Auch 'nur' Depressionen können zu Pflegebedürftigkeit und Verwahrlosung führen. Das Opfer bekommt seinen Verfall Tag für Tag mit. Aber es soll keine Suizidwünsche hegen. Bei Überforderung wird es sich irgendwann mit großer Wahrscheinlichkeit anhören müssen, sich mal zusammenzureißen, am Abend kommen die fleißigen Bienen von der Arbeit und er gilt als Faulpelz, der bis 12 Mittags schläft.

Es gibt keine Möglichkeit, den Suizid so zu gestalten, dass man niemanden irgendwie damit konfrontiert. Sauber mit Hilfe von Profis im Krankenhaus geht natürlich nicht.
Im Wald: Wie konnte man die Familie tagelang so im Unklaren lassen!
Im Haus: Auch nicht OK, weil siehe oben.
Zug: Andere Passanten.

Ich habe lange gelitten und geschwiegen, damit mein Umfeld nicht leiden muss. Aber trotzdem ließ sich nicht alles verbergen, ich habe dann einfach Gesprächsangebote von Verwandten rigeros abgelehnt. Für viele war ich einfach nur faul wie ein Sack Kartoffeln. Diesen Vorwurf habe ich mir eher gefallen lassen als mit einer so schweren Wahrheit herauszurücken. Wozu auch? Man hätte mir tatsächlich nicht helfen können. Würde ich heute auch so handhaben.
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lemon
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Beitrag Mi., 27.12.2017, 20:06

AngenaehtePommes hat geschrieben: Mi., 27.12.2017, 18:33 Lemons Aussage hat meiner Meinung nach einen Gedankenfehler: Nämlich die Grundannahme, dass man noch Herr seiner Sinne ist. Ich denke bei vielen Menschen, die diesen Weg wählen, ist dies eben nicht mehr der Fall. Ich kann dies zumindest bei meinem Bruder mit großer Gewissheit sagen.

Da man es im Nachhinein als Außenstehender nicht mehr beurteilen kann, sollte man auch grundsätzlich davon Abstand nehmen darüber zu urteilen. Aber Lemon meinte es sicher nicht böse.
Selbstverständlich habe ich das nicht böse gemeint Pommes; wir wissen es alle nicht in welcher Verfassung ein Mensch in einem solchen Moment ist.
Wie war er denn sonst dein Bruder, eher eine labile Person?
Eine chronische Erkrankung kann einen bestimmt aus der Bahn werfen, hatte er sehr starke Schmerzen?

Ich glaube jedoch auch, wie meine Vorschreiber, du hättest das nicht verhindern können, wie auch; es bringen sich Menschen in einer RundumdieUhr-Bewachung in der Psychiatrie oder Forensik um.

Mich hat das trotzdem beschäftigt, dass er sich im Haus der Familie umgebracht hat - wieso andere Menschen mit seinem Leid so sehr beaufschlagen - du meinst ja, er war von Sinnen, keiner wird das je erfahren; kennen tust du ihn als Bruder und kannst das eher einschätzen.

Wie geht seine Frau damit um und die Kinder?

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Beitrag Mi., 27.12.2017, 20:13

Broken Wing hat geschrieben: Mi., 27.12.2017, 20:04 Ich habe lange gelitten und geschwiegen, damit mein Umfeld nicht leiden muss. Aber trotzdem ließ sich nicht alles verbergen, ich habe dann einfach Gesprächsangebote von Verwandten rigeros abgelehnt. Für viele war ich einfach nur faul wie ein Sack Kartoffeln. Diesen Vorwurf habe ich mir eher gefallen lassen als mit einer so schweren Wahrheit herauszurücken. Wozu auch? Man hätte mir tatsächlich nicht helfen können. Würde ich heute auch so handhaben.
Wieso auch seine Mitmenschen mit seinem Leid beaufschlagen - ich würde ebenfalls nichts sagen und handhabe das mein Leben lang so. Ich habe jedoch noch nie einen Suizidversuch unternommen, den Gedanken schon oft gehegt, da ich auch chronisch krank bin, worüber ich ebenfalls kaum spreche, da gesunde Menschen das nicht nachvollziehen können und weshalb andere damit belasten, das macht keinen Sinn, dann leiden die nur noch mit, was mir widerum leid täte.
Ich wollte meine Kinder unbeschwert und frei aufwachsen lassen und das war mir eine große Freude; deshalb lebe ich wahrscheinlich, wobei ich das nicht weiß, da es ist, wie es ist.

Jeder wählt selbst und trägt selbst die Verantwortung für sein Handeln.

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Hiob
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Beitrag Mi., 27.12.2017, 21:18

Pommes: "Der Punkt ist, dass man nicht geholfen hat. Unter welchen Umständen spielt gar keine Rolle mehr. Ich hätte aber auch helfen können, ich würde mir trotzdem Vorwürfe machen, vielleicht sogar noch größere. Mit den Vorwürfen werden ich wohl für immer leben müssen..."

Mir hat eine sebst betroffene Frau mal gesagt, der Wunsch nach dem eigenen Tod "ist keine Frage des Denkens, es ist eine Frage des Gefühls". Wenn wir den Tod mit unserem Denken bewerten und über das Retten oder unsere eigene Rolle dabei nachdenken, überbewerten wir uns. Hier geht es aber um die Wünsche des Betroffenen und seine Empfindung seiner Situation. Es geht bei dieser Geschichte um deinen Bruder.

Wenn dein Bruder noch etwas hätte weiterleben wollen, was wäre das und kannst du das nicht übernehmen. Vielleicht kannst du eine seiner Aufgaben, seiner Herzensangelegenheiten erkennen, aufnehmen und in deinem persönlichen Leben ausleben, umsetzen, neu inszenieren und damit vielleicht erledigen oder selber daran wachsen. Ich würde hier vielleicht ein oder zwei Dinge aufnehmen und ihm zu Gefallen fertig bringen. Und dann mein Leben wieder weiter leben...denn sonst muss es wieder ein anderer für dich tun...

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Broken Wing
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Beitrag Mi., 27.12.2017, 22:06

Naja wenn du schon vor deinen Kindern krank warst, besteht auch kein Grund dazu, die zu belasten, die du selbst in diese Lage gebracht hast. Wäre ja noch schöner. Zu krank zum Leben aber Kinder haben. Anders natürlich, wenn die Krankheit später aufgetreten sein sollte. In diesem Fall konntest du dich eben dazu bewegen, so weiterzumachen. Das kann aber nicht jeder und darüber werde ich mit dir nicht diskutieren. Denn dass sowohl physische als auch psychische Fähigkeiten bei jedem unterschiedlich ausgeprägt sind, weiß bestimmt nicht nur ich. Damit du nicht mit leeren Händen ausgehst: Ja, du bist eine unglaublich starke, beneidenswerte Frau, die noch sowas wie Mutterliebe verströmt.

Ich hoffe, es ist halbwegs glaubwürdig rübergekommen.
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Nico
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Beitrag Do., 28.12.2017, 06:59

lemon hat geschrieben: Mi., 27.12.2017, 20:13

Jeder wählt selbst und trägt selbst die Verantwortung für sein Handeln.

lemon
Stimmt!
Aber das gilt auch für seine Familie die Nicht im Haus bleiben muss wenn sie nicht will. :->
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Beitrag Mo., 28.05.2018, 15:56

Huhu!

Wollte mich mal wieder melden. Mittlerweile ist es etwas besser! Aber noch lange nicht vollständig weg. Habe heute Nacht wieder einen Rückfall gehabt, aber der Pfeil zeigt nach oben. Nach 30 Stunden ohne Schlaf brach es dann aus mir heraus. Eine Stunde heulen, schon gehts einem besser! Die Bauchschmerzen vergehen dann auch wieder...

Ich kann nur jedem nach so einem Schock raten: Geduld haben. Es wird besser! Aber es dauert!

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AngenaehtePommes
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Beitrag So., 09.09.2018, 18:09

Hallo,

Ich wollte mich noch einmal melden. Die Symptome sind weiter zurückgegangen, aber immer noch nicht weg. Die Magenschmerzen sind fast immer weg, die Bauchmuskeln sind jedoch immer noch sehr angespannt (jeden Tag und dauerhaft). Mittlerweile hat man noch MRT Abdomen gemacht, aber ohne Befund.

Ich kann nur für Betroffene alles noch einmal zusammenfassen: Man muss sich einfach damit abfinden, dass der Trauerprozess in solchen Fällen Jahre (!) in Anspruch nehmen kann. Oft hat man nicht den Eindruck, dass die körperlichen Symptome davon kommen. In Akutphasen aber kommen mir immer die Tränen und das Thema ist immer das gleiche: Mein Bruder. Man sollte sich diese Zeit einfach zugestehen und nicht dagegen ankämpfen.

Ohja: Ich bekomme dieses Jahr Nachwuchs. Mal schauen was der Kleine mit mir macht! :-)

Grüße

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